Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Landesregierung begrüßt es sehr, dass heute eine fraktionsübergreifende Initiative zur Änderung der Landesverfassung in den Landtag eingebracht und abschließend beraten werden soll.

Die Landesregierung sieht sich damit auch in den Vorarbeiten bestätigt, die sie für diesen Gesetzentwurf mit geleistet hat. Es kann keine Rede davon sein und es ist nicht nachvollziehbar, dass dies etwa entgegen den Wünschen der Landesregierung geschieht. Das ist ganz verkehrt. Das Gegenteil ist der Fall.

(Heiterkeit des Abg. Schweitzer, SPD – Bracht, CDU: Der Innenminister hat aber einen anderen Vorschlag gemacht! – Zurufe der Abg. Pörksen, SPD, und Frau Klöckner, CDU)

Die Verfassungsänderungen sind – und ich wiederhole es noch einmal – verfassungsrechtlich und verfassungspolitisch voll wünschenswert. Die Landesregierung stand von Anfang an und steht voll dahinter. Sie schaffen die Voraussetzung dafür, dass der Rechtsschutz von Parteien und mitgliedschaftlich organisierten Wählervereinigungen bei der Landtagswahl gestärkt werden kann, und sie erweitern den Spielraum der Landesregierung, den Termin der Landtagswahl festzusetzen. Das war vorher nicht so der Fall.

Zum Ersten: Bisher ist Artikel 82 der Landesverfassung vom Grundsatz der parlamentarischen Selbstprüfung in Wahlangelegenheiten geprägt. Ich darf es noch einmal betonen: Mit der neuen Regelung der Landesverfassung kann dem Verfassungsgerichtshof die Entscheidung über Beschwerden einer Partei oder Wählervereinigung gegen ihre Nichtanerkennung als Wahlvorschlagsberechtigte noch vor der Wahl übertragen werden und nicht erst nach der Wahl, wenn eigentlich alles schon vorbei ist. Das erhöht die demokratische Legitimation und den demokratischen Umgang in diesem Land.

Rheinland-Pfalz nimmt mit dieser Neuregelung im Kreis der Länder eine Vorreiterrolle ein. Nach Auffassung der Landesregierung ist mit dieser Verfassungsänderung und den noch anstehenden, dann zu folgenden einfach

gesetzlichen Änderungen die Diskussion um die Verbesserung des Rechtsschutzes bei Wahlen aber gleichwohl noch nicht zu Ende.

Bundesweit werden in diesem Zusammenhang verschiedene Fragestellungen diskutiert, zum Beispiel mit Blick auf klare und nachvollziehbare Anerkennungskriterien dieser Gruppierungen und Parteien.

Die Landesregierung wird die weitere Entwicklung auf diesem Gebiet aufmerksam verfolgen und bei Bedarf rechtzeitig aufgreifen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, Frau Präsidentin, zum Zweiten zur Festlegung des Wahltermins. Die Landesregierung ist dem Landtag wirklich sehr dankbar, dass er den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen die nächsten periodischen Landtagswahlen stattzufinden haben, erweitert. Damit werden die Voraussetzungen deutlich verbessert, einen Wahltermin zu finden, der eine möglichst hohe Wahlbeteiligung erwarten lässt. Also auch das ist wieder eine Stärkung der Demokratie.

Die bisherige Frist von zwei Monaten hat die Findung eines günstigen Termins für die Landtagswahl in Ferienzeiten und bei Feiertagen sehr eingeschränkt. Jetzt wird es eher möglich sein, etwa zeitnah stattfindende Parlamentswahlen in anderen Ländern zu berücksichtigen und auch die Ferienzeiten, auf die wir nicht den einzigen Zugriff haben.

Durch die Verlängerung der Frist für die Neukonstituierung des Landtags ist es auch in Zukunft dann regelmäßig möglich, dass die konstituierende Sitzung so, wie es die Tradition inzwischen vorsieht, am 18. Mai, dem Verfassungstag des Landes, stattfinden kann.

