Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie müssen heute – und in vielen weiteren Sitzungen – immer wieder abwägen zwischen Freiheit und Gesundheit, zwischen wirtschaftlichen Interessen und ethnischen Grundsätzen. Die daraus resultierenden Entscheidungen muss die Politik treffen. Ich bin mir sicher, wir werden sie verantwortungsvoll und ausgewogen treffen.
Vergessen wir nicht: Solidarität ist das Gebot der Stunde, um die Menschen zu schützen, die unseren Schutz jetzt besonders brauchen. Davon lebt unsere Demokratie.
Der bisherige Erfolg gibt uns recht. Wir konnten die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen. Diesen Erfolg dürfen wir jetzt nicht verspielen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dies vorausgeschickt berufe ich zu schriftführenden Abgeordneten Herrn Markus Stein und Frau Jennifer Groß. Die Redeliste wird Frau Groß führen.
Für die Zeit ab 15.30 Uhr berufe ich Frau Giorgina KazunguHaß und Herrn Michael Wagner zu schriftführenden Abgeordneten. Die Redeliste wird Frau Kazungu-Haß führen.
Die schriftführenden Kolleginnen und Kollegen werden während der Sitzung auf ihren Abgeordnetenplätzen verbleiben.
Ich will nicht versäumen, auch in dieser Sitzung Kolleginnen und Kollegen zum Geburtstag zu gratulieren.
Herr Staatsminister Mertin und Herr Jörg Denninghoff haben am heutigen Tag Geburtstag. Herr Mertin ist 62 Jahre alt geworden und Herr Denninghoff 54 Jahre. Herzlichen Glückwunsch!
Nach der letzten Plenarsitzung am 27. März handelt es sich heute erneut um eine besondere Sitzung. Auch für diese Sitzung wurden sämtliche Vorsorge- und Hygienemaßnahmen getroffen, um die Gesundheit aller an der Sitzung Beteiligten bestmöglich zu schützen.
Die Fraktionen sind im Ältestenrat einvernehmlich übereingekommen, dass der Landtag aus den dringenden Gründen des Infektionsschutzes unter Wahrung der Beschlussfähigkeit und der Mehrheitsverhältnisse mit einer reduzierten Abgeordnetenzahl zusammentritt.
Ich danke an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich den Fraktionen und allen Abgeordneten, dass wir uns einvernehmlich auf diese Verfahrensweise einigen konnten.
Nach unserer Verfassung ist der Landtag beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Ich stelle hiermit ausdrücklich die Beschlussfähigkeit des Landtags fest.
An dieser Stelle darf ich mich auch ausdrücklich bei der Landesregierung bedanken. Auch sie hat die Zahl der anwesenden Regierungsmitglieder begrenzt und ist auf der Regierungsbank in der heutigen Plenarsitzung nur mit sechs Personen anwesend. Die Abwesenheit der übrigen Regierungsmitglieder ist daher nicht Ausdruck von Desinteresse, sondern ist den besonderen Anforderungen an den Infektionsschutz geschuldet.
Die Fraktionen sind im Ältestenrat weiterhin übereingekommen, dass im Laufe der Debatten mit dem Instrument der Kurzintervention zurückhaltend umgegangen wird.
Wir kommen dann zur Feststellung der Tagesordnung. Die Tagesordnung ist Ihnen nach den Beratungen im Ältestenrat zugegangen.
Die Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben am gestrigen Tag einen weiteren Gesetzentwurf eingebracht. Es handelt sich um das Landesgesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften, das sofort unter der Drucksache 17/11761 verteilt wurde. Die einbringenden Fraktionen haben darum gebeten, unter Fristverkürzung das Gesetz in der heutigen Plenarsitzung in der ersten Beratung zu behandeln.
Die Verkürzung der Frist vor der ersten Beratung ist gemäß § 52 Abs. 2 in Verbindung mit § 68 Abs. 2 GOLT vom Landtag zu beschließen. Es wird vorgeschlagen, diesen Punkt unter Nummer 11 in die Tagesordnung aufzunehmen und ohne Aussprache zu behandeln. Ich frage, ob jemand gegen die Aufnahme des Gesetzentwurfs in die heutige Tagesordnung ist. – Stimmenthaltungen? – Damit ist das einstimmig so beschlossen.
Gemäß § 68 Abs. 2 GOLT kann eine Verkürzung der Frist vor der ersten Beratung, wenn Einspruch erhoben wird, nur mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Es wurde aber kein Einspruch erhoben, sondern wir haben das einstimmig beschlossen. Damit ist die Frist verkürzt.
Wir kommen dann zur Feststellung der Tagesordnung im Übrigen. Auch hier gibt es offensichtlich keinen Widerspruch. Damit stelle ich fest, dass die Tagesordnung so beschlossen ist.
