Protokoll der Sitzung vom 19.11.2014

Ich spreche hier von der konkreten Jugendarbeit, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Ich glaube, das muss heute deutlich gesagt werden.

Ein letzter Satz sei mir gestattet. Ich fand es ganz interessant. Frau Demuth hat vom Schülerlandtag gesprochen und davon, dass die Jugendlichen noch immer den Führerschein ab 16 fordern.

Ja, das wird öfter gefordert, auch in Jugenddebatten. In Rheinland-Pfalz gibt es einen jugendpolitischen Dienst, der alle drei Monate eine Ausgabe herausbringt und schreibt, was in der politischen Landschaft passiert. Im Sommer war ein Vorstoß von der Kollegin Klöckner zu

lesen, dass sie sich massiv für den Führerschein ab 16 einsetzen wird.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Bis heute, Stand November, haben wir davon noch nichts gehört. Ich warte gespannt darauf; denn es ist ein wichtiges Thema. Aber von diesem Vorstoß haben wir bis heute noch nichts gehört.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Meine Damen und Herren, damit ist das erste Thema der Aktuellen Stunde beendet.

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich den Hospizverein Rhein-Ahr e.V. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Als weitere Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Robert-Koch-Realschule plus Linz, 10. Jahrgangsstufe. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Wir kommen zum zweiten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Aktuelle Debatte über Sterbehilfe“

auf Antrag der Fraktion der SPD

Drucksache 16/4245 –

Dazu hat sich Herr Abgeordneter Schweitzer gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben als SPD-Fraktion darum gebeten, dass wir heute in einer Aktuellen Stunde über das Thema Sterbehilfe diskutieren können. Ich stehe vor Ihnen als Vorsitzender meiner Fraktion, aber dennoch kann ich nicht behaupten, dass ich in dieser Debatte, wenn es um ein solches Thema geht, für die SPD, für die Fraktion oder sogar darüber hinaus gehend für die Regierung spreche, weil dieses Thema nicht danach ist, meine Damen und Herren.

Dennoch glaube ich, ist es Aufgabe von uns Parlamentarierinnen und Parlamentariern, zu einer solchen Debatte Stellung zu nehmen oder zumindest öffentlich deutlich zu machen, dass eine Debatte, die in der Gesellschaft ganz individuell und ganz persönlich bei vielen schon lange angekommen ist, auch im rheinland-pfälzischen Landtag nicht nur angekommen ist, sondern uns auch umtreibt.

Die Bundestagsdebatte, die wir alle verfolgt haben, habe ich fraktions- und parteiübergreifend als beeindruckendes Stück Parlamentarismus erlebt, meine Damen und Herren. Ich bin mir sicher, dass uns die Menschen auf Landesebene fragen: Wie steht ihr zu all diesen Fragen? Was sind eure Einflussmöglichkeiten? Wie positioniert ihr euch?

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen deutlich sagen, dass ich in den vergangenen Wochen und Monaten immer dann, wenn ich gelesen habe, dass uns Statistiker aufschreiben, wie teuer die letzten Jahre im Lebens eines Menschen gesundheitspolitisch betrachtet werden, immer dann, wenn ich gesehen habe, dass in manch medialer Betrachtung – leider oftmals zu Recht, aber dann auch immer wieder verkürzt und überzeichnet – vermeintliche Zustände in Einrichtungen der Altenhilfe beschrieben werden und man danach weiß, an den entsprechenden Stellen in der Schweiz gehen die Zahlen nach oben, kann ich verstehen, dass dann Menschen sagen, so will ich auf keinen Fall die letzten Jahre meines Lebens verbringen und eher den Ausweg aus dem Leben suchen.

Meine Damen und Herren, das treibt mich um, und ich bin sicher, Ihnen allen geht es ähnlich.

