Protokoll der Sitzung vom 15.09.2016

(Beifall der AfD)

Als Nächstes hat Herr Kollege Köbler für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schreiner, ich hatte ja erwartet, dass bei einem Vorschlag zu einer zukunftsweisenden und modernen Finanzpolitik Sie nicht der Erste sind, der dem folgen kann und juhu schreien wird, aber dass ich Sie so weit aus der Vergangenheit abholen muss, damit habe ich nicht gerechnet. Sie haben hier jetzt gerade so getan nach dem Motto „Was wir hier diskutieren und beschließen, das ist ja alles schön und gut, aber was draußen in der Welt läuft, das interessiert uns nicht, das ist alles ideologischer Kram.“ Entschuldigung, wir haben hier auch Vergaberichtlinien gemeinsam diskutiert und verabredet, wobei wir zum Beispiel sagen, dass wir bei aller Wirtschaftlichkeit und auch bei allen Fragen der wirtschaftlichen Vernunft sagen, zum Beispiel soll in der öffentlichen Vergabe nicht mit Steuergeld in Produkte investiert werden, die aus Kinderarmut irgendwo in der Welt hergestellt worden sind. Also kommen Sie doch bitte mit mir jetzt einmal ins zweite Jahrzehnt

des 21. Jahrhunderts und wiederholen hier nicht die Diskussion aus den 90er- und 80er-Jahren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ich will Ihnen aber auch – das finde ich das Bemerkenswerte an dieser Initiative – eines deutlich machen. Diese Initiative zeigt ganz, ganz deutlich, dass ökologische und ökonomische Vernunft keineswegs ein Gegensatz sind, sie nicht nur mehr und mehr Hand in Hand gehen, sondern sie sich – das wird in Zukunft immer mehr so sein – sogar wechselseitig bedingen.

Meine Damen und Herren, warum sage ich das? Beim UN-Klimagipfel im Dezember 2015 in Paris haben sich 195 Staaten auf Schritte geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad im Vergleich zu Ende des letzten Jahrhunderts zu begrenzen. Dieser Beschluss, dem jetzt auch – sehr zu begrüßen – die Vereinigten Staaten von Amerika und die Volksrepublik von China beigetreten sind, muss nun auch mit Maßnahmen unterlegt und umgesetzt werden.

Was bedeutet das aber für die Weltwirtschaft? Das bedeutet, dass nach heutigem Forschungsstand, um dieses 2-Grad-Ziel zu erreichen, etwa 80 % der heute bekannten fossilen Brennstoffe unterhalb der Erde bleiben müssen. Diese fossilen Brennstoffe sind demnach für Unternehmen und für Investitionen nicht mehr am Markt realisierbar und sind somit im Prinzip nicht mehr für wirtschaftliches Handeln verfügbar. Trotzdem haben wir Billionenbeträge in Unternehmungen der fossilen Energieträger weltweit. Mit dabei sind auch öffentliche Gelder, und es werden täglich mehr.

Meine Damen und Herren, was bedeutet das? Erinnern wir uns an die Finanzkrisen, die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten erlebt haben. In der Vergangenheit versprachen Investitionen – am globalen Markt gesehen – in fossile Brennstoffe hohe Renditen. Wenn jetzt aber 80 % der verfügbaren bekannten Ressourcen nicht mehr zur Realisierung zur Verfügung stehen, dann bedeutet das doch, dass die Dringlichkeit von klimaneutralen und klimaschützenden Investitionen nicht nur irgendeine ökologische ideologische Spinnerei ist, sondern das bedeutet, dass Investitionen in diese fossilen Energien immer riskanter werden. Es bedeutet, dass mit Sicherheit die Unternehmungen, die in fossile Energien, in Rohstoffe, investiert haben, die nicht realisiert werden können, stark überbewertet sind und ihre Aktienkurse an den Börsen auch stark überbewertet sind und diese sogenannte „Carbon Bubble“ möglicherweise irgendwann platzen wird.

Das wiederum heißt, dass derjenige, der in fossile Energieträger investiert – und wenn er das auch mit Steuergeldern tut –, in massive Unsicherheiten auf die Zukunft spekuliert, sich wahrscheinlich möglicherweise fahrlässig verzockt. Wir wollen nicht, dass sich Investitionen am Ende nicht realisieren, und schon gar nicht wollen wir mit Steuergeldern auf Unternehmungen zocken, die nicht zukunftsträchtig sind. Dazu sind die Pensionsfonds nicht gedacht. Deswegen ist es auch im Interesse der Sicherheit der Pensionsvergütung unserer Beamtinnen und Beamten notwendig, aus den fossilen Energieträgern entsprechend

Kapital abzuziehen.

