Protokoll der Sitzung vom 29.04.2020

und verwies auf die Niedrigzinsphase und den Umgang mit Rücklagen in der Vergangenheit.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Völlig richtig! – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Die gesamte Debatte um die Straßenausbaubeiträge führt die Union seither immer unter der Maßgabe, dass die Gelder dazu aus den Haushaltsreserven kommen müssten. Noch am 17. Februar forderte der CDU-Abgeordnete Dr. Weiland in einer Pressemitteilung dazu auf, dass die Landesregierung bei investiven Ausgaben den Fuß von der Bremse nehmen müsse.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Ja, guter Mann! – Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

An Geld fehle es mit Blick auf die Rücklagen offenkundig nicht. Meine Damen und Herren, jetzt ist es in der Krise genau diese Reserve, die Sie immerzu schon längst ausgegeben hätten,

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Lächerlich!)

die es Ihnen ermöglicht, überhaupt Konzepte vorzulegen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Union bringt geldliche Mittel in die Diskussion ein, die es mit ihr schon gar nicht mehr gegeben hätte.

(Glocke des Präsidenten)

Wenn es einen Beleg dafür braucht, warum die CDU besser auf der Oppositionsbank als in der Staatskanzlei, im Finanz- oder Wirtschaftsministerium aufgehoben ist, dann hat sie ihn heute selbst geliefert.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Gut, dass Sie hier gar nichts zu sagen haben!)

Das ist kein verantwortungsvoller und stringenter Umgang mit den Staatsfinanzen. Das ist haushaltspolitische Planlosigkeit, meine Damen und Herren.

Ein Letztes noch: Uns eint auch etwas in den aktuellen Debatten zur Bewältigung der Krise. Die regierungstragenden Fraktionen, die Landesregierung und die Union sind sich einig, dass wir gerade aus rheinland-pfälzischer Sicht der Gastronomie wieder auf die Beine helfen müssen. Wir unterstützen alle die Absenkung der Mehrwertsteuer im Gastgewerbe von 19 auf 7 %. Das wird allerdings nur greifen, wenn wir den Restaurants, Weinstuben und Cafés

(Abg. Uwe Junge, AfD: Ohne Umsatz bringt das nichts!)

eine Perspektive zur Öffnung geben.

Ich habe schon ein paar Mal gehört: Das sind Peanuts. – Bei diesen „Peanuts“ reden wir über 140 Millionen Euro Steuergeld. Um einmal einen Vergleich zu bringen: Beim Straßenausbau reden wir über 120 Millionen Euro. Das sind 20 Millionen Euro weniger.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Ich sage das, um einmal aufzuzeigen, was Peanuts sind und was nicht.

Ich halte es nicht nur für dringend notwendig, sondern verfassungsrechtlich geboten, dass wir in Krisenzeiten öffentlich und im parlamentarischen Verfahren über Perspektiven sprechen. Massive Grundrechtseinschränkungen, wie wir sie derzeit erleben, müssen ständig auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden. Es gibt keine Institution in diesem Land, die uns das verbieten kann. Diese Diskussionen machen unsere Demokratie aus. Wir in diesem Parlament stehen gemeinsam in der Verantwortung, sie zu führen.

Als Letztes möchte ich noch all denen danken, die unser Land am Laufen halten. Ich wünsche auch Ihnen alles Gute und Gesundheit.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Fraktionsvorsitzende Dr. Braun das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind am Anfang einer Krise. Ich glaube, wir sind noch gar nicht mitten in der Krise. Weltweit wird diese Corona-Krise noch viele, viele Auswirkungen haben. Es werden weltweit wahrscheinlich Millionen und in Deutschland noch viele Tausend Menschen daran sterben. Das muss man immer im Blick haben, wenn man Diskussionen führt. Wir führen die Diskussion um Öffnungen. Deswegen muss man immer im Blick haben, vor welchem Hintergrund diese Diskussion stattfindet.

In den USA sind 60.000 Menschen an Corona gestorben. Bei uns sind es nur 6.000 Menschen. In Italien sind es fast 30.000 Menschen. In Spanien und in Frankreich sind es über 20.000 Menschen. Das ist natürlich nicht das Ende, sondern der Anfang der Krise. Es werden weiter Menschen an diesem Infekt sterben.

