Protokoll der Sitzung vom 02.07.2015

Eines möchte ich noch sagen: Wenn sich ein Landrat, weil er ein CDU-Parteibuch hat, an Recht und Gesetz hält, ist das völlig normal. Tut das die Landesregierung, ist das ein Aufruf, Rechtsbruch zu begehen. Das wiederum kann ich nicht verstehen.

Danke schön.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Aufgrund der Redezeit der Landesregierung steht den Fraktionen eine verlängerte Redezeit zur Verfügung. Herr Licht, Ihnen stehen jetzt vier Minuten Redezeit zur Verfügung; für SPD und GRÜNE sind es in der zweiten Runde jeweils drei Minuten.

(Carsten Pörksen, SPD: Reicht aus!)

Meine Damen und Herren, das ist ein gewohntes Spiel, was die Haltung der Landesregierung betrifft. Auch das ist symptomatisch für die Haltung dieser Landesregierung. Ich erinnere an Minister Bamberger: Wenn es schiefgeht, wird von einer „anderen Rechtslage“ gesprochen.

(Beifall der CDU)

Das wird so gemacht, wie es gerade passt. Das ist wirklich typisch. Da Sie schon aus der Bekanntmachung vom Februar dieses Jahres zitiert haben, zitiere ich auch daraus. „Die Bekanntmachung dient der Orientierung“ steht dort zu lesen. „Sie befreit nicht von der einzelfallbezogenen Sachund Rechtsprüfung.“ Das macht das Ganze nicht einfacher, ohne Frage. Das habe ich nie behauptet.

Nur, den Zeitpunkt zu nennen, ab dem Sie auf der Erstrangigkeit bestehen, haben Sie völlig verschludert. Sie haben völlig vergessen, das hier zu nennen. In dieser Sitzung hat der Anwalt Lieser davon gesprochen, dass die Landesregierung zu dem Zeitpunkt schon auf der Erstrangigkeit bestanden hat.

(Carsten Pörksen, SPD: Falsche Behauptungen!)

Meine Damen und Herren, wenn Sie auf das Zitat noch einmal zu sprechen kommen: Die Rechtslage, auf die sich die ganze Debatte bezieht, ist auf Entscheidungen gegründet, die zwischen 2004 und 2008 getroffen wurden, also schon lange vor dem Zeitraum liegen. Auch das hätte der Rechtsprüfung des Ministerpräsidenten bekannt sein müssen.

(Beifall der CDU)

Zahlreiche Europarechtler kommen nämlich zu einer völlig anderen Haltung, dass die Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehen nachrangig zu bedienen sind.

(Carsten Pörksen, SPD: Wer denn? Nennen Sie ein paar Namen!)

Die Nichtanwendbarkeit – § 39 Abs. 1 Nr. 5 der Insolvenzordnung – bleibt umstritten. Die Frage ist nur: Was haben Sie in den Gesprächen mit der Kommission unternommen, um der Rechtshaltung, die damals im Kabinett die Grundlage bildete, zur Umsetzung zu verhelfen? Meine Damen und Herren, wer nicht helfen will, sucht Argumente. Wer helfen will, sucht Wege.

(Beifall der CDU)

Politisch wie moralisch kommt das Nichtzahlen von Handwerkerrechnungen einem weiteren Wortbruch gleich. Da hilft auch nicht die Argumentation, die Sie heute hier vorbringen.

Ich habe mich an diesem Montag noch einmal länger mit Herrn Bartosch unterhalten, der in einem Interview für den SWR Rede und Antwort stand. Er hat mir noch einmal deutlich gemacht, dass es in dieser Frage eine unterschiedliche Haltung gibt. Meines Wissens hat der EuGH nicht abschließend entschieden. Ein Vorlageverfahren an den EuGH hat der BGH damals abgelehnt.

(Glocke der Präsidentin – Carsten Pörksen, SPD: Was ist denn das für eine Begründung für Ihr Verhalten?)

All das sind Fakten, die Sie außer Acht lassen und nach Möglichkeit unter den Teppich kehren. Ihre Haltung hätten Sie im Rahmen der Debatte vor dem Beschluss der EU-Kommission zur Geltung bringen können. Das wäre im Sinne der Handwerker gewesen. Aber Sie haben nicht im Sinne der Handwerker gehandelt.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Kollege Pörksen das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Licht, wissen Sie, was ich gerade eben von Ihnen erwartet habe? – Dass Sie sich nach den Ausführungen des Kollegen Barbaro hierhin stellen und den infamen Vorwurf gegenüber Kurt Beck zurücknehmen. Das wäre ein anständiges Verhalten gewesen;

(Zuruf von der CDU)

denn es ist doch völlig klar, dass er am 30. August 2012 von der Rechtslage ausging, dass die Forderungen bevorrechtigt behandelt werden. Die Forderungen des Landes sind auch so angemeldet worden, nach § 39 der Insolvenzordnung, während die anderen nach § 38 angemeldet worden sind. Das hat bis ins Jahr 2014 so gegolten.

(Alexander Licht, CDU: Sie haben sie doppelt angemeldet!)

