Protokoll der Sitzung vom 16.09.2020

(Beifall der AfD)

Abschließend noch ein paar Worte zur fehlenden Gegenfinanzierung.

(Glocke der Präsidentin)

Professor Jäckel, Professor Rademacher, Dr. Hörr und Herr Hammer haben glaubwürdig versichert, dass die Umsetzung der zusätzlichen Aufgaben nicht kostenneutral gelingen kann.

Deshalb mein Schlusssatz: Es ist klar, für die neuen Aufgaben ist, sofern man sie denn unbedingt in dieser Weise vollziehen will, auch entsprechend viel Geld bereitzustellen.

Danke sehr.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Thomas Roth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegt heute der Gesetzentwurf zur Novellierung des Hochschulgesetzes zur zweiten Beratung vor.

Die Landesregierung hat ein modernes und zukunftsweisendes Gesetz erarbeitet. So haben wir es 2016 im Koalitionsvertrag festgelegt, und so setzen wir das jetzt um, und das, meine Damen und Herren, zeichnet die Arbeit dieser Ampelkoalition aus: Ziele setzen, Ziele erfüllen.

Meine Damen und Herren, die Hochschullandschaft in Rheinland-Pfalz ist vielfältig, genauso wie das Land selbst. Die Landesregierung hat frühzeitig das Hochschulzukunftsprogramm auf den Weg gebracht. Dazu wurden im Dialog mit allen Akteuren gemeinsam Herausforderungen und Chancen identifiziert. Wir haben vorhin schon einige gehört, und deshalb möchte ich mich auf drei Themen konzentrieren, die uns Freien Demokraten besonders wichtig sind.

Thema Nummer eins, die Digitalisierung: Auch die Hochschulen müssen hier einen Zahn zulegen. Die CoronaPandemie ist dafür der beste Beweis. Die schon seit Jahren vorgetragenen Forderungen der Freien Demokraten nach einer zeitgemäßen Digitalisierung haben sich spätestens mit Corona als absolut richtig und sehr dringlich erwiesen.

Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich, dass die Förderung der Digitalisierung jetzt explizit als Aufgabe der Hochschulen festgeschrieben worden ist, sehr geehrte Frau Schneid. Der Einsatz digitaler Lehr- und Lernmethoden sowie moderner Kommunikationsmittel soll nicht mehr die Ausnahme sein, sondern endlich zur Regel werden. Mit dem vorliegenden Hochschulgesetz gehen wir hier einen sehr guten Weg.

Thema Nummer zwei, die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung sowie deren Gleichwertigkeit: Auch das sieht das neue Hochschulgesetz vor. Im Gegensatz zur AfD begrüßen wir auch diesen Passus ausdrücklich. So können nämlich junge Menschen etwa schon vor Abschluss ihrer Berufsausbildung erste Kompetenzen an einer Hochschule erwerben.

Wir stärken außerdem duale Studiengänge, also die Verbindung eines wissenschaftlichen Hochschulstudiums mit einer praktischen Ausbildung in zeitlich abwechselnden Abschnitten.

Darüber hinaus freut es mich sehr, dass wir das Angebot an Studiengängen in Teilzeit erweitern können. Das erleichtert es vielen Menschen, ein Studium in ihre individuellen Lebensplanungen zu integrieren, aus welchen Gründen auch immer. Dabei können besonders digitale Lehr- und Lernmethoden sehr hilfreich sein.

Meine Damen und Herren, die Corona-Pandemie war in

diesem Sommersemester an den Hochschulen sehr intensiv wahrnehmbar. Innerhalb kürzester Zeit mussten die Hochschulen ihre Präsenzveranstaltungen in digitale Formate überführen. Das ist ihnen bei allen Schwierigkeiten im Großen und Ganzen sehr gut gelungen. Jedenfalls musste das Sommersemester nicht etwa komplett gestrichen werden oder ausfallen. Das gelang vor allen Dingen durch den großen Einsatz und das Engagement der Lehrenden und letzten Endes auch der Studierenden. Für diesen Einsatz danke ich allen Beteiligten, auch im Namen der gesamten FDP-Fraktion.

