Protokoll der Sitzung vom 24.07.2014

Drittes Problem – da habe ich mir einmal etwas ganz Spezielles gesucht –: die Entwicklung der Dorfgaststätten in den letzten Jahren. – Die Dorfgaststätten sind gerade für den Tourismus auf dem Land ganz wichtige Anlaufpunkte. Sie sind nicht nur für die Strukturen in den Dörfern, sondern auch für den Tourismus wichtig, wenn es darum geht, die Gäste zu bewirten. Ich habe das einmal herausgesucht: Wir haben einen ständigen Rückgang der Zahl der Dorfgaststätten. 2006 hatten wir in 1.489 Dörfern noch 4.018 Dorfgaststätten. 2011 waren es noch 2.454 – ein Rückgang von 11,7 %. 2006 hatten noch 92 % der Dörfer eine Dorfgaststätte. Heute sind es noch 86,5 %. Auch da gibt es also einen starken Rückgang.

In den letzten Tagen wurde die Tourismusstrategie im Nationalpark vorgestellt.

(Glocke der Präsidentin)

Die Studie hat ganz klar gezeigt, es gibt Mängel in den Gaststätten, und es ist viel Potenzial vorhanden, das man heben müsste. Das sage ich auch als Anregung in Richtung Wirtschaftsministerium. Weiteres sage ich in der zweiten Runde.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion der GRÜNEN hat Kollegin BlatzheimRoegler das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Rheinland-Pfalz ist ein wunderbares Urlaubsland, aber es ist auch wunderbar, hier zu leben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Ja, wir können froh sein, dass wir dort leben können, wo andere Urlaub machen. Das bekomme ich manchmal zu hören.

Ich glaube, das ist eine Haltung, die wir nach außen tragen sollten; denn wenn wir unser Bundesland positiv sehen, ist das ein Stück weit eine Einladung. Aber das nehme ich auch bei den Einlassungen meiner Kolleginnen und Kollegen positiv wahr. Wir können die Leute nicht nur mit tollen Flusslandschaften begeistern, sondern wir können auch Wandermöglichkeiten in den Mittelgebirgen bieten. Wir haben den Rheinsteig und den Moselsteig, und wir können Touren durch den Pfälzerwald, spezielle Fahrradrouten und attraktive Gastlandschaften anbieten.

Ich will jetzt nicht im Einzelnen auf die Zahlen eingehen, die belegen, wie sehr wir auch wirtschaftlich vom Tourismus profitieren. Das haben die Kollegen vor mir schon gemacht. Aber ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, wie viel der Tourismus für die Wirtschaftskraft in unserem Land mittelbar bedeutet; denn es sind auch die Handwerksbetriebe, die Zulieferbetriebe sowie die Dienstleisterinnen und Dienstleister, die von einem gut gehenden Tourismus profitieren. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein starkes Stück Wirtschaft, das wir in diesem Land zu bieten haben.

Mit der Tourismusstrategie 2015 gehen wir diesen Weg konsequent weiter. Im Zusammenhang mit dieser Tourismusstrategie möchte ich erwähnen: Die Landesregierung hat sie gemeinsam mit der Rheinland-Pfalz Tourismus, dem Tourismus- und Heilbäderverband, der Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern und dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, also DEHOGA Rheinland-Pfalz, entwickelt. Dort werden die wesentlichen Handlungsfelder des Landes für die kommenden Jahre beschrieben. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass die hervorragende, sich gegenseitig befruchtende und kompetente Zusammenarbeit einmal gewürdigt werden sollte. Ich erlebe nämlich, wenn ich als Sprecherin für Tourismus meiner Fraktion bei den verschiedenen Verbänden bin, ein Stück weit eine Lust am Machen, am Entwickeln und an der Kreativität. Das ist etwas, was ich in manch anderen Wirtschaftsfeldern so nicht erlebe.

