Herr Dr. Wissing, Sie haben zu vielen Themen etwas gesagt, aber zum Thema „Ländlicher Raum“ habe ich nichts gehört; denn wir laufen genau in die Gefahr hinein, dass sich die Regionen in einer Abwärtsspirale drehen: weniger Einkommen, weniger Jobs, weniger Konsum, eine geringere Attraktivität für Fach- und Spitzenkräfte. Gerade diese Abwärtsspirale im ländlichen Raum, insbesondere wenn ich an die Westpfalz denke, müssen wir durchbrechen.
Dass die Landesregierung etwas plant, das hören wir von Anfang an. Ich denke nur an die Digitalisierungsstrategie, die am Ende ein einziges Sammelsurium war ohne einen ergänzenden Kurs oder Kompass.
Zu der Finanzierungsoption möchte ich noch einmal sagen, es geht um eine einmalige Hilfe, die kurzfristig ist und die befristet ist. Bei dem aktuellen Zinsniveau, selbst wenn man auf 20 oder 30 Jahre finanziert, wäre dies möglich. Es wird nicht nötig sein, und darüber bin ich froh. Aber wir müssen uns doch trotzdem immer fragen und im laufenden Prozess auch immer selbst reflektieren: Reicht es aus, was wir machen?
Es ist einfach zu kurzfristig gedacht, wenn wir sagen, wir sind nicht zuständig, und lassen unsere Unternehmen und viele Arbeitnehmer im Regen stehen.
Früher oder später wird der Zeitpunkt kommen, wo man uns fragen wird: Habt Ihr genug getan? Habt Ihr das vorhergesehen, was jetzt kommt? Falls Ihr es vorhergesehen habt, warum habt Ihr nicht massiver geholfen? Warum habt Ihr uns anfangs nicht stärker unterstützt, um uns fit zu machen für die neue Lage?
Herr Dr. Wissing, ich weiß, Sie sind ein Meister darin, die Worte zu verdrehen bzw. auf andere Punkte gar nicht erst einzugehen. Ich möchte daher noch einmal an die Landesregierung appellieren: Machen Sie sich über diese Punkte Gedanken. Was wir jetzt versäumen, können wir in einem halben Jahr, in einem Jahr oder in zwei Jahren nicht mehr aufholen
Dem Präsidium liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der AfD – Drucksache 17/11909 – in der Sache.
Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.
Sonderforschungsfond zur Bekämpfung der Corona-Pandemie – Investition in Forschung aus Rheinland-Pfalz für Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/11906 –
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen! Wir haben alle in den letzten Monaten gelernt, was eine Pandemie anrichten kann. Unser Leben wurde auf eine Art und Weise verändert, wie wir uns das vor einem halben Jahr noch nicht hätten vorstellen können: radikaler Shutdown der Wirtschaft mit immensen finanziellen Folgen, massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens.
Wir haben lernen müssen, welche katastrophalen Folgen und Auswirkungen in nahezu allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen des alltäglichen Lebens eine Virus-Pandemie haben kann, in der wir uns – auch wenn andere dies schon deutlich weniger dramatisch sehen – immer noch befinden, da wir weder eine Durchseuchung der Bevölkerung erreicht haben noch einen therapeutischen Ansatz haben, der die Pandemie beendet.
Die volkswirtschaftlichen Schäden sind kaum zu beziffern, sie gehen aber in die Milliarden. Daraus folgt, dass eine Verlängerung dieser Pandemie – zweite, dritte Wellen, erneute Shutdown-Szenarien – unbedingt zu vermeiden ist; die gesamtgesellschaftlichen Folgen wären katastrophal.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund muss es unser aller Bestreben sein, unsere ganze politische Kraft
nicht nur in das operative Management der Pandemie zu stecken, auch nicht nur in politische Initiativen, welche betroffene Gruppe noch maximal finanziell unterstützt werden muss, kann, soll, sondern ein Fokus unserer Politik muss darauf liegen, dass wir Maßnahmen unterstützen, die das Potenzial haben, die Pandemie effektiver zu bekämpfen und, ja, die auch das Potenzial haben, die Pandemie vorzeitig zu beenden. Das ist ein Ansatz, den wir tatsächlich für essenziell halten.
