Protokoll der Sitzung vom 29.04.2020

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor dem Hintergrund der Corona-Krise hat die Bedeutung von Kreiskrankenhäusern in der Fläche zugenommen. Frau Ministerpräsidentin Dreyer, hier tragen Sie unmittelbar Verantwortung. Während die Baukosten in den vergangenen 20 Jahren – so lange wird das Problem schon verschleppt – um 50 % gestiegen sind, sanken die Förderungen nach dem Landeskrankenhausgesetz um 13 %.

Frau Ministerpräsidentin, lernen Sie aus der Corona-Krise. Erhalten Sie Krankenhäuser in der Fläche. Erhöhen Sie die Investitionsförderungen um 100 Millionen Euro täglich. Wer das Kreiskrankenhaus wirklich will, der muss in das Kreiskrankenhaus investieren.

(Beifall der CDU)

Wegen Corona sinken die Einnahmen unserer Städte und Gemeinden im Land dramatisch. Die Altschulden drücken umso mehr. Mit 100 Millionen Euro Nachtragshaushalt hat das Land einen ersten Schritt gemacht, dem wir zugestimmt haben, um die kurzfristigen finanziellen Belastungen auszugleichen. Doch das reicht nicht. Die CDU-Fraktion fordert die Landesregierung auf: Federn Sie mit einem eigenen kommunalen Stabilitätspakt die Notlage ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch gibt es große Unterschiede in der Nutzung und dem Zugang zum Internet. Fachkliniken können hochaufgelöste Röntgenbilder wegen fehlender Bandbreiten nicht austauschen. Vielerorts ist es nicht möglich, datenintensive Arbeitsplätze in ländliche Gegenden zu verlagern. Ein deutlicher Digitalisierungsschub ist dringend notwendig.

Umso mehr drängt sich vor diesem Hintergrund die Frage auf, welche digitale Gesamtstrategie die Landesregie

rung eigentlich an unseren Schulen verfolgt. An rheinlandpfälzischen Bildungseinrichtungen herrscht große Unsicherheit bei Lehrern wie Schülern. Es ist Aufgabe der Bildungsministerin zu evaluieren, wie Unterricht im Notfall digital besser bewerkstelligt werden kann. Sehr geehrte Frau Hubig, das fängt bei ordentlicher Kommunikation zwischen Ministerium, Schulaufsicht und Schulen an und hört bei klaren Hygieneregelungen für die Klassen auf. Da gibt es noch zu viele praktische Ungereimtheiten.

Bitte helfen Sie Schülerinnen und Schülern, die Hilfe benötigen, mit einem Nachhilfenetzwerk über die großen Ferien.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, neben den großen braucht es viele kleinere Schutzschirme. Deshalb hat die CDU-Fraktion bereits vergangene Woche einen Rettungsplan „Gemeinschaft und Soziales“ vorgeschlagen für Vereine, gemeinnützige Organisationen, Ehrenamt, Frauenhäuser, Jugendherbergen, Sozialeinrichtungen, Kultur und Künstler, Musikschulen und viele mehr.

Wir begrüßen es, dass die Landesregierung jetzt endlich nach langem Warten Hilfsmaßnahmen ankündigt. Wir halten diese aber für unzureichend und wieder einmal zu bürokratisch, vor allem in der Kultur. Andere Bundesländer wie Baden-Württemberg oder Bayern machen vor, wie es besser und schneller geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor einigen Wochen haben wir alle Lichter schnell auf einmal ausgemacht. Der Weg zurück wird weitaus schwieriger. Er verläuft im sensiblen Spannungsfeld zwischen dem Gesundheitsschutz von Menschen und dem Wiederanfahren der Wirtschaft, zwischen Sicherheit und Freiheit.

Herr Minister Wissing, bei der Soforthilfe für die Wirtschaft hat die Landesregierung viele Fehler gemacht und Unternehmen alleingelassen. Zu spät, schleppend, zu wenig, zu chaotisch – die Kritik von Mittelständlern.

Ein Unternehmer mit Firmen in Berlin und in RheinlandPfalz erklärte dem ZDF, in der Bundeshauptstadt sei sein Antrag sehr zügig und unkompliziert binnen drei Tagen bearbeitet worden, in Rheinland-Pfalz habe er drei Wochen nach Antragstellung von der Investitions- und Strukturbank (ISB) nichts gehört. Und so ging es vielen anderen: drei Wochen Existenzängste ohne Information, ohne Reaktion, ohne Geld.

Schon vor Corona war Rheinland-Pfalz Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum; 2019 – letzter Platz unter allen Bundesländern.