Die Landesregierung im Übrigen wird den Tag der Landtagswahl im Jahr 2016 unmittelbar nach der Verfassungsänderung festlegen, und die Landesregierung dankt allen Fraktionen für ihre Unterstützung darin.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf – Drucksache 16/4732 –, ein Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer dem Gesetz zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Enthaltungen sehe ich nicht. – Somit ist der Gesetzentwurf, die Verfassungsänderung, einstimmig angenommen worden.

Ich weise darauf hin, dass in der 95. Plenarsitzung die dritte Beratung stattfinden wird.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

…tes Landesgesetz zur Änderung des Landesrichtergesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/4900 – Erste Beratung

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart.

Zunächst erfolgt die Begründung durch ein Mitglied der Landesregierung.

Herr Professor Dr. Robbers, Sie haben das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Landesregierung stärkt die Justiz als dritte Gewalt. Das ist so in unserem Koalitionsvertrag vorgesehen. Der Koalitionsvertrag regelt in diesem Zusammenhang auch, dass die Zusammensetzung und die Arbeit des Richterwahlausschusses einer Evaluation unterzogen werden sollen. Wir haben diesen Auftrag erfüllt und die Evaluation durchgeführt.

Der Entwurf des Landesrichtergesetzes setzt nun nicht zuletzt mit dem Ziel der Stärkung der Justiz Verbesserungsvorschläge um, die im Rahmen der Evaluation vorgebracht worden sind. Der Entwurf bleibt dabei aber nicht stehen. Er sieht weitere Änderungen vor zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zur Anpassung an die gesellschaftlichen Erfordernisse und zur Anpassung an die Rechtsstellung der Beamtinnen und Beamten im Landesdienst.

Im Wesentlichen soll zum Richterwahlausschuss das Folgende neu geregelt werden – ich beziehe nur einige Punkte ein; ich werde nicht auf jeden einzelnen eingehen –:

Das Mitentscheidungsrecht des Richterwahlausschusses wird erweitert auf Versetzungen in Beförderungsämter, bei denen eine Bestenauslese zu treffen ist.

Wir stärken weiterhin das richterliche Element im Richterwahlausschuss und damit den Einfluss und die Stellung der Justiz selbst. Die Zahl der richterlichen Mitglieder wird von zwei auf vier erhöht. Die Zahl der nicht ständigen richterlichen Mitglieder wird in diesem Rahmen von einem auf zwei erhöht.

Weiterhin, bei der Wahl der parlamentarischen Mitglieder des Richterwahlausschusses soll künftig das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers zur Anwendung kommen. Das führt zu genaueren Ergebnissen als das bisher angewendete d’Hondt‘sche-Höchstzahlverfahren.

Weiterhin, die Vertretung der Mitglieder wird durch eine Poollösung ersetzt. Jedes stellvertretende Mitglied einer Fraktion kann nun auch jedes ordentliche Mitglied vertreten. Das erleichtert die parlamentarische Praxis.

Wir stärken zudem die Berücksichtigung der Geschlechterparität bei der Aufstellung der Vorschlagslisten und bei der Wahl der stimmberechtigten Mitglieder. Mir ist ganz wichtig, wir fördern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wir heben die Beurlaubung etwa aus familiären Gründen von zwölf auf 15 Jahre an.

Schließlich gibt es einige weitere Änderungen, die praktische Bedürfnisse aufnehmen, die sich bei der Gesetzesanwendung gezeigt haben, etwa die Zuständigkeit der Präsidialräte bei Versetzungen entsprechend dem Grund für die Versetzung. Das sind Einzelheiten, die aber zusammengenommen auch wiederum die Stellung der Justiz bei der Richterwahl stärken und damit die dritte Gewalt.

