Protokoll der Sitzung vom 18.08.2011

Im Vorgriff auf die beabsichtigte Neuregelung wird mein Haus die Ausländerbehörden des Landes bitten, Anträge auf Verlassenserlaubnis im Rahmen des ausländerbehördlichen Ermessens positiv zu begleiten und womöglich die Verlassenserlaubnis gebührenfrei zu erteilen. In der Praxis werden diese Erlaubnisse für selbstverständliche Aktivitäten des täglichen Lebens beantragt und erteilt, wie beispielsweise den Besuch bei Landsleuten und Verwandten, die Teilnahme von schulpflichtigen Kindern an Ausflügen, Klassenfahrten und Exkursionen, das Aufsuchen von Fachberatungsstellen insbesondere für traumatisierte Flüchtlinge, den Besuch von Fachärzten und Universitätskliniken, das Aufsuchen von Rechtsanwälten, die sich auf das Ausländerrecht spezialisiert haben, die Teilnahme an kulturellen und religiösen Veranstaltungen sowie die aktive Teilnahme an Sportveranstaltungen und natürlich die Arbeitsaufnahme.

Ich halte es für eine unnötige Gängelung – bei diesem Punkt bin ich ganz bei Frau Spiegel – der schutzsuchenden Personen, wenn sie für diese Zwecke jeweils eine ausländerbehördliche Erlaubnis einholen müssen. In Rheinland-Pfalz wären dann aktuell rund 1.700 Personen von dieser Neuregelung begünstigt, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen und nicht mehr in der Erstaufnahmeeinrichtung wohnen.

Die Landesregierung beabsichtigt, in einem zweiten Schritt mit den benachbarten Bundesländern Gespräche aufzunehmen. Es gilt, die Erfolgsaussichten für länderübergreifende Lösungen zu erörtern, die das Asylverfahrensgesetz jetzt ermöglicht. Die erforderlichen politischen und rechtlichen Abstimmungsprozesse werden sicher nicht von heute auf morgen zu erreichen sein. Trotzdem sehe ich hier ein sachliches Bedürfnis und die Möglichkeit, mittelfristig weitere Fortschritte zu erreichen. Es ist für mich ehrlich gesagt nicht einleuchtend, weshalb beispielsweise der Besuch einer Asylbewerberfamilie aus Mainz in Frankfurter Zoo nicht genehmigungsfrei möglich sein sollte.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Auch bei der Suche nach einem Arbeitsplatz ist es erforderlich, dass die Landesgrenzen zukünftig keine unüberwindbare Hürde mehr darstellen. Dies gilt zum Beispiel insbesondere für das Rhein-Main-Gebiet, für die Metropolregion Rhein-Neckar, aber auch für den Bereich Koblenz/Bonn.

Den Landtag werde ich zu gegebener Zeit über die Gesprächsergebnisse unterrichten.

Ungeachtet der erweiterten Handlungsmöglichkeiten auf Landesebene stimme ich mit den Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN überein, dass ein weiterer gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, und betone an dieser Stelle noch einmal, dass die Regelung der Residenzpflicht in der vorliegenden Form nicht mehr zeitgemäß ist. Der Bundesgesetzgeber drückt sich meines Erachtens vor seiner eigenen politischen Verantwortung, wenn er die konkrete Ausgestaltung immer stärker den Bundesländern überlässt. Dies führt zwangsläufig zu einer Rechtszersplitterung, die nicht im Sinne unseres Rechtssystems und erst recht nicht im Sinne der Menschen in unserem Land sein kann. Es bedarf einer dringenden Harmonisierung der Bestimmungen über die räumlichen Beschränkungen von Asylsuchenden und Duldungsinhabern. Nur so können die bestehenden Wertungswidersprüche aufgelöst werden. Die abschließende Frage, ob es einer Residenzpflicht während des laufenden Asylverfahrens zukünftig überhaupt noch bedarf, beantworte ich mit einem überzeugten Nein.

(Starker Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung wird sich gemeinsam mit anderen Bundesländern für die Abschaffung der Residenzpflicht für Asylbewerberinnen und Asylbewerber einsetzen und eine entsprechende Initiative im Bundesrat einbringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin mir sehr sicher, dass wir uns im Flüchtlingsrecht bei den Aufnahmebedingungen mehr Liberalität und mehr Humanität leisten können und leisten müssen. Dafür wird sich die Landesregierung unter der Federführung meines Hauses aktiv einsetzen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können heute hier in diesem Sinne ein positives Zeichen für Rheinland-Pfalz setzen. Ich blicke auch noch einmal auf die CDU-Landtagsfraktion. Es wäre schön, wenn wir dieses Zeichen gemeinsam setzen könnten und in der Folge durch eine Rechtsverordnung den Asylsuchenden in unserem Land mehr Bewegungsfreiheit ermöglichen könnten. Ich bitte Sie um Unterstützung der dargelegten Argumente und Positionen, indem Sie dem vorliegenden Antrag zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wenn keine Ausschussüberweisung beantragt wird, kommen wir direkt zur Abstimmung. – Ich lasse über den Antrag „Landesweite Bewegungsfreiheit für Asylsuchende – für ein modernes und aufgeschlossenes Aufenthaltsrecht“, Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/215 – abstimmen. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt gegen den Antrag? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Vielen Dank.

Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:

Lückenschluss der Autobahn A 1 Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/210 –

dazu: Lückenschluss der Bundesautobahn A 1 Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/231 –

(Pörksen, SPD: Können wir gleich abstimmen!)