Mehr und mehr – das finde ich ebenfalls wichtig – setzt sich, auch vor Ort, die Erkenntnis durch, dass mit herkömmlichem Kirchturmdenken kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Das ist etwas, was auch der DEHOGA seinen Mitgliedern immer wieder ins Stammbuch schreibt. Unsere Mitbewerber sind nämlich nicht die nächste Stadt oder das nächste Dorf, und es geht auch nicht um die Region Mosel versus die Region Pfalz,

sondern es sind die Nordseeküste, die Seenplatte in Mecklenburg-Vorpommern und der Bayerische Wald, aber auch Südtirol, Italien und Kroatien, eben alle anderen Urlaubsdestinationen.

Das müssen wir im Kopf behalten, wenn wir RheinlandPfalz als Tourismusregion weiterentwickeln wollen. Gerade die einkommensstarken Schichten oder auch die agilen Senioren haben hohe Ansprüche und gleichzeitig durchaus Lust auf deutsche Urlaubsgebiete. Hier gilt es also, Rheinland-Pfalz insgesamt als Topdestination zu bewerben und zu vermarkten. Da leistet diese Landesregierung – vor allem unsere zuständige Ministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Evelin Lemke – eine hervorragende Arbeit. Das höre ich vor Ort immer wieder, egal wo ich bin. Dafür einen herzlichen Dank!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Baldauf, CDU: In jeder Wirtschaft!)

Wir haben auch eine hervorragende Ausbildungsqualität in diesem Land. Ich war gerade auf dem Abschlussfest der Hotelfachschule in Bernkastel-Kues. Dort werden Hotelbetriebswirtinnen und -betriebswirte auf einem hohen Niveau ausgebildet. Natürlich gehen diese Hotelbetriebswirtinnen und -betriebswirte oft erst einmal ins Ausland, oder sie arbeiten auf einem Schiff, und das ist auch gut so. Ich habe in meinem Grußwort auch gesagt, dass ich mich sehr freuen würde, wenn diese hier hervorragend qualifizierten Betriebswirtinnen und Betriebswirte – nun mit dem Blick aus der großen, weiten Welt ausgestattet – irgendwann einmal zurückkämen und die Nachfolge in den Betrieben anträten. Da haben wir tatsächlich eine Aufgabe vor uns.

Mehr dazu in der zweiten Runde.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat nun Frau Staatsministerin Lemke das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich über diese qualifizierte Debatte. Sie alle sind voll in das Thema eingestiegen, da macht das natürlich richtig Spaß. Deswegen können wir gleich auf die paar Dissense, die ich hier wahrnehme, eingehen und vielleicht noch ein paar Punkte in den Mittelpunkt rücken.

Zum Beispiel haben Sie heute Morgen versucht, herauszuarbeiten, dass die Landesregierung und die Wirtschaft – ich glaube, das zeigen die drei aufeinanderfolgenden Debatten zur Industriepolitik, zur Fachkräftestrategie und auch zum Tourismus – das in einem sehr engen und sehr guten Einvernehmen, in einem sehr guten Dialog und mit gemeinsamen strategischen Ansätzen gestalten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Deswegen ist es nicht ohne, was Frau Abgeordnete Frau Blatzheim-Roegler eben gesagt hat. Die Tourismusstrategie wurde in einem großen Kontext entwickelt.

In Richtung CDU-Fraktion sage ich deutlich: Wir malen hier nicht nur immer blaue Wolken oder blauen Himmel, wir machen die Welt auch nicht schöner, als sie ist, sondern wir wissen schon, wo die Herausforderungen liegen, die wir gemeinsam bewältigen wollen, und wir wollen unsere Wirtschaft und auch den Tourismus noch stärker für die Zukunft aufstellen, als sie ohnehin schon aufgestellt sind. Wir arbeiten natürlich gern gemeinsam daran.

