Protokoll der Sitzung vom 28.05.2020

Wenn Sie Ablenkung wünschen, dann akzeptiere ich das zukünftig.

Schließlich geht es um den Abbau belastender, aber verzichtbarer Regelungen: eigentlich eine Daueraufgabe. IHK und DEHOGA haben konkrete Vorschläge erarbeitet, die wir uns im Ausschuss anschauen sollten.

Alle diese Punkte, die den Weg aufzeigen, enthält unser Antrag, der damit wichtige Richtungsmarken für den Weg aus der Krise aufzeigt. Die SPD kann gleich bei der Abstimmung über unseren Antrag zeigen, ob sie eher auf der Linie von Esken und NoWaBo liegt oder ob sie auf dem Boden der Sozialen Marktwirtschaft steht. Ich bin gespannt.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Abgeordnete Dr. Köbberling.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Baldauf, wissen Sie, wie man einen solchen Antrag in Koblenz nennen würde? – Dünn drüwer.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Einmal eben über die Wirtschaftspolitik ganz dünn drüwer gehuscht. Das fängt schon bei der Einleitung an. Herr Kollege Martin, nicht wahr, Sie haben es gerade selbst noch einmal gemerkt. Rheinland-Pfalz sei schon vor der CoronaKrise Schlusslicht beim BIP-Wachstum gewesen. Ein Blick in die Veröffentlichungen des Statistischen Landesamts würde helfen, um zu sehen, dass es sich in der Tat um einen Einmaleffekt, nämlich den Ausgang von einer relativ hohen Wachstumsposition sozusagen auf ein durchschnittliches Wachstum handelt.

(Zurufe von der CDU)

Wir hatten im Vorjahr einen Sondereffekt in der Konsumgüterindustrie, insbesondere in der Pharmaindustrie, der zu diesem außergewöhnlichen Einmaleffekt geführt hat. Aber das wäre ja viel zu detailliert. Da wischen wir in der Einleitung mal gerade dünn drüwer.

Im weiteren Text schreiben Sie, wir hätten das Problem, dass längerfristige Maßnahmen zur Stärkung der Unternehmen und zur Sicherung der Arbeitsplätze nötig seien und gleichzeitig die Neuverschuldung zurückgeführt werden müsste. In der Tat ist das die große Herausforderung

für die Politik. Sie nennen das mit einfachen Worten die Quadratur des Kreises und fordern klare und konsequente Richtungsentscheidungen in kluger zeitlicher Reihenfolge.

Wir waren alle sehr gespannt, was denn jetzt kommen würde. Ihre Lösung lautete: Wir müssten erst alles tun, um die Wirtschaft wiederzubeleben und im nächsten Schritt die Staatsfinanzen sanieren. Ja sapperlot, das ist mal ein Konzept.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich frage mich, ob es irgendjemanden gibt, der es umgekehrt machen würde.

(Heiterkeit bei der SPD)

Wie gesagt, auch hier dünn drüwer. Die Frage ist doch natürlich: Wie machen wir das denn und auch wann? Wann ist der richtige Zeitpunkt? Wann wissen wir, ob sich die Wirtschaft eher in Richtung U-Form oder in Richtung V-Form entwickelt? Welche Impulse müssen wir setzen, damit der Aufschwung wirklich gezielt unterstützt wird?

Sie allerdings schreiben weiter: Unternehmen und private Haushalte müssen liquide Mittel besitzen, um Nachfrage zu erzeugen. – Ja genau. Und?

(Abg. Martin Haller: SPD: Wahnsinn!)

Dazu liegen Konzepte auf dem Tisch, zum Beispiel von unserer Familienministerin Franziska Giffey oder auch vom CDU-Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet. Wie verhält sich die CDU Rheinland-Pfalz dazu? Kann man darüber einmal irgendetwas erfahren? – Aber nein, Fehlanzeige. Dünn drüwer.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommen Ihre Lösungen. Sie fordern eine Reform der Unternehmensteuer. Was genau soll reformiert werden? Wie soll das aussehen? Welche Effekte wollen Sie erreichen? Wie soll das Ganze fiskalisch verträglich gestaltet werden? Oder haben Sie eben einmal nur ein solches Schlagwort hingeworfen? – Dünn drüwer.

