Protokoll der Sitzung vom 30.04.2015

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Durch die längere Redezeit der Landesregierung steht den Fraktionen mehr Redezeit zur Verfügung. Der CDUFraktion steht eine Minute zusätzlich zur Verfügung. – Herr Reichel, Sie sind aber noch nicht an der Reihe, weil zunächst Herr Hüttner für die SPD-Fraktion das Wort hat. Ihm steht eine Redezeit von zweieinhalb Minuten zur Verfügung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Lärm – voll nervig“, das war das Motto des gestrigen Tags des Lärms. Insoweit sind wir mit dem Thema tagesaktuell. Alle Vorredner haben bereits die wissenschaftlich belegten Studien angesprochen, dass Lärm krank macht. Insoweit haben wir eine gemeinsame und klare Grundlage.

Herr Reichel, leider haben wir keinen gemeinsamen Punkt erreicht, als Sie den früheren Staatssekretär angesprochen haben. Es gibt einen anderen früheren Staatssekretär, der handeln könnte. Der könnte direkt handeln. Klaus-Dieter Scheurle, der momentane Geschäftsführer der DFS, kann per Verordnung sofort mit der DFS das machen, was zu Lärmentlastungen führen würde. Er könnte mit der DFS die Änderung von Flugrouten angehen. Er könnte Lande- und Steigflüge verändern. Er könnte die Rückenwindkomponente verändern. Nicht alles auf einmal, aber dort bestehen die Möglichkeiten. Ein CDU-Mitglied, früherer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, könnte handeln und ändern.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Lewentz sprach zum Schluss noch vom Bereich der Lärmpausen. Für mich werden mit dem Thema Lärmpausen die Leute an der Nase herumgeführt. Fakt ist doch bei der Situation, kein einziger Flieger wird weniger

in der Luft sein. Er wird woanders fliegen. Das heißt, die Leute, die an dem einen Tag entlastet werden, werden am nächsten Tag stärker belastet. Deswegen reduzieren wir doch nicht den Lärm, sondern wir müssten dafür Sorge tragen, dass weniger Flieger in der Luft sind.

Es müsste auch endlich einmal dafür gesorgt werden, dass nach 23:00 Uhr nicht laufend Genehmigungen erteilt werden, dass die Flieger doch landen dürfen. Wir brauchen andere Dispositionen. Das könnte man viel anders leisten, wenn das gewollt wäre. Auch das könnte die DFS. Wieder sind wir in der Situation bei Herrn Scheurle.

Lassen Sie mich noch ein klein wenig auf den Bereich des dritten Terminals eingehen, weil das der Vollständigkeit und der aktuellen Situation geschuldet ist.

Das Gutachten, das von der hessischen Landesregierung erstellt wurde, sagt eindeutig aus, wir brauchen das dritte Terminal für die Steigerung der Zahlen nicht. Der Bau einer Erweiterung am Terminal 1 wäre nicht nur wirtschaftlich viel günstiger, sondern er würde auch die reduzierten prognostizierten Zahlen – die Steigerungen sind gar nicht so, wie sie einmal gedacht waren – für den Frankfurter Flughafen gewährleisten.

Ich schließe mich den Vorrednern, insbesondere Herrn Minister Lewentz, an. Es ist unzumutbar, wenn die Fraport dafür sorgen möchte, dass sich die Flugbewegungen in den nächsten Jahren um 50 % steigern. Das geht so nicht. Das ist absolut inakzeptabel. Hier arbeitet die Fraport absolut an den Menschen vorbei.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Reichel. Ihnen steht eine Redezeit von drei Minuten zur Verfügung.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich habe gedacht, dass wir zumindest heute, nachdem es in der zurückliegenden Legislaturperiode noch eindeutige Beschlüsse für den Ausbau des Frankfurter Flughafens gab, ohne diese Spitzen auskommen werden.