Dennoch und gerade deshalb haben wir uns zusammen mit unseren Koalitionspartnern entschlossen, angesichts der durch Corona verursachten besonderen Umstände die Regelstudienzeit um ein Semester zu verlängern. Studierenden, die im Sommersemester 2020 eingeschrieben waren, wird eine um ein Semester verlängerte individuelle Regelstudienzeit zugestanden. Damit verhindern wir zum Beispiel, dass Studierende aufgrund einer Überschreitung der geltenden Regelstudienzeit ihren BAföG-Anspruch verlieren.

Meine Damen und Herren, zusammen mit den Partnern aus der Ampelkoalition haben wir zahlreiche Vorschläge und Wünsche in diesen vorliegenden Entwurf der Landesregierung eingebracht. Diese Novelle wird den rheinlandpfälzischen Hochschul- und Wissenschaftsstandort stärken. Die FDP-Fraktion stimmt daher dem Gesetzentwurf zu.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe, für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Binz.

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was braucht es für ein gutes und erfolgreiches Studium? Welche Rahmenbedingungen sind dafür nötig? Für welche Bereiche müssen klare Regeln gesetzt werden, aber wo kann ein Zuviel an Vorgaben zur Beschränkung von Freiheit und Kreativität führen? Wie können wir unsere Hochschulen auf kommende Herausforderungen vorbereiten?

All diese Fragen haben mich persönlich, aber sicher auch Sie alle beschäftigt, die Sie an der Novellierung des rheinland-pfälzischen Hochschulgesetzes mitgewirkt haben. Ich denke, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf haben wir einige sehr gute Antworten gefunden und die hochschulpolitischen Weichen auf Zukunft gestellt.

Für uns Grüne ist es ein zentrales Anliegen, dass sich die Studienbedingungen an die Lebensrealitäten von Studierenden anpassen, und nicht umgekehrt. In unserem Land

sollen Menschen unabhängig von ihrem Alter, sozialen oder wirtschaftlichen Hintergrund die Möglichkeit haben, zu lernen und sich akademisch zu bilden. Auch für Eltern, Berufstätige und beruflich Qualifizierte oder Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen sollen unsere Hochschulen attraktive Lern- und Lebensorte sein.

Aus diesem Grund haben wir im vorliegenden Gesetzentwurf die Palette der Studienmodelle erweitert. Mit dem Teilzeitstudium haben wir ein wichtiges Instrument geschaffen für all jene, für die ein Studium in Vollzeit aus verschiedenen Gründen keine Option ist. Wir werden die Hochschulen in Zukunft dabei unterstützen, Studieren in Teilzeit in großem Umfang zu ermöglichen.

Durch den erleichterten Zugang zur akademischen Bildung für Menschen mit Berufsausbildung und die Ausweitung des dualen Studiums auf den Masterbereich möchten wir unsere Hochschulen für beruflich Qualifizierte noch attraktiver machen. So werden sich Theorie und Praxis, so hoffen wir, zukünftig noch umfassender ergänzen als bisher.

Inklusion ist für uns Grüne ein Herzensthema. Deshalb freue ich mich besonders, dass wir eine Anregung aus dem Petitionsausschuss aufgenommen haben und uns als Regierungsfraktionen im Rahmen des Änderungsantrags darauf verständigen konnten, die Zweitstudiengebühren für Menschen mit Behinderungen abzuschaffen. Jede Maßnahme, die zu einem selbstbestimmten Leben und Arbeiten beiträgt, ist aus unserer Sicht zu unterstützen und darf nicht am Geldbeutel scheitern.

Wir Grüne sehen Hochschulen nicht als verlängerten Arm der schulischen Bildung, sondern als Orte, an denen Erwachsene selbstbestimmt und freiwillig ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechend lernen. Es ist deshalb folgerichtig, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Anwesenheitspflichten für Studierende abgeschafft haben. Ausgenommen von dieser Regelung sind lediglich Laborpraktika, Exkursionen oder andere Veranstaltungsformate, die für den Studienerfolg unerlässlich sind und nicht durch Selbststudium kompensiert werden können.

