Protokoll der Sitzung vom 17.09.2020

(Abg. Joachim Paul, AfD: Pläne machen statt Unterricht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mangelnde Deutschkenntnisse sind ein entscheidendes Hemmnis für gelingende Bildung. Wer nicht richtig lesen und schreiben kann, dem bleiben viele Bereiche von Bildung und damit reale Zukunftschancen verschlossen. Gerade die Kleinsten an den Grundschulen sind daher die Leidtragenden dieser Entwicklung in Rheinland-Pfalz, eine Entwicklung von fast 30 Jahren SPD-geführter Bildungspolitik.

Deswegen brauchen wir eine Deutsch-Offensive.

(Beifall bei der CDU)

Wir möchten, dass dieses Grundproblem endlich an der Wurzel gepackt wird und Zeit zum Lernen da ist, Zeit zum Üben, Zeit zum Wiederholen, Zeit für eine individuelle Förderung.

Deswegen haben wir den Antrag eingebracht und wollen, dass die Stundentafel für die Jahrgangsstufen 2 bis 4 im Fach Deutsch um jeweils eine Wochenstunde erhöht wird. Das ist unproblematisch machbar. Ich sage Ihnen, man muss es nur wollen.

Entsprechend bedeutet es aber auch, dass 250 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen im Land eingesetzt werden müssen. Nur so werden wir die Chance haben, dass das, was in Rheinland-Pfalz massiv aus der Spur läuft, wieder korrigiert wird.

(Beifall bei der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Ampelkoalition, mit Ihrem Gegenantrag zeigen Sie aber leider schon wieder deutlich, wo die Reise hingehen soll. In einer Auflistung mit acht Spiegelstrichen soll der Landtag die bisherige Projektitis der Landesregierung begrüßen.

Ganz ehrlich, das Einzige, was ich bei diesen Projekten als kreativ empfinde, sind die schon fast lächerlichen Namensfindungen.

(Beifall bei CDU und AfD – Abg. Joachim Paul, AfD: Sehr gut!)

„S4“ erinnert mich irgendwo so ein bisschen an Schwefel und Chemie. „BiSS“, da denke ich an Vampire, und warum Mathe stark macht, weiß ich auch nicht. Früher war es Spinat, aber sei’s drum.

(Heiterkeit bei der AfD)

Ich weiß nicht, warum man nicht auf den ganz einfachen, naheliegenden Gedanken kommt, einfach mehr echte Deutschstunden zu geben.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Joachim Paul und Michael Frisch, AfD)

Wenn ich Ihre Forderungen im Antrag lese, dann kann ich wirklich nur noch den Kopf schütteln. Sie fordern die Landesregierung ernsthaft auf, „weiterhin einen Schwerpunkt auf den Erwerb der Grundkompetenzen Rechnen, Lesen und Schreiben zu legen“.

„Weiterhin einen Schwerpunkt“, allen Ernstes. Wenn das Ergebnis Ihres bisherigen Schwerpunkts so aussieht, dass über ein Drittel aller Kinder am Ende der Grundschulzeit eben gerade nicht richtig lesen und schreiben kann, fällt Ihnen dann selbst nicht auf, dass Ihre Bildungspolitik echt verfehlt ist?

(Beifall der CDU)

Ich prophezeie Ihnen mit Blick auf die weiteren PlaceboForderungen in Ihrem Antrag: Daran werden auch die mehr „Feuerwehrlehrkräfte“ nichts ändern, sondern das wird einzig und allein mit mehr Unterricht, mehr Lehrern und mehr Planstellen möglich werden.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU – Abg. Joachim Paul, AfD: Und einer Strukturreform!)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Brück für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Lesen, Schreiben, Rechnen sind die Grundkompetenzen, die alle Schülerinnen und Schüler erfolgreich lernen müssen. Das ist der Schlüssel zum Bildungserfolg.

Deshalb misst die Landesregierung der Förderung dieser Grundkompetenzen höchste Priorität zu. Dazu gehört auch das Zuhören; denn verstehen kann man nur, wenn man auch zuhört. Das hätte die CDU besser erst einmal gemacht; denn die Erhebungen der IQB-Bildungsstudie sind aus dem Jahr 2016. Die Ergebnisse wurden 2017 präsentiert; seitdem

haben wir in den letzten drei Jahren intensiv in mehreren Sitzungen des Bildungsausschusses und auch hier im Plenum die Ergebnisse und Konsequenzen diskutiert.

Sie tun aber so, als wäre nichts passiert, und das ist falsch.

(Beifall des Abg. Alexander Fuhr, SPD)

Die Studie aus dem Jahr 2016 besagt, dass wir im Mittelfeld liegen. Das ist kein Grund zur Zufriedenheit, sondern zum Handeln, und das hat die Landesregierung getan. Deshalb gibt es in Absprache mit den Fachleuten ein Bündel aus vielfältigen Maßnahmen. So heterogen und vielfältig unsere Schülerinnen und Schüler und so heterogen und vielfältig die Gründe für diese Ergebnisse sind, so vielfältig sind auch die Maßnahmen der individuellen Förderung mit dem Blick auf jedes einzelne Kind.

