Protokoll der Sitzung vom 28.01.2015

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Mein Dank gilt aber auch und gerade den Menschen in der Region. Die Ausweisung eines Nationalparks – das gestehe ich gerne zu – war und ist ein gewagtes politisches Experiment gewesen, das in Deutschland seinesgleichen sucht. Wir sind mit fünf Suchräumen gestartet und sind in eine Interessensbekundungsphase gegangen, an die sich eine intensive Dialogphase angeschlossen hat mit einer fantastischen Beteiligung und letztend

lich einem positivem Votum aus der Region. Deswegen möchte ich heute festhalten, dies ist ein besonderer Tag in Rheinland-Pfalz im Hinblick auf eine aktive Bürgerbeteiligung, auf einen qualitativ hochwertigen Naturschutz sowie eine zukunftsweisende Regionalentwicklung. Es ist ein Tag zum Feiern.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Hürter das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nationalparke sind in Deutschland – es gibt etliche Beispiele dafür – ein bewährtes Instrument, Naturschutz und Regionalentwicklung miteinander zu verbinden, und genau dieses Instrument greift die Landesregierung und greifen die Koalitionsfraktionen zum Nutzen einer Region auf. Welche Hoffnungen mit einem Nationalpark verbunden sind, wurde von meinen Vorrednern schon ausgeführt; insofern erlauben Sie mir, dass ich mich im Weiteren auf einige wenige Punkte konzentriere und insbesondere kritisch auf das eingehe, was zuvor von Herrn Kollegen Billen gesagt wurde.

Es gibt ein wunderschönes Zitat von Edmund Stoiber, das ich auch bringe, um Ihnen zu verdeutlichen, wie allein Sie mit Ihrer Position in Rheinland-Pfalz stehen: Nur ein kleines Stück unserer großen Wälder geben wir der Natur zurück zur Entwicklung einer freien Wildnis. – Genau darum geht es: nur um ein kleines Stück. Wir reden über 1 % der Landeswaldfläche in RheinlandPfalz.

(Pörksen, SPD: Der Landeswaldfläche?)

Ich wiederhole es: 1 % der Landeswaldfläche. – Deswegen ist es völlig überzogen, wenn von der CDU in ihrem Antrag, aber auch in den Reden der Eindruck erweckt wird, wir würden die naturnahe Waldwirtschaft aufgeben, wir wollten unsere Wälder nicht mehr bewirtschaften. Vielmehr ist es so, dass die Bewirtschaftung der Wälder um diese Form des Naturschutzes ergänzt wird, die mit vielen anderen Vorteilen potenziell verknüpft ist. Wir haben in vielen Ländern erfahren können, wie dieses Instrument erfolgreich eingesetzt werden kann.

Es ist eine Reihe von Behauptungen aufgestellt worden, die man eigentlich entkräften müsste. Ich kann sie leider nicht alle entkräften; dafür sind einfach zu viele nicht ganz zutreffende Aussagen getätigt worden. Da ist zum Beispiel die Aussage, hier würde jedes Jahr auf 10 Millionen Euro Nettoerlöse verzichtet. Das ist so nicht richtig. Zum einen fallen die Nettoerlöse nicht in dieser Höhe an, zum anderen müssen wir uns die Deckungsbeiträge anschauen; denn das ist das, was beim Landesbetrieb hängen bleibt. Das sind pro Jahr, je nachdem wie man

es abgrenzt, 2 Millionen bis 3 Millionen Euro. Insofern reden wir über ganz andere Zahlen als die, die Sie, Herr Kollege Billen, eben angesprochen haben.

(Pörksen, SPD: Das macht der immer so!)

Sie haben ausgeführt, dass über 3.000 Euro Wertschöpfung pro Festmeter Holz anfallen würden. Das stimmt nur insofern, als, wie man feststellt, wenn man sich die gesamte Wertschöpfungskette anschaut, 1 Festmeter Holz der Ausgangspunkt für eine Entwicklung ist. Das heißt aber nicht, dass es einen kausalen Zusammenhang gibt.

(Billen, CDU: Ja, klar!)

Hören Sie bitte zu. – In diese Zahl fließen nämlich auch die Kosten für die Druckerzeugnisse ein, also die Wertschöpfung der Verlage und Ähnliches. Kein Mensch kommt doch auf die Idee, zu glauben, dass, wenn wir im Hochwald auf die Holznutzung verzichten, der „SPIEGEL“ weniger Ausgaben druckt.

(Licht, CDU: Das hat doch die Frau Conrad vorgetragen! – Frau Klöckner, CDU: Das hat Ihre Kollegin vorgetragen!)

Es ist einfach eine perfide Argumentation, die Sie dort aufmachen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Licht, CDU: Die Argumentation von Frau Conrad!)

Darüber hinaus haben Sie beim letzten Mal Argumente aus dem Themenfeld „Jagd“ angesprochen, die anscheinend so „sachhaltig“ und so „begründet“ waren, dass Sie nicht in Ihren Antrag eingeflossen sind und auch heute keine Rolle mehr gespielt haben. Insofern finde ich es bemerkenswert, dass Sie am heutigen Tag Gott sei Dank nicht jedes unsinnige Argument aus der Vergangenheit erneut vorgetragen haben.

Ich möchte sagen, dass die Bürgerbeteiligung aus meinem Blickwinkel – ich habe sie erlebt und verfolgt – beispielhaft und vorbildlich war.

(Haller, SPD: So ist es!)