Für die regulären Seminare, Vorlesungen oder Übungen gelten dagegen ausdrücklich keine Anwesenheitspflichten mehr.

Neben erweiterten Freiheiten für die Studierenden haben wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf den Hochschulen größere Autonomie und Eigenverantwortung eingeräumt. Durch die Einführung einer Experimentierklausel werden die Hochschulen in die Lage versetzt, neue Organisationsund Leitungsstrukturen im Rahmen eines fünfjährigen Versuchs zu erproben.

Auf diese Weise sollen unter anderem neue, innovative Profile geschaffen und hochschulinterne Entscheidungsprozesse optimiert und beschleunigt werden. Selbstverständlich gelten dabei alle Vorgaben des Hochschulgesetzes, beispielsweise zur Wissenschaftsfreiheit oder zur Wahrung der Rechte von Studierenden.

Ich komme zum Schluss. Die Klimakrise endet nicht an den Hochschultoren. Durch verantwortungsvolles Handeln können auch die Hochschulen ihren Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung leisten und ihre Verantwortung den jungen Menschen und den kommenden Generationen gegenüber gerecht werden.

Wir begrüßen deshalb ausdrücklich, dass die Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit endlichen Ressourcen unseres Planeten im vorliegenden Gesetzentwurf als neue Aufgabe von Hochschulen definiert wird. Wir möchten die Hochschulen bei der Umsetzung beispielsweise durch die Einrichtung von Green Offices in Zukunft bestmöglich unterstützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es war ein gutes Stück Arbeit, diesen novellierten Gesetzentwurf vorzulegen. Ich freue mich, dass wir heute ein zukunftsweisendes Hochschulgesetz verabschieden können.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP)

Ich erteile das Wort der fraktionslosen Abgeordneten Helga Lerch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit Spannung haben viele Hochschulen die vorbereitenden Diskussionen zur Novellierung des Hochschulgesetzes aus dem Jahr 2010 verfolgt. Das Anhörverfahren vom 2. Juli 2020 hat einige Pro- und auch einige Kontra-Punkte deutlich gemacht.

Erstens: Positiv gesehen wird, dass das neue Gesetz mehr Autonomie und mehr Demokratie bringen wird.

Zweitens: Der Ausbau des digitalen Campus wird gelobt, ohne dass die Begegnung vor Ort an Bedeutung verlieren wird.

Drittens: Die verbesserte Teilhabe von Studierenden mit Behinderungen ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Viertens: Gleiches gilt für Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter.

Fünftens: Gut ist, dass eine verpflichtende Studienberatung eingeführt wird, besonders angesichts der Tatsache, dass beruflich Qualifizierten ohne Abitur ein Studium offensteht. Dies ist für die Betroffenen einerseits eine Chance, andererseits gibt es auch Risiken, die es abzuwägen gilt. Hier ist die verpflichtende Beratung unumgänglich, weil Hochschulfähigkeit eben schwer objektivierbar ist.

Nun zu den Negativpunkten. Erstens: Studienberatung kostet Geld und ist personalintensiv. Hier sehe ich keine Kostenneutralität, wie dies im Gesetzentwurf angegeben ist.

Zweitens: Gleiches gilt für den berufsbegleitenden Bachelor. Wie sieht denn hier die Gegenfinanzierung aus?

Drittens: Nur 4 % der Studierenden in Rheinland-Pfalz promovieren. Damit liegt Rheinland-Pfalz im bundesweiten Vergleich auf dem letzten Platz. Auch dies wäre ein Grund, Promotionen an Hochschulen zuzulassen. Stattdessen wird die Trennung zwischen Hochschule und Universität weiter festgeschrieben.

Meine Forderung deshalb: Masterabschlüsse an den Hochschulen müssen von Universitäten anerkannt werden. Der Soll-Anspruch des Gesetzentwurfs genügt mir hier nicht.

Viertens: Warum haben wir immer noch deutlich unterschiedliche Lehrdeputate an Hochschule und Universität? Hier hätte ich mir einen Schritt aufeinander zu gewünscht.