Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

In Zukunft gibt es Überlegungen, erneut die Solidarität der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einzufordern, zum Beispiel um die Infrastruktur sowohl in den jungen Bundesländern als auch in den alten Bundesländern zu stärken. Ich könnte mir das gut vorstellen, weil die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wissen, dass mit einer guten Infrastruktur, mit einem Solidaritätszuschlag, der dafür sorgt, dass wir uns in Rheinland-Pfalz moderne Straßen und schnelles Internet leisten können, auf der Basis dessen auch die Möglichkeit haben, dass die Menschen gutes Geld verdienen können, dass die Menschen sich und ihre Familie mit ihrer eigenen Hände Arbeit auch in der Fläche von Rheinland-Pfalz ernähren können.

(Beifall der CDU)

Wenn die Steuerzahler erfahren, dass ihr Geld nicht in den Schlaglöchern von Rheinland-Pfalz versickert, sondern in moderne Infrastruktur investiert wird,

(Glocke des Präsidenten)

dann ist es wieder möglich, an ihre Solidarität zu appellieren.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Herr Kollege Ramsauer, Sie haben das Wort.

(Baldauf, CDU: Auch die letzte Rede!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Landauf, landab hört man – wir haben es eben auch wieder gehört –, wir brauchen eine neue Finanzarchitektur. Alle Politikerinnen und Politiker, die Verantwortung tragen, sagen das. Aber was heißt das denn? Die „AZ“

hat neulich eine schöne Überschrift gehabt: Keine Klarheit nirgends. – Das kann man für die Zukunft aller Finanzbeziehungen zwischen den Ländern und zwischen Bund und den Ländern sehen. Ich habe hier einige Beispiele: Die Kanzlerin ist strikt gegen die Abschaffung des Soli. Die CDU-Länder sagen – wir haben es eben von Herrn Schreiner gehört –, man sollte den sozusagen in einen Deutschlandfonds geben, um bestimmte Aufgaben zu lösen. Die Mehrheit der Länder will ihn in die Einkommen- und Köperschaftsteuer integrieren. Übrigens wäre das für Rheinland-Pfalz das finanziell sicher bessere Geschäft.

Das zeigt, die Länder sind noch uneins. Bund und Länder sind uneins. Die Länder haben auch noch kein gemeinsames Konzept für den Länderfinanzausgleich nach 2019. Die Bayern und die Schwaben klagen schon einmal gegen den derzeit geltenden Länderfinanzausgleich. Wer soll das noch verstehen, wenn er sich nicht intensiv damit befasst?

Weil im Jahr 2019 die wesentlichen Verträge auslaufen, ist jetzt die Hochzeit der Verhandler, aber auch der Spekulanten. Die Regierungschefs der Länder und die Kanzlerin haben sich am 12. Dezember darüber verständigt, dass sie sich bis 18. Juni 2015 verständigen wollen. Das ist immerhin ein Lichtblick. Die Länder wiederum untereinander haben sich wenigstens darauf verständigt, dass sie die Mittel aus dem bisherigen Soli ab 2020 hälftig verteilen wollen.

Meine Damen und Herren, das lässt hoffen für Rheinland-Pfalz und unsere Kommunen; denn das ist inzwischen klar, die Länder und vor allem die Kommunen auch im Westen brauchen das Geld. Zurzeit geht nur noch ein kleiner Teil von rund 3,5 Milliarden Euro aus den 18 Milliarden Euro Soli-Einnahmen in die Ostländer. Den Rest verleibt sich der Bund in den Haushalt ein. Gerade wir Rheinland-Pfälzer müssen daran erinnern und müssen ein besonderes Interesse daran haben, dass neu verteilt wird.

Herr Schreiner, Ihre Zahlen waren eben natürlich unvollständig; denn der Vergleichsmaßstab zwischen den Ländern ist die Frage der Finanzmasse, die einem Land pro Einwohner zur Verfügung steht. Sie wissen, Rheinland-Pfalz ist da fast am Schluss. Wir haben 92,4 % des Durchschnitts der Finanzmasse der Länder zur Verfügung. Nur das Saarland ist noch schlechter. Das heißt, wir müssen kämpfen und uns wehren.

