Protokoll der Sitzung vom 15.10.2014

Das führt allerdings dazu, dass zahlreiche Wahlkreise eine Änderung erfahren müssten. Der Versuch, dies in der Kürze der Zeit mit der notwendigen Akzeptanz vor Ort hinzubekommen, war zum Scheitern verurteilt. Was waren die Gründe dafür?:

1. Die Landesregierung hat den Wahlkreisbericht verspätet – und dann auch noch mit veralteten Zahlen – vorgelegt.

(Beifall der CDU)

2. Die Landesregierung und die Regierungsfraktionen haben bei ihren Vorschlägen zwar die Durchschnittsgrenze von 25 v. H. eingehalten, aber viele andere von der Verfassung vorgegebene und gerichtlich bestätigte Kriterien, die bei einer Wahlkreiseinteilung zu beachten sind, nicht oder nicht ausreichend beachtet.

(Beifall der CDU)

Konkret geht es um folgende Kriterien: Die historisch verwurzelten Verwaltungsgrenzen sollen nach Möglichkeit mit den Wahlkreisgrenzen deckungsgleich sein. Dieses Kriterium ist bei nahezu keinem der Vorschläge erfüllt. Im Norden soll die Verbandsgemeinde Rennerod aus dem Westerwaldkreis in den Kreis Altenkirchen und die Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen aus dem Westerwaldkreis in einen Wahlkreis im Kreis MayenKoblenz.

Im Süden soll die Verbandsgemeinde Hettenleidelheim aus dem Kreis Bad Dürkheim in einen Wahlkreis im Donnersbergkreis. Die Verbandsgemeinde Annweiler aus dem Kreis Südliche Weinstraße soll in einen Wahlkreis im Kreis Südwestpfalz. Diese Verbandsgemeinde hat nun wirklich fast gar nichts mit der Südwestpfalz gemein.

(Frau Schneider, CDU: Gar nichts!)

Das Ziel ist also fast überall verfehlt.

Ein weiteres Kriterium: Jeder Wahlkreis muss ein zusammengehörendes abgerundetes Ganzes bilden. Dieses Kriterium wird in den obigen Beispielen in keinem Fall eingehalten.

(Beifall der CDU)

Da die Zeitungsgrenzen oft deckungsgleich mit den Kreisen und nicht mit den Wahlkreisgrenzen sind, ist hier auch fast nirgendwo das Kriterium, das die demokratisch gewollte Kommunikation der Wählerschaft untereinander gewährleistet sein soll, erfüllt.

(Beifall bei der CDU)

Beispiel Rennerod: Da ist, wenn Rennerod zum Wahlkreis 1 käme, jetzt eine Grenze von gerade einmal 750 Metern zum Wahlkreis 1. Genau da liegt der Truppenübungsplatz Daaden.

(Frau Klöckner, CDU: Vermintes Gelände!)

Vermintes Gelände, wie die Vorsitzende sagt. Die Verbindung zwischen der Verbandsgemeinde Rennerod muss über das Land Nordrhein-Westfalen erfolgen. Es gibt keine unmittelbare Straßenverbindung dort. Leute, das kann so nicht richtig sein.

(Beifall bei der CDU)

Dann haben wir natürlich auch das Problem mit der Bevölkerungsverschiebung. Das will ich auch ansprechen. Zumindest bezogen auf die Pfalz wäre insbesondere wegen des Bevölkerungszuwachses in der Vorderpfalz und in der Südpfalz und dem Bevölkerungsrückgang in der Westpfalz eine Wahlkreisverschiebung von West nach Ost angebracht gewesen, eine sogenannte große Lösung. Dies wäre allerdings mit gravierenden Veränderungen für sehr viele Wahlkreise verbunden gewesen. Dies – das haben die Gespräche zwischen den Fraktionen gezeigt – war in der kurzen noch zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Folge ist, dass Sie jetzt drei Verbandsgemeinden in der Pfalz anderen Wahlkreisen in dem Wissen zuführen, dass es in der kommenden Wahlperiode erneut zu Veränderungen kommen muss. Das allerdings ist nicht mit dem Kriterium vereinbar, dass die räumliche Gestaltung eines Wahlkreises einer Kontinuität bedarf.

