Protokoll der Sitzung vom 29.04.2020

Zweitens: Absatz 2 dieses Gesetzentwurfs, auf den von der anderen Seite Bezug genommen wird, spricht allgemein von „umweltbezogenen“ Kriterien. Was heißt denn „umweltbezogen“ in diesem Zusammenhang? Heißt das umweltfreundlich? Einige hier im Plenum würden sicherlich – – –

(Unruhe zwischen den Abg. Alexander Schweitzer, SPD, und Abg. Christian Baldauf, CDU – Glocke des Präsidenten)

Geht ganz munter hier.

Einige hier im Plenum würden sicherlich bezweifeln, dass EMobilität umweltfreundlicher ist als Verbrennermobilität – wir nicht. Ich sage: einige hier im Plenum. Die Koalition nimmt genau solche Unsicherheiten mit ihrem Gesetzentwurf in Kauf.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Ja, genau!)

Ich finde es nicht nachvollziehbar.

Drittens: Besagter Absatz 2 knüpft an den Erlaubnisnehmer an, nicht an die konkrete Nutzung. Wenn der Erlaubnisnehmer selbst, also zum Beispiel eine GmbH, umweltbezogene Kriterien erfüllt – die GmbH, wohlgemerkt –, dann kann das nach dem Gesetzentwurf berücksichtigt werden. Wir alle wissen, aus so einem „kann“ wird ganz schnell ein „muss“, wenn ermessensfehlerfrei entschieden werden soll.

Das bedeutet, wenn ein Anbieter wie diese GmbH meinetwegen an allen anderen Standorten super umweltfreundlich ist, dann muss die bevorzugt werden, selbst wenn sie den konkreten Platz, um den es eigentlich geht, für ganz normale, konventionell angetriebene Autos nutzen will. Das finden wir nicht schlüssig. Deswegen haben wir gesagt, lasst uns das hineinschreiben, damit wir das privilegieren können – daher unser Änderungsantrag.

Im Vergaberecht spricht man in dem Kontext von bieterbezogenen statt auftragsbezogenen Kriterien. An dieser Stelle hätten wir uns mehr Rechtssicherheit und Klarheit gewünscht. Ich finde es bedauerlich, dass bei diesem Zukunftsthema „Mobilität und Umwelt“ keine Bereitschaft im Ausschuss bestand, gemeinsam zu suchen, wie wir dieses Ziel – von dem ich immer noch unterstelle, es ist ein gemeinsames – besser fördern können.

Ich finde es schade, aber noch haben Sie die Chance, indem Sie unserem Antrag zustimmen. Stärken Sie dieses Ziel. Machen Sie das Gesetz einfach ein Stück weit rechtsklarer.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Oster.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die heutige Änderung des Landesstraßengesetzes ist eine zeitgemäße Anpassung an die Lebenswirklichkeit der Menschen. So würde ich es vereinfacht einmal zusammenfassen.

Wir geben heute den Startschuss für Carsharing im öffentlichen Raum in Rheinland-Pfalz. Im Kern regelt das Gesetz drei neue Punkte.

Erstens: Die sogenannte Sondernutzungserlaubnis für Carsharing auf Landes-, Kreis-, Gemeinde- und sonstigen Straßen – auch dieser Zusatz ist wichtig – regelt, dass exklusive Flächen im öffentlichen Raum für – das ist der Fachbegriff – stationsbasiertes Carsharing ausgewiesen werden können.

Zweitens: Herr Kollege, damit komme ich auf Ihre Ausführungen zurück, wo Sie Unterschiede sehen. Die Umweltkriterien sind in unserem Gesetzesvorschlag bzw. dem der Regierung klar geregelt. Eine Gemeinde kann selbst festlegen, ob sie den Stellplatz eben nur für E-Autos zur Verfügung stellt oder offen für andere Antriebsarten.

Wir halten das für sinnvoll; denn wir sagen hier so oft, wir sollen technologieoffen denken. Das höre ich auch in Ihren Reden immer. Dann, so ist unsere Auffassung, sollten wir das auch in dieses Gesetz genau so hineinschreiben. Sprich: Die Kommunen haben komplett freie Hand, was auf diesen ausgewiesenen Flächen am Ende stattfinden kann. Deshalb werden wir natürlich Ihrem Alternativantrag nicht zustimmen; denn das vorgelegte Gesetz regelt das bereits ausführlich.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: So?)

Ein Punkt, der mir in diesem Gesetz besonders gut gefällt, ist, dass nicht nur natürliche oder juristische Personen Zugriff auf diese Flächen haben. Nein, auch privat oder ehrenamtlich engagierte Gruppierungen dürfen sich dort einbringen.

Abschließend habe ich eine persönliche Bitte. Das habe ich auch in der ersten Beratung gesagt. Lassen Sie uns das heute verabschiedete Landesstraßengesetz auch bewerben; denn ich glaube, wir müssen es in die Kommunen bringen. Die Kommunen müssen wissen, dass es diese Änderungen

nun auch gibt. Nur wenn viele davon Gebrauch machen, erreichen wir am Ende ein Stück mehr Mobilitätswende.

Das ist das Ziel am Ende des Tages.

Ich bedanke mich.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Dr. Bollinger.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir reden nun in zweiter Beratung über einen Entwurf zur Änderung des Landesstraßengesetzes. Die Änderung soll es den Kommunen ermöglichen, eine neue Art der Sondernutzung für öffentliche Flächen zu ermöglichen. Es geht dabei um Stellplätze speziell für Carsharing-Anbieter.

Der Vorteil von Carsharing liegt darin, dass es eine bessere Auslastung für Pkw ermöglicht. Bürger, die ein Auto nicht täglich benötigen, können sich die teure Anschaffung sparen, wenn sie an Carsharing teilnehmen.

