Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Mainz-Oberstadt, Klasse 9 c, und Schülerinnen und Schüler der RochusRealschule plus Bingen, 10. Jahrgangsstufe. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Darüber hinaus begrüße ich Schülerinnen und Schüler aus Lateinamerika im Rahmen eines Austauschprojekts des American Field Service Koblenz. Schön, dass Sie nach Mainz gekommen sind. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Martin Brandl und Christian Baldauf (CDU), Initiativen für den Mittelstand: Forderungen der rheinlandpfälzischen Wirtschaft an die Landespolitik – Nummer 6 der Drucksache 16/4638 – betreffend, auf.
1. Teilt die Landesregierung die Positionen des am vergangenen Freitag, dem 20. Februar 2015, vorgestellten 9-Punkte-Papiers der vier rheinlandpfälzischen Industrie- und Handelskammern?
3. In welchem Zeitrahmen wird die Landesregierung mit der Umsetzung der geforderten Maßnahmen beginnen?
4. Inwiefern betrachtet die Landesregierung die Umsetzung der Forderungen als notwendig, um die rheinland-pfälzische Wirtschaft zu stärken?
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das von den vier rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern vorgelegte 9-Punkte-Papier ist ein weiterer Baustein des IHK-Projektes „Initiative für
den Mittelstand“. Ich sage das bewusst zur Einordnung dieses Papiers. Diese Initiative hat das Ziel, den rheinland-pfälzischen Mittelstand weiter voranzubringen.
Ich kann feststellen, dass dieses Ziel nicht nur von der Landesregierung, sondern auch von den Damen und Herren in diesem Landtag voll und ganz geteilt wird; denn Rheinland-Pfalz ist wie kaum ein anderes Bundesland vom Mittelstand geprägt. Wir wissen sehr wohl zu schätzen, was der Mittelstand für unsere Wirtschaft bedeutet.
Wir bekennen uns auch zum Mittelstand. Das ist ein Bekenntnis, das nicht nur ich selbst und die Landesregierung, sondern immer wieder auch das Plenum abgegeben hat. Jeder kennt die überragende Bedeutung der kleinen und mittelständischen Betriebe für die Wirtschaft in unserem Land.
Die überragende ökonomische und gesellschaftliche Bedeutung ist deswegen immer vom politischen Handeln abzubilden. Auch dieser Herausforderung stellt sich die Landesregierung, sei es bei der einzelbetrieblichen Förderung, die wir in Rheinland-Pfalz konsequent auf den Mittelstand ausgerichtet haben, bei der Innovations- und Technologieförderung, bei der ebenfalls der Mittelstand im Zentrum steht, und bei unseren Initiativen zur Internationalisierung. Wir reden auch hier immer wieder über unser großes Exportaufkommen und darüber, dass jeder zweite Arbeitsplatz vom Export abhängt. Auch da spielen die kleinen und mittleren Unternehmen eine ganz besondere Rolle.
Ich möchte auch daran erinnern, dass die Mittelstandsverträglichkeit von Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Landes regelmäßig überprüft wird. Auch die Regelmäßigkeit und die Kontinuität haben in Bezug auf Ihre Frage, wann und wie die Landesregierung gedenkt, dieses Papier umzusetzen, eine Bedeutung. Wir arbeiten ständig regelmäßig und jeden Tag daran.
Das alles sind Beispiele für die konkrete Mittelstandsfreundlichkeit in unserem Land. Ich will aber auch noch konkret Ihre Fragen beantworten.
Zu Frage 1: Die Landesregierung teilt grundsätzlich die Zielsetzung des 9-Punkte-Papiers der Industrie- und Handelskammern. So hat beispielsweise unsere gemeinsame Anstrengung zur Verwirklichung von Welcome Centern auch Eingang in dieses Papier gefunden. Diese Center, die jetzt errichtet werden, sind ein Beispiel nicht nur für die gute Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und den Kammern, sondern zeigen auch, wie im landespolitischen Handeln die Mittelstandsfreundlichkeit konkret verwirklicht wird. An dieser Stelle – ich denke, so viel Zeit muss sein – danke ich den Industrie- und Handelskammern für ihre Bereitschaft, die Welcome Center bei den Industrie- und Handelskammern zu etablieren.