Deshalb denke ich auch, dass der Tourismus im Unterschied zu den zwei anderen Bereichen etwas Besonderes ist. Eine gute touristische Strategie, eine tolle Außenpräsentation und eine internationale Werbung für diesen tollen kulturellen Standort, für dieses Land Rheinland-Pfalz, in dem wir leben dürfen und andere Urlaub machen, sind, selbstbewusst und polyglott vorgetragen, auch eine tolle Standortkampagne für all das, was wir haben. Das betrifft die jungen Menschen, die für ihre Ausbildung ins Ausland gehen und dann zurückkehren, und, umgekehrt, die jungen Menschen, die zu uns kommen, etwa die jungen Spanierinnen und Spanier, die der DEHOGA jetzt an die Mosel holt. Sie verteilt sozusagen eine ganze Schulklasse an der Mosel – jeweils zwei junge Menschen in einem Betrieb, wo ihnen eine Perspektive und eine Ausbildung gegeben werden. Damit macht sie auch in diesem Sektor die Willkommenskultur Rheinland-Pfalz ganz deutlich. Das ist eine großartige Leistung, und deswegen verdient sie auch unsere Unterstützung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Gleichzeitig ist aber der Tourismus immer ein Spiegel der internationalen Wirtschaftsverfassung – natürlich auch ein Wetterspiegel, wenn man das so sagen will. Ich will kurz darauf eingehen. Sie haben es eben gesagt: In diesem Jahr haben wir eine tolle Voraussetzung. Wir haben wunderbares Wetter, und die Menschen aus dem Ausland kommen gern an einen Standort, an dem die Sonne scheint.

Das ist immer so. Letztes Jahr haben wir aufgrund der langen Regenphase im Sommer, insbesondere im Bereich Camping, aber auch in anderen Bereichen einen Einbruch erlitten. Dieses Jahr ist das anders.

Wir verzeichnen Einbrüche, die zum Beispiel in Europa an eine Wirtschaftskrise geknüpft sind. Wenn wir beobachten, dass in bestimmten Jahren, wie beispielsweise 2009, die Briten nicht mehr an den Rhein kommen, dann hängt das auch mit der dortigen Wirtschaftsverfassung in einem Jahr ganz spezifisch zusammen.

Wir können unmittelbar sehr viel aus dieser Entwicklung im Tourismus für die sonstige Wirtschaftsleistung der Besucherinnen und Besucher unseres schönen Bundeslandes ablesen. Ich betone die wirtschaftliche Verfassung – nicht nur für den Tourismus – und Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz. Es wirkt immer in mehrere Richtungen.

Woran wollen wir jetzt arbeiten? Ich nehme die Punkte Fachkräftemangel, Internet, Dorfgaststätten und Windkraftanlagen in den Blick. Zum einen hätte ich mir gewünscht, dass Sie, Herr Baldauf, mit den Vertretern der Presse gesprochen hätten, die auf die Pressekonferenzen kommen. Wir haben neulich die Studie zum Nationalpark veröffentlicht. Da sind wir kritisch auf die Verbesserungspotenziale in der Region Hunsrück eingegangen, um zu identifizieren, wie die Maßnahmen aussehen können, die wir zur Entwicklung des Tourismus im Zusammenhang mit dem Nationalpark unternehmen wollen.

Professor Dr. Thomas Bausch vom Alpenforschungsinstitut (AFI) war da. Er hat auf die Frage eines Journalisten, wie die Windkraftanlage mit der touristischen Entwicklung zusammengehen würde, ganz klar und eindeutig geantwortet, seine Studien sowie die Studien, die er sonst kenne, wiesen nicht aus, dass hier ein Zusammenhang bestehen würde. Das gehe weder aus den Umfragen hervor, noch sei es herleitbar aus tatsächlichen Besucherzahlen. Ich finde, das muss man betonen. Sie malen etwas an die Wand, was überhaupt nicht existiert.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Thema Dorfgaststätten. Wir nehmen die Entwicklung sehr ernst, weil die Dorfbilder, das Dorfleben und das Leben in unseren Städten für Touristen entscheidend sind, die angezogen werden. Deswegen wollen wir hier zu einer Verbesserung kommen.

Aber wir können nicht ignorieren, dass sich die Lebenskultur der Menschen im Land verändert hat. Man geht nicht mehr nach Feierabend in die Kneipe und trinkt dort ein Bier. Das werden Sie erfahren, wenn sie sich mit großen Bierproduzenten im Land unterhalten, dass diese Kultur, auch was die Infrastruktur betrifft, sich deutlich verändert hat und statistisch ihren Niederschlag findet. Das Bier wird eher zuhause vor dem Fernseher getrunken, Herr Billen. Statistisch ist das so. So laufen auch die Handelswege. Dies stellt sich auch dar.