Darum ist mein Vorschlag, der Vorschlag meiner Fraktion, dass wir eine Orientierungsdebatte in RheinlandPfalz führen und sagen, es entspricht dem Selbstbewusstsein dieses Landtags, dieses Parlaments, dass wir dazu einladen und sagen, das kann keine Debatte sein, die sich nur in diesem Rund bewegt, sondern sie muss sofort in den gesellschaftlichen Raum mit der Bitte geöffnet werden, sich einzubringen und wiederum selbst Impulse in die parlamentarische Debatte zurückzugeben.

Meine Damen und Herren, darum will ich vorschlagen, dass wir uns in einer der nächsten Ältestenratssitzungen darüber unterhalten, wie die Struktur einer solchen Debatte aussehen kann, von der ich sage, sie kann gar nicht dem Thema entsprechend entlang von Fraktionen, von Ressorts der Landesregierung oder entlang von Parteien verlaufen, sondern sie kann nur so verlaufen, dass sich jeder mit seinem persönlichen Wertekanon, seinem Erfahrungshintergrund und seiner persönlichen Erfahrung einbringt. Dann muss man auch zulassen und es aushalten, dass man sich womöglich gar nicht entlang der Fraktionsgrenzen, sondern in Gruppen fraktionsübergreifend zu gemeinsamen Positionen findet und das im Parlament miteinander austrägt.

Dazu gehört auch, dass man sagt, ja, wir müssen schauen, was auf Landesebene zu gestalten ist. Dazu will ich sagen, dass wir Voraussetzungen schon heute gestalten, wenn wir uns um gute Pflegepolitik bemühen, gute ambulante Strukturen schaffen, die ein selbstbestimmtes Leben auch im Alter zulassen, und wir dafür sorgen, dass die Palliativmedizin in Rheinland-Pfalz mit guten Strukturen versehen ist, und wir den ambulanten Bereich der Palliativmedizin gut ausstatten und unterstützen.

Meine Damen und Herren, wenn wir schon eine Besuchergruppe aus der Hospizbewegung bei uns zu Gast

haben, dann möchte ich sie ganz deutlich ansprechen und sagen, dass wir auch das Ehrenamt in der Hospizbewegung unterstützen und weiterhin unterstützen werden und womöglich gemeinsam zu dem Schluss kommen, dass wir hier noch weitere Schwerpunkte setzen müssen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das sind nur einige der Fragen. Ich bin mir sicher, Sie alle werden in das Konzert der parlamentarischen Diskussion weitere Fragen und Punkte, die Ihnen wichtig sind, einbringen.

Mir ist sehr wichtig, dass wir diese Debatte ein wenig quer zu den üblichen Mustern der parlamentarischen Auseinandersetzung führen, wir uns an dieser Stelle unserer Verantwortung besonders bewusst sind und wir deutlich machen, ja, wir stehen zu Perspektiven, ja, wir stehen zur Selbstbestimmtheit, ja, wir stehen zum Leben, und wir wollen alles dazu beitragen, dass Menschen in Rheinland-Pfalz, in welcher Situation des Alters, der Gebrechlichkeit und des Unterstützungsbedarfs auch immer, wissen, ja, es gibt hier gute Möglichkeiten, gut und lange gut zu leben.

(Glocke des Präsidenten)

Ich finde, das wäre ein gutes Ziel für uns alle.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Klöckner, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Leben braucht Liebe, Sterben auch. Aber gibt es das ideale Sterben? Keiner von uns kennt das Sterben selbst wirklich. Wenn wir uns vorstellen, wie wir einmal sterben möchten, wenn es denn sein muss, dann doch bei vollen geistigen Kräften, friedlich, ohne Schmerzen, die Lieben um sich versammelt, um dann einschlafen und loslassen zu können.

Es wäre zu schön, um wahr zu sein, weil es für die Allerwenigsten genau dazu kommen wird. Es gibt Menschen, die Schmerzen haben, bis sie wahnsinnig werden, die sich in der letzten Phase ihres Lebens erbrechen müssen und nur noch einen Wunsch haben, nämlich aus diesem Zustand herauszukommen.

