Solche Angriffe sind sehr durchschaubar. Meine Damen und Herren, schließen Sie sich einer konstruktiven Debatte an. Wir laden Sie herzlich dazu ein.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Schweitzer, ich bin beeindruckt,
Ihre Ministerpräsidentin hat noch gesagt: Lassen Sie einmal die Kirche im Dorf. – Das haben wir mit dem Antrag gemacht.
Ich war schon für den Mindestlohn, als andere – auch in meiner Partei – noch der Meinung waren, es wäre Teufelswerk, keine Frage.
(Schweitzer, SPD: Sie waren schon für den Mindestlohn, als die Sie ausschließen wollten aus der Fraktion!)
Wissen Sie, was mich aber an der Mindestlohndiskussion, nachdem wir ihn mit 8,50 Euro beschlossen haben – wir können im Protokoll nachlesen, wie ich denen einmal vorgerechnet habe, wie man auf 8,50 Euro kommt –, am meisten stört? Dieses Misstrauen in der Verordnung – die Verordnung taugt nichts in vielen Punkten –,
dieses Misstrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass wir dann noch – das lese ich im Internet – 1.600 oder 1.800 Kontrolleure zusätzlich einstellen, dass wir den Menschen, weder dem Arbeitgeber – ich erinnere an das Zitat der Generalsekretärin der SPD – noch dem Arbeitnehmer zutrauen, dass sie das miteinander geregelt bekommen, ohne dass der Staat jede einzelne Stunde kontrolliert: Das ist Misstrauen.
Der Unterschied liegt im Ansatz der Umsetzung. – Doch, Herr Kollege Braun, Sie gehören auch zu einer Partei,
Das Vertrauen in Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist nicht besonders groß, wenn man eine solche Verordnung bis 2.950 Euro brutto in die Welt setzt und dann sagt, wir müssen es auch noch scharf kontrollieren, und dann sagt man auch noch, zwei Jahre, damit wir nicht 4.000 einstellen müssen, damit man schneller kontrollieren kann.
Das kontrolliert sich aber auf dem Lohnstreifen und über die Tarifgesetze doch selbst. Das ist meine Bitte an Sie, Herr Kollege Schweitzer, und an die SPD, auch an die GRÜNEN: Lassen Sie uns die handwerklichen Fehler korrigieren, die dort enthalten sind, die den Mindestlohn verschlechtern, dadurch, dass manche sagen, das Bürokratiemonster tue ich mir nicht mehr an, dann stelle ich diesen und jenen nicht mehr ein. Das wäre nicht gut, das wollen wir auch nicht. Wir wollen mit dem Mindestlohn unsere Arbeitnehmer schützen. Wir wollen dadurch eine halbwegs soziale gerechte Gesellschaft herstellen. Dann ist meine herzliche Bitte, lassen Sie uns das gemeinsam abbauen.
Ihr Antrag lobt nur den Mindestlohn. Dem kann ich zustimmen. Stimmen Sie dann unserem Antrag mit der Ergänzung, die wir fordern, auch zu. Dann haben wir eine gemeinsame Linie. Dann sind wir auf einem gemeinsamen Weg. Dann bekommen wir die Verordnung, die nichts taugt oder nicht viel taugt,
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissen Sie, es ist schon ein bisschen schade: Statt den Mindestlohn als Meilenstein in der Arbeitspolitik zu würdigen, beschäftigen wir uns ausschließlich mit dem Aspekt seiner unbürokratischeren Ausgestaltung.
Sie hatten doch Redezeit, hören Sie mir doch kurz zu. Ich könnte es verstehen, ich könnte es nachvollziehen, wenn diese Pflichten wirklich so unzumutbar für die Unternehmen wären, wie dies durch Ihren Antrag suggeriert wird. Ich könnte es auch noch nachvollziehen, wenn diese Pflichten reine Bürokratie wären und nichts mit der Durchsetzung des Mindestlohnanspruchs zu tun hätten. Ich könnte dies auch dann noch nachvollziehen, wenn Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen der CDUBundestagsfraktion in Berlin diesem Gesetz nicht zugestimmt hätten.
Aber nichts von alledem trifft zu. Natürlich wird durch die Dokumentationspflichten bei den Unternehmen, die bisher keine Arbeitsaufzeichnung vorgenommen haben, zunächst ein Mehraufwand generiert. Natürlich, aber dieser kann doch durch die Einrichtung entsprechender individueller Zeiterfassungssysteme mittelfristig in vertretbaren Grenzen gehalten werden und, behaupte ich auch, in den meisten Fällen für die Zukunft zurückgehen.
Oder ist es etwa nicht vertretbar, mit Stift und Papier Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit zu dokumentieren? Außerdem – das möchte ich noch einmal klarstellen – gilt diese Dokumentationspflicht nur für geringfügig Beschäftigte außerhalb von Privathaushalten sowie für die besonders sensiblen Bereiche der Branche nach § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, und hier auch nur für die Beschäftigten, die weniger als 2.958 Euro pro Monat verdienen.
Lieber Herr Billen, in den genannten Bereichen reicht es oft nicht aus anzunehmen, dass die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen auch in der Praxis so umgesetzt werden.
(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Billen, CDU: Dann nennen Sie mir doch einmal ein Beispiel!)
Und noch einmal: Es ist doch auch nichts Neues mit diesen Arbeitszeitdokumentationen. Wir kennen sie aus dem Arbeitszeitgesetz, wir kennen sie aus dem Arbeitnehmerentsendegesetz, und wir haben sie jetzt auch im Mindestlohngesetz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Koalitionsspitzen haben sich gestern auf eine Sammlung problematischer Fallgestaltungen auch mit Blick auf die Dokumentationspflichten bis Ostern geeinigt, die dann im Koalitionsausschuss gemeinsam bewertet werden sollen. Dies ist eine Überprüfung. Dies ist keine Evaluation, keine Evaluierung. Diese Evaluierung wird erst im Jahr 2020 – wie im Gesetz festgelegt – durchgeführt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Überprüfung, die jetzt bis Ostern stattfinden soll, versteht sich doch eigentlich von selbst, wenn man es im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten eines so weitreichenden Gesetzes zu tun hat, und dass man Fragestellungen besonders im Blick behält, um gegebenenfalls reagieren zu können. Ich denke, bei einem so weitreichenden Gesetz versteht es sich von selbst, solche Überprüfungen durchzuführen.
Es gilt, hier schnell praktikable Lösungen zu finden. Diese wurden und werden ungeachtet des gestrigen Beschlusses auch jetzt in der Praxis so gehandhabt. Beste Beispiele sind die Pfälzerwaldhütten und der Amateursport. Für diese Bereiche konnten dank schneller und effektiver Zusammenarbeit gute praxisorientierte Lösungen gefunden werden.