Protokoll der Sitzung vom 02.07.2015

Dass es eine juristische Beratung der Landesregierung im Sinne der Handwerker wohl gab, belegt ein Schreiben der ISB, datiert auf den 22. Oktober 2012, also ca. drei Monate danach, in der, wie angekündigt, Rechtsberatung stattgefunden hat. Wie sagte der Ministerpräsident damals? Beratungen mit Rechtsanwälten und die Diskussion dieser spannenden Fragen.

Dieses Schreiben, das dann ca. drei Monate danach an die Handwerker herausging, hat folgenden Inhalt – ich zitiere –: „Ihre Forderungen gegen die Nürburgring GmbH werden zur Insolvenztabelle anzumelden sein und nach entsprechender Feststellung eine Quotenbefriedigung erhalten“. – Jetzt kommt es: „Auch wenn nach derzeitigem Stand mit einer sehr hohen Quote gerechnet werden kann, wird sich die Auszahlung voraussichtlich noch einige Zeit hinziehen“. – Mit einer sehr hohen Quote konnten die Handwerker nie rechnen, wenn Sie Ihre Forderungen erstrangig stellen.

(Beifall der CDU)

Also war schon damals geprüft, dass Sie nicht erstrangig

Ihre Forderungen stellen; denn nur dann macht es Sinn, ein solches Schreiben herauszuschicken und die Handwerker zu unterrichten.

Inzwischen hat die Landesregierung laut Antwort auf meine Anfrage rund 613 Millionen Euro als erstrangig zu bedienende Forderungen angemeldet einschließlich der Zinssicherungsgeschäfte, also alles in Millionenhöhe. Die Zahl 613 Millionen Euro wird jetzt noch einmal korrigiert. Sie wird wohl auf 650 Millionen Euro so, wie im Haushalts- und Finanzausschuss erklärt, noch einmal zu korrigieren sein. So viel auch zur Transparenz. Jede Woche etwas Neues, selbst in den Zahlen.

Meine Damen und Herren, Frau Dreyer, Sie wollen das Land im ersten Rang sehen und wissen, dann gehen die Handwerker leer aus, meine Damen und Herren. Das sehen zum Beispiel die Sachwalter, die KPMG,

(Glocke der Präsidentin)

ganze Juristenbüros anders. Denen sollte die europäische Rechtsprechung ebenso bekannt sein.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Pörksen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dies ist sicherlich für Sozialdemokraten keine ganz leichte Debatte, die wir heute hier zu führen haben, zumal sie nicht das Ziel hat zu versuchen, den Handwerkern, die ihre Forderungen angemeldet haben, zum Erfolg zu verhelfen. Die Debatte hat einen ganz anderen Hintergrund.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, es geht Ihnen hier heute sicherlich nicht um die Lösung des Problems; denn das Problem kennen Sie, es sei denn, Sie lesen nicht die Unterlagen. Es geht Ihnen darum, aus einem Problem, das wir seit längerer Zeit mit uns herumtragen, Honig zu saugen. Nichts anderes ist auch die Debatte heute hier.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Den Handwerkern, die möglicherweise auf ihren Schlussrechnungen teilweise sitzenbleiben können, hilft diese Debatte mit Sicherheit überhaupt nicht; denn dadurch werden sie mit Sicherheit auch kein Geld bekommen.

(Zurufe der Abg. Marlies Kohnle-Gros und Julia Klöckner, CDU)

Ich bezweifle sogar, dass Sie sich um diese Firmen sorgen, die Sie hier anführen, auch wenn Sie sie nicht im Einzelnen nennen.

(Julia Klöckner, CDU: Das ist doch unverschämt! – Weitere Zurufe von der CDU)

Unverschämt waren Sie heute Morgen, Frau Kollegin Klöckner, und niemand anderes.