(Der Redner hält ein Papier mit einer Tabelle hoch)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, umso mehr müssen wir für unsere rheinland-pfälzischen Firmen und Betriebe neu und über den Tag, über die Krise hinaus denken. Es geht um Anreize, Innovationen zu beschleunigen, um den Übergang in eine klimaschonende digitalisierte Wirtschaft, um die Auflösung des Investitionsstaus in Rheinland-Pfalz,

die Modernisierung unserer öffentlichen Infrastruktur über Konjunkturprogramme. Rheinland-Pfalz braucht endlich ein modernes Industriekonzept.

Einer der größten Arbeitgeber in unserem Bundesland leidet momentan – Sie haben es auch erwähnt – am meisten: das Hotel- und Gaststättengewerbe. Ohne zusätzliche staatliche Unterstützung steht wahrscheinlich jeder dritte Betrieb in Deutschland vor der Insolvenz, in RheinlandPfalz könnten es sogar mehr sein. Deshalb hat sich die CDU-Fraktion an vorderer Stelle für die Absenkung der Mehrwertsteuer auf 7 % stark gemacht, wie Sie das auch getan haben. Das gilt aber für die Zeit nach Corona.

Kneipen, Gaststätten und Biergärten brauchen aber jetzt eine Perspektive, am besten im kommenden Monat, und sei es nur im Außenbereich. Deshalb unser Appell an Sie – Sie haben das vorhin auch ausgeführt –: Stellen Sie sofort einen detaillierten Hygieneplan auf, der klar definiert, welche Sicherheitsstandards zwingend erfüllt werden müssen.

Unsere Gaststätten, Weinstuben, Kneipen und Beherbergungsbetriebe schaffen das nicht alleine, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Nicht nur im Hotel- und Gaststättengewerbe, in allen Feldern gilt es jetzt, tagtäglich den richtigen Weg zu prüfen, stets angepasst an aktuelle Erfordernisse.

Ich hoffe sehr, dass sich die Entwicklung in den kommenden Wochen stabilisiert, damit unsere Bürgerinnen und Bürger hoffen können. Geben wir aufeinander acht, und bleiben Sie alle gesund.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht der Fraktionsvorsitzende Abgeordneter Schweitzer.

Vielen Dank, Herr Präsident, meine Damen und Herren, vielen Dank für das Wort! – Vor rund vier Wochen waren wir hier schon einmal zusammen, auch in einer außergewöhnlichen Sitzung, auch in einer außergewöhnlichen Zeit, und haben gemeinsam einen Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht, der uns in die Lage versetzt hat, in RheinlandPfalz genau die Schritte zu ergreifen, über die wir heute in einer Zwischenbilanz sprechen.

Wir sind ein ganzes Stück weiter, als wir es damals waren. Wir sind kurz davor und mittendrin, dass die Schülerinnen und Schüler wieder in die Schule zurückkehren können. Ich glaube, viele Kinder sind selbst davon überrascht, wie sehr sie sich nach der Schule zurücksehnen, nach anderen

Kindern, nach dem Erleben, auch wieder einmal auf dem Pausenhof miteinander zu tun zu haben, selbst wenn die Abstände groß bleiben müssen.

Ich bin sehr froh, dass wir nicht einfach gesagt haben, wir lassen das jetzt irgendwie von den Kommunen organisieren, wie es in Nordrhein-Westfalen, dem hochgelobten „Laschet-Land“, lieber Herr Baldauf, organisiert wird, sondern wir haben uns in intensiver Diskussion mit den kommunalen Schulträgern in zahllosen Telefonschaltungen in engster Abstimmung auf einen gemeinsamen Hygieneplan geeinigt.

Wir haben nicht nur gesagt, es gibt einen Plan, setzt den bitte um, liebe SteffiHubig, sondern wir haben auch gesagt, wir sorgen dafür, dass jedes Kind auf dem Schulweg und in der Schule eine Maske haben kann. Meine Damen und Herren, das ist etwas, zu dem ich sagen kann, in einer Krise kommt es auf Management an, nicht auf Fragen und Raunen, lieber Herr Baldauf, sondern auf Handeln. Da muss man die Ärmel hochkrempeln, und genau das ist im Schulbereich exemplarisch gut geschehen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist gut, dass wir uns sehr kritisch anschauen, wie die Kinder mitgekommen sind, die von zu Hause aus nicht so einfach mit digitaler Infrastruktur unterstützt oder überhaupt unterstützt werden. Ich bin sehr froh, dass wir 25.000 digitale Endgeräte auf Leihbasis für die Kinder zur Verfügung stellen und jetzt auf Bundesebene ebenfalls noch Unterstützung dafür bekommen, damit wir noch mehr Endgeräte auf den Weg bringen können. Das ist ebenfalls ein gutes Zeichen.

Lieber Herr Kollege Baldauf, diese Verunsicherung, von der Sie sprechen, wünschen Sie sich womöglich, aber sie ist nicht da, weil wir das eng begleitet haben und – da kann ich schon ein Wort mitreden aus der persönlichen Begegnung mit mancher Lehrerin und manchem Lehrer – die Lehrerinnen und Lehrer genau und kritisch fragen, wie das alles organisiert ist. Sie stellen spätestens seit den letzten Dienstbesprechungen in der vergangenen Woche fest, es ist klar und organisiert.