Vor diesem Hintergrund ist unser Antrag zu sehen, dass wir einen Sonderforschungsfonds Corona-Pandemie mit einem Finanzvolumen von 20 Millionen Euro fordern und auflegen möchten. Wir möchten hier insbesondere die Forschungsbereiche fördern, die in den nächsten 12 bis 24 Monaten substanzielle Beiträge zur Bekämpfung und letztlich zur angestrebten Beseitigung der Corona-Pandemie leisten können.
Drei Bereiche sind uns hierbei besonders wichtig. Das ist einmal die präventive Impfstoffentwicklung, bei der rheinland-pfälzische Unternehmen weltweit führend sind und Entwicklungen voranbringen, die sich vielleicht am Ende des Tages durchsetzen werden. Wir glauben, dass der Bereich der Medikamentenforschung ein ganz, ganz essenzieller Bereich ist, Forschung, Entwicklung, Anwendung spezifischer Medikamente zur Behandlung von an COVID-19 erkrankten Patienten. Wir wollen dabei allerdings Arzneimittel in den Fokus stellen, die schon gegen andere Krankheiten zugelassen sind oder zumindest in der Entwicklung sind.
Jeder, der sich in diesem Bereich auskennt, weiß, dass das sonst 5, 10, 20 Jahre dauert. Sie umzufunktionieren kann uns schneller gelingen als eine grundständige Neuentwicklung. Forscher sprechen in diesem Zusammenhang von einem sogenannten Repurposing der Medikamente, und dazu gehören bei COVID-19 vier Gruppen. Das sind antivirale Medikamente. AbbVie in Ludwigshafen hat zum Beispiel zwei Virostatika in der Pipeline, die im Moment von der Weltgesundheitsorganisation getestet werden.
Dämpfende Immunmodulatoren, um die Auswirkungen des Immunsystems auf den Viruseintritt abzudämpfen, sind wichtige medikamentöse Entwicklungen, Medikamente für Lungenerkrankungen generell und auch Herz-KreislaufMedikamente, die vor Komplikationen schützen. Das ist der zweite Baustein. Der erste Baustein ist, präventive Impfstoffe zu entwickeln, der zweite Baustein ist die Medikamentenforschung generell.
Der dritte Baustein ist, Monitoringsysteme zur Überwachung des Infektionsgeschehens und als Voraussetzung für eine gezielte Steuerung der Maßnahmen zur Infektionseindämmung mit zu fördern. Dabei stellen sich Fragen wie zum Beispiel: Ist das Pooling von Proben ein Mittel, um Viruslasttestungen zu intensivieren und deutlich auszuweiten, beispielsweise in Pflegeheimen, in Schulen, in Kindergärten? Ist das ein Instrument, um betriebswirtschaftliche und
logistische Einschränkungen in Einklang zu bringen mit der medizinischen Notwendigkeit, gerade diese besonders vulnerablen Gruppen zu schützen?
Welche digitalen Möglichkeiten haben wir abseits von Tracing-Apps, um schnell und konsequent Kontaktpersonen nachzuverfolgen, und wie können wir die Immunisierungsrate der Bevölkerung am effektivsten monitoren? Welche molekularbiologischen Ansätze lohnt es sich hier weiterzuverfolgen?
Wir sind davon überzeugt, dass die Förderung solcher Forschungsprojekte nicht nur in der derzeitigen Corona-Krise von Bedeutung ist, sondern auch unser Land auf zukünftige Pandemien besser vorbereiten kann.
Darüber hinaus stärken wir mit einem solchen Fonds den Wissenschaftsstandort Rheinland-Pfalz durch Investitionen in ein zukunftsrelevantes Forschungsgebiet mit positiven Effekten auf kurze und lange Sicht.
