Protokoll der Sitzung vom 28.05.2020

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart.

Ich darf Sie kurz über das bisherige Ausschussverfahren informieren. Die erste Plenarberatung fand in der 87. Sitzung am 23. August 2019 mit Aussprache statt. Der Antrag wurde an den Ausschuss für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten – federführend – und an den Ausschuss für Landwirtschaft und Weinbau – mitberatend – überwiesen. Die Ausschussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Gibt es Wortmeldungen? – Der Abgeordnete Gies von der CDU-Fraktion beginnt.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Artenvielfalt durch Landbewirtschaftung hatten wir bereits, wie wir eben gehört haben, im August des vergangenen Jahres diskutiert. Auch gestern ist noch einmal deutlich geworden, wie prägend die Landwirtschaft für uns in Rheinland-Pfalz ist.

Unsere Landwirte nutzen gut 40 % der Landesfläche, aber die Bedeutung der Landbewirtschaftung für Landwirte, Gesellschaft, Kulturland und Umwelt hat sich verändert. Die Betriebe befinden sich mitten in einem großen Strukturwandel, der wiederum neue Chancen und Möglichkeiten eröffnet.

Wir haben gestern gehört und alle gemeinsam festgestellt, wie systemrelevant die Landwirtschaft gerade in der derzeitigen Krise ist. Da gilt es, sich auch weiterzuentwickeln. Man kann jetzt sagen, wir haben andere Probleme, aber trotzdem ist es immer wieder wichtig zu schauen, wo wir stehen und wohin wir uns entwickeln müssen.

Wir haben eine landwirtschaftliche Entwicklung, die viele von uns kennen und die neu sortiert werden muss. Der Markt muss sich neu ausrichten. Ich glaube, all das sind wichtige Dinge, die wir hier mit einbringen wollen.

Wir haben eines in unserem Antrag als Forderung noch einmal deutlich gemacht, nämlich dass es uns darum geht, die Unterschiedlichkeit der rheinland-pfälzischen Regionen

besser herauszustellen, also die Ausrichtung nach der Region, aber auch die Ausrichtung der Agrarumweltmaßnahmen – um diese geht es ja letztendlich – auf alle Betriebstypen. Vor allen Dingen geht es auch darum, die Angebote der Beratung entsprechend anzupassen und an den Betrieben auszurichten.

Das ist der Ausgangsantrag, den wir diskutiert haben, und damit verbunden natürlich auch eine Evaluation der Agrarumweltmaßnahmen, die bereits bestehen; denn eines ist festzustellen: Es gibt den Partnerbetrieb Naturschutz, es gibt die Stiftung Natur und Umwelt, oder es gibt die Naturschutzberatung und vieles andere, aber es findet keine Vernetzung statt. Darum geht es uns. Das war der Ausgangspunkt. Und es geht vor allen Dingen darum, dass die Flächen, die intensiv genutzt werden, gerade auch im Bereich des Kollegen Zehfuß, eine Möglichkeit haben, ökologisch noch einmal aufgewertet zu werden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

In dem Alternativantrag – wir haben ja keine Einigung gefunden – wird immer nur formuliert, dass der Landtag auffordert, sich einzusetzen, zu prüfen, weiterzuentwickeln, bei Bedarf zu verstärken oder unter Umständen etwas zur Verfügung zu stellen und vor allen Dingen immer wieder Bundesratsanträge zu starten.

Wichtig ist aber doch, was wir hier in Rheinland-Pfalz machen. Es geht um uns hier in Rheinland-Pfalz, es geht um unsere landwirtschaftlichen Betriebe und vorwiegend natürlich um die Betriebe, die intensiv nutzen, die integriert kontrolliert arbeiten. Es ist wichtig, dass wir auch sie mitnehmen können bei dieser neuen Ausrichtung.