Lieber Herr Baldauf, Sie sollten den Menschen nicht Fragen unterstellen, die Sie vielleicht persönlich, aber die Menschen nicht haben, um sie zu verunsichern. Ich finde, das ist nicht zulässig.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde, dass Malu Dreyer völlig recht hat, wenn sie sagt, wir sind ein ganzes Stück zu einer neuen Kultur des Miteinanders gekommen. Jeder weiß, das ist nicht immer nur einfach zwischen den Kommunen und einer Landesregierung, nicht nur in Rheinland-Pfalz nicht, aber auch in RheinlandPfalz nicht.

Aber dass wir so eng miteinander verzahnt sind, so in

tensiv miteinander komunizieren, auch über die Parteibücher hinweg, ist etwas, was uns auszeichnet und wir nicht schlechtreden sollten, sondern auf das wir gemein stolz sein können. Dass sich das fortsetzt, auch mit Blick auf den Föderalismus, der uns, wie anfangs einige gemutmaßt haben, nicht etwa schwächer, sondern stärker gemacht hat, weil die Meinungsvielfalt und die Möglichkeit, dass auch die regionalen und ländlichen Interessen zum Teil in Berlin gehört werden, dies ermöglicht haben, das macht uns stärker in der Krise als manches andere Land.

Hat denn irgendjemand hier im Saal darüber hinaus den Eindruck, dass die zentralistisch oder gar die autoritär organisierten Staaten besser durch die Krise kommen als ein demokratisch-föderaler Staat, wie wir es sind? Das Gegenteil ist der Fall. Deshalb sollten wir diese Kultur des Miteinanders nicht irgendwie nur kritisch hinterfragen, sondern sagen, das ist eine Stärke, die uns auszeichnet.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir waren, was die kommunale Besorgnis angeht, wie es mit den Finanzen weitergeht, das erste Land, das überhaupt mit einem Nachtragshaushalt 100 Millionen Euro auf den Tisch gelegt hat, mit denen die Kommunen jetzt schon umgehen. Natürlich werden die Gespräche darüber nicht beendet sein. Das ist völlig klar.

Wir brauchen niemanden, der uns auffordert, weil wir das schon selbst wissen. Wenn wir es nämlich nicht wüssten, hätten wir nicht von uns aus vorgeschlagen, dass wir 100 Millionen Euro auf den Tisch legen, noch bevor die erste Forderung aufgekommen war.

Lieber Herr Baldauf, ich finde es gut – das will ich hervorheben –, dass wir mit der gemeinsamen kommunalen Erfahrung heute im weiteren Verlauf der Tagesordnung ein Gesetz auf den Weg bringen, das das gemeindliche kommunale Arbeiten leichter möglich macht über Telefon- und Videokonferenzen, im Umlaufverfahren, damit die kommunale Selbstverwaltung, die demokratische kommunale Selbstverwaltung nicht darunter leidet.

Wir befinden uns in einem lernenden System. Ich will einfach nur dazu aufrufen, dass wir uns nicht gegenseitig nur die Fragen vorhalten, sondern auch sagen, wir geben schon gute Antworten, wie wir es in diesem Bereich miteinander machen.

Ich will auf das Thema „Wirtschaftsleben“ eingehen. Wir sind ein mittelständisch geprägtes Land. Das ist richtig. Wir spüren das jetzt gerade, wenn es um die Betroffenheiten geht.

Natürlich gab es am Anfang die Frage: Warum dauert es bei uns länger als bei anderen? Die Fragen haben auch wir gehört. Wir sind mit ihnen umgegangen.

Aber ich muss Ihnen sagen, angesichts der Zahlen, die jetzt Ministerpräsidentin Malu Dreyer genannt hat, wie viele Unternehmen wir mit den Bundeshilfen unterstützt haben,

und angesichts der Tatsache, dass wir inzwischen Erfolgsmeldungen aus anderen Ländern hören, die sich nicht darauf beziehen, wie viel Geld ausgegeben worden ist, sondern wie viel Geld man inzwischen wieder von denjenigen zurücknimmt, denen man es vorher fahrlässig und schnell, wie Sie es vorschlagen, gegeben hat – Berlin hat 20 Millionen Euro zurückgenommen –, das ist bei uns nicht der Fall.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Herr Baldauf, Sie haben mit einem Kollegen aus Ihrer Stadt Frankenthal, der für die Mittelstandsvereinigung der CDU spricht, jüngst wieder Äußerungen getätigt, dass zu diesem Zeitpunkt damals 80 % der Hilfen gar nicht ausgezahlt werden. Das hat nicht gestimmt, das haben wir Ihnen hinterher in einem Brief noch einmal bestätigen können.