Meine Damen und Herren, es ist eine politische Forderung mit Weitblick und wird daher mit ziemlicher Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der aktuellen Landesregierung abgelehnt werden. Wir bitten allerdings trotzdem um Zustimmung und um Ihre Unterstützung.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zeit der Pandemien, sie ist eine Zeit der Wissenschaft und auch der Forschung.
Sie spielen nicht nur eine Rolle, wenn es darum geht, dass politisch Verantwortliche Entscheidungen treffen, sondern auch wenn es um die Beschaffenheit des Virus geht, um die Frage, wie ein wirksamer Impfstoff entwickelt oder wie COVID-19 besser behandelt werden kann.
In Ihrem Antrag fordern Sie nun einen Sonderforschungsfond – ohne s –, ich nehme an, Sie fordern jetzt nicht den Minister auf wie Julia Klöckner, nun die Virologen zu bekochen und einen Fond, also einen Bratensaft, herzustellen, sondern Sie möchten einen Geldtopf, also einen Fonds mit s.
Unabhängig davon stellt sich natürlich die ernsthafte Frage, wie sinnvoll dieser Antrag ist. Es hört sich zunächst einmal nicht falsch an, in solchen Zeiten über Investitionen in die Erforschung eines Virus, das uns alle im Griff hat, nachzudenken.
Allerdings sollte jede staatliche Aktivität dann auch irgendwie in das Bestehende hineinpassen und das Medizinische nicht am Wissenschaftlichen vorbeireden.
Wer sich anschaut, wie Forschung funktioniert, sieht zunächst einmal, dass Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften selbst entscheiden, worüber sie forschen, und dass das Coronavirus und COVID-19 zurzeit erforscht werden sollen, wissen dennoch auch die in den Feldern arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst. Wenn es Forschungsanstrengungen gibt, dann sind sie allenfalls national, wenn es um die Zusammenarbeit der Institute für Virologie an unseren 35 Universitätsklinika in Deutschland und der Forschungsinstitute geht.
Aber grundsätzlich sind die Mechanismen einer solchen Forschungslandschaft auch nicht durch Grenzen definiert, sondern durch internationale Kooperationen. Genau diese Anstrengungen laufen seit Wochen auf internationaler Ebene, worüber Ihr Antrag erstaunlicherweise überhaupt kein einziges Wort verliert. Die Europäische Union und viele andere Staaten weltweit veranstalten auf Initiative der EU und auf Bitten der Weltgesundheitsorganisation seit dem 4. Mai bis Ende Mai einen internationalen Geber-Marathon. Dabei sollen erhebliche Mittel mobilisiert werden, um die gemeinsame Entwicklung und weltweite Bereitstellung von Diagnostika, Behandlungen und Impfstoffen gegen das Coronavirus zu finanzieren. Angepeilt waren 7,5 Milliarden Euro, bislang sind 9,8 Milliarden Euro zusammengekommen.
Um die Ziele im Rahmen der globalen CoronavirusKrisenreaktion zu erreichen, hat allein die Europäische Kommission 1 Milliarde Euro in Form von Zuschüssen und 400 Millionen Euro in Form von Garantien für Darlehen zugesagt. Dies wird umgesetzt, indem die Prioritäten für das Programm „Horizon 2020“ – das sind 1 Milliarde Euro – neu festgelegt werden. Gefördert werden damit, abgestimmt im Netzwerk der betroffenen Forscherinnen und Forscher, 18 Forschungsbereiche, von medizinischen über virologische bis hin zu psychologischen Fragestellungen. Bislang konnten so europaweit 140 Forscherteams starten.
Noch einmal: Die EU sorgt dafür, dass innerhalb des Forschungsprogramms „Horizon 2020“ bislang anderweitig verplante Mittel zur Forschung in diesen Bereich umgeleitet werden bzw. die Priorität geändert wird. Mit diesem weltweiten Programm werden übrigens auch Forschungs