Wir haben in Rheinland-Pfalz sehr gute Rahmenbedingungen für die individuelle Förderung in der Grundschule: die kleinsten Grundschulklassen Deutschlands, hervorragend ausgebildete und motivierte Lehrkräfte, eine sehr gute Unterrichtsversorgung von 100,6 % in der Grundschule, Frau Beilstein,

(Beifall der Abg. Alexander Fuhr, SPD, und Andreas Hartenfels, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit der Abg. Anke Beilstein, CDU)

alle Planstellen mit fertig ausgebildeten Lehrkräften besetzt,

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Also ist IQB falsch!)

die Schüler-Lehrer-Relation so gut wie noch nie, spezielle Sprachförderlehrkräfte, die Möglichkeiten der Vertretung über die zusätzlichen Feuerwehrlehrkräfte und der Vertretungspool wurde ausgeweitet.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Nur das Ergebnis passt nicht!)

Erfolgreiche Programme wie „Ohrenspitzer plus“ fürs Zuhören oder „Lesen macht stark“ und „Mathe macht stark“ – übrigens keine Erfindung der rheinland-pfälzischen Landesregierung, die Programme heißen so – gehören genauso dazu wie der Grundwortschatz zum Üben von Modellwörtern und das strukturierte Rechtschreiblernen. Auch in der Ganztagsschule gibt es Fördermöglichkeiten.

So individuell und unterschiedlich unsere Schülerinnen und Schüler sind, so unterschiedlich sind auch die Maßnahmen, die unsere Lehrkräfte zur individuellen Förderung einsetzen; denn man kann die Kinder nicht einfach über einen Kamm scheren. Bei dem einen Kind sind vielleicht die Sprache und das Miteinandersprechen wichtig, beim nächsten das Lesen, bei wieder einem anderen das Schreiben. Das wird individuell in unseren Grundschulen gelernt.

Der neueste Baustein, um unsere Schülerinnen und Schüler zu unterstützen, ist die erfolgreiche Sommerschule, die

nun in den Herbstferien ihre Fortsetzung findet.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Heiße Luft!)

Liebe CDU, in Ihrem Antrag springen Sie auf das gesattelte Pferd auf und fordern das, was schon längst im Plenum angekündigt worden ist.

Wir vertrauen also bei der individuellen Förderung auf unsere Spezialisten. Das sind unsere Grundschullehrkräfte, die engagiert ihren Job machen und die wir gezielt fördern.

Was macht die Opposition? Sie verfällt in alte Muster und dem Ruf nach mehr, mehr, mehr. Ich wiederhole mich da gerne: „Mehr“ klingt zwar immer gut, ist aber kein Konzept und bringt ohne Konzept rein gar nichts, einmal ganz abgesehen davon, wo sie die Lehrkräfte herholen will

(Abg. Anke Beilstein, CDU: Mehr Lehrkräfte ausbilden!)

und wie sie die organisatorischen Fragen wie zum Beispiel der Schülerbeförderung bei einer zusätzlichen Stunde weiter regeln wollen, aber das nur am Rande.

Ihr Antrag offenbart zudem ein merkwürdiges Verständnis für den Grundschulunterricht. Wenn es eine Schulart gibt, in der individuelle Förderung immanent ist, dann ist es die Grundschule mit ihrem ganzheitlichen Unterrichtsansatz.

(Abg. Anke Beilstein, CDU: Warum klappt es dann nicht?)

Gerade in der Grundschule findet doch kein fachlich starrer Unterricht statt, sondern die Lehrkraft kann zeitlich gewichten, wenn für bestimmte Kompetenzen und Fertigkeiten noch ein bisschen mehr Zeit zum Üben gebraucht wird. Deutsch wird fächerübergreifend und fächerverbindend konzipiert und so zum Beispiel auch im Sachkundeunterricht eingebaut oder in anderen Fächern.

Schauen Sie einmal in den Teilrahmenplan Deutsch für die Grundschule. Es lohnt sich und wird vielleicht sogar für die CDU erhellend sein.

(Abg. Anke Beilstein, CDU: Warum klappt es denn nicht?)

Das alles zeigt: Wir haben eine gute Qualität an unseren Grundschulen, die unseren Kindern mit verschiedenen bewusst gewählten Methoden richtig Lesen, Schreiben und Rechnen beibringen. Wir vertrauen unseren Grundschullehrkräften und werden sie weiter bei der Schul- und Unterrichtsqualität unterstützen, gezielt und im engen Austausch miteinander, weiterhin auf hohem Niveau, und wir werden die Unterrichtsversorgung entsprechend auf hohem Niveau fortführen.

(Beifall des Abg. Alexander Fuhr, SPD)