Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich den Titel der Aktuellen Stunde aufgreifen darf, dann sind wohl nur die CDU-Fraktion und Frau Dickes irritiert. Wir können auf jeden Fall keinen Zick-Zack-Kurs sehen. Wir wollen nach wie vor im Schulgesetz für Eltern mit behinderten Kindern ein Wahlrecht einführen, ob sie ihr Kind an eine Förderschule oder eine Schwerpunktschule schicken wollen. Hier ändert sich gar nichts in der Sichtweise der Umsetzung von Inklusion in Rheinland-Pfalz.
Frau Dickes, wenn Sie erst kritisieren, dass der Beschluss über das Schulgesetz auf das nächste Plenum verschoben worden ist, und gleichzeitig einen weiteren Aufschub um ein Jahr fordern, dann verstehe ich über
Wir lassen auch niemanden im Unklaren, die Eltern nicht, die Schulen nicht und die Kommunen erst recht nicht. Ja, seit eineinhalb Jahren diskutieren wir über die beabsichtigte Gesetzesänderung, die zum neuen Schuljahr nach den Sommerferien in Kraft treten wird.
Daran ist nie ein Zweifel gelassen worden. Wir führen die Inklusion auch nicht deshalb ein, weil sie irgendwo vom Himmel fällt, sondern weil die UN-Konvention uns dazu verpflichtet und weil wir in Rheinland-Pfalz seit über zehn Jahren auf dem Weg sind, Inklusion in Rheinland-Pfalz umzusetzen und zu leben.
(Baldauf, CDU: Sie verpflichtet aber dazu, es sauber zu machen! – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD – Baldauf, CDU: Wir zwei können sie machen!)
Es wird auch nichts kurzfristig verschoben, sondern es ist nach der Geschäftsordnung so, dass immer noch der Ältestenrat die Tagesordnung für ein Plenum festlegt und nicht die Landesregierung.
(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Der Ältestenrat hat die Verschiebung beschlossen! – Zuruf von der SPD: Mit Ihrer Stimme!)
Jetzt tun sich durch die Übernahme der BAföGFinanzierung durch den Bund neue Wege für das Land auf, um die Kommunen bei der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Umsetzung von Inklusion in der Schule zu unterstützen. Und was macht die CDU? Sie meckert.
Wie eilig es Ihnen war zu meckern, zeigt sich in der CDU-Pressemitteilung vom 18. Juni. Dort spricht Frau Dickes davon, dass der Gesetzentwurf zurückgezogen wurde. Hui, muss ich da sagen. Eigentlich müsste man von Parlamentariern erwarten, dass sie den Ablauf eines Gesetzgebungsverfahrens kennen. Darum geht es Ihnen aber überhaupt nicht. Es wird jeder Weg genutzt, um mit markigen Worten populistisch Wind zu machen, und nur ums Windmachen geht es hier.
Genau das hat die „Allgemeine Zeitung“ zu Recht bemerkt. Die „Allgemeine Zeitung“ schreibt: Frau Dickes hat für Irritationen gesorgt, hat ihre Aufgeregtheit nicht begründen können und alle ratlos gelassen. – Schon peinlich, was da passiert ist.
(Beifall der SPD – Bracht, CDU: Sagen Sie einmal etwas zum Inhalt- lichen! Zuruf des Abg. Ramsauer, SPD)
Wie war es denn wirklich? Bereits am 27. Mai hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei der Einigung über die Verteilung der Bildungsmillionen auf Bundesebene angekündigt, dass die Landesregierung den Kommunen 8 Millionen Euro für die Unterstützung der Aufgabe der Inklusion im schulischen Bereich anbieten wird.
Mir wäre neu, dass der schulische Bereich sich ganz allein auf das Land bezieht. Wir haben eine klare Aufgabenteilung. Für alles, was pädagogischer Bedarf ist, was Lehrkräfte und Fortbildung anbelangt, ist das Land zuständig. Dieser Aufgabe werden wir auch gerecht. Für alles, was Schulträgeraufgabe ist, sind die Kommunen zuständig.
Und noch mehr, wir unterstützen die Kommunen auch bei ihrer Schulträgeraufgabe, wenn ich nur zum Beispiel an das Schulbauprogramm denke.
