Protokoll der Sitzung vom 19.11.2014

............................................................................................................................... 5434 Abg. Bracht, CDU:...................................................................................................................................... 5433 Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:....................................................................... 5426, 5431, 5451 Abg. Dr. Dr. Schmidt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................................. 5448 Abg. Dr. Enders, CDU:............................................................................................................................... 5447 Abg. Dr. Konrad, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:......................................................................................... 5424 Abg. Dr. Weiland, CDU:............................................................................................................................. 5449 Abg. Frau Anklam-Trapp, SPD:................................................................................................................ 5447 Abg. Frau Demuth, CDU:................................................................................................................. 5414, 5418 Abg. Frau Klöckner, CDU:............................................................................................................... 5420, 5423 Abg. Frau Leppla, SPD:............................................................................................................................. 5433 Abg. Frau Ratter, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:........................................................................................ 5436 Abg. Frau Raue, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.......................................................................................... 5445 Abg. Frau Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................ 5413, 5418 Abg. Frau Schneider, CDU:................................................................................................... 5424, 5429, 5431 Abg. Geis, SPD:.......................................................................................................................................... 5433 Abg. Haller, SPD:....................................................................................................................................... 5450 Abg. Henter, CDU:...................................................................................................................................... 5443 Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................................................ 5421 Abg. Noss, SPD:..................................................................................................................... 5425, 5430, 5432 Abg. Oster, SPD:.............................................................................................................................. 5415, 5419 Abg. Schreiner, CDU:...................................................................................................................... 5438, 5439 Abg. Schwarz, SPD:................................................................................................................................... 5443 Abg. Schweitzer, SPD:..................................................................................................................... 5419, 5423 Abg. Steinbach, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:........................................................................................... 5439 Abg. Wansch, SPD:.................................................................................................................................... 5438 Frau Ahnen, Ministerin der Finanzen...................................................................................................... 5440 Frau Alt, Ministerin für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen:.......................................... 5416 Frau Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie:.............. 5445 Frau Dreyer, Ministerpräsidentin:.................................................................................................. 5422, 5449 Frau Reiß, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur:..................................... 5437 Lewentz, Minister des Innern, für Sport und Infrastruktur:............................................... 5428, 5430, 5441 Präsident Mertes:..................................................................................... 5413, 5414, 5415, 5416, 5418, 5419................................................................................................................... 5420, 5421, 5422, 5423, 5424, 5425 Vizepräsident Dr. Braun:......................................................................... 5439, 5440, 5441, 5443, 5445, 5446 Vizepräsident Schnabel:................................................................................... 5447, 5448, 5449, 5450, 5451 Vizepräsidentin Frau Klamm:................................................................. 5426, 5427, 5429, 5430, 5431, 5432............................................................................................................................. 5433, 5434, 5436, 5437, 5438

82. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz

am 19. November 2014

Die Sitzung wird um 14:00 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie ebenso wie die Gäste zur 82. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz willkommen heißen.

Frau Kollegin Dr. Machalet und Herr Kollege Wäschenbach begleiten mich bei der Sitzungsführung.

Entschuldigt sind für heute Herr Abgeordneter Thomas Günther und Frau Abgeordnete Astrid Schmitt sowie Frau Staatssekretärin Jacqueline Kraege und Herr Staatssekretär Walter Schumacher.

Ich begrüße ganz besonders Frau Nicole Molzberger. Seien Sie herzlich willkommen! Sie hat früher den Namen Müller-Orth getragen.

(Vereinzelt Beifall und Heiterkeit im Hause)

Meine Damen und Herren, Sie werden nachher in der Lobby mit der Kollegin über die Hintergründe ihrer Namensänderung sprechen können.

Bevor ich zur Tagesordnung komme, bitte ich Sie, Ihre gesamte Aufmerksamkeit unserer Decke zu widmen. Das ist keine neue Zeichnung oder ein Fresko. Das ist nur im weitesten Sinn ein Fresko. Wir hatten über das Wochenende einen kleinen technischen Defekt an der Klimaanlage. Der Ausgleichsbehälter für die Klimaanlage lief aus. Dieses Wasser tropfte durch die Decke. Wir haben gestern die Decke untersuchen lassen. Hier stand ein großes Gerüst. Ein Spezialist war da. Sie sehen die zwei Löcher in der Decke. Damit wurde geprüft, ob diese Platte das aushält, was wir in diesen zwei Tagen veranstalten. Uns wurde gesagt, das sei voraussichtlich der Fall.

(Unruhe im Hause)

Meine Damen und Herren, Sie haben sich jetzt genügend mit dem Sachverhalt vertraut gemacht. Ich komme zu den Hinweisen zur Tagesordnung. Die in der Tagesordnung fehlenden Drucksachen zu den Tagesordnungspunkten 17, 19, 20 und 22 wurden am Freitag, den 14. November 2014, fristgerecht verteilt.