Von meinem Freund im Bundestag, Norbert Schindler, CDU, lese ich, dass er den Ländern gar nichts geben will, weil der Bund alles braucht. Ihm werde ich sagen: Lieber Norbert, wenn die Länder alle eine schwarze Null schreiben und die Kommunen dann endlich Land sehen, dann können wir einmal darüber reden. –

Aber geredet werden muss jetzt auch über andere Themen. Ich denke insbesondere an die Fortführung der sogenannten Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Personennahverkehr, die Dynamisierung der sogenannten Entflechtungsmittel und vor allem – das ist mir das Wichtigste – die Entlastung der Kommunen,

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die Ausgestaltung des Bundesteilhabegesetzes, sodass die Kommunen wirklich entlastet werden, die vernünftige Finanzierung der Eingliederungshilfe, die Entlastung bei den Kosten der Unterbringung und insbesondere die Übernahme der im Koalitionsvertrag des Bundes enthaltenen 5 Milliarden Euro Entlastung für die Kommunen unabhängig von den anderen Finanzbeziehungen; denn man liest ja schon, dass man in die Aufteilung des Soli diese 5 Milliarden Euro einrechnen will. Dann wären wir allerdings übel dran. Ich würde sagen, das ist der Versuch, die Länder über den Tisch zu ziehen. Ich glaube, dagegen muss man sich wehren.

Meine Damen und Herren, auch wenn die Bayern mit den Muskeln spielen, die Einrechnung der kommunalen Steuerkraft von zurzeit nur 64 % in den Länderfinanzausgleich muss auf 100 % erhöht werden. Das brächte unserem Land einige Millionen mehr.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich gebe allen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern recht, die eine grundlegende Neuordnung der Finanzbeziehung zwischen Bund, Ländern und den Kommunen fordern. Es kann nicht sein, dass der Ehrgeiz zur schwarzen Null und der Schuldenbremse auf Kosten der zum Teil hoch verschuldeten Kommunen ausgetragen wird.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben hier in RheinlandPfalz wichtige Schritte dazu getan.

(Glocke des Präsidenten)

Noch einen Satz, Herr Präsident. Wir haben einen Kommunalen Entschuldungsfonds, wir haben eine Schlüsselzuweisung, die Kommunen, die zwar viel Steuern einnehmen, aber immens hohe Transferausgaben haben, helfen, und insbesondere auch das Konnexitätsprinzip. Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir wollen, dass der Bund das auch sein wird.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort hat die Finanzministerin. Bitte schön, Frau Ahnen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Wir alle wissen, dass der Finanzausgleich zwischen den Ländern und der Solidarpakt II im Jahr 2019 auslaufen und es deswegen darum geht, die föderalen Finanzbeziehungen für die Zeit danach so auszugestalten, dass die neue Regelung weit über das Jahr 2020 hinaus trägt. Mitten in diesem Prozess sind wir.

Es kommt hinzu, dass die Länderhaushalte ab 2020 die Schuldenregel einhalten müssen. Ich sage ganz ausdrücklich, das Land Rheinland-Pfalz muss das, aber das Land Rheinland-Pfalz will das auch.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Aber gerade wenn man sich dazu so klar bekennt, darf man die Aufgabe auch nicht kleinreden. Die Aufgabe, die wir haben, ist, erstens den Landeshaushalt zu konsolidieren, zweitens gleichzeitig die öffentliche Infrastruktur zukunftsfähig zu gestalten und drittens in all unsere Überlegungen auch die demografischen Entwicklungen mit einzubeziehen.

Wer so tut, als könne man das alles irgendwie wegdiskutieren, unterschätzt die Aufgabe und wird letztlich der großen Verantwortung, vor der wir stehen, nicht gerecht.

Bei dieser Frage kommt der Zukunft des Solidaritätszuschlages aus meiner Sicht eine besondere Rolle zu. Sie wissen alle, er ist 1991 eingeführt worden, um den besonderen Belastungen gerade auch durch die deutsche Einheit zu entsprechen.

Damals galt, dass verantwortliche Politik für eine auskömmliche Finanzierung des Staates Sorge zu tragen hat. Die Realität zur Kenntnis zu nehmen und ehrlich über Finanzbedarfe zu reden, ist auch gefordert, wenn wir heute verantwortliche Entscheidungen treffen.

