Protokoll der Sitzung vom 28.05.2020

Auch bei weiteren Forderungen der CDU fällt eine Inkonsistenz zwischen Anspruch und Realität auf. So fordert die CDU Rheinland-Pfalz eine solide Haushaltspolitik. Die CDU-Bundeskanzlerin hingegen fordert ein schuldenfinanziertes 500 Milliarden Euro-Ausgabenpaket für die EU. Die CDU Rheinland-Pfalz fordert Regelungen aus allen Rechtsgebieten, die die Unternehmen belasten, zu prüfen. Die CDU-geführte Bundesregierung führte dagegen neue Belastungen durch das Klimapaket ein. Selbst offensichtlich ineffiziente Regelungen wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz werden beibehalten.

Wir stellen immerhin ausdrücklich fest, die CDU RheinlandPfalz fordert keine Abwrackprämie. Das ist gut. Wir werden sehen, ob das nächste Woche immer noch gilt.

Liebe CDU, wenn wir Sie an Ihren Taten messen, hat die CDU in der Vergangenheit ziemlich genau das Gegenteil davon getan, was Sie in Ihrem Antrag fordern. Ihr Antrag besteht zu einem Teil aus AfD-Positionen und ist zum anderen Teil so vage, dass man ihn mehr als eine durchaus zutreffende Problembeschreibung als einen Lösungsansatz verstehen kann. Man könnte es auch so formulieren, dass die CDU-Landtagsfraktion ihrer Bundestagsfraktion und ihrer Kanzlerin mit diesem Antrag ins Stammbuch schreibt, welche Probleme sie in den letzten Jahren nicht gelöst haben.

(Zurufe der CDU: Oh!)

Immerhin stimmen wir mit dieser Analyse grundsätzlich überein und werden dem Antrag daher zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD und Heiterkeit bei der CDU – Unruhe bei CDU und AfD)

Wenn jetzt die gemeinsame Heiterkeit zwischen den Fraktionen beendet ist, kann Abgeordneter Wink mit der Rede beginnen.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dass wir in Rheinland-Pfalz Exportprofis waren, ist allen bekannt. Doch wie wir alle wissen, ist Export nicht nur von Produzenten abhängig, sondern auch stark von Abnehmern. Die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz auf Grundlage des BIP im ersten Quartal des Jahres zu nutzen, um eine missliche Lage der Wirtschaft darzustellen, ist ihr gegenüber aber leider nicht fair. Herr Dr. Martin hat es erwähnt, und es ist auch richtig, es sind statistische Parameter in Bezug auf die Pharma, nämlich vorweggenommene Anpassungen an den Brexit.

Die wirtschaftliche Leistung ist hingegen über sämtliche Quartale nicht gleich verteilt und muss über das Jahr hinweg gesehen werden, auch wenn dieses Jahr für die Wirtschaft sehr schwierig sein wird. Die Behauptung, dass die Corona-Krise im ersten Quartal noch keinen Einfluss genommen hat, ist ebenfalls nur teils korrekt. Im März hat sich die Krise zugespitzt. Die WHO hat das Virus als Pandemie klassifiziert. Die Angst an den Märkten bestand aber schon vorher und hatte schon Auswirkungen auf die Seite der Abnehmer.

Ich glaube, hier sind wir uns einig: Selbstverständlich sind unterstützende Maßnahmen zur Förderung der Wirtschaft in Rheinland-Pfalz notwendig, um dieses Corona-Tal zu überwinden. Generell gilt es bei den Forderungen des Antrags zu sagen, dass es sich leider überwiegend um Bundesthemen handelt. Eine Bezugnahme auf die Landespolitik scheint leider mehr kalkulierter Wahlkampf Ihrer Partei zu sein als alles andere. Dazu kommt, dass Sie in Ihrem Antrag von einer Neuverschuldung warnen und von Rückkehr zu einer soliden Haushaltspolitik sprechen.

Liebe Kollegen der CDU, ich darf Sie fragen: Haben Sie vergessen, dass der letzte Haushalt so solide war und so solide ist, dass Überschüsse entstanden sind, die Sie in den letzten Plenarsitzungen bestimmt schon dreimal, viermal ausgegeben haben? Die FDP-Fraktion ist in Bezug auf keine neue Steuererhöhungen bei Ihnen. Das war bereits lange unser Thema, bevor Sie es nun scheinbar zu Ihrem auserkoren haben. Höhere Abgaben sieht die FDP-Fraktion kritisch.

