Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Frau Abgeordnete Schneider hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab zu Ihnen, Herr Kollege Johnen. Die CDUFraktion im Landtag muss nichts verteidigen, was noch nicht geschehen ist. Wir verhandeln, nicht wir als rheinland-pfälzischer Landtag, sondern die EU-Kommission verhandelt zurzeit ein Abkommen.

Ob dieses zustande kommt, wird frühestens im Jahr 2015 feststehen. Dann sind die Verhandlungen beendet. Hier machen Sie etwas, was Sie seit Wochen und Monaten machen, nämlich Sie versuchen, künstlich ein The

ma für den Europawahlkampf als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hochzuziehen.

(Beifall der CDU)

Sie tun dies, indem Sie ganz bewusst – das machen Sie nicht nur bei diesem Thema – mit den Ängsten der Menschen spielen und Ängste schüren, die überhaupt nicht berechtigt sind.

(Beifall der CDU – Frau Ebli, SPD: Wer macht das?)

Ich würde vorschlagen, wir beschäftigen uns kurz mit den Fakten. TTIP, Transatlantisches Handelsabkommen, wird zurzeit zwischen Europa und Amerika verhandelt. Ziel ist der Abbau von Handelshemmnissen auf beiden Seiten, der für Wachstum und Arbeitsplätze sorgen soll. Ich habe es bereits gesagt, Ende 2015 sollen die Verhandlungsergebnisse vorliegen.

Wir als CDU-Fraktion haben Verständnis für die Ängste der Menschen. Wir haben kein Verständnis, wie Sie versuchen, sie politisch zu instrumentalisieren.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Da seid ihr gerade die Richtigen!)

Frau Ministerin, ich habe mir ein Zitat bei der Beantwortung der Mündlichen Anfrage mitgeschrieben. Sie haben auf eine Frage gesagt, Sie haben eine beschränkte Sichtweise. Ich möchte hinzufügen oder ergänzen, Sie haben eine ideologisch beschränkte Sichtweise, wenn es um die Diskussion des Transatlantischen Handelsabkommens geht.

(Beifall der CDU)

Fakt Nummer 1: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN behaupten – das hat auch der Fraktionsvorsitzende mit einer Frage getan –, die TTIP-Verhandlungen finden geheim statt. Fakt ist, die EU-Kommission verhandelt auf der europäischen Seite mit den Amerikanern, mit den Staats- und Regierungschefs. Nach jeder Verhandlungsrunde informiert die EU-Kommission die Mitglieder des Handelsausschusses, des EU-Parlaments und die Mitgliedstaaten.

Nach Abschluss der Verhandlungen im Jahr 2015 müssen der Europäische Rat und das Europäische Parlament auf jeden Fall den Ergebnissen zustimmen. Wahrscheinlich ist auch, dass der Bundestag und der Bundesrat damit beschäftigt werden, bevor TTIP in Kraft tritt. Ich frage mich, wo da keine Transparenz ist.

(Beifall der CDU)

Wenn dort Vereinbarungen getroffen werden, die wir nicht mittragen können, werden die EU-Kommission und das EU-Parlament nicht zustimmen. Es gibt also mehrere demokratische Kontrollen.

(Beifall der CDU)

Ein zweiter Punkt: Sie haben versucht, das Chlorhühnchen durch Plakataktionen und ähnliche Dinge hochzu

ziehen. Sie haben jetzt auch noch einmal die hormonbehandelten Lebensmittel angesprochen. Sowohl die EUKommission als auch die Bundesregierung haben ganz klar definiert, dass sie eine Aushöhlung der Standards nicht mittragen werden. Die Verbraucherschutzstandards in Deutschland und in der Europäischen Union sind die Grundlage. Wenn sich Europa diesem nicht anschließt, wird es kein Handelsabkommen geben.

(Beifall der CDU)

Hören Sie also auf zu behaupten, mit diesem Handelsabkommen sollen irgendwelche Standards ausgehöhlt oder unterhöhlt werden. Bei dem Thema Lebensmittelsicherheit, bei dem Thema Sicherheit wird es keine Kompromisse geben. Dies hat die Bundeskanzlerin gesagt.

(Pörksen, SPD: Da hat sie viel gesagt!)

Dies war ein klarer Auftrag an die EU-Kommission. Das ist auch klar so festgehalten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, hören Sie daher auf, hier Phantomdiskussionen zu führen.

Eine letzte, nicht ernst gemeinte Anmerkung: Heute ist der von Ihnen geforderte Veggieday. Wieso diskutieren wir dann über Chlorhühnchen?

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Wehner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beim TTIP oder besser in Deutsch beim Freihandelsabkommen – ich glaube, das ist besser angebracht – ist es wie fast immer im Leben, es gibt zwei Seiten der Medaille.

Die dunkle Seite der Medaille ist die – ich sage einmal –, die die Ängste schürt und Misstrauen hervorgerufen hat. Das betrifft insbesondere die Bereiche, auf die wir in Europa hohe Standards gelegt haben und bei denen die Verbraucher besonders empfindlich sind.

Das sind die von der Ministerin angesprochenen Ernährungsbereiche, die Landwirtschaft gehört dazu, aber auch die Bereiche Kulturgüter, Medien und Datenschutz sowie – das muss man auch anfügen – der Dienstleistungsbereich und damit die sozialen Standards.

Hormonfleisch und das mittlerweile in aller Munde stehende berühmte Chlorhühnchen sind die Aufhänger für diese Debatte gewesen. Frau Höfken hat schon darauf hingewiesen, das ist nicht der Kern der Sache. Gestern Abend fand eine Talkshow unter anderem mit Frau Bärbel Höhn, der Vorsitzenden des Umweltausschusses des Deutschen Bundestags, statt, die selbst gesagt hat, das bekommen wir geregelt.