Die Beschlussempfehlungen zu den Tagesordnungspunkten 6 und 7 wurden heute verteilt. Die Frist zwischen der Verteilung und der zweiten Beratung ist daher mit der Feststellung der Tagesordnung abzukürzen.

Die Punkte 8 und 9 der Tagesordnung (Abgeordneten- gesetz und Geschäftsordnung des Landtags) werden von der Tagesordnung abgesetzt, da der Rechtsausschuss diese noch nicht abschließend beraten hat.

Auf Antrag der Landesregierung und im Benehmen mit den Fraktionen wurde die Tagesordnung um den TOP 13 (Zustimmung zur Vereinbarung der kommunalen Spitzenverbände mit dem Land Rheinland-Pfalz über den Unterstützungsfonds für die Wahrnehmung inklusiv- sozialintegrativer Aufgaben nach § 109 b Satz 3 Schul- gesetz) ergänzt. Es wird vorgeschlagen, diesen Tagesordnungspunkt ohne Aussprache im Anschluss an die Aktuelle Stunde in der Sitzung am Donnerstag zu behandeln.

Änderungsanträge und Entschließungsanträge werden bei dem jeweiligen Tagesordnungspunkt gesondert aufgerufen.

Haben Sie noch Hinweise zur Tagesordnung, über die wir reden könnten? – Wenn das nicht der Fall ist, herzlichen Dank. Dann ist sie so beschlossen.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

AKTUELLE STUNDE

„‘JES! Jung. Eigenständig. Stark.‘ – Dialog für eine eigenständige Jugendpolitik Rheinland-Pfalz“

auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 16/4240 –

Das Wort hat Frau Schellhammer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Beantragung der Aktuellen Stunde wollen wir als grüne Fraktion verdeutlichen, dass die Jugendpolitik wieder stärker in den Fokus gerückt werden soll. Jugendpolitik soll als Querschnittsaufgabe verstanden werden. Deshalb hat Ministerin Irene Alt hierzu mit allen Ressorts und den Jugendverbänden in RheinlandPfalz intensive Gespräche aufgenommen.

Die Neuausrichtung des Politikfeldes ist ein großer und wichtiger Schritt für die jungen Menschen in RheinlandPfalz. Die Phase zwischen Kindheit und Erwachsenendasein rückt damit stärker in unseren Mittelpunkt, noch dazu in alle Ressorts. Daher wollen wir dieses wichtige Thema mit unserer Aktuellen Stunde mitten in den Landtag holen – dort, wo alle Politikfelder zusammenkommen.

Wir GRÜNE setzen hiermit auf Landesebene konsequent mit Ministerin Irene Alt um, was wir auf Bundesebene schon lange fordern, nämlich dass die Jugendpolitik endlich eigenständig gedacht und als Querschnittaufgabe in allen politischen Bereichen fassbar wird.

Dazu hat die Landesregierung nun eine umfassende Neuausrichtung unter dem Titel „JES! Jung. Eigenständig. Stark.“ vorgelegt. Einen wichtigen Impuls für diese Entwicklung hat sicherlich auch der Beschluss des Landesjugendrings auf seiner Vollversammlung im Mai dieses Jahres gegeben. Dort waren alle jugendpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen ver

treten und haben diesen Ansatz der eigenständigen Jugendpolitik ausdrücklich begrüßt.

Mit diesem Schritt gehen wir stärker auf die Belange junger Menschen ein. In den letzten Jahren wurden erhebliche Mittel für den Ausbau der Ganztagsschulen oder der Kitas investiert. Auch der demografische Wandel war ein beherrschendes Thema der politischen Debatte. Das sind alles absolut wichtige Themen. Ich möchte nicht, dass ich falsch verstanden werde.

Meines Erachtens dürfen wir vor dem Hintergrund des demografischen Wandels nicht die Jugendlichen vergessen, sondern gerade wegen des demografischen Wandels müssen wir uns stärker anschauen, wie es den jungen Menschen in unserem Bundesland geht.

Jugendliche sind kein Problemfall, der nur mit Schlagworten wir Komasaufen, Graffiti oder Politikverdrossenheit wahrgenommen werden darf. Sie sind die Zukunft unserer Gesellschaft und sollten in der öffentlichen Wahrnehmung viel mehr Respekt und Anerkennung erfahren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir müssen ihre Sorgen und Anliegen ernst nehmen. Das ist leider nicht selbstverständlich; denn auch junge Menschen werden von Diskriminierung aufgrund ihres Alters immer wieder betroffen. Das wird nicht dem gerecht, dass Jugendliche tragende Säulen unseres Ehrenamtes in Rheinland-Pfalz sind. Ein negatives Image sollten Sie nicht haben.