Wir hingegen machen uns öffentlich stark, zum Beispiel für die Erleichterung von Gastronomie und Hotelgewerbe. Hier darf ich das Thema der Mehrwertsteuersenkung ansprechen. Heute wurde um 13:20 Uhr auf n-tv veröffentlicht, dass der Bundestag der Mehrwertsteuersenkung auf 7 % zugestimmt hat, allerdings nicht für Getränke und begrenzt auf 12 Monate. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, das ist nicht das, was die Branche gefordert hat. Hier haben Sie sich auf Bundesebene nicht durchsetzen können.

Insgesamt hat die Landesregierung die Einschränkung, wo sie aktiv tätig werden konnte und tätig wurde, abgeschwächt. Auch hier verhält sich die rheinland-pfälzische CDU neuerdings so, als hätte sie alle Lockerungen auf den Weg bringen und beantragen müssen. Anfangs war aber der Schrei in Rheinland-Pfalz und auf Bundesebene nach

Einschränkungen kaum zu überhören.

Kommen wir zum Beispiel zu der Forderung der vollständigen Abschaffung des Solidaritätsbeitrags. Diese Forderung stellt – ich darf das so sagen – ein liberales Urbegehren unserer Fraktion dar.

(Beifall bei der FDP)

Die FDP hat sich für eine vollständige Abschaffung starkgemacht. Die CDU hingegen hat bundesweit nichts getan und konnte sich in keinster Art und Weise durchsetzen. Einige der Kolleginnen und Kollegen wollten es so gar nicht.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Da guckt mal da rüber – Abg. Martin Brandl, CDU: Böse SPD!)

Auch hier versuchen Sie erneut, die Ideen anderer Parteien als Ihre eigenen innovativen Ideen zu verkaufen. Hätten Sie sich auf Bundesebene durchgesetzt, wäre dieses Problem heute obsolet.

Auch die Forderung nach einem Moratorium – die Kollegin hat es schon angesprochen –, jetzt ein solches einzuberufen, ginge absolut am Ziel vorbei.

Abschließend gilt es zu sagen, dass der vorliegende Antrag recht wenig mit Landespolitik gemein hat. Nahezu alle Forderungen müssen auf Bundesebene umgesetzt werden. Sie beantragen hier alles, was Sie mit Frau Dr. Merkel im Bund nicht erreicht haben. Vielmehr ist dieser Antrag ein zusammengewürfeltes Dokument zahlreicher Forderungen diverser Parteien unter der Fahne der CDU. Das ist auch zu erkennen durch diverse Anträge der Opposition im Bundestag.

Das machen Sie vor allem aus einem Grund, um Wahlkampf zu machen. Dies hilft nicht dem Land, dies hilft nicht den Menschen, dies hilft nicht der Wirtschaft. Wo diese Ampelkoalition und die Landesregierung anpacken konnten, haben sie angepackt; denn das hilft dem Land, den Menschen und der Wirtschaft.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP und vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christian Baldauf, CDU: Tosender Applaus!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Köbler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag, den die CDU-Fraktion hier vorgelegt hat, ist nicht nur finanzpolitisch fragwürdig, er ist sogar wirtschaftspolitisch ein absoluter Offenbarungseid.

Sie haben es auf zwei Seiten geschafft, nicht eine einzige Forderung und Position, die die Landespolitik betrifft, hier konkret für die Wirtschaft in unserem Land zu beschreiben. Bestenfalls ist dieser Antrag der CDU-Landtagsfraktion ein Misstrauensvotum gegenüber Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.

Sie wollen Unternehmensteuern senken. Meine Damen und Herren, diese werden auf Umsatz und Gewinn erhoben. Sie tun gerade so, als ob die Krise schon vorbei wäre. Wenn Sie Steuererleichterungen wollen, dann müssen Umsatz und Gewinn erst einmal erwirtschaftet werden. Das zeigt, wie weit weg Sie von der Realität in unseren Betrieben und Unternehmen sind.

Viele Unternehmen kratzen sozusagen das Geld noch zusammen, um Personal-, Mietkosten usw. noch zum Monatswechsel bezahlen zu können. Wenn ich auf den Monatswechsel 30. Juni zum Juli schaue, wenn dann die bisherigen Hilfen auslaufen, wird die Situation noch einmal schwieriger.