Die Palliativmedizin, die wir haben, ist eine junge Wissenschaft. Wir müssen uns in Deutschland alle vorwerfen lassen, dass wir zu spät eingestiegen sind und es zu wenige Lehrstühle für Palliativmedizin gibt. Aber wir sind auf dem Weg und müssen aufholen; denn Selbstbe

stimmung und Lebensrecht sind nicht zwei Medaillen, sondern zwei Seiten einer Medaille.

Ich rede deshalb in diesem Aspekt komplett für meine Fraktion, dass wir nämlich der Meinung sind, als Allererstes ist das Recht auf Leben, das Lebensrecht, und auch das Vertrauensverhältnis zu einem Arzt, der sich um das Leben kümmert und nicht zuerst der Anspruch des Tötens auf Verlangen, das, was im Mittelpunkt stehen sollte. Wir brauchen eine Hand beim Sterben, aber nicht zum Sterben.

(Beifall der CDU)

Sehr geehrter Herr Kollege Schweitzer, Sie haben die Orientierungsdebatte angesprochen. Ganz offen gesagt, waren wir leicht irritiert, dass Sie das Thema als Aktuelle Stunde hier auf die Tagesordnung setzen. Auch wir hätten in der nächsten Ältestenratssitzung eine Orientierungsdebatte angesprochen. Das war unser Ansinnen. Wir sind uns da aber schon einig. Der Deutsche Bundestag hat vier Stunden lang mit über 60 Rednern debattiert, um genau dem zu entsprechen, nicht das, was wir heute machen, dass jeweils nur ein Redner reden kann. Die Bandbreite ist groß. Die Orientierung hat aber ergeben, dass es schon eine Übereinkunft gibt – der Schritt ist schon weiter –, wo wir uns auch in diesem Hause, glaube ich, einig sind. Ich hoffe es zumindest.

Es war noch nie infrage gestellt, dass es bei solchen ethischen Fragestellungen keine Partei- und Fraktionsgrenzen gibt. Das sind Gewissensfragen im klassischen Sinne.

Wo brauchen wir eine Regelung? Ich glaube, wir brauchen keine gesetzliche Regelung – nicht vom Bundesgesetzgeber – in das ärztliche Standesrecht hinein. Wir haben 17 Regelungen. Zugegebenermaßen muss dieser Flickenteppich vereinheitlicht werden. Sollte aber der Bundesgesetzgeber, wie es einige Gruppenanträge im Deutschen Bundestag vorgesehen haben, gesetzlich eingreifen und eine eigene Strafbarkeitsregelung für Ärzte auf den Weg bringen wollen, dann müssen wir das Grundgesetz ändern. Ich bin der Meinung, da müssen wir gesetzlich nichts ändern.

Der Entscheidungsspielraum von Ärzten ist heute schon sehr weit, die Schmerzen, die ein Mensch am Lebensende hat, zu lindern.

Wir haben in Deutschland 2,6 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland. 340.000 sterben jährlich. Ich habe mir die Zahl noch einmal herausgeschrieben. 800.000 Menschen in Deutschland brauchen eine Palliativversorgung, schmerzlindernd, palliativ. Pallium ist der Mantel, der umlegt wird. Aber nur 35.000 Menschen bekommen diese Palliativmedizin. Deshalb ist es bei dieser Debatte um Sterbebegleitung und Sterbehilfe wichtig, den absoluten Fokus auf die Antwort auf Einsamkeit, auf Angst, auf die Sorge, anderen zur Last zu fallen, zu legen und mit einem Ja zum Leben zu beantworten, mit dem Ausbau des Hospizdienstes, Ja zu sagen auch zu Kinderhospizen.

Wir haben als CDU-Fraktion bei der Haushaltsdebatte einen entsprechenden Antrag eingebracht, dass ein

Kinderhospiz auch mit Landesmitteln unterstützt wird, Stichwort Speyer.