Man hat das auch geregelt zum Beispiel im CETAAbkommen im Hinblick auf das Hormonfleisch. Es muss ganz deutlich werden, es wird keine Chlorhühnchen und kein Hormonfleisch in Europa geben. Diese Bedenken müssen wir von Anfang an ausräumen.

Diese Ängste und Befürchtungen konnten sich vor allem deshalb aufbauen, weil es deutlich an Transparenz gefehlt hat. Frau Schneider, so wie Sie das eben dargestellt haben, stimmt das nicht ganz. Da gab es schon einiges, was man vorher an Aufklärung hätte machen können. So ist nämlich der Eindruck entstanden, dass es sich um Geheimverhandlungen gehandelt hat. Das muss aufhören; das darf so nicht weitergehen. Alle wesentlichen Dokumente müssen auf den Tisch. Insofern ist der Antrag zur Umweltministerkonferenz (UMK) auf Initiative von Rheinland-Pfalz sehr zu begrüßen, der dann in einem einstimmigen Beschluss mündete. Frau Höfken hat das schon gesagt.

Ich will kurz Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zitieren: Wir müssen in diesem Bereich versuchen, die ganze Debatte zu entmystifizieren. – Ich begrüße auch, dass auf der UMK ganz eindeutig gesagt worden ist, dass wir in Europa an dem Vorsorgeprinzip festhalten wollen. Da gibt es einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Europa und den USA. Sie haben ausgeführt, sodass ich das nicht näher ausführen muss, dass die USA mehr auf die Nachsorge Wert legen. Der Bundesrat bzw. die UMK haben sich ganz eindeutig darauf festgelegt, dass es zwischen hochentwickelten Staaten keiner Investitionsschutzklauseln bedarf.

Frau Schneider, zuvor haben Sie in einer Frage im Zuge der Beantwortung der Mündlichen Anfrage eben nicht den Kern getroffen. Die Investitionsschutzabkommen, die getroffen worden sind, betreffen Staaten, die nicht unbedingt so demokratisch aufgestellt sind wie wir. Parlamentarische Entscheidungen dürfen nicht ausgehebelt werden. Die demokratische Willensbildung und Kontrolle muss immer gewährleistet sein.

Trotzdem – das ist die andere Seite der Medaille – finde ich, ein Land wie Deutschland muss schon daran interessiert sein, dass wir zwischen Europa und den USA Handelshemmnisse abbauen.

(Beifall der CDU)

Wir können diesen großen Weltmarkt, der eine Vorbildfunktion hat, nicht einfach ignorieren. Gerade kleine und mittelständische Betriebe können von der Angleichung der Standards – ich betone, es ist nicht immer so, dass die Standards in Europa die höheren sind, sondern es gibt auch in den USA höhere Standards –

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Medizintechnik zum Beispiel!)

und Prüfverfahren sowie vom Abbau von regulatorischen Vorschriften profitieren. Das sind in diesem Zusammenhang alles Bürokratiekosten, die Belastungen darstellen. Ein Wegfall ist aus meiner Sicht sicherlich ein Innovationsschub. Damit erhalten wir – das ist für uns Sozialdemokraten immer sehr wichtig – Arbeitsplätze in der Re

gion. Das ist für uns immer ein wichtiges Anliegen gewesen.

Ich habe gestern aus der Veranstaltung im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten zu diesem Thema interessiert die Einlassungen des Gewerkschaftssekretär mitgenommen. Er hat das sehr deutlich formuliert. Ich glaube, da muss man noch einmal ganz genau hinsehen. Ich fand das sehr interessant. Sehr wichtig ist, Arbeitnehmerinteressen dürfen nicht unterminiert werden.

Der Rest folgt gleich in der zweiten Runde.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Höfken das Wort.

Gestern in der Sendung mit Anne Will war ich doch über die Haltung der CDU etwas erschüttert. Da hat Thomas Strobl,

(Pörksen, SPD: Wer ist das denn?)

stellvertretender Vorsitzender der CDU aus BadenWürttemberg, doch tatsächlich gesagt: Als vor 50 Jahren die Italiener mit ihrer Pizza kamen, hatten die Leute auch Angst, dass sie damit vergiftet werden. – Ich glaube, es ist schon ein Skandal, dass Sie die Eingriffstiefe eines solchen Abkommens bewusst verschleiern.

Das CETA-Abkommen, das Vorreiterabkommen mit Kanada, ist immerhin sozusagen beschlussreif. Das heißt, es ist dringend geboten, sich damit auseinanderzusetzen und genau die Forderungen zu erheben, die die Umweltministerkonferenz erhoben hat. Übrigens hat auch Bundesminister Gabriel Forderungen erhoben; denn er hat gerade heute wieder verlangt, der Bundestag solle einbezogen werden, es solle Transparenz geschaffen werden und der Investitionsschutz solle auf diese Art und Weise nicht kommen. Das sind aber in diesem Fall Forderungen des Bundeswirtschaftsministers, zu denen keineswegs Konsens mit der EUKommission besteht, die gerade das Gegenteil tut, die nämlich vor den Gerichtshof geht und darauf besteht, dass dieses Abkommen nur in den Händen von Brüssel liegt. Ich finde schon, dass es ungeheuer notwendig ist, sich in diesem Landtag damit zu beschäftigen, was die Abgeordneten dieser Koalition auch tun, und das Ganze nicht lächerlich zu machen. Das würde auch den Interessen der Bürgerinnen und Bürger völlig zuwiderlaufen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)