Sie sorgen sich nicht um die Firmen, sondern Sie haben etwas ganz anderes im Sinn. Sie nutzen sie für Ihre Attacken. Das finde ich nicht besonders fair.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Selbstverständlich sind wir heute – wie damals Kurt Beck – der Auffassung, dass man den Handwerkern helfen soll. Was denn sonst! Von Ihnen lassen wir uns davon nichts erzählen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie über Kurt Beck herziehen, dann will ich Ihnen eines sagen: Es gibt kaum einen Politiker aus unserer Zeit, der näher an diesen Leuten gestanden hat und steht als Kurt Beck. Wir lassen uns nichts anderes von Ihnen erzählen.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Natürlich hat er damals am 30. August 2012 hier vom Pult aus das gesagt, was zitiert worden ist. Aber er ist damals von der Erkenntnis ausgegangen, die nach deutschem Insolvenzrecht richtig ist, dass die Handwerkerrechnungen bevorrechtigt befriedigt werden sollen. Nur – das blenden Sie völlig aus; ich komme gleich zu dem Zitat aus dem Bundesanzeiger – hier ist eine Rechtslage, die uns in ein neues Beihilfeverfahren reintreiben würde, wenn wir das, was Sie vorschlagen oder meinen, machen würden.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Sie können ruhig mal zuhören, Frau Klöckner, auch wenn es Ihnen schwerfällt. Das weiß ich.

Ich zitiere aus dem Bundesanzeiger von 2012, vom 3. Februar, auf Seite 5 heißt es: „Rückforderungsansprüchen“ – jetzt schreiben Sie sich das einmal hinter die Ohren – „muss aus Sicht der Europäischen Kommission“ – da geht es nicht darum, die Schuld zuzuschieben, wie der wunderbare Herr Dr. Langen erzählt – „dieselbe Priorität (Rang) eingeräumt werden wie einzelstaatlichen Ansprüchen vergleichbarer Art. Der Bundesgerichtshof formuliert sogar: ,Jede Rückforderung muss als ,rechtswidrige Beihilfe‘ deklariert und zur Tabelle nach § 38 Insolvenzordnung (InsO) (erstrangig) angemeldet und vom Insolvenzverwalter anerkannt werden.‘“. – Das ist eine Formulierung aus dem Bundesanzeiger aus dem Jahr 2012.

Hätte der damalige Ministerpräsident dies gewusst, dann hätte er diese Erklärung hier mit Sicherheit nicht abgegeben.

(Zurufe von der CDU: Oh! – Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Sie unterstellen – das finde ich infam – Kurt Beck, dass er wider besseres Wissen den Handwerkern etwas erzählt

hat. Das unterstellen Sie.

(Beifall bei der CDU)

Das ist ehrabschneidend.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Adolf Weiland, CDU: Genau so ist es!)

Woher Sie diese Auffassung haben und dass Sie das beklatschen, unterstreicht das infame Verhalten von Ihnen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Darüber lachen Sie noch?

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo finden Sie den Ansatz, diese Behauptung aufzustellen, die Sie hier aufgestellt haben?

Natürlich waren Juristen in ganz großer Zahl der Auffassung, dass geht mit Vorrangigkeit. Inzwischen liegt aber diese Entscheidung auf dem Tisch. Wenn wir es machen würden, dann wären Sie doch die ersten, die uns bezichtigen würden, wieder beihilfewidrig vorzugehen, genau Sie.

(Vereinzelt Beifall bei SPD – Alexander Schweitzer, SPD: Genau so ist es!)

Ihr Handlanger in Brüssel, Herr Dr. Langen, was würde der machen? Er würde einen Skandal aufblasen. Er ist schon wieder unterwegs mit falschen oder halben Wahrheiten, der Kommission etwas vorzutragen, was absolut nicht der Wahrheit entspricht.

(Dr. Adolf Weiland, CDU: Weil ihr nur Murks macht!)

Seien Sie vorsichtig mit Unterstellungen gegenüber dem ehemaligen Ministerpräsidenten und vor allem auch gegenüber der jetzigen Ministerpräsidentin. Sie haben null Nachweis, null Hintergrund, dass Kurt Beck damals eine andere Rechtslage zur Grundlage seiner Entscheidung, seiner Erklärung gemacht hat.

(Dr. Adolf Weiland, CDU: Hier nur Sprüche gemacht!)

Sie sind doch die Letzten, die sich wünschen, dass wir eine Regelung finden – aber da helfen Sie gar nicht mit, das interessiert Sie überhaupt nicht –,

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

damit den Handwerkern, die eine berechtigte Forderung angemeldet haben,

(Glocke der Präsidentin)