Ein weiterer Punkt, in dem die Landesregierung und die Kammern vollständig übereinstimmen, betrifft das Moratorium für die Nivellierungssätze bei der Gewerbesteuer. In dieser Wahlperiode gehen wir nicht mehr an das Thema heran. Die Landesregierung wird keine gesetzgeberische Initiative zur Erhöhung der Nivellierungssät
ze starten. Die Forderung der Kammern, in einem dreijährigen Moratorium auf höhere Nivellierungssätze zu verzichten, wird von der Landesregierung – ich habe es eben dargestellt – geteilt.
Ich bin den Kammern für ihre Überlegungen sehr dankbar, wie wir in Zeiten des digitalen Handelns neue Impulse für ein erfolgreiches Stadtmarketing in der Stadtentwicklung setzen können. Die von den Kammern vorgeschlagene Möglichkeit, Business Improvement Districts einzurichten, deckt sich mit der Zielrichtung der Initiative der Landesregierung „Neue Wege für innerstädtische Netzwerke“, die wir in den vergangenen Jahren vorangebracht haben und die ebenfalls privates Kapital für die Innenentwicklung und die Innenstadtentwicklung generieren möchte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle wissen, dass für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Industriestandortes Rheinland-Pfalz auch eine intakte Verkehrsinfrastruktur eine wichtige Voraussetzung ist. Auch hierauf verweisen die Kammern zu Recht. Deshalb müssen wir den Mittelansatz für den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur immer wieder überprüfen, und das tut dieses Plenum auch bei jeder Haushaltsberatung.
Aber insbesondere – und darauf weist auch das Plenum immer wieder hin – ist der Bund in der Pflicht, und damit stehen wir auch nicht allein. Wir im Land machen in Sachen Verkehrsinfrastruktur unsere Hausaufgaben und werden dies auch weiterhin tun. Allein die Diskussionen um Infrastrukturmaßnahmen im Zusammenhang mit den Brücken gerade in den letzten zwei Tagen zeigen dies deutlich.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir werden mit den Kammern auch weiterhin intensiv im Dialog bleiben, auch über das 9-Punkte-Papier. Dies gilt zum Beispiel auch hinsichtlich der Überlegung zur Erleichterung der Kinderbetreuung durch Tagespflegepersonen, um dies zu verwirklichen. Wir können im Rahmen der gemeinsamen Umsetzung der Fachkräftesicherung deutlich darauf hinweisen, mit welchen Initiativen und mit wie vielen Maßnahmen – insgesamt sind 200 Maßnahmen vorgesehen – wir mit den Kammern an zentraler Stelle den Dialog betreiben, um an der Umsetzung zu arbeiten und weitere Lösungen zu entwickeln. Zudem bietet das Familienministerium durch die offensive Kindertagespflege die Möglichkeit an, die Kindertagesbetreuung auch in geeigneten Räumen der Betriebe sicherzustellen und Tagespflegepersonen fest einzustellen.
In gemeinsamen Gesprächen werden wir auch weiterhin die Bedenken ausräumen, die es gibt. Dies gilt auch für ein anderes, in dem 9-Punkte-Papier angesprochenes Thema, nämlich für das Transparenzgesetz. Dabei können wir viele Bedenken entkräften. Ich darf Ihnen versichern, das Gesetz wird die Funktionsweise der rheinland-pfälzischen Verwaltung nicht beeinträchtigen. Wir nehmen aber das Thema der Digitalisierung nicht nur für den Bereich Industrie 4.0, sondern auch für die eigene Verwaltung sehr ernst. Sensible Daten wie Geschäftsgeheimnisse werden auch geschützt werden, und vom Transparenzgesetz sind keinerlei negative Auswirkungen auf den rheinland-pfälzischen Mittelstand zu befürchten.
Zu den Fragen 2 und 3, zu den Maßnahmen und dem Zeitraum möchte ich sagen, zunächst einmal werden wir auch weiterhin das Gespräch mit den Kammern suchen, wie und was umgesetzt werden kann. Im Einzelfall gibt es unterschiedliche Auffassungen zur Umsetzungsmöglichkeit im Detail; insofern möchte ich den Gesprächen auch nicht vorgreifen.
Das letzte Gespräch habe ich mit den Kammern am 4. Februar geführt, und wir haben dabei auch über einzelne Punkte des 9-Punkte-Papiers gesprochen, zum Beispiel über die Frage der Berater und der Funktion der Welcome Center auch mit Blick auf den Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden; denn es besteht ein großes Interesse, für eine frühzeitige Einleitung vorbereitender Maßnahmen sowie zur nachhaltigen Integration in Ausbildung und Beruf verstärkend die Welcome Center zu nutzen. Kurzum, die Welcome Center kommen, und sie werden einen wichtigen Baustein für die Fachkräftesicherung darstellen.