Ich würde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie dem Gesetz zustimmen könnten, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Baldauf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst zur Historie. Es hat lange gedauert, bis die Landesregierung einen Gesetzentwurf auf die Schiene gesetzt hat. Ich möchte daran erinnern dürfen, 2012 gab es die Evaluation, im Juni 2013 eine Ankündigung in den Medien, was alles im Gesetzentwurf stehen soll, im September 2013 vom damaligen Justizminister Hartloff die Ankündigung, dass Anfang 2014 das Gesetz vorgelegt werde, dann im September 2014 unser Antrag von der CDU-Fraktion und daraufhin im April 2015 endlich auch einen der Landesregierung. Aber an keiner Stelle – Herr Justizminister, das muss man heute leider konstatieren – etwas Wegweisendes, sondern lediglich Umsetzungen des Beamtenrechtes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie, Herr Professor Dr. Robbers, ehrlich sind, dann ist der vorliegende Entwurf maßgeblich noch unter Ihrem Vorgänger, Herrn Hartloff, entstanden und vorbereitet worden, und er hat im September-Plenum ausführlich berichtet, was er im Vorfeld alles unternommen hatte, Evaluation usw. Deshalb müssen wir feststellen, dass das, was Sie heute vortragen, eigentlich das Werk von Herrn Hartloff ist.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD)

Ja, es ist so.

Herr Hartloff, man kann es kritisieren, aber es kam von Ihnen. Von daher darf man das auch an dieser Stelle sagen.

(Frau Klöckner, CDU: Wir haben Sie nicht vergessen, Herr Hartloff!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir waren seinerzeit bei Einführung des Richterwahlausschusses – Sie erinnern sich, zumindest diejenigen, die schon länger hier sind – kritisch und sahen darin eine Bevormundung der Richterschaft. Es war auch damals mein Petitum, ganz zu Beginn, dieses Gremium nicht einzuführen, sondern es dem Präsidialrat zu überlassen.

Ich darf auch daran erinnern, die damalige rechtspolitische Sprecherin der SPD, Frau Beate Reich, sprach von einem Parlamentsgremium, das man einrichten wolle, einer der Gründe dafür, dass wir gesagt haben, ein Parlamentsgremium hat bei der dritten Gewalt nichts zu suchen, die dritte Gewalt hat selbstständig zu bleiben.

Was ist in der Folge passiert? – Unsere Kritik hat sich in den Teilen bestätigt. Erinnert sei zum Beispiel an die Besetzung der Präsidentenstelle in Koblenz, aber auch an einen Fall aus der jüngeren Vergangenheit, der schon in Ihre Amtszeit, Frau Ministerpräsidentin, fällt, nämlich die Präsidentenstelle in Trier.

Auch in der rheinland-pfälzischen Justiz ist die Kritik an dem Gremium nie abgerissen. Dies zeigt auch die vom Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durchgeführte Praxisumfrage.

Die jetzige Ausgestaltung des Richterwahlausschusses führt zur Rechtsunsicherheit in verschiedenen Fragen und zu einer in der gerichtlichen Praxis empfundenen Dominanz der Politik gegenüber den Justizangehörigen im Richterwahlausschuss. – Das lässt sich nicht leugnen.

Interessant ist es in diesem Zusammenhang auch, wie – Herr Minister – hiesige Besetzungsverfahren außerhalb unseres Bundeslandes gesehen werden.

Da darf ich Herrn Prantl in der „Süddeutschen Zeitung“ zitieren. Es ist am 29. Juni 2011 gewesen. Zitat mit Erlaubnis der Präsidentin: In Rheinland-Pfalz soll der Justiz gezeigt werden, wo der Bartel den Most holt. Beck und seine Minister bezeichnen und betrachten die Gerichte als nachgeordnete Behörden, als Befehlsempfänger, als Ableger des Justizministeriums. In RheinlandPfalz will sich die Exekutive die Justizorganisation unterwerfen. –

Und weiter geht es mit Volker Rieble in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ am 1. Juli 2012.

Unter der Überschrift „Justizkabale“ schrieb er über sachfremde Entscheidungen der Politik bei der Besetzung hoher Richterposten. Dabei stellte er fest – ich zitiere –: Zu messen ist Besetzungsunrecht in der Einheit „Bamberger“, genannt nach dem rheinlandpfälzischen Justizminister, der die unerhörte Frechheit besaß, seinem Wunschkandidaten die Ernennungsurkunde auszuhändigen, um dem fachlich besser geeigneten Konkurrenten den Rechtsschutz zu nehmen. –

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf feststellen:

(Frau Elsner, SPD: Ist das Zitat zu Ende?)