Wo würden wir denn stehen, ohne die vielfältigen Maßnahmen, die Bund und Länder und Kommunen gemeinsam ergriffen haben, was Kurzarbeitergeld, was Möglichkeiten von Steuerstundungen und was auch die Unternehmenshilfen von Bund und Land angeht? Wo würden wir jetzt stehen? Sie tun mit Ihrem Antrag gerade so, als wäre ökonomisch gesehen diese Krise vorbei.

Das ist sie mitnichten, meine Damen und Herren. Deswegen ist es wichtig, dass auf Bundesebene Herr Altmaier sagt, wie es nach dem 30. Juni für die Unternehmen weitergeht. Es ist nämlich mitnichten so, dass die ökonomische Talfahrt schon für alle Unternehmen vorbei ist. Nehmen Sie nur einmal die Gastronomie. Hier dürfen Unternehmen dankenswerterweise wieder aufmachen, aber die machen gerade in der Hauptsaison 10 bis 30 % ihres normalen Umsatzes.

Jetzt können Sie doch nicht hier anfangen zu schwadronieren, was wir mit den Steuern von Gewinn und Umsätzen machen. Die wären im Moment froh, wenn sie Umsatz hätten, geschweige denn Gewinn, meine Damen und Herren. Deswegen ist Ihr Antrag ein wirtschaftspolitischer Offenbarungseid.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Dann kommen Sie immer wieder mit dem Mantra der Steuersenkungen. Das können Sie tun, aber bei der aktuellen Situation, bei den gewaltigen Programmen, die alle staatlichen Ebenen, auch die Kommunen im Übrigen, mit aufgenommen haben, sollten Sie dann in der nächsten Stunde nicht wieder das Hohelied der Finanzsituation der Kommunen singen.

Sie wissen alle, dass die Kommunen in ganz Deutschland, wahrscheinlich europaweit, aber auch bei uns in RheinlandPfalz, vor ganz enormen Einnahmeausfällen stehen. Das

sind nun einmal Einkommensteueranteile und Umsatzsteueranteile, das ist auch die Gewerbesteuer. Allein bei der Stadt Mainz sind das in den nächsten beiden Jahren über 100 Millionen Euro Ausfall.

Wenn Sie hier von Steuersenkungen sprechen, dann müssen Sie aber gleichzeitig auch unseren Kommunen sagen, wie Sie diese Aufgabe in Zukunft lösen wollen. Das sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Wer immer nur das eine tut, an einem Tag Steuersenkungen fordert, am anderen Tag die Finanzsituation der Kommunen beklagt, der ist nicht redlich und nicht regierungsfähig, meine Damen und Herren von der CDU.

Mein Lieblingsthema, der Rohrkrepierer aus der letzten Legislaturperiode, vom letzten Landtagswahlkampf: das Belastungsmoratorium. Die CDU hat diese Forderung seit vielen, vielen Jahren immer wieder erhoben, und wir haben immer wieder gefragt: Welche Belastung meint Ihr denn eigentlich? Geht es um Arbeitsschutz? Geht es um Mindestlohn?

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Geht es um Klimaschutzmaßnahmen? Das kann man alles diskutieren. Nur kann man dann nicht auf der einen Seite das Hohelied auf die Pflegekräfte singen, auf der anderen Seite aber davon sprechen, Fridays for Future und Klimaund Umweltschutz sind toll, und hier sagen, die Standards müssen abgesenkt werden.

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Das passt nicht zusammen, meine Damen und Herren von der CDU.

„Das Beste kommt zum Schluss“. Wir sollen entbehrliche Regelungen streichen. Ja, natürlich, entbehrliche Regelungen sollten immer gestrichen werden. Aber wenn es auf Landesebene Regelungen gibt, die wir zu verantworten haben und wirklich offenkundig entbehrlich sind, dann muss man von Ihnen auch verlangen, dass Sie benennen können, welche entbehrlichen Regelungen das sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Alles andere ist nur Schaufenster. Mit diesem Antrag haben Sie gezeigt, dass Sie wirtschaftspolitisch nicht die Kompetenz haben. Den Unternehmen in unserem Land tun Sie in dieser schwierigen Situation damit überhaupt keinen Gefallen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und vereinzelt bei der FDP)

Für die Landesregierung spricht Wirtschaftsminister Dr. Wissing.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag ist verwirrend,

(Heiterkeit der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)