Genau diese Bürgerbeteiligung wollen Sie heute diskreditieren. Sie haben heute angesprochen, dort seien Bürgermeister, seien Kommunalpolitiker gekauft worden. Ich finde es bemerkenswert, dass Sie der Landesregierung in dieser Form etwas unterstellen, und ich finde es noch bemerkenswerter, dass Sie denjenigen, die heute auch anwesend sind, letzten Endes unterstellen, sie seien käuflich gewesen.

(Billen, CDU: Das habe ich nicht gesagt!)

Ich glaube, das ist kein Stil, den man in diesem Haus pflegen sollte.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich möchte mich aber an der Stelle hauptsächlich bedanken; denn ich weiß, wie viel Leidenschaft und wie viel Arbeit in dieses Projekt geflossen sind: bei vielen der Anwesenden und bei vielen, die heute nicht anwesend sein können.

Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Ich wünsche Ihnen allen für die Zukunft viel Elan und viel Engagement, damit dieser Nationalpark ein Erfolg werden kann und wir alle ein Fazit wie das ziehen können, das Ministerpräsident a. D. Vogel vor Zeiten über den Nationalpark Hainich gezogen hat: „Das Wagnis hat sich gelohnt – ein Hoch auf den Nationalpark Hainich!“

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Billen das Wort. Sie haben noch 3 Minuten und 45 Sekunden Redezeit.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hartenfels, Sie wissen, was Scheuklappen sind. Die hat man den Pferden angezogen, damit sie nur etwas Bestimmtes im Blick hatten.

(Frau Leppla, SPD: „Tunnelblick“ nennt man das!)

Ein „Tunnelblick“ ist das eigentlich nicht; sie sollten nur eine bestimmte Sparte sehen. Sie haben den Begriff eingeführt. Ich weiß jetzt auch, warum, weil Sie genau in der Frage Scheuklappen anhaben, weil Sie außer Natur und Nationalparknatur nichts sehen. Sie ignorieren einfach, dass wir sowohl im Staatswald als auch im Privatwald schon stillgelegte Flächen haben. Das sind doch Punkte, die Sie einfach nicht zur Kenntnis nehmen.

(Beifall der CDU)

In der Anhörung haben noch ein paar Leute mehr geredet. Sie wollen doch nicht sagen, dass Herr Fischer unseren Argumenten nicht zugestimmt hat. Sie haben aber nur den Naturschutzmann erwähnt, weil Sie nur das in Ihrem Scheuklappenblick haben.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Das sagt der Richtige!)

Das ist das Problem. Sie denken leider überhaupt nicht darüber nach – Sie sagen, das ist ein Grund zum Feiern –, was Sie damit kaputtmachen. Ich sage es noch einmal: 100.000 Festmeter Holz pro Jahr entziehen Sie der Wirtschaft. Herr Kollege Hürter, 100.000 mal 3.300 Euro sind 330 Millionen Euro.

(Pörksen, SPD: Wenn man die Welt nur durch das Zielfernrohr kennt!)

Pro 1.000 Festmeter Holz ist mit 20 Arbeitsplätzen zu rechnen. Diese Zahl müssen Sie mal 100 nehmen: 2.000 Arbeitsplätze. Sie machen in der Wirtschaft mehr kaputt, als Sie mit dem Naturschutz überhaupt gutmachen können. Dabei bedienen wir die Natur – die Biodiversität – an anderen Stellen schon längst. Das ist rein ideologisch: Nationalpark. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt. Da wurde es ganz spannend. Der Nationalpark ist eine Erfindung aus dem Hochwald. Das Konzept „Nationalpark“ kommt aus der Region Hochwald. Was habt ihr eigentlich in den Koalitionsvertrag geschrieben? Habt ihr hineingeschrieben: Der Hochwald muss jetzt ein Konzept für einen Nationalpark entwickeln? –

(Zurufe von der SPD)

Habt ihr nicht. Ihr habt im Koalitionsvertrag stehen, es wird einen Nationalpark geben. Punkt.

(Pörksen, SPD: Unterschrieben von Kurt Beck! – Weitere Zurufe von der SPD)

Jetzt dreht ihr das um, weil ihr ein bisschen Angst habt. Ich bin ja froh, dass der junge Kollege von der SPD noch für den Nationalpark in die Bütt ging. Ihr stimmt nämlich gleich zum großen Teil mit zwei Fäusten in der Tasche ab, die Schultern ein bisschen hochgezogen. So überzeugt seid ihr auch nicht davon. Das ist eine ganz andere Frage.

(Zurufe von der SPD)

Dritter Punkt. Herr Kollege, ich muss da etwas geradestellen.

(Schweitzer, SPD: Was du in der Tasche hast, wollen wir gar nicht wissen!)

Das ist der Unterschied: Ich habe hier nicht gesagt, es sind ein Gemeinderat, ein Bürgermeister, ein Verbandsbürgermeister oder ein Landrat gekauft worden. Das habe ich hier nicht gesagt. Ich habe es ganz anders gesagt. Ich habe gesagt: Ihr seid zu den Bürgermeistern gegangen und habt gesagt: Stimmt dem Nationalpark zu, die Landesfläche ist außerdem Bürgerfläche.

Was das Geld betrifft, das da verausgabt wird, sagt der Herr Staatssekretär immer so schön: Das machen wir bei uns im Land, auf der Landesfläche, nicht auf Privatwaldfläche. – Als ob das nicht unser Geld wäre! Natürlich ist es das, es ist doch nicht das Geld des Staatssekretärs, und es ist auch nicht der Wald des Staatssekretärs, sondern es ist unser Geld, um das es geht.

(Beifall der CDU)