Lage zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID 19) in Rheinland-Pfalz Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer
Wir haben uns auf eine Grundredezeit von 12 Minuten verständigt. Ich erteile der Ministerpräsidentin zur Abgabe der Regierungserklärung das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Herren, meine sehr verehrten Damen, liebe Kollegen und Kolleginnen! Seit vielen Wochen gehen die Bürger und Bürgerinnen sehr besonnen und diszipliniert mit massiven Einschränkungen um. Die Menschen leben einen ungewohnten Alltag. Da ist die Sorge um den Arbeitsplatz, um die wirtschaftliche Existenz. Da sind die Angst um die hochbetagten Eltern und das Mitgefühl mit den Kindern, die ihre schulische Laufbahn ohne ausgelassenes Feiern beenden müssen. Eltern sorgen sich darum, wie sie Familie und Beruf verbinden können. Manche Familie kommt an ihre Belastungsgrenze.
Die Landesregierung und Sie hier im Parlament, wir alle wissen um die großen Belastungsproben, die die Menschen gerade erleben. Für die Art und Weise, wie die RheinlandPfälzer und Rheinland-Pfälzerinnen mit der unbekannten Situation umgehen, danke ich sehr, sehr herzlich.
Wo stehen wir? Die höchste Zahl an gemeldeten Neuinfektionen gab es am 28. März mit 256 Menschen. Seit zehn Tagen bewegen sich die Zahlen im zweistelligen Bereich. Wir haben nun ausreichend Intensivbetten zur Verfügung, und das Infektionsgeschehen ermöglicht es, verschobene Operationen ab jetzt wieder durchzuführen. Niemand kann aber genau sagen, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt.
Die Corona-Epidemie folgt keinem bekannten Muster. Deshalb kennt auch keiner den einen richtigen Weg. Wissenschaftliche Studien über das weltweite Pandemiegeschehen erscheinen in immer rascherer Folge und helfen uns, das neue Virus besser zu verstehen.
Wir blicken auch zu unseren europäischen Freunden und Freundinnen nach Italien, Frankreich und Spanien, die die Schrecken von COVID-19 besonders durchleiden. Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir in dieser schwierigen Situation zusammenhalten und unseren europäischen Nachbarn solidarisch zur Seite stehen.
Ich sage für mich und meine Landesregierung: Führungsstärke besteht in diesen Wochen in dem Mut, Entscheidungen zu treffen, die immer wieder auf ihre Konsequenzen hin zu überprüfen und wenn nötig auch zu korrigieren sind.
Das Virus ist tückisch, gerade weil es sich schnell verbreitet und eine lange Inkubationszeit hat. Weil wir neue Gefahren erst mit Verzögerung erkennen, müssen wir mit jeder Lockerung vorsichtig sein, so sehr wir sie uns auch wünschen.
Die klare Ansage bleibt: Abstand halten, die Hygieneregeln beachten, Masken tragen! „Ich schütze Dich – Du schützt mich!“ – besser als mit unserem Motto kann man nicht ausdrücken, dass wir nur gemeinsam, nur durch solidarisches Verhalten die Pandemie eindämmen können. Ich sage ganz klar: Wir werden noch auf lange Zeit nicht den Alltag haben, den wir eigentlich kennen.
Meine sehr verehrten Herren und Damen, der Gesundheitsschutz der Menschen steht für die Landesregierung nach wie vor an allererster Stelle. Nur dieses hohe Gut rechtfertigt überhaupt die massiven Eingriffe in die Grundrechte, in das wirtschaftliche und soziale Leben. Natürlich nehmen wir auch die schwerwiegenden Folgen wahr, die die Corona-Maßnahmen haben.
In dem Spannungsfeld zwischen den Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und ihren sozialen wie wirtschaftlichen
Folgen bewegen wir uns. Wir müssen bei jeder Entscheidung das Infektionsgeschehen im Blick behalten. Wir müssen die Abstands- und Hygieneregeln dringend einhalten. Das gilt bei allem, was wir in Rheinland-Pfalz auch ab dem 3. Mai planen. Gottesdienste können dann wieder gefeiert werden. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften müssen dafür Schutzkonzepte einhalten, die sie selbst zum größten Teil vorgelegt haben. Friseurgeschäfte können unter Auflagen und unter Vermeidung von Wartesituationen ihre Arbeit wieder aufnehmen. Auch Musikunterricht – einzeln oder zu zweit – wird ermöglicht.
Weil es rechtlich problematisch ist und auch niemand wirklich versteht, warum bestimmte Geschäfte des Einzelhandels öffnen können und andere nicht, wollen wir hier zu einer klaren Lösung kommen. Geschäfte des Einzelhandels werden unabhängig vom Sortiment und der Verkaufsfläche unter Einhaltung von Auflagen und einer strengen Kundenbegrenzung öffnen können.