Sich hierhin zu stellen und Kurt Beck vorzuhalten, er habe die Handwerker damals – auf Deutsch – belogen, finde ich unverschämt. Sie sollten wirklich hierhin gehen und sagen: Das halte ich nicht aufrecht.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihre Rabulistik, was die anderen Fragen betrifft: Sie sind diejenigen, die beklatschen, dass jetzt die Entscheidung der EU beklagt wird, und gleichzeitig beklagen Sie, dass die Handwerker ihre Rechnungen nicht gezahlt bekommen. Sie wissen doch ganz genau, bevor dieses Verfahren abgeschlossen ist, wird keine einzige Rechnung bezahlt. Ist das ein glaubwürdiges Verhalten? – Für mich nicht. Für mich zeugt es von dem Sinn der Debatte: Sie wollen hier etwas ganz anderes erzielen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Wenn Sie aus persönlichen Gesprächen berichten, können Sie alles Mögliche erzählen. Das machen Ihre Kollegen auch ständig: Sie erzählen irgendetwas, was man nicht nachprüfen kann.

Was unsere Aufgabe ist, dazu haben Sie keinen Ton ge

sagt. Wenn der BGH in dieser Deutlichkeit etwas zu einem Thema sagt – da kann man nichts auslegen, gar nichts –, was wollen Sie dann machen? Die Versuche, mit der EU klarzukommen, können überhaupt erst dann anlaufen, wenn die EU weiß, wie das Verfahren am Europäischen Gerichtshof ausgeht. Ein anderes Verhalten kann sich die EU-Kommission gar nicht erlauben. So etwas zu fordern, zeugt auch nur davon, dass die ganze Sache durchsichtig angelegt ist. Deswegen: Kehren Sie zum Recht zurück. Auch das wäre eine schöne Folge dieser Diskussion.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Kollege Wiechmann. Sie haben drei Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, zunächst einmal ist klarzustellen, dass der Herr Staatssekretär die Historie noch einmal eindrucksvoll dargestellt hat. Herr Kollege Licht, da war es auf einmal sehr still um Sie.

(Alexander Licht, CDU: Wir haben zugehört!)

Das ist vernünftig. Das sollten Sie bei mir auch tun.

(Alexander Licht, CDU: Bei Ihnen muss man auf jedes Wort achten! – Carsten Pörksen, SPD: Bei Ihnen nur auf wenige!)

Zuhören sollten Sie bei mir auch. Sie haben nämlich gerade einen anerkannten Experten zitiert.

(Zurufe von der CDU)

Hören Sie mir einmal zu. – Sie haben eben einen anerkannten EU-Beihilfeexperten, den Juristen Dr. Bartosch, mit dem Sie am Montag gesprochen hätten, erwähnt und zitiert. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus einem Bericht des Südwestrunkfunks: „Aus juristischen Gründen darf die Landesregierung aber mit ihren Forderungen den Handwerkern nicht den Vorrang geben. Der unabhängige EU-Beihilfe-Experte Dr. Andreas Bartosch bestätigt jetzt diese Rechtslage. Das Vorgehen der Landesregierung geschehe im Einklang mit geltendem EU-Recht. Würde das Land als Hauptgläubiger den Handwerkern bei der Bezahlung den Vortritt lassen, würde es gegen das EUBeihilferecht verstoßen. Ein sogenannter Rangrücktritt im Insolvenzverfahren Nürburgring sei für das Land deshalb nicht möglich.“ – So der Jurist, den Sie eben zitiert haben.

(Alexander Licht, CDU: Nach dem Beschluss kann man das nicht mehr ändern!)

Herr Kollege Licht, das ist es: Sie wissen genau um die Rechtslage und verfahren wissentlich nach dem Motto: Was kümmert mich eigentlich die Rechtslage? Was in

teressiert es mich, was im EU-Beihilferecht steht? Was kümmert mich die Kommission? –

Sie führen genau die Politik weiter, die Sie in den letzten Jahren in diesem Parlament angeblich immer bekämpft haben. Deshalb sind Sie zum Beispiel auch gegen das Transparenzgesetz. Deshalb sind Sie auch gegen die Offenlegung von Nebeneinkünften. Deswegen sind Sie zum Beispiel auch gegen mehr Bürgerbeteiligung; denn Sie machen hier intransparent und unehrlich Politik.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Hans-Josef-Bracht, CDU: Quatsch!)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Licht, das müssen Sie sich jetzt anhören.

(Alexander Licht, CDU: Sie schildern den Prozess Nürburgring und nichts anderes!)

Wir mussten uns von Ihnen gerade ganz viel Quatsch – im wahrsten Sinn des Wortes – anhören. Wir haben uns als Rot-Grün verpflichtet, uns an dem Machbaren und – gerade was den Nürburgring angeht – am Verantwortbaren zu orientieren. Das ist eine Verpflichtung, der wir uns heute umso mehr stellen werden, weil es uns um die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land geht. Das, was Sie machen, ist unverantwortlich und zum Schaden der Bürgerinnen und Bürger und der Region rund um den Nürburgring. Deshalb sind wir der Meinung – das werden uns die Wählerinnen und Wähler ganz sicher auch bestätigen –, dass wir die bessere und verantwortbare Politik in diesem Land machen.

Vielen Dank.