Protokoll der Sitzung vom 15.10.2014

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich glaube, dass kann sich wirklich niemand als Aufgabe vornehmen. Das will ich nur noch einmal klarstellen. Das ist von Schwester Lea Ackermann in der Anhörung dezidiert gesagt worden. Sie war überhaupt nicht zufrieden damit, wie wir das gehandelt haben.

Jetzt muss ich sagen – das muss eigentlich für die SPD auch gelten –, wir haben jetzt auf der Bundesebene eine Diskussion zu diesem Themenkomplex. Diese Diskussion können wir doch im Landtag nicht ausblenden.

Frau Alt, Ihre Landesregierung macht auch im Bundesrat Dinge, die uns überhaupt nicht gefallen. Ich bin nicht näher darauf eingegangen. Sie versucht, immer wieder alles abzuschwächen, was andere vorlegen. Insofern müssen wir an dieser Stelle – es muss uns gestattet sein; ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Sie das anders sehen – die dezidierte Haltung unserer Bundestagsfraktion mit einführen. Wie gesagt, was dann letztendlich daraus verhandelt wird, liegt auf einer anderen Ebene. Ich glaube, das muss hier schon festgestellt werden.

(Beifall der CDU)

Zur Erwiderung hat Frau Kollegin Brede-Hoffmann das Wort.

Frau Kollegin, es freut mich zu hören, dass Sie jetzt klargestellt haben, dass Sie über ein Verbot nachdenken.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Nicht nachdenken!)

Ich hatte Ihre letzten Sätze – das tut mir leid – nicht als Aussage, sondern als Hinweis so verstanden. Dann habe ich es falsch verstanden. Ich freue mich und nehme meine dumme Frage mit Bedauern zurück.

Ich komme zum zweiten Punkt. Ich finde es trotzdem traurig, schade und schlimm, dass Ihre Fraktion nicht versucht hat, sich mit uns zusammen über einen gemeinsamen Antrag zu verständigen. Ich hätte es als ein unglaublich wichtiges Signal an die Frauen und die einigen Männer, die in dem Berufsfeld der Prostitution tätig sind, empfunden, wenn es dieser Landtag, der sich

intensiv mit der Anhörung und den Belangen dieser Menschen beschäftigt hat, aus Respekt vor der Arbeit und der bedrohten Würde für wichtig gefunden hätte, ein gemeinsames Signal und einen gemeinsamen Arbeitsauftrag an das Ministerium, das Sie so kritisieren, zu senden.

Nun sind wir in der Situation, zwei alternative Anträge zu haben und in Ihrem Alternativantrag Forderungen zu finden, die explizit in der Anhörung von den betroffenen Frauen, außer von Frau Lea Ackermann, die Sie richtigerweise erwähnen, vor allen Dingen von den Frauen des Beratungsbereichs und der Polizei, abgelehnt und als nicht zielführend bezeichnet werden.

Das ist doch nichts, was wir uns aus einer politischen Ideologie heraus ausdenken, sondern wir haben das getan, was ich gesagt habe. Wir haben nicht nur unseren Menschenverstand eingesetzt, sondern gehört, gefragt und das zusammengefasst, was uns diese Menschen als Wichtigstes mit auf den Weg gegeben haben. Das haben Sie jetzt missachtet. Ich finde, das ist schade und schlimm, weil das Signal schlecht ist und ich glaube, dass der Respekt keine Farbe haben darf. Er muss ein übergreifender Respekt vor diesen Menschen sein. Damit müsste es eine übergreifende Antwort geben.

Deswegen bitte ich Sie noch einmal in aller Form, unserem Antrag zuzustimmen und dem Willen der betroffenen Frauen in diesem Antrag eine Stimme zu geben und zu versuchen, auch im Zusammenwirken unseres Parlamentes auf Berlin einzuwirken – dort müssen wir auch nicht alles mit Ja und Amen absegnen – und zu versuchen, den Lebensalltag und den Wahnsinn von Prostitution ein wenig zu verbessern.