(Beifall der CDU)

Und schließlich ist aus unserer Sicht das Kriterium nicht erfüllt, nach dem ausgeschlossen sein muss, dass Wahlkreise von politischen Mehrheiten mit dem Ziel des Erhalts der eigenen Mehrheit gebildet werden. Wie sonst ist es zu erklären, dass der Vorschlag des Landeswahlleiters, die Verbandsgemeinde Bad Marienberg dem Wahlkreis 1 zuzuordnen, von SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN kategorisch abgelehnt wird?

(Frau Klöckner, CDU: Hört, hört!)

Das gilt für unsere weitergehenden Vorschläge im Westerwaldkreis ebenso. Wie sonst ist es zu erklären, dass SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Mainz gleich drei Stadtteile verschieben wollen, obwohl die vom Gesetz vorgegebenen Ziele mit der Verschiebung des Stadtteils Mainz-Weisenau vom Wahlkreis 28 in den Wahlkreis 27 alle Probleme lösen würden?

(Beifall der CDU)

Und auch in der Pfalz sehen wir, dass SPD und GRÜNE mehr unter dem Gesichtspunkt des parteipolitischen Vorteils Wahlkreisveränderungen vornehmen als unter Sachgesichtspunkten.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da demzufolge fast alle Vorschläge der Regierungsfraktionen gegen entsprechende Vorgaben der Verfassung

und des Verfassungsgerichts verstoßen, haben wir, die CDU-Fraktion, erhebliche Zweifel an der Verfassungskonformität dieser Vorschläge.

(Beifall der CDU – Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir haben Vorschläge gemacht! Das waren die einzigen!)

Herr Kollege Wiechmann, der Versuch, hier in Gesprächen zu Veränderungen zu kommen und die vorgegebenen Ziele, wenn auch nicht zu 100 %, so doch erheblich weiter gehend, zu erreichen und einen gemeinsamen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen, waren erfolglos.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die CDU-Fraktion kann deshalb die Regierungsvorschläge und den Gesetzentwurf nicht mittragen.

(Beifall der CDU – Fuhr, SPD: Welche Überraschung!)

In einer Entschließung halten wir diese Zweifel an der Verfassungskonformität fest, begründen unsere Ablehnung und fordern, nachdem das Gesetz vermutlich mit Mehrheit durchgedrückt wird, dass es in der kommenden Wahlperiode unverzüglich, nicht erst gegen Ende, zu einer Korrektur dieser falschen Entscheidungen kommt.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weil es nicht anders ging! – Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo ist denn euer Änderungsantrag?)

Ihre Entschließung können wir nicht mittragen, da Sie die Verfassungskonformität Ihrer Vorschläge feststellen wollen.

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo ist der Antrag?)

Wir glauben im Übrigen, dass es sinnvoll ist, und wir fordern dies auch, eine große Wahlkreisreform in Abstimmung mit der noch anstehenden Kommunal- und Gebietsreform durchzuführen.

(Beifall der CDU)

Dies wäre dem Kriterium der möglichst weitgehenden Identität zwischen Wahlkreis- und kommunalen Grenzen sehr dienlich.

(Frau Klöckner, CDU: Sehr kluger Mann!)

Meine Damen und Herren, ich will zum Abschluss sagen, dass wir bedauern, dass SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unsere Vorschläge, die sachorientiert

(Zurufe von der SPD: Welche?)

und nicht durch die parteipolitische Brille betrachtet waren, so rundweg abgelehnt haben.

(Frau Klöckner, CDU: Habt ihr sie nicht weitergeleitet bekommen?)

Das ist sicher nicht der politischen Kultur in diesem Land dienlich und zeigt, dass Ihnen der Machterhalt wichtiger ist.

(Glocke des Präsidenten – Beifall bei der CDU)

Wir lehnen den Gesetzentwurf ab und stimmen dem Änderungsvorschlag bezüglich der Pfalz, die Fusionsverbandsgemeinden betreffend, zu. Ihren Entschließungsantrag lehnen wir ab.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU – Frau Klöckner, CDU: Sehr gut! – Frau Abg. Schleicher Rothmund, SPD, begibt sich auf den Weg zum Rednerpult)

Liebe Kollegin, Entschuldigung, ich habe noch eine blaue Karte gesehen. Der Kollege Dr. Konrad hat das Wort zu einer Kurzintervention.