Nur ein Satz zur Deutschen Flugsicherung: Die Deutsche Flugsicherung koordiniert nur das, was der Flughafenbeauftragte der Bundesregierung genehmigt hat. – Das heißt, das ist ein ausführendes Organ, das sicher die Flugzeuge leiten soll.

An den Vorschlägen, die vorliegen, sind ganz andere beteiligt. Ich will nicht sagen, auch weil ich mich dem bisherigen Niveau nicht anpassen möchte, wer Vorsitzender der Fluglärmkommission ist. Der hat mit Sicherheit kein großes Interesse daran, dass es auf der anderen Rheinseite leiser wird.

Ich möchte ausdrücklich sagen, das, was Herr Minister Lewentz heute hier ausgeführt hat, kann ich zu 99,9 % unterschreiben. Da sitzen wir gemeinsam in einem Boot.

Dass gemeinsames Handeln notwendig ist, belegen die Diskussionen in den vergangenen Jahren sehr eindrucksvoll. Zu dem, was als Initiative des Landes Rheinland-Pfalz beschrieben wurde, hätte man fairerweise sagen müssen, für das, was Sie gemacht haben, war keine Mehrheit zu gewinnen. Das war mir im Prinzip schon klar, weil diese Forderung über das hinausging, was in einer anderen Resolution zur gleichen Zeit auch im Bundesrat vorgelegt hat. Deswegen meine ich, dass wir über Parteigrenzen hinweg versuchen sollten, die Situation für die Menschen hier zu verbessern; denn jemand, der in Alsfeld, drüben in Hessen, wohnt, dem ist eigentlich egal, was in Mainz an Fluglärm los ist. Der will sehen, dass er schnell am Flughafen ist, dass er schnell in Urlaub fliegen oder auf Geschäftsreise gehen kann.

Deswegen ist es schwierig, Mehrheiten gegen den Fluglärm zu gewinnen, weil relativ wenig Menschen in der Bundesrepublik von Fluglärm betroffen sind. Das macht die Situation schwierig. Viele sehen den Flughafen – ich im Übrigen auch – auch als Wirtschaftsfaktor. Ohne den Frankfurter Flughafen würde es in Rheinhessen und in Rheinland-Pfalz viel schlechter aussehen. Der Flughafen ist aber auch eine große Last für uns. Deswegen müssen wir sehen, dass wir gemeinsam Verbündete finden, damit es besser wird.

Ich will noch einen Punkt ansprechen. Das ist die Diskussion, die immer mehr über den additiven Lärm geführt wird. Ich glaube, wir sind uns einig, dass der additive Lärm als Grundlage für Lärmschutzmaßnahmen gesetzlich verankert werden muss. Lassen Sie mich beispielhaft das Problem für die vom Lärm stark betroffenen Menschen in Mainz-Marienborn nennen.

Der Landesbetrieb Mobilität hat auf Bürgerveranstaltungen in Mainz und im Internet ein wunderbares Video gezeigt, wie nach dem sechsspurigen Ausbau der A 60 mit Lärmschutz die Verlärmung der Wohnungen in Marienborn, insbesondere die „Am Sonnigen Hang“, sprunghaft zurückgehen würde. Den Vorschriften entsprechend – das sage ich ausdrücklich – hat man bei den Simulationen aber nur den prognostizierten Lärm der A 60 berücksichtigt. Dass Marienborn aber zusätzlich noch durch die A 63 verlärmt wird, wird nicht berücksichtigt. Es wird auch nicht berücksichtigt, dass Marienborn in einer der Einflugschneisen zum Frankfurter Flughafen liegt.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, deshalb muss ein Konsens auf Bundes- und Länderebene über die Berücksichtigung des additiven Lärms herbeigeführt werden.

(Glocke des Präsidenten)

Leider zeigt sich auch in diesem Punkt, dass dies mehr als schwierig ist.