Eigenständige Jugendpolitik braucht verbindliches Handeln. Daher hat Ministerin Irene Alt eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet. Diese Arbeitsgruppe soll gewährleisten, dass Politik für junge Menschen in allen Ressorts sichtbarer und gestärkt wird. Darüber hinaus soll ein sogenannter Jugendcheck dazu führen, dass politische Maßnahmen auf ihre Wirkung auf junge Menschen und auf Generationengerechtigkeit hin überprüft werden. Für mich als jugendpolitische Sprecherin meiner Fraktion bedeutet die Neuausrichtung aber nicht nur, dass alle Ressorts bereits laufende Maßnahmen auflisten, sondern auch, dass in der kompletten Regierung die Bereitschaft besteht, neue Ressourcen für die Jugendpolitik bereitzustellen.

Die Beteiligung junger Menschen selbst an der Neuausrichtung für Jugendpolitik ist selbstverständlich; denn eine eigenständige Jugendpolitik braucht selbstorganisierte Strukturen. Deshalb wird auch der Dialog mit den Jugendverbänden in Rheinland-Pfalz hierzu intensiviert. Die Strukturen zur Partizipation junger Menschen sollen gestärkt werden. Das ist auch Teil dieser neuen Strategie.

Wir müssen uns stärker bemühen, den Jugendlichen in unseren ländlichen Regionen ein besseres Angebot zu machen, damit sie gern dort leben. Die Lebensqualität von jungen Menschen hängt nicht mit dem Kita-Ausbau oder dem Tourismus zusammen. Umso mehr brennen ihnen Fragen über den Breitbandausbau, den ÖPNV oder den Erhalt und den Ausbau von Jugendräumen

unter den Nägeln. Gerade im Bereich der Jugendarbeit müssen wir aber mit Sorge sehen – ich schaue an die Decke –, dass dies der Zustand mancher Jugendräume vor Ort ist.

Gerade hier soll die Neuausrichtung der Jugendpolitik dazu beitragen, dass Räume für Jugendliche vor Ort erhalten und gestärkt werden und die Jugendverbandsarbeit ausgebaut wird.

Neben einer hervorragend formalen Bildungslandschaft gilt es, insbesondere die Strukturen des informellen und des non-formalen Lernens zu unterstützen. Ich möchte vor dem Hintergrund der Ökonomisierung der Zeit der Jugendlichen sagen, dass es uns der Respekt vor der Lebenszeit junger Menschen gebietet, dass sie Freiräume haben, um ihre eigenen Interessen ausleben zu können. Gerade dieser Diskussion müssen wir uns im Rahmen der Jugendstrategie widmen; denn sie haben auch einen Schutz vor Überforderung und Freiräume verdient.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Demuth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der Aktuellen Stunde ist heute die eigenständige Jugendpolitik. Das finden wir gut. Grundsätzlich begrüßen wir es als CDU-Fraktion, über das Politikfeld Jugendpolitik im Landtag zu sprechen und zu debattieren.

Seit ich das Thema Jugendpolitik seit 2011 betreue, stehen wir in einem engen Austausch mit den Verbänden des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und dem Landesjugendring und sprechen häufig über Möglichkeiten und Wege, wie die Jugendpolitik in Rheinland-Pfalz mehr in den Mittelpunkt der Landespolitik rücken kann.

(Beifall der CDU)

Dass wir heute allerdings im Rahmen einer Aktuellen Stunde über eine neue Strategie zu diesem Thema einzig und allein aufgrund einer uns vorliegenden, 23zeiligen Pressemitteilung des Jugendministeriums diskutieren, empfinde ich als dem Thema nicht angemessen.

(Beifall der CDU)

Als ich Anfang der Woche die Vorlage zu der Aktuellen Stunde erhalten habe, habe ich mich im ersten Moment gefragt, ob ich im zuständigen Fachausschuss Integration, Familie, Kinder und Jugend vielleicht die Beratung über die Initiative irgendwie verpasst hätte, aber nein. Ich habe einmal nachgeforscht: kein Grund zum Zweifeln, leider. Es gab dazu bis heute keine Beratung in dem zuständigen Fachausschuss.

Eine vorherige Vorstellung des Konzepts im Fachausschuss hätte ich jedoch als das Mindeste erachtet, bevor man hier im Plenum eine breite Debatte zu dem Thema anstößt.

(Beifall der CDU)

Aber noch viel besser – Frau Ministerin, da spreche ich Sie direkt an – hätte ich gefunden, wenn Sie als zuständige Fachministerin dieses Thema durch eine eigene Regierungserklärung dazu unterstrichen und damit auch persönlich Gewicht verliehen hätten.