Ebenfalls bereits aktuell in der Umsetzung ist das von den Kammern geforderte und von der Landesregierung begrüßte Moratorium bei den Nivellierungssätzen der Gewerbesteuer. Das Moratorium läuft also bereits. Zu den anderen Punkten möchte ich erneut festhalten, wir sind auch mit den anderen Institutionen der Wirtschaft, also mit den Verbänden sowie mit kleinen und mittelständischen Unternehmen, im Dialog.
Zu Frage 4: Die Landesregierung sieht in einer Reihe zentraler Forderungen der Kammern wichtige Ansatzpunkte, um den rheinland-pfälzischen Mittelstand weiter zu stärken. Dazu gehören natürlich die Sicherung der Fachkräftebasis, die Innenstadtentwicklung und die Verkehrsinfrastruktur als einige Bausteine.
Aber – wenn ich es einmal so sagen darf – die zentralen Herausforderungen, die Identifikation und die Priorisierung wird manchmal schon morgen von anderen Herausforderungen überholt.
Deswegen ist es entscheidend, dass wir diesen Dialog pflegen und regelmäßig die Herausforderungen auch neu identifizieren und priorisieren und dies auch gemeinsam angehen.
Wie und mit welcher Geschwindigkeit dies passieren kann, konnten Sie bei der Initiative der Landesregierung zum Einwanderungsgesetz beobachten. Bei dieser Initiative zum Einwanderungsgesetz, die wir am 6. März vornehmen werden, stehen wir Seite an Seite mit den Kammern und mit der Industrie. Dies ist ein aktuelles Beispiel für unser Vorgehen und eine sehr konkrete und dialogorientierte Maßnahme, die wir gemeinsam mit der Wirtschaft gestalten.
Frau Ministerin, wenn Sie sich diese Liste noch einmal anschauen, sehen Sie dann einen Punkt dabei, der aus Ihrer Sicht nicht zur Stärkung des Mittelstandes beitragen würde?
Natürlich dienen alle Punkte in sich der Stärkung des Mittelstandes; die Frage ist aber im Detail, wie die Ausgestaltung aussieht. Ich finde es völlig richtig, wenn wir die unterschiedlichen Positionen zur Ausgestaltung im Detail und im Dialog immer mit den Kammern diskutieren und klären.
Frau Ministerin, beim Jahresempfang der Wirtschaft hat EU-Kommissar Günther Oettinger die Stärke der rheinland-pfälzischen Wirtschaft betont. Dort war eine der Hauptforderungen aus den Kammern, die sie in Richtung der Europäischen Union gerichtet haben, der Erhalt des deutschen Meisterbriefs. Können Sie darstellen, wie die Landesregierung in diesem Bereich tätig ist?
Die Landesregierung ist in sehr vielen Aktivitäten in Brüssel unterwegs, weil dort natürlich der Ansatz zu suchen ist. Wir haben es auch schon mehrfach im Plenum erörtert. Die Kommission hat im zweiten Anlauf der Überarbeitung der Frage, welche Berufe im europäischen Vergleich durch welche Regelungen in den einzelnen Nationen reglementiert werden, eine Anpassung, also eine Harmonisierung, vorgenommen. Bei der ersten Harmonisierung ist in einigen Berufen schon auf den Meistertitel verzichtet worden.
Es hat dann eine Evaluation gegeben, und wir wissen, dass wir auch im Sinne unserer Fachkräftestrategie unbedingt den Meistertitel erhalten müssen und wollen. Dies ist der Kommission und auch der Generaldirektion unbedingt zu erklären und nahezubringen. Wir hatten allein in diesem Jahr schon mit dem Handwerk vor Ort in Brüssel eine Veranstaltung durchgeführt, und wir stehen dazu auch mit der Generaldirektion direkt im Kontakt.
Es findet ein regelmäßiger Austausch in allen Fachgremien und allen Arbeitsgruppen statt, um diese Vermittlung nach Brüssel zu transportieren.
Wir hatten einen Beschluss im Deutschen Bundesrat zu dieser Fragestellung herbeigeführt, und es besteht Einhelligkeit darüber, dass der Meistertitel auch weiterhin bestehen bleiben soll. Insofern tun wir alles und unter
Frau Ministerin, wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation des rheinland-pfälzischen Mittelstandes?