Sie fordern den Ausbau des steuerlichen Verlustrückgangs. Ja, darüber kann man tatsächlich diskutieren. Das fordern viele Akteure im Moment. Aber auch da muss man die Frage beantworten: Wer genau soll davon profitieren?

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU – Unruhe bei SPD und CDU – Glocke des Präsidenten)

Wie verhindern wir Steuergestaltungsmodelle? Welche Obergrenzen wollen wir denn einführen? – Denn es ist doch wohl klar, dass das Ganze nicht grenzenlos sein kann. Auf diese Details aber kommt es an. Da erfahren wir von Ihnen nichts.

Darüber hinaus wollen Sie die vollständige Abschaffung

des Solis. Okay, dazu hat sich die SPD positioniert. Wir wollen vor allem kleine und mittlere Einkommen entlasten.

Jetzt kommen noch zwei hübsche Dinge. Sie fordern ein Belastungsmoratorium für mindestens drei Jahre, wie es angeblich auch der Koalitionsausschuss auf Bundesebene am 22. April beschlossen habe. Mitnichten. Beschlossen wurde ein total unpräziser Satz, nämlich: „(...) die Koalition (wird) besonders darauf achten, Belastungen für Beschäftigte und Unternehmen durch Gesetze und andere Regelungen möglichst zu vermeiden.“ Das ist kein Moratorium für drei Jahre. Im Übrigen wäre es zumindest mit meinem Demokratieverständnis sehr schwer zu vereinbaren, diesem Landtag vorzuschreiben, was er die nächsten drei Jahre zu tun und zu lassen hat.

Aber ich kann Sie hinsichtlich dessen, wofür wir zuständig sind, beruhigen. Zu unseren originären Landessteuern kann ich Ihnen eine Auskunft geben, was diese Koalition in dieser Legislaturperiode betrifft. Es sind keine Erhöhungen unserer originären Landessteuern geplant, als da wären die Grunderwerbsteuer, die Biersteuer, die Feuerschutzsteuer oder die Lotteriesteuer.

(Zurufe von der SPD)

Ich komme zum letzten Punkt. Sie möchten entbehrliche Regelungen abschaffen. Ja welche denn? Ich freue mich, dass Sie zumindest zum Mindestlohn klare Aussagen getroffen haben.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist aber gestern und heute der einzige Anlass zur Freude gewesen. Welche entbehrlichen Regelungen möchten Sie denn abschaffen? Umweltauflagen, Datenschutz, Brandschutz oder vielleicht das Tariftreuegesetz?

(Glocke des Präsidenten)

Das müssen Sie uns schon sagen. Auch hier einmal eben ganz mikroskopisch dünn drüwer.

Entschuldigen Sie bitte, aber unser Fazit ist: Einen solchen oberflächlichen Antrag kann man einfach nur ablehnen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht Abgeordneter Dr. Bollinger.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben gestern anlässlich der Regierungserklärung ausführlich über die Corona-Krise und ihre Folgen diskutiert und dabei festgestellt: Aus der Corona-Krise ist mittlerweile eine Shutdown-Krise geworden. Der Shutdown weiter Teile der deutschen Wirtschaft, der bei besserer Vorberei

tung sehr wahrscheinlich vermeidbar gewesen wäre und in jedem Fall deutlich früher hätte beendet werden müssen, hat verheerende Auswirkungen auf unsere Wirtschaft.

Die Konjunkturforscher sehen für das Jahr 2020 den größten Einbruch der deutschen Wirtschaft in der Nachkriegszeit voraus. Schätzungen des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel zufolge lag das Niveau der wirtschaftlichen Aktivität im April um 15 % unter dem Vorkrisenniveau und steigt ab Anfang Mai nur langsam wieder. Für das Gesamtjahr sagte das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln diese Woche einen BIP-Einbruch von 9 % voraus. Insbesondere soll die Erholung wesentlich langsamer verlaufen als noch zu Beginn der Pandemie vorausgesagt wurde.