Das ist das, was ich Ihnen mit auf den Weg geben will, und zwar nicht auf dem Streitweg, sondern in dem Versuch, Sie zu überzeugen. Wir können doch keine Forderungen aufstellen, die in der Anhörung von den betroffenen Frauen und den Beratungsbereichen explizit abgelehnt worden sind. Das wäre falsch. Lassen Sie uns heute nichts Falsches machen, sondern gemeinsam den Weg für diese Frauen und die wenigen Männer einschalten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Müller-Orth das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Gerade weil wir die Probleme beim Namen nennen, möchte ich sagen, dass wir mit Ihrer Argumentation bezüglich der Kondompflicht ein massives Problem haben. Diese Argumentation kann uns einfach nicht überzeugen. Uns ist völlig unklar, wie diese

Kondompflicht überprüft werden sollte. Ich als Verbraucherschützerin denke dann auch darüber nach, im Nachgang ein Qualitätsmanagement einzuführen.

Ich möchte das Ganze nicht in die Lächerlichkeit ziehen. Wir brauchen niedrigschwellige Beratungsangebote und aufsuchende Arbeit. Das ist ganz wichtig. Wir brauchen keine Bevormundung und keine Repression der Prostituierten, egal ob es Männer oder Frauen sind. Die Männer werden sehr gern in diesem Bereich ausgeblendet.

Wir brauchen vor allen Dingen eine Enttabuisierung der Prostitution. Wir brauchen ein Ende der Stigmatisierung der Prostituierten. Diejenigen, die nachher in ihrem Lebenslauf stehen haben, dass sie mehrere Jahre in der Prostitution gearbeitet haben, finden doch niemals wieder irgendwo einen Job in Deutschland. Das ist doch verheerend. Wir müssen daran arbeiten, dass unsere Gesellschaft dieses auch ein Stück weit annimmt, weil irgendjemand den Dienst der Prostituierten in Anspruch nehmen muss.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Alt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mir ein wichtiges Anliegen, die Situation der Prostituierten weiter zu verbessern. Ich begrüße daher die intensive Diskussion auf unterschiedlichen politischen und fachlichen Ebenen sehr.

Das Prostitutionsgesetz von 2002 war ein wichtiger Anfang. Es hat erreicht, dass die Prostitution nicht mehr sittenwidrig ist und Prostituierte nicht länger diskriminiert werden dürfen. Sie können seitdem einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, und sie dürfen von keiner Krankenversicherung abgelehnt werden.

Wir müssen aber auch feststellen, dass weitere mit dem Prostitutionsgesetz verbundene Erwartungen nicht erfüllt werden konnten; denn auch wenn Prostitution nicht mehr als sittenwidrig gilt, ist sie immer noch weit davon entfernt, ein Beruf wie jeder andere zu sein.

Daher ist es gut, nun eine Weiterentwicklung des Prostitutionsgesetzes zu einem Prostitutionsschutzgesetz anzustreben; denn der Schutz und die Rechte der Prostituierten müssen auf jeden Fall stärker in den Vordergrund rücken. Es geht darum, das Selbstbestimmungsrecht der Prostituierten zu stärken und den Menschenhandel, die Gewalt, die Ausbeutung von Prostituierten sowie die Zuhälterei zu bekämpfen.

Wie erreichen wir das? Wir erreichen das:

1. durch eine größere Transparenz für den Bereich der Prostitution, 2. durch einen besseren Schutz der dort Tätigen und 3. durch eine umfassende Regulierung der Prostitutionsstätten.

Unser Ziel muss sein, dass Bordelle besser kontrolliert werden. Eine Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten einzuführen, halte ich für sinnvoll. Unzumutbare Erscheinungsformen, wie Flatrate-Bordelle und andere menschenverachtende Geschäftsmordelle und Praktiken, gehören im Interesse der Prostituierten und der Gesellschaft verboten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Gleichzeitig müssen die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Prostituierten in Rheinland-Pfalz besser werden. Ich denke hierbei vor allem auch an die Prostituierten aus osteuropäischen Ländern. Gerade sie leben und arbeiten oft hier unter unzumutbaren Bedingungen. Gerade für sie wünsche ich mir daher mehr Informationen, mehr Aufklärung, mehr Beratung und mehr Unterstützung.