Weil wir jetzt die Möglichkeit bekommen, mit dem neuen Landesgesetz eine Anlagerichtlinie, die das Ministerium vorlegt, auch im Parlament miteinander zu besprechen, ist es für uns ein wichtiger Punkt, dass wirtschaftliche Anlageformen, sichere Anlageformen, aber auch ökologische Anlageformen Kriterien sind, die sich nicht widersprechen, sondern sich bei einer modernen Finanzpolitik wechselseitig miteinander bedingen. Berlin ist diesen Weg gegangen. Nordrhein-Westfalen geht diesen Weg. Ich würde mich freuen, wenn Rheinland-Pfalz diesen Weg auch geht.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Ahnen.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben bereits in der letzten Legislaturperiode den Pensionsfonds im Sinne einer Teilfinanzierung künftiger Versorgungsausgaben für alle Beamtinnen und Beamten umstrukturiert. Wir haben in diesem Kontext auch beschlossen, dass seit Beginn dieses Jahres die Übertragung der Vermögensanlage auf Dritte zugelassen ist. Wir haben auch das Spektrum zulässiger Anlageformen grundsätzlich auf Aktien und Aktienfonds ausgedehnt.

Wir haben dabei von Anfang an gesagt, dass wir dazu eine Anlagerichtlinie brauchen, übrigens eine Anlagerichtlinie, die nach dem Gesetz der Zustimmung des Haushalts- und Finanzausschusses bedarf. Die Koalitionsfraktionen bringen in ihrem heutigen Antrag zum Ausdruck, dass sie Erwartungen an diese Anlagerichtlinie haben, nämlich, dass Anlageformen gewählt werden, die wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltig sind, und natürlich Anlageformen gewählt werden, die risikoarm sind. Selbstverständlich werden wir uns bei der Vorlage einer Anlagerichtlinie an diesen Kriterien orientieren.

Zum Thema Verwaltung, Übertragung der Vermögensanlage auf Dritte, sind wir übrigens auch im Gespräch mit der Deutschen Bundesbank. Das haben andere Länder auch schon in Anspruch genommen. Erste Gespräche auf Fachebene haben stattgefunden. Auch das wollen wir in eine solche Diskussion einfließen lassen.

Gerade in der aktuellen Niedrigzinsphase kann es Sinn machen, die Anlagemöglichkeiten auszuweiten. Aber auch dabei ist für uns völlig klar, dass es nicht um kurzfristige Rendite geht, sondern es darum geht, wirtschaftlich, sozial, ökologisch nachhaltig und risikoarm diese Anlagen dann auch tatsächlich durchzuführen.

Es ist kein Spezifikum von Rheinland-Pfalz, dass man sich mit solchen ethischen Grundsätzen und mit Nachhaltigkeitskriterien auseinandersetzt. Es ist schon darauf hingewiesen worden, in Berlin gibt es eine Initiative dazu,

in Hessen gibt es eine Initiative, und auch in anderen Ländern werden diese Fragestellungen diskutiert.

Herr Abgeordneter Schreiner, weil wir es heute so oft mit der Frage hatten, wie man es so hält, wenn man andere zitiert, Sie haben hier sozusagen eben den Versuch gemacht, mich zur Kronzeugin gegen den Antrag der Ampelkoalition zu machen, indem Sie eine Presseerklärung zitieren

(Abg. Gerd Schreiner, CDU: Die Antwort auf eine Kleine Anfrage!)

indem Sie die Antwort auf eine Kleine Anfrage zitieren, das ist gut, dass Sie das sagen –

(Abg. Gerd Schreiner, CDU: Ja!)

nein, nein, es geht weiter –, und zwar vom 19. Oktober 2015. Jetzt machen wir das mal von vorn. Am 13. September haben Sie eine Presseerklärung herausgegeben, ich sollte die Kronzeugin gegen den Antrag der Koalitionsfraktionen sein. Jetzt darf ich aus Ihrer Presseerklärung mit Genehmigung der Präsidentin zitieren, worin Sie wiederum mich zitieren, und das geht dann so: „Das Land verfügt über keine (...) Anlagemöglichkeit, bei der soziale bzw. ökologische (...) Kriterien berücksichtigt werden könnten“. So zitierten Sie mich.

(Abg. Martin Haller, SPD: Aha! Sehr aufschlussreich!)

Heute waren Sie offensichtlich schon ein bisschen schlauer und haben den ganzen Satz aus der Kleinen Anfrage zitiert. Der heißt nämlich folgendermaßen: Das Land verfügt im institutionellen Geldmarkt über keine nach Risiko und Volumen angemessene Anlagemöglichkeit, bei der soziale bzw. ökologische und vor allem den Klimawandel verhindernde Kriterien berücksichtigt werden können.

(Abg. Martin Haller, SPD: Wie es gerade passt!)

So, und jetzt geht es weiter. Was haben Sie jetzt eben gemacht?

(Zuruf des Abg. Gerd Schreiner, CDU)

Jetzt haben Sie den Vorsatz weggelassen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das nennt man wohl selektive Wahrnehmung!)

Davor steht nämlich ein Satz, und der heißt: Geldanlagen im Rahmen der Liquiditätssteuerung müssen über den Finanzsektor abgelegt werden. – Also meine Stellungnahme, die Sie hier zitieren, zweimal durch Auslassung, bezieht sich auf die kurzfristige Liquiditätssteuerung, und hier reden wir über die mittel- bis langfristige Anlagestrategie. So kann man auch Zusammenhänge herstellen, die am Ende keine sind.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern kann ich den Koalitionsfraktionen an dieser Stelle gern versichern, dass das, wozu wir in