Es gibt das sogenannte holländische Modell, das der Kollege Zehfuß erwähnt hat, und in der bereits erwähnten Sitzung des Landwirtschaftsausschusses haben wir noch einmal deutlich gemacht, dass es darum geht, auch kleinteilige Möglichkeiten zu schaffen, an diesen Agrarumweltmaßnahmen zu partizipieren; denn in den Regionen, in denen intensiv gewirtschaftet wird und gewirtschaftet werden muss, kann ich den größten Gewinn erzielen. Dies wurde auch von einem Referenten aus dem Ministerium bestätigt. Es geht um Gemüsebaubetriebe, Intensivflächen, die hier genutzt werden. Dass es da schwierig ist, wurde entsprechend bestätigt, und man müsse in die Überlegungen für die neue Förderperiode diese Dinge mit einbringen.

Das wurde ebenso vom Staatssekretär bestätigt, nachdem Johannes Zehfuß gefragt hatte, ob denn Einigkeit darüber herrscht, dass in den Intensivgebieten ein Manko besteht. Das war der Ausgangspunkt unseres Antrags, und daran wollen wir weiter anknüpfen. Darum geht es, dass wir da nicht abgehängt werden, in der Zeit bleiben und natürlich unsere Landwirte weiter unterstützen.

Vielen Dank, und ich bin gespannt auf die weitere Aussprache. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Nina Klinkel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! In Rheinhessen summt es zunehmend. Wenn man bei uns in den Weinbergen oder an unseren Agrarflächen vorbeigeht, findet man zunehmend Flächen, die die Landwirte und Winzer gemeinsam mit dem BUND geplant haben und die im Rahmen der Aktion Grün gefördert werden.

(Abg. Marco Weber, FDP: Richtig!)

Bei uns in Rheinhessen gibt es also nicht mehr nur noch Weck, Worscht un Woi, bei uns gibt es auch Wein, Weizen und Wildbienen im Projekt „Blühendes Rheinhessen“. Verzeihen Sie mir mein Lokalkolorit; wahrscheinlich summt es im ganzen Land so schön wie bei uns, aber vielleicht in Rheinhessen besonders.

Wenn wir über Artenvielfalt in der Landwirtschaft sprechen, sprechen wir – darin waren wir uns alle einig – über Synergieeffekte, und wir sprechen über eine verantwortungsvolle Landwirtschaft. Zum Erhalt und zum Schutz der Artenvielfalt und der Biodiversität unserer Landschaft zählen zum Selbstverständnis der Bauern genau diese Komponenten dazu.

Mehr als die Hälfte aller landwirtschaftlichen Betriebe beteiligt sich an einer oder mehreren Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen. 33 % der landwirtschaftlichen Fläche in Rheinland-Pfalz werden von Landwirtinnen und Landwirten bereits nach besonderen Kriterien der Agrarumweltmaßnahmen bewirtschaftet. Auch das verdeutlicht, dass Artenschutz und Landwirtschaft keine Zielkonflikte sein müssen.

Im Rahmen der Förderung durch das Programm „Entwicklung von Umwelt, Landwirtschaft und Landschaft“ (EULLa) können dabei vielfältige Programmteile in Komponenten und in verschiedenen Abrufmöglichkeiten zusammengestellt werden. Darin waren wir uns einig nach dieser langen Odyssee, die dieser Antrag durchlitten hat. Wir hätten gerne etwas zusammen gemacht, aber, lieber Herr Kollege Gies, das war mit Ihnen an irgendeinem Punkt – Sie haben nicht mehr reagiert – nicht mehr zu machen.

Das ist schade; denn Ihr Antrag krankt auch ein bisschen an der Praktikabilität, Stichwort „Regionalisierung bei der Ausgestaltung der Agrarumweltmaßnahmen“. Sie haben das eben geschildert. Das würde letztlich bedeuten, dass die individuellen Auswahlmöglichkeiten der Landwirte eingeschränkt werden und der Verwaltungsaufwand deutlich erhöht wird.

Wir teilen die Auffassung der Landesregierung, wie wir das auch schon im Ausschuss gesagt haben, dass bei der Ausgestaltung der EULLa-Vorhabensarten spezifische Angebote für unterschiedliche Produktionsverfahren vorzusehen

sind. Nur dadurch ist es möglich, in allen Regionen und vielen Produktionsverfahren zugrunde liegend eine Teilnahme zu ermöglichen. Deshalb würde ich vorschlagen, stimmen Sie einfach unserem Antrag zu.