Direkte Abstimmung beantragt? –

Wir haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Wer stellt den Antrag vor? –

(Abg. Schneiders, CDU, meldet sich zu Wort)

Herr Abgeordneter Schneiders hat für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der von der CDU beantragte Beschluss des Landtags, mit dem die Landesregierung aufgefordert werden soll, gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen schnellstmöglich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, damit die Lücke der A 1 geschlossen werden kann, ist aus vielerlei Gründen dringend notwendig. Diese Gründe will ich kurz einmal anführen. Ich will allerdings vorher sagen, des Alternativantrags der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hätte es dazu nicht bedurft, vor allen Dingen deshalb nicht, weil dort nur das festgestellt wird, was alle Bürger vor Ort wissen, dass die A 1 zwischen Daun und Rengen schon unter Verkehr ist und der Abschnitt zwischen Rengen und Kelberg im Bau befindlich ist. Dass man die Koalitionsvereinbarung hier absegnen lassen will, ist nicht die Aufgabe des Landtags.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen feststellen, dass diese Landesregierung mit den beiden Fraktionen in der Koalition die A 1 auf dem Altar dieser Koalition opfern will. Das können weder die Bürger vor Ort noch wir hier im Landtag hinnehmen.

(Beifall der CDU)

Die Wirtschaft hat sich auch an den Ministerpräsidenten gewendet. Die Präsidenten der Industrie- und Handelskammern Aachen, Koblenz und Trier haben eindrücklich untermauert, dass die Wirtschaft die A 1 braucht. Der Lückenschluss muss nicht nur erfolgen, weil viele Millionen Euro ausgegeben sind und das jetzige Verzögern und Aufhören unsinnig und unwirtschaftlich wäre, sondern auch, weil belegbar ist, dass die Verkehrsströme in den kommenden Jahren anwachsen werden, der Verkehr und die Wirtschaft deshalb ein leistungsfähiges Verkehrsnetz brauchen und dieser Lückenschluss gerade der A 1 zwischen Blankenheim und Kelberg ein wichtiger Bestandteil dieses Straßennetzes ist.

Die Verbindung des Raums Aachen/Köln/Ruhrgebiet hin in die Region Trier, ins Saarland und nach Luxemburg sowie nach Frankreich, die dort geschaffen würde, wäre eine ununterbrochene Autobahnverbindung von Lübeck im Grunde genommen bis nach Spanien.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dass dieser Lückenschluss darüber hinaus auch eine Entlastung für die A 61 und die B 51 bringt, das sind keine neuen Erkenntnisse. Das ist Ihnen bekannt. Das ist uns allen bekannt. Deshalb ist es sträflich und leichtsinnig, auf den Lückenschluss zu verzichten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die A 1 trägt, wenn die Lücke geschlossen ist, dann gerade auch zur Verkehrsvermeidung bei, da Umwege vermieden werden. Umweltschutz und Lärmschutz sind ein weiterer Gesichtspunkt, der hier zum Tragen kommt, weil gerade der Lückenschluss einen Beitrag zum Lärm- und Umweltschutz leisten würde.

Ich hatte schon angedeutet, regional ist die A 1 für die wirtschaftliche Entwicklung der Eifel von herausragender Bedeutung. Die Standortbedingungen in der Region würden deutlich verbessert. Das ist dringend notwendig.

(Beifall bei der CDU)

Der Dauner Kreistag hat eine Resolution beschlossen, in der deutlich gemacht wird, dass man mit dieser Entscheidung – – –

(Frau Schmitt, SPD: Der Kreistag von Gerolstein, Vulkaneifel!)

Bitte? (Frau Schmitt, SPD: Vulkaneifel!)

Der Kreistag in Daun hat beschlossen – – –

(Frau Schmitt, SPD: Der Kreis heißt Vulkaneifel, Herr Kollege!)

Der Kreistag des Vulkaneifelkreises in Daun hat beschlossen, dass diese Resolution deutlich machen soll, dass diese Landesregierung mit dieser Koalitionsvereinbarung den Menschen in der Region der Vulkaneifel vor den Kopf stößt.

(Beifall der CDU)

Selbst der Landrat, der nicht verdächtig ist, in der Nähe der CDU zu stehen, und Teile der SPD sehen das genauso. Es wird eine Unterschriftenaktion erfolgen, damit auch die Bevölkerung die Gelegenheit hat, der Landesregierung zu signalisieren, was man von dieser Entscheidung hält. Der Versuch letztendlich, vielleicht auch noch die Bundesregierung verantwortlich zu machen, soll mich zum Abschluss dazu bringen, Ihnen deutlich zu machen, dass der Lückenschluss – so betont es jedenfalls das Bundesverkehrsministerium – im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen im vordringlichen Bedarf steht und damit deutlich macht, dass diese gesetzliche Vorgabe auch für die beiden Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz von Bedeutung und von Bindung ist. Das sind gesetzgeberische Vorgaben mit der Dringlichkeitseinstufung in diesem Bedarfsplan, die nicht nur die hohe Priorität feststellen, sondern die auch deutlich machen, dass die Landesregierungen sich danach zu richten haben.

Meine Damen und Herren, stimmen Sie unserem Antrag zu, und Sie werden in der Bevölkerung des Vulkaneifelkreises Zustimmung finden.

(Frau Thelen, CDU: Und weit darüber hinaus!)

Sie werden aber große Ablehnung finden, wenn Sie diesen Lückenschluss torpedieren und die A 1 nicht weiterbauen.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion der SPD erteile ich der Abgeordneten Frau Schmitt das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ohne Zweifel ist die A 1 eine der wichtigsten Verkehrsadern Europas und deshalb nicht nur für die Eifel, sondern für die gesamte Region von besonderer verkehrspolitischer Bedeutung. Herr Kollege Schneiders, Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass auch weite Teile der Bevölkerung das so sehen.