Im März 2014 fand im Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung eine umfassende Anhörung von Expertinnen und Experten zur Situation der Prostituierten in Rheinland-Pfalz statt. Dabei hat sich auch die große Bandbreite der Arbeitsverhältnisse und der Arbeitsbedingungen in der Prostitution gezeigt. Sie alle haben in ihren Beschlussanträgen daher auch zu Recht festgestellt, dass die Situation der Prostituierten in RheinlandPfalz sehr unterschiedlich ist und davon abhängt, wo die Betroffenen tätig sind, ob im Escort-Service, in Terminwohnungen, in Bordellen oder auf dem Straßen- oder Wohnwagenstrich.

Insbesondere die Situation der Migrantinnen aus den osteuropäischen Ländern erscheint in vielerlei Hinsicht problematisch, auch was die Freiwilligkeit anbelangt, sich zu prostituieren. In der Anhörung kam zudem zum Ausdruck, dass vor allem diese Gruppen dringend eine gesundheitsbezogene Aufklärung, Informationen über geschützten Geschlechtsverkehr und darüber benötigen, wie man Geschlechtskrankheiten vermeidet.

Um die Situation zu verbessern, halte ich, wie im gemeinsamen Antrag der Regierungsfraktionen gefordert, ein aufsuchendes Angebot der Gesundheitsämter zur sozialen Beratung und freiwilligen gesundheitlichen Untersuchung für wünschenswert. Darüber hinaus ist unser Präventionsansatz gut, also eine niedrigschwellige, auch aufsuchende Beratung und gesundheitliche Aufklärung Prostituierter. Diesen Ansatz müssen wir weiter fördern und außerdem die Vernetzung unterschiedlicher Beratungseinrichtungen zum Thema Prostitution und Menschenhandel weiter voranbringen.

Um Prostituierte besser zu schützen, müssen sie mehr über ihre Rechte und Möglichkeiten wissen. Eine wichtige Voraussetzung dafür sind mehrsprachige ortsbezogene Flyer, die über lokale Beratungs- und Unterstützungsangebote informieren. Ebenso wichtig ist die Zusammenarbeit mit Dolmetscherdiensten als Vorausset

zung, Prostituierte mit Migrationshintergrund zu erreichen. Auch die Einrichtung kommunaler runder Tische zur Beratung und für Verbesserungen vor Ort erscheint mir zielführend.

Die meisten Expertinnen und Experten haben die Auffassung vertreten, dass ein Verbot der Prostitution nach schwedischem Modell die Prostituierten in die Illegalität treiben und ihnen jeglichen Schutz nehmen würde. Ich schließe mich dieser Auffassung ausdrücklich an.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde schon gesagt, der Bund arbeitet derzeit mit Hochdruck an einer bundeseinheitlichen Neuregelung des Prostitutionsbereiches. Dabei haben die Bundesländer in einer Entschließung des Bundesrats im April 2014 die Zielrichtung schon vorgegeben. Auch vor diesem Hintergrund haben Sie mich ganz an Ihrer Seite, wenn es darum geht, den aufenthaltsrechtlichen Schutz der Opfer von Menschenhandel zu verbessern; denn ein eigenständiges Aufenthaltsrecht ermöglicht den Frauen, sich frühzeitig als Opfer zu erkennen zu geben. Diese aufenthaltsrechtliche Regelung sollte unabhängig von einer Aussage vor Gericht möglich sein. Auch ein Nachzug – das wurde eben schon gesagt – der im Heimatland verbliebenen Kinder sollte geprüft werden.

Ich setze mich für eine Gesundheitsvorsorge ein, die nicht auf Pflichtuntersuchungen, sondern auf Aufklärung, Freiwilligkeit und niedrigschwelligen Angeboten basiert. Vor allem halte ich folgende Punkte für nicht kontrollierbar, für überzogen und für nicht zielführend, um die Situation der Prostituierten zu verbessern: die Einführung einer Altersgrenze von 21, die Wiedereinführung der Pflichtuntersuchungen, die Einführung einer generellen Freiheitsbestrafung und die Einführung der Kondompflicht.

Aus diesen genannten Gründen finde ich mich im Antrag der Regierungsfraktionen wieder.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank.

Da keine Ausschussüberweisung beantragt ist, kommen wir zur direkten Abstimmung, zuerst über den Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/4043 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Vielen Dank. Wer stimmt dagegen? – Somit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/4052 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Hand

zeichen! – Wer stimmt dagegen? – Somit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf weitere Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder des Studernheimer Schützenvereins. Seien Sie herzlich willkommen!