Was brauchen wir für den Artenschutz und die Stärkung der Landwirtschaft bei dem Vorhaben? Wir brauchen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eine angemessene Berücksichtigung des Erhalts und der Förderung der Biodiversität. Wir bitten die Landesregierung zu prüfen, ob es im Rahmen der Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020 die Möglichkeit gibt, bei den Agrarumweltmaßnahmen neben einem Aufwandsausgleich auch eine finanzielle Anreizkomponente zu schaffen, weil es das ist, was unsere Landwirte brauchen.

Das EULLa-Programm soll auf Grundlage der vorgenommenen Evaluierung bei Bedarf natürlich zielgerichtet weiterentwickelt werden. Die Beratung und Information der Landwirte zu den Biodiversitätsfragen ist wichtig, muss fortgesetzt und natürlich bei Bedarf verstärkt werden. Wir brauchen eben auch Hilfe vom Bund. Wir fordern die Landesregierung auf, sich in einem Bundesratsantrag – da muss es hin – dafür einzusetzen, dass die bereitgestellten Forschungsmittel für den ökologischen Landbau erhöht werden und alternative Verfahren im umweltverträglichen Pflanzenschutz unterstützt werden, damit es im ganzen Land weitergeht und unsere Landwirtschaft unterstützt wird.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Dr. Böhme.

Wertes Präsidium, meine Damen und Herren! Öko- und Blümchenministerin Klöckner ließ sich mit einer AckerKratzdistel fotografieren. Das Bild schmückt ihre Ackerbaustrategie 2035. Doch selbst sie reagierte auf die Farmto-Fork-Illusionen der EU-Kommission eher verhalten: Wer soll das bezahlen, und wie wird die GAP in Zukunft aussehen, also das gemeinsame Agrarbudget der EU? So ihre Fragen.

Nun, eines ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Der deutsche Steuerzahler wird den Großteil des Traums vom europäischen Bullerbü finanzieren müssen, welchen der Brüsseler Astrid-Lindgren-Fanklub nun auf den Weg gebracht hat.

Bevor aber die große Schatzkiste aus Takka-Tukka-Land endlich eintrifft, gilt es erst einmal zu verteilen, was momentan verteilbar ist. Das scheint auch das eigentliche Anliegen zu sein, welches die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag unter der Flagge der Artenvielfalt und in sehr verklausu

lierter Form adressiert.

Es geht um die Verteilung der Ausgleichszahlungen und Fördermittel zwischen großen und kleinen Betrieben bzw. dem sogenannten ökologischen Landbau und der konventionellen Landwirtschaft, welche im Antrag als traditionelle Landwirtschaft daherkommt oder als integriert kontrollierte Agrarwirtschaft firmiert. Begrifflich kommt dem die gute fachliche Praxis am nächsten.

In der Tat stellen sich vor dem Hintergrund von Farm-toFork in den extrem zähen Verhandlungen zur nächsten GAP-Förderperiode einige Fragen. So ist es erklärtes Ziel der Landesregierung wie auch der EU und der Bundespolitik, den Ökolandbau auf 20 %, möglicherweise sogar 25 % der bewirtschafteten Fläche auszudehnen.

Angesichts der schon heute bestehenden Privilegierung der ökologischen Landwirtschaft – die sogenannten ÖkoProdukte werden pro Produkteinheit mit etwa dem vierfachen Satz gefördert – würde dies bereits nach geltenden aktuellen Standards einer Erhöhung des gesamten Fördermitteleinsatzes um ca. 6 bis 10 % bedeuten.

Je Hektar neuer ökologischer Fläche werden eben mehr Fördermittel verschlungen als in der konventionellen Landwirtschaft. Da hilft dann auch eine ominöse „Bauernmilliarde“ der Bundesregierung, verteilt über vier Jahre, nichts. Das wäre nur Ausgleich für den ohnehin wachsenden Förderbedarf. Geld für die weitere Ökologisierung des konventionellen Landbaus mit den Agrarumweltmaßnahmen wird daher nur zur Verfügung stehen, wenn es zu einem erheblichen Transfer von der ersten in die zweite Säule kommt, mit der Konsequenz sinkender Gewinne vor allem bei den konventionellen Ackerbaubetrieben.