Das stationsbasierte Carsharing, wie es im Gesetzentwurf definiert wird, ist für Interessierte aber nur eine Alternative unter mehreren. Eine andere Alternative ist das Carsharing von privaten Pkw, für das es inzwischen Plattformen gibt, die nach dem gleichen Prinzip wie zum Beispiel Airbnb funktionieren, aber nicht berücksichtigt werden.

Der vorliegende Gesetzentwurf greift sich also willkürlich ein Geschäftsmodell unter mehreren konkurrierenden heraus und privilegiert es für Sondernutzungen. Das halten wir für sehr problematisch.

Als weitere Problematik sehen wir die Verdrängung von Anwohnerstellplätzen. Die Stadt Mainz plant beispielsweise bereits 350 Carsharing-Stellplätze, meistens auf Kosten von Anwohnerstellplätzen, und zwar ohne dass es zuvor eine echte Bedarfsanalyse gegeben hätte.

Gleichzeitig hat die Verkehrsdezernentin auf eine AfDAnfrage im Stadtrat darauf verwiesen, dass es noch freie Dauerparkplätze in einigen Innenstadtparkhäusern gibt. Wieso, frage ich, können Carsharing-Anbieter nicht zuerst einmal auf diese zurückgreifen?

Wenn Carsharing für Bürger einen Mehrwert darstellt, wird es sich auch ohne Änderung des Landesstraßengesetzes durchsetzen. In der Tat hat es durch Digitalisierung und neue, benutzerfreundliche Apps bereits in letzter Zeit einen neuen Schub erlebt. Ein großer Teil davon geht übrigens auf das Carsharing von privaten Pkw zurück, das in Ihrem Gesetzentwurf nicht berücksichtigt wird.

Man sollte mit dem Carsharing aber auch keine unrealistischen Erwartungen verknüpfen. Das Grundproblem der Nachfragespitzen macht Carsharing für Pendler und alle Personen unattraktiv, die regelmäßig zur gleichen Zeit wie andere ein Auto benötigen. Man kann sich als CarsharingNutzer eben nicht darauf verlassen, dass immer ein Auto zur Verfügung steht, wenn man es braucht.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Och! – Zuruf aus dem Hause: Keine Ahnung!)

Diese Problematik ist im ländlichen Raum besonders ausgeprägt, auch wenn es mittlerweile ebenfalls dort CarsharingInitiativen gibt.

Kritisch sehen wir auch die vom Kollegen Martin eben schon angesprochene Möglichkeit, dass im Rahmen dieser Sondernutzung nicht nur Verbrennerautos – wieder einmal –, sondern auch alle anderen Antriebstechnologien zugunsten der E-Mobilität diskriminiert werden. Der Änderungsantrag der CDU – das wurde eben auch schon ausgeführt – ist in dieser Hinsicht sogar noch deutlicher als der Gesetzentwurf der Landesregierung.

Darum lehnen wir diesen Änderungsantrag wie auch den ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung ab.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Wink.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine der wohl größten Debatten im vergangenen Jahr war die des Umweltschutzes bzw. des Klimawandels und damit einhergehend auch die zukünftige Mobilität. Das wird auch in dieser Krise und nach dieser Pandemie ein wichtiges Thema sein.

Für uns Freie Demokraten gilt daher auch weiterhin, dass Technologieoffenheit und neue Ideen den Verkehrsmix fördern und ökologischer machen sollen. Dies gilt auch und gerade für die Mobilität.

Besonders in Ballungsräumen erfordern Verkehrsbelastungen im Verbund mit einem knappen Platzangebot die Stärkung alternativer Verkehrsangebote. Carsharing kann dazu ein Baustein sein. Carsharing bietet Menschen die Flexibilität eines Autos, ohne ein solches zu besitzen.

Die Bundesregierung hat mit dem Carsharinggesetz Regelungen zum Carsharing getroffen, die im Hinblick auf das stationsbasierte Carsharing auf Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen beschränkt sind. Die vorliegende Ergänzung des Landesstraßengesetzes soll die Sondernutzung

für das stationsbasierte Carsharing auch für Landes-, Kreis-, Gemeinde- und sonstige Straßen ermöglichen.

Für uns Freie Demokraten ist dies ein äußerst wichtiger Schritt, um die Diversität des Verkehrsangebots zu steigern. Kommunen, die nicht an Bundesstraßen liegen, erhalten durch das Gesetz erstmalig die Möglichkeit, CarsharingStationen an Straßen in ihren Gemeinden zu errichten. Carsharing ergänzt somit die Angebote von Bus und Bahn und macht individuelle Mobilität flexibel, erschwinglich und umweltschonender. Mit dem neuen Gesetz wird die Mobilität von morgen in Städte und Dörfer gebracht.

Größere Städte erhalten somit auch die Möglichkeit, Carsharing nicht nur an Hauptstraßen zu errichten, sondern auch auf Gemeindestraßen und in Wohngebieten. Die Carsharing-Stationen können also bedarfsgerecht und sinnvoll errichtet werden und unterliegen nicht mehr einem Ortszwang.

Das Gesetz sieht zudem vor, dass Gemeinden die Flächen zur Sondernutzung selbst bestimmen. Danach muss ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren zur Bestimmung des Carsharing-Anbieters erfolgen. Bisher können Kommunen Sondernutzungserlaubnisse nur auf Antrag erteilen. Durch die Neuregelung können Kommunen somit selbst aktiv werden und auf Anbieter zugehen, um eine Station in der Gemeinde zu errichten.

Dieses Gesetz stellt somit einen wichtigen Beitrag für die Mobilität von morgen dar.

Vielen Dank.