Auf eine Sache möchte ich hinweisen: Wenn irgendwo der Begriff „Genesene“ steht – wir haben schon über 100.000 Genesene –, dann sind das nicht gesunde Menschen, die aus dem Bett aufstehen, sondern dann sind das Menschen mit zum Teil schweren Erkrankungen, die an die Dialyse müssen, oder Menschen, die nach wie vor Lungenschwierigkeiten haben. Wir kennen die Auswirkungen des Virus noch gar nicht. Die Genesenen sind also nicht gesund, sondern die Genesenen haben das Coronavirus – zumindest die erste Phase – überlebt. Das muss man immer wieder dazu sagen, damit wir auch unserer Verantwortung gerecht werden.

Frau Willius-Senzer, Sie haben es gesagt: Verantwortung ist das, was uns hauptsächlich umtreibt.

Ich habe vor vier Wochen gesagt, dass wir in unseren Handlungen natürlich Fehler machen werden, weil wir die Situation nicht kennen und das alles neu ist. Ich will jetzt nach den vier Wochen zumindest ein Resümee ziehen. Ich bin sehr froh, dass wir in dieser Landesregierung so wenige Fehler gemacht haben und trotz dieses Drucks, der überall bestand, mit Bedacht und vorsichtig, aber vernünftig und zielführend gehandelt haben.

Dafür spreche ich der gesamten Landesregierung, und nicht nur der Landesregierung, sondern auch den Behörden, die die Dinge umsetzen, einen ganz herzlichen Dank aus. Vielen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wir haben nicht nur der Landesregierung zu danken, sondern gerade auch den Helferinnen und Helfern vor Ort, die – das haben wir letztes Mal schon gesagt – mit einem enormen Einsatz und – wie ich glaube – mit einem Einsatz ihres Lebens und ihrer Gesundheit immer wieder zu ihrer Arbeit gehen, immer wieder die Pflegedienste leisten, die geleistet werden müssen, und immer wieder diese Gesundheitsdienste leisten, die geleistet werden müssen.

Wenn ich einen Stolz habe, dann kann ich sagen: Ich bin ich stolz darauf, dass wir das in Deutschland und in RheinlandPfalz leisten können, die Menschen in Deutschland füreinander einstehen und sie die Krise miteinander und nicht gegeneinander, wie das manche gerne hätten, bekämpfen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich glaube, wir haben auch in Rheinland-Pfalz – in Deutschland auf der Bundesebene sowieso – viele kleine Rettungsschirme gespannt. Natürlich war die Diskussion über die Wirtschaft zunächst einmal die hauptsächliche Diskussion.

Ich glaube, wir haben es in Rheinland-Pfalz gut gemacht – das sage ich ganz bewusst –, dass nicht zuerst Geld ausgeschüttet und dann geschaut wurde, wohin es geflossen ist, sondern dass man das so gemacht und verantwortlich gehandelt hat.

Die Menschen in meinem Bekanntenkreis, die SoloSelbstständige sind, haben ihr Geld, das sie zu Recht beantragt haben, auf dem Konto. Und die, die es nicht zu Recht beantragt haben, haben eventuell einen ablehnenden Bescheid bekommen. Das ist der richtige Weg, anstatt erst einmal alles freizugeben und hinterher zu versuchen, es wieder einzusammeln. Das haben wir richtig gemacht in Rheinland-Pfalz. Dafür bin ich dankbar.

Ich glaube, dass die Opposition an der Stelle Kritik üben muss, aber so richtig greift es nicht, wenn Sie dann sagen: Das war alles zu spät, das war zu wenig. – Wir haben einen ersten Rettungsschirm für die Wirtschaft gehabt, und dann – ich glaube, damit sind auch Sie vonseiten der Opposition völlig einverstanden – haben wir gezielt auch anderen geholfen. Das werden wir so weiterführen. Wir werden gezielt auch anderen helfen.