Was ist die Antwort auf die Frage der Qualität? Wo gehen die Menschen gerne in die Gastronomie, und wie können wir das für Touristen entwickeln? Die Antwort auf diese Frage ist in der Tourismusstrategie zusammen mit DEHOGA und anderen festgelegt. Sie lautet Qualität: Eine Qualitätsoffensive, Ausbildung und Freundlichkeit aller Mitarbeiter sind hier angesagt. Da gibt es Fortbildungen, die wir annehmen und die wir im Bundesländervergleich auf Platz 1 stehend in Rheinland-Pfalz in gemeinsamer Kraftanstrengung mit den Betrieben erwirkt haben. Das ist seit letztem Jahr so. Mein Dank und Lob geht an die Betriebe, die sich aufgemacht haben, das ernst zu nehmen und sich der Qualitätsoffensive angeschlossen haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Jetzt nenne ich noch schnell die Antwort auf die Frage zum Internet im ländlichen Raum. Wir wissen, dass dies immer noch eine große Herausforderung ist. Ich möchte Ihnen den Sachstand zum Breitband schildern und sa

gen, wie wir vorankommen. 50 % des Landes verfügen jetzt schon über 50 Mbit. Die weißen Flecken sollen zum Jahresende geschlossen werden.

Bereits jetzt, also im ersten Quartal 2014, liegen wir bereits bei 98,5 % Grundversorgung mit 2 Mbit. Wir wissen, es kann immer noch mehr geben und noch besser sein. Ich glaube, das ist schon ganz anständig. An der Stelle machen wir genau so weiter, und zwar ressortübergreifend. Da gilt mein Dank den Kollegen im Innenministerium, dass wir hier dafür sorgen, dass die Versorgung immer besser wird.

Bezüglich des Fachkräftemangels habe ich Ihnen gesagt, das steht auf der Agenda. Ich habe das Beispiel mit den Azubis aus Spanien gebracht. Das gehört zur Fachkräftestrategie. Wir arbeiten gemeinsam daran. Ich denke, unsere Rezepte wirken, wenn so eifrig auch der DEHOGA bei diesen Projekten mitmacht und Bundes- und Landesmittel dafür in Anspruch nimmt.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Hüttner hat noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh, dass wir uns im großen Maße einig über die Bedeutung des Tourismus für Rheinland-Pfalz sind; denn mit 200.000 Arbeitsplätzen hat das eine enorme Bedeutung. Meines Erachtens reden wir viel zu wenig über diese tolle Branche insgesamt. Von daher ist es eine Wertschätzung, die wir heute geben.

Lassen Sie mich kurz drei Punkte aufgreifen.

Erstens steht Rheinland-Pfalz hinter Berlin auf dem zweiten Platz bezüglich des Ausländertourismus. Das muss man proportional zu den Einwohnern sehen. Ein Bundesland wie Bayern hat natürlich mehr Gäste aus anderen Ländern. Das muss man mit den Proportionen sehen.

Lieber Herr Schmitt, ich glaube nicht, dass Holländer, die unser Hauptklientel darstellen, in die Dorfgaststätte gehen. Dass die Dorfgaststätte ein wichtiger Punkt für die dörfliche Infrastruktur ist, ist unbestritten. Aber dass das für den Tourismus die Bedeutung hat, da bin ich ganz anderer Auffassung. Da müssen wir andere Maßnahmen treffen. Wir müssen eine Maßnahme treffen, wie sie gemacht wurde, nämlich eine Qualitätsoffensive in den Bereichen, in denen Service zu leisten ist. Das ist auf dem Weg. Die Branche muss sich mit einbringen. Das geschieht.

Frau Blatzheim-Roegler hat das deutlich angeführt. Man muss weiter daran arbeiten, dann bekommt man das auch hin.

Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen, bei dem meines Erachtens noch Chancen vorhanden sind, das noch besser hinzubekommen. Das gilt, wenn in den Regionen mehr miteinander gearbeitet wird. Wenn wir in Urlaub fahren, dann bleiben wir auch nicht an einer Stelle, sondern wir bewegen uns insbesondere dann, wenn wir mit einem Fahrzeug unterwegs sind. Hier muss mehr miteinander geschehen.