Es ist darauf hingewiesen worden: Wir haben vielfältige Anforderungen im Bereich der Verkehrswege als großer Teil der Infrastruktur. Wir haben aber auch neue Herausforderungen in der Infrastruktur – die Ministerpräsidentin hat es gestern gerade deutlich gemacht –, was die digitale Infrastruktur angeht.

Es wird Sie nicht wundern, wenn ich darauf hinweise, dass auch die Anforderungen im Bereich Bildung, Betreuung und Wissenschaft groß bleiben. Das heißt für mich: Am Ende dieses Prozesses muss eine Lösung stehen, die alle staatlichen Ebenen in die Lage versetzt, diesen großen Aufgaben verantwortungsvoll nachkommen zu können.

Lieber Herr Schreiner, an dieser Stelle zu sagen, das Land Rheinland-Pfalz hat kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem: Dann frage ich mich allerdings, warum die Bundeskanzlerin für die gesamte Bundesrepublik Deutschland konstatiert, dass das Aufkommen des Soli nicht verzichtbar ist, sondern wir dieses Aufkommen brauchen.

(Hüttner, SPD: Das hat der Herr Schreiner nicht verstanden!)

Erklären Sie diesen Widerspruch.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch ich konstatiere Erklärungsbedarf. Ich bin dezidiert der Meinung, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern sagen müssen, wofür wir dieses Aufkommen brauchen. Ich glaube aber auch, wenn wir diese Debatte offen und

ehrlich führen, dass sie dann am Ende so auch getragen wird.

Ein zweiter Punkt: Herr Schreiner, zu sagen, wir wollen nicht, dass der Soli in die Gemeinschaftssteuern integriert wird, weil das aus Ihrer Sicht eine Steuererhöhung wäre, gleichzeitig aber dann wieder zu sagen, er soll als Ergänzungsabgabe weiter funktionieren, auch dies ist ein Widerspruch. Das ist nicht offen und ehrlich, das ist den Menschen Sand in die Augen gestreut. Genau einen solchen Weg wollen wir nicht gehen.

(Beifall bei der SPD und Beifall des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir sind auch deswegen der Überzeugung, dass die Integration in den Einkommensteuertarif ein guter Weg wäre, weil er dazu führen würde, dass alle staatlichen Ebenen – nämlich der Bund, die Länder, und ich betone an dieser Stelle in ganz besonderer Art und Weise auch die Kommunen – direkt an den Einnahmen partizipieren würden. Das ist für uns ein ganz gewichtiges Argument, diese Alternative für die Zukunft des Soli zu präferieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein Wort zu den horizontalen Beziehungen im Bund-Länder-Finanzausgleich sagen, die aus meiner Sicht an dieser Stelle mit diskutiert werden müssen. Es geht sowohl um die vertikalen Vereinbarungen als auch um den horizontalen Ausgleich.

Dann hier so zu tun, als wäre das ganz allein eine Frage dessen, welche Wirtschaftspolitik ein Land macht, wie die Finanzkraft eines Landes ist: Ich konstatiere für das Land Rheinland-Pfalz, dass wir eine gute Wirtschaftspolitik machen und es natürlich unser Bestreben ist, hier gute Arbeitsplätze und attraktive und erfolgreiche Unternehmen zu haben. Das ist für uns selbstverständlich.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich sage aber auch, diese sehr vereinfachte Diskussion zwischen Geber- und Nehmerländern, die Sie gerne führen wollen, ist Gott sei Dank in den letzten Monaten sehr viel differenzierter geführt worden.

Für mich kann bei der Frage des horizontalen Finanzausgleiches – ich finde, das ist die Verantwortung der rheinland-pfälzischen Landesregierung – nicht herauskommen, dass wir, was die Finanzkraft angeht, weiter auseinanderdriften, sondern wir brauchen auch in der Zukunft einen Länderfinanzausgleich, der gewährleistet, dass die Aufgaben in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland wahrgenommen werden können und sich die Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen können, dass sie auch vergleichbar wahrgenommen werden können. Dazu gehört eben auch eine entsprechende Finanzausstattung.