Was mir daher im vorliegenden Antrag nicht gefällt, ist, dass die CDU wieder einmal in verschiedene Richtungen gleichzeitig blinkt. Der grüne Blinker erklärt den ökologischen Landbau pauschal zur Lösung aller Probleme, was er definitiv nicht ist. Wir wissen alle, dass Klimaschutz mit Ökolandbau nicht zu machen ist. Bezogen auf die Menge des produzierten Produkts, also die Produkteinheit, ist der CO2Ausstoß mit dem der konventionellen Landwirtschaft identisch. Das liegt am bis zu dreifachen Flächenverbrauch des Ökolandbaus, wenn Minderertrag und erweiterte Fruchtfolge mit einkalkuliert werden.

Außerdem bleibt die Frage, wie umweltschonend und resilient der Pflanzenschutz im Ökolandbau bei steigender Anbaufläche wirklich sein wird und welche Auswirkungen das auf die Versorgungssicherheit hat. Die Corona-Pandemie ist dabei eine Mahnung, Versorgungssicherheit nicht ganz aus den Augen zu verlieren. Des Weiteren ist zu klären, wo bei sinkenden Viehbeständen der benötigte organische Dünger herkommen soll, um die Nährstoffbilanzen und die organische Substanz im Boden aufrechtzuerhalten.

Auf der anderen Seite blinkt die CDU dann schwarz und will den konventionellen Betrieben, also ihrem traditionellen Klientel, mehr Vertragsnaturschutz angedeihen lassen.

Hier stellt sich allerdings die Frage, was die CDU-Mitglieder des EULLE-Begleitausschusses – des Begleitausschusses im „Entwicklungsprogramm Umweltmaßnahmen, Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft, Ernährung“ – bisher so gemacht haben; denn dort gehört die Debatte eigentlich hin.

Was mir am Antrag der CDU weiterhin nicht gefällt, ist, dass die Landwirtschaft wieder einmal in gute und schlechte Bauern aufgeteilt wird, also die guten kleinen oder auch ökologischen Betriebe, und die bösen anderen, welche angeblich keine Gemeinwohlleistung erbringen. Diese Teilung ist für mich nicht trennscharf, aber das müssen Sie mit Ihren ostdeutschen Kollegen und dem Klientel in den Bauernverbänden ausmachen.

Liebe Kollegen von der CDU, für die laufende Förderperiode kam Ihr Antrag eigentlich zu spät. Daher und aus den genannten weiteren Gründen hatten wir uns als AfD-Fraktion im Ausschuss zum Antrag enthalten. Mittlerweile verhandelt die EU aber eine Übergangsphase von zwei Jahren bis zur nächsten Förderperiode. Vor diesem Hintergrund werden wir als AfD-Fraktion Ihrem Antrag zustimmen.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Marco Weber.

Meine sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU hat, wie es Herr Kollege Gies richtigerweise erklärt hat, letztes Jahr im August einen Antrag eingebracht. Ich denke, dass die Grundlage dafür die Große Anfrage der CDU-Fraktion aus dem April 2019 war, die sich mit der Artenvielfalt in Rheinland-Pfalz und deren Ausgestaltung im Vertragsnaturschutz beschäftigt. Diese Große Anfrage ist sehr umfänglich beantwortet worden, und wir haben uns im Ausschuss auch mit Ihrem Antrag beschäftigt.

Wir haben heute einen Alternativantrag vorliegen. Eigentlich hatte ich gedacht, dass wir gerade bei diesem Thema zusammen einen Antrag einbringen können, um dem Thema gerecht zu werden – einmal für die Landwirte, für die Bauern, für die Winzer, aber auch für den Umweltschutz und die Artenvielfalt – und einen großen Konsens hinbekommen. Ich weiß nicht, woran es letztendlich gelegen hat, ob an dem Wechsel in der Sprecherfunktion oder woran auch immer.