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Höfken, wie Sie mir Anfang des Jahres schriftlich auf meine Anfrage mitge

teilt haben, ist der Versuch einer Änderung der Verkehrslärmschutzverordnung in der Länderkammer leider gescheitert. Ich hoffe, dass wir gemeinsam etwas erreichen. Ich biete noch einmal an, dass wir uns gemeinsam, nämlich die Opposition und die Regierung, in einer Arbeitsgruppe zusammensetzen und schauen, wie wir durch unsere Beziehungen in anderen Ländern und zur Bundesregierung etwas für Rheinland-Pfalz verbessern.

(Frau Klöckner, CDU: Sehr gut!)

Die Menschen in dieser Region erwarten das von uns.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Immer mehr Menschen fühlen sich vom Lärm beeinträchtigt, und zwar vom Bahnlärm, dem Straßenverkehrslärm und besonders in dieser Region dem Flugverkehrslärm.

Ich will voranschicken, dass der Bundesgesetzgeber für das Luftverkehrsgesetz und das Fluglärmschutzgesetz zuständig ist. Die Landesregierungen müssen sich auch daran halten, so bitter das ist. Deshalb danke ich auch der Landesregierung Rheinland-Pfalz, insbesondere Frau Höfken und Herrn Lewentz sowie der Ministerpräsidentin, dass sie sich in Bundesratsinitiativen für die Interessen der Menschen in der Region nachhaltig eingesetzt haben.

An dieser Stelle richte ich auch ein Dankeschön an den hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir. Der Kollege Köbler hat es geschildert. Im Rahmen dessen, was ein Land machen kann, hat Tarek Al-Wazir versucht, das Beste für die Region herauszuholen. Aber auch er scheitert letztendlich entweder an den bundesgesetzlichen Voraussetzungen oder an den Interessen der Fraport. Das muss hier deutlich gesagt werden.

Die Lärmbelastungen haben insbesondere im RheinMain-Gebiet ein unerträgliches Ausmaß angenommen. Die GRÜNEN vertreten aber auch die Meinung, dass die Nachtruhe grundsätzlich für alle gelten muss. Eine bundeseinheitliche Regelung für Ruhe in der gesetzlichen Nacht von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr steht immer noch aus. Sie würde alle Flughäfen betreffen und somit auch ein Stück weit den Konkurrenzdruck zwischen den Interessen der Wirtschaft und denen der Anwohnerinnen und Anwohner beseitigen.

Wir stellen aber auch fest, dass kein Verkehrsträger so schnell wie der Flugverkehr wächst. Die lärmabhängigen Start- und Landeentgelte haben bisher auch nicht die Erwartungen erfüllt.

Wir brauchen

eine bundesweite Regelung für die Begrenzung des Fluglärms und entsprechende Grundlagen für ein europaweites Nachtflugverbot für Verkehrsflughäfen,

eine bundesgesetzliche Regelung für den Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner vorrangig vor den wirtschaftlichen Interessen und Kapazitätserweiterungen von Flughäfen,

eine Fortentwicklung der Luftverkehrssteuer zu einem europäischen Instrument für mehr Kostengerechtigkeit im Verkehr,

eine Deckelung der Flugbewegungen und

eine Abschaffung der Privilegierung des Luftverkehrs, Stichwort: Kerosinsteuer.

Das hat im Übrigen auch schon das Bundesverwaltungsgericht bestätigt, das gesagt hat, bei hoher Verkehrslärmbelastung muss der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur bereits eine Gesamtlärmbetrachtung mit einbeziehen. Das ist im Bundes-Immissionsschutzgesetz sogar vorgesehen. Es ist aber nicht realisiert worden. Daher muss der Anspruch auf wirksamen Schutz vor der einzelnen Quelle wie auch vor der Gesamtheit gesetzlich verankert werden.

(Glocke der Präsidentin)

Dazu ist das Bundes-Immissionsschutzgesetz weiterzuentwickeln. Wir brauchen ein allgemeines Verkehrslärmschutzgesetz, das eine verbindliche Lärmobergrenze festsetzt, und zwar ganz unabhängig davon, woher der Lärm kommt.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen zum zweiten Thema der

AKTUELLEN STUNDE