Wir haben gezielt den Vereinen geholfen. Wir haben gezielt den Künstlerinnen und Künstlern geholfen. Wir werden auch weiter gezielt der Gastronomie helfen. Wir haben gezielt den Zoos und den Wildparks geholfen, und so weiter und so fort. Das sind gezielte Maßnahmen. Das ist keine Gießkannenmethode, sondern das Geld wird dort hingebracht, wo es benötigt wird, damit es in Rheinland-Pfalz zu einem weiteren wirtschaftlichen Handeln kommen kann und die Vereine, die wir haben, die nicht wirtschaftlich handeln und nicht als Erstes den wirtschaftlichen Impetus haben, überleben können.

Ich glaube, Rheinland-Pfalz unterscheidet sich ganz klar dadurch von den anderen Bundesländern, dass wir den Fokus auf die Menschen richten, die ehrenamtlich tätig sind und die Hilfe brauchen. Denen wollen wir helfen. Ich bin dankbar dafür, dass es so gelaufen ist, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Das ist nicht alles auf einmal und auch nicht alles am ersten Tag passiert, sondern zunächst einmal kamen die Bundeshilfen für die Wirtschaft. Dann haben wir die Hilfen mit den Krediten angeboten, und wir haben sie inzwischen auch umgesetzt und ausgereicht.

Dann kam die Diskussion über Zootiere. Frau Höfken hat sich in diesem Bereich engagiert. Ich glaube, in den Familien sind viele dankbar dafür, dass es so gekommen ist und sie mit ihren Familien, mit ihren Kindern in Rheinland-Pfalz wieder nach draußen gehen können. Wir hatten zum Glück nie einen Shutdown wie in Spanien. Wir hatten immer die Möglichkeit, sich zu betätigen, aber man muss auch wissen, wohin man gehen kann.

Wenn wir das sehen, dann ist es auch wichtig, dass wir als

Nächstes darüber diskutieren, was mit den Spielplätzen und den Einzelspielgeräten geschieht. Wie können wir die Familien in den Fußgängerzonen, in denen sie sind, wieder begrüßen und nicht dadurch, dass alles abgesperrt ist, so tun, als wären Familien unwillkommen? Auch in dieser Hinsicht müssen wir den Menschen unter die Arme greifen.

Deswegen ist es auch wichtig, dass Schulen, Kindergärten und andere Dinge nach und nach und mit aller Vorsicht – wir sagen das immer wieder – geöffnet werden können.

Meine Damen und Herren, das wird nicht – das muss ich dieses Mal auch wieder sagen – ohne Kritik abgehen. Das ist doch vollkommen klar. Die einen wollen die 4. Klasse in der Schule haben, die anderen die 13. Klasse oder die Berufsschulen. Dann sagen manche: Die Kleinen müssen doch als Erstes in die Schulen kommen. – Die einen wollen ganze Klassen haben. Die anderen wollen ganze Klassen in großen Räumen haben. Die anderen wollen halbe Klassen haben. Ich sage nur einmal: Das Spektrum ist noch nicht aufgezählt. Es gibt es noch viele andere Möglichkeiten.

Ich glaube, es wäre falsch davon auszugehen, dass alle klatschen und zustimmen, wenn wir am Schluss etwas entscheiden. Natürlich wird es die Diskussionen vor Ort geben, aber wir machen das verantwortlich.

Ich bin auch Frau Hubig dankbar, dass sie auf Bundesebene versucht, diesen Sack Flöhe, der in der Diskussion entsteht, zu hüten und immer wieder versucht, eine einheitliche Regelung zu finden. Ich glaube, das läuft gut von RheinlandPfalz aus, und ich glaube, das läuft gut in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Auch wenn es manche eventuell nicht mehr hören können: Was haben wir über die Jugendherbergen in RheinlandPfalz diskutiert, weil sie keine Wirtschaftsbetriebe, sondern gemeinnützig sind und in den einen Rettungsschirm nicht hineinpassen und aus dem anderen herausfallen. Was müssen wir da tun? Ich glaube, alle Fraktionen waren damit beschäftigt. Auch hier bin ich sehr dankbar, dass Frau Spiegel auf Bundesebene mit Frau Giffey auf der Arbeitsebene an Lösungen arbeitet. Es steht kurz bevor, dass wir auch für die, die sonst durch ein Raster fallen, Lösungen finden.