Erste Gespräche zur Umsetzung dieser Vereinbarung sind bereits direkt nach Pfingsten geführt worden. Es ist also viel Zeit gewesen, sich zu einigen. Ministerin Doris Ahnen und Minister Carsten Kühl haben ihr Angebot letzte Woche konkretisiert. Das ist eine Konkretisierung, um den Kommunen verlässlich und unbürokratisch Geld zur Verfügung zu stellen.
Wo ist denn der Skandal? Das frage ich mich wirklich. Ich kann ihn überhaupt nicht erkennen, im Gegenteil. Das zeigt, wie sehr der Landesregierung das Thema am Herzen liegt.
Es hat nie jemand gesagt, dass Inklusion kein Geld kostet. Das ist wieder so eine kreative Auslegung der CDU, man könnte auch sagen, ein Märchen. Es entspricht nämlich nicht den Tatsachen. Lesen Sie die Begründung zur Schulgesetznovelle. Dort ist die Frage der Konnexitätsverhandlungen ganz klar und deutlich erklärt worden.
Wir haben immer gesagt, dass Inklusion eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und jede Ebene für die Finanzierung ihrer eigenen Verantwortungsbereiche verantwortlich ist. Dort haben wir eine klare Abtrennung.
Wir unterstützen die Kommunen, wo wir nur können. Jetzt ist es ein freiwilliges Angebot an die Kommunen, den Inklusionsprozess mit 8 Millionen Euro zu unterstützen.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Den Zick-Zack-Kurs in der Inklusionspolitik kann ich in Rheinland-Pfalz beim besten Willen nicht erkennen, dagegen aber in Ihrer Argumentation, Frau Dickes; denn Inklusion – ich hoffe, da sind wir uns inzwischen einig – soll und muss in Rheinland-Pfalz kommen.
Sie mahnen nun an, dass das Wahlrecht um ein ganzes Jahr verschoben werden soll. Das würde uns in unserer Entwicklung dermaßen stark zurückwerfen, dass wir das natürlich beim besten Willen nicht unterstützen können.
Natürlich kann ich sehen, dass Schulen einen gewissen Planungsvorlauf brauchen, aber genau den haben sie. Wir reden seit einem halben Jahr – Sie sagen, in der Vorplanungsphase sogar seit eineinhalb Jahren, in Wahrheit eigentlich schon seit der Koalitionsbildung, nämlich seit 2011 – über die Frage, wie wir mehr Inklusion im Land Rheinland-Pfalz verankern können.
Wir gehen diesen Weg sehr zielstrebig. Wir wollen, dass die Inklusionsrate so voranschreitet, wie die Eltern das für ihre Kinder wollen.
Ich sehe aber auch, dass die Kommunen und die kommunalen Spitzenverbände als ihre Vertreter Zeit brauchen, damit nicht eine ähnlich überstürzte Gesetzgebung wie zum Beispiel gerade jetzt im Bund beim EEG zustande kommt. Sie verzeihen mir diesen Ausflug in die Bundespolitik.
Zeit ist ein ernst zu nehmendes Argument, weil die Kommunen mit diesem Geld wirklich zusätzliche Anstrengungen unternehmen sollen. Wir sind aber auch der Meinung, dass die Kommunen als Schulträger autonom sind und sie in der Art und Weise der Wahl ihrer Mittel nach den Bedürfnissen ihrer eigenen Schulen
entscheiden sollen. Dann müssen die Kommunen auch entscheiden können, wie und wo sie diese Gelder einsetzen. Genau das wollen wir.
Insofern ist es der richtige Weg, über die Schulgesetznovelle, die die Fraktionen beantragen werden, die Änderungen in der zweiten Lesung, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, diesen Weg zu gehen. Sie können dann diese Mittel – sei es im Schulbau oder in der Schulsozialarbeit, bei der wieder Bundesmittel weggefallen sind, oder in anderen Bereichen – einsetzen.
Dies ist seitens der Fraktion zu formulieren, und nicht, wie man es nach der Lektüre Ihrer Aktuellen Stunde annehmen müsste, im Rahmen der Aufgaben der Landesregierung.