Uns ist auch bewusst, dass die Gastronomie dringend eine Perspektive braucht. Wir wollen zudem die Familien entlasten und mehr Spielräume für Kinder eröffnen. Die Themen „Spielplätze“ und „Gastronomie“ werde ich morgen deshalb im Kreise der Kolleginnen und Kollegen Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin ansprechen und für die Schaltung am 6. Mai auf die Tagesordnung setzen lassen.
Meine sehr verehrten Herren und Damen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich setze trotz aller Herausforderungen im Detail im Grundsatz auf ein gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern. Weil die Bundesländer von der CoronaPandemie aber unterschiedlich betroffen sind und wir es in Zukunft weiter mit regional unterschiedlichen Fallzahlen zu tun haben werden, machen im Einzelnen angepasste länder- und regionalspezifische Regelungen – übrigens auch verfassungsrechtlich – Sinn. Unterschiedliche Situationen erfordern unterschiedliches Vorgehen. Hier zeigt sich die Stärke des Föderalismus.
Gute Lösungen für unser Land finden wir am besten, wenn wir uns eng mit Bund und Ländern, mit unseren Kommunen, der Wissenschaft, unseren Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft austauschen. Genau das tun wir seit dem Ausbruch der Krise.
Unser gesamtes Kabinett tritt viermal in der Woche zusammen, berät und fällt die notwendigen Beschlüsse. Jede Woche steht ein Mitglied der Landesregierung dem Ältestenrat des Landtags Rede und Antwort.
Mit unseren Kommunen, die für viele der CoronaMaßnahmen zuständig und verantwortlich sind, und den kommunalen Spitzenverbänden haben wir mehrmals in der Woche in bislang mehr als 25 Telefonschaltkonferenzen die aktuelle Lage besprochen. Die gute und konstruktive Zusammenarbeit mit unseren Kommunen ist mir immer schon ein besonderes Anliegen.
Ein „Expertenteam Corona“ berät die Landesregierung. Dort stehen uns Spitzenleute der Wissenschaft – Virologen, Epi
Wir setzen nicht nur auf die wissenschaftliche Expertise, sondern genauso auf die Einschätzungen unserer Partner und Partnerinnen aus der Gesellschaft. Deshalb lade ich für morgen zu einem neuen „Corona-Bündnis Rheinland-Pfalz“ ein. Demokratie lebt von der gemeinsamen Verantwortung für unser Land, gerade in Corona-Zeiten. Getreu nach dem Motto „Miteinander Gut Leben“.
Sehr verehrte Kollegen und Kolleginnen, ein wichtiger Schritt zu einem neuen Alltag ist jetzt die Wiedereröffnung der Schulen. Unsere Kinder dürfen nicht zu den Verlierern der Krise werden. Deshalb hat Rheinland-Pfalz von Anfang an entschieden, dass die Notbetreuung in Kita und Schule allen offensteht, die sie brauchen. Für die Kinder, die zu Hause keinen eigenen PC oder kein eigenes Tablet haben, stellen wir gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden 25.000 Leihgeräte zur Verfügung.
Schulleitungen und Schulträger, Lehrer und Lehrerinnen, die Lehrerverbände, die Personalräte, die Gewerkschaften und Elternvertretungen, Eltern und Kinder, aber auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Bildungsministerium und in der ADD, sie alle haben in den letzten Wochen Großes geleistet. Sie alle haben es geschafft, dass die Schule digital weiterging. Schon bald wird es auch eine landeseinheitliche Videokonferenzanwendung für die Schulen geben.
Jetzt geht es darum, wie bei bestmöglichem Schutz von Schülern und Schülerinnen sowie von Lehrenden auch wieder Unterricht in der Schule möglich ist. Für die Schulen liegt ein detaillierter Hygieneplan vor, der in den letzten Wochen erarbeitet wurde. Der Unterricht geht stufenweise in kleinen Lerngruppen wieder los.
Wir stellen drei Pakete bereit. Erstens schenkt RheinlandPfalz all unseren Schulkindern zum Schulstart Mund- und Nasenmasken. Zweitens wollen wir, dass kein Kind an der Bushaltestelle stehen bleibt, wenn es seine Maske vergessen hat. Deshalb stellt die Landesregierung den Landkreisen und Städten 150.000 Mund-Nasen-Schutzmasken für die Schülerbeförderung zur Verfügung. Drittens unterstützt die Landesregierung die Schulträger mit einem Starterpaket für gute Hygiene zum Schulstart. Es enthält über 400.000 Einwegmasken und Desinfektionsmittel.