Laut einer wissenschaftlichen Studie des ifo Instituts sind alle Bundesländer ähnlich betroffen. Diese Folgen muss man mit kurzfristigen und mittelfristigen Maßnahmen bekämpfen. Aktuell geht es noch um die Aufrechterhaltung der Liquidität der Unternehmen, damit möglichst keine Unternehmen unverschuldet in Insolvenz geraten, und um eine Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit, wo immer dies vertretbar erscheint.

Bereits jetzt gewinnt aber die mittelfristige Perspektive an Gewicht. Dabei geht es unter anderem auch um Steuersenkungen, um die Wirtschaft schnell wieder aus der Krise zu führen. Der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der mittleren Perspektive und möchte Unternehmen steuerlich entlasten, um unsere Wirtschaft zu stärken. Das ist grundsätzlich in unserem Sinne und komplementär zu unserem eigenen Antrag, der kurzfristige Maßnahmen zur Liquiditätsstützung von Unternehmen mit steuerlichen Entlastungen der Bürger verbindet, die auch den Konsum und damit die Wirtschaft stützen sollen.

Schauen wir uns nun die CDU-Forderungen näher an. Die Forderungen nach einem Ausbau des steuerlichen Verlustrücktrags bleibt sehr vage. Es gilt bereits seit Ende April ein pauschalisierter Verlustrücktrag. Hier hätte die CDU noch konkreter werden müssen, was sie jetzt noch zusätzlich will. Wenn die CDU nun eine vollständige Streichung des Solidaritätszuschlags fordert, übernimmt sie damit nur eine langfristige Forderung der AfD, die die CDU noch vor Jahresfrist im Bundestag abgelehnt hat, als die AfD-Fraktion und die FDP-Fraktion Anträge zur vollständigen Streichung des Solis eingebracht haben.

Die Forderung nach einer Reform der Unternehmensteuer ist nun bar jeglicher konkreter Inhalte. Die AfD fordert schon seit Jahren eine Reform der Unternehmensteuer. Wir wüssten aber gern wenigstens ungefähr, was sich die CDU hier vorstellt. Dabei ist eine Entlastung der Unternehmen in Deutschland nicht zuletzt aufgrund vergangener Versäumnisse deutscher Regierungen in Bund und Ländern dringend erforderlich. Seit der Unternehmensteuerreform 2008 ist die faktische Steuerbelastung der Unternehmen wieder angestiegen.

Innerhalb der EU liegt der nominale durchschnittliche Steu

ersatz Deutschlands mit rund 30 % immerhin auf Platz 3. Bei den Bürgern sind wir mittlerweile sogar Steuerweltmeister. In 15 Jahren Merkel-Regierung hat sich Deutschland auf Platz 1 bei der Steuer- und Abgabenlast unter allen OECD-Ländern vorgekämpft. Werte Kollegen von der CDU, wir sind auch der Meinung, dass Deutschland zuerst kommen sollte, aber doch bitte nicht bei der Belastung der Bürger.

(Beifall der AfD)

Wir brauchen nicht nur ein Belastungsmoratorium. Wir müssen unsere Bürger aktiv entlasten. Das fordern wir in unserem eigenen Antrag, den mein Kollege Matthias Joa beim nächsten Tagesordnungspunkt vorstellen wird.

Auch bei weiteren Forderungen der CDU fällt eine Inkonsistenz zwischen Anspruch und Realität auf. So fordert die CDU Rheinland-Pfalz eine solide Haushaltspolitik. Die CDU-Bundeskanzlerin hingegen fordert ein schuldenfinanziertes 500 Milliarden Euro-Ausgabenpaket für die EU. Die CDU Rheinland-Pfalz fordert Regelungen aus allen Rechtsgebieten, die die Unternehmen belasten, zu prüfen. Die CDU-geführte Bundesregierung führte dagegen neue Belastungen durch das Klimapaket ein. Selbst offensichtlich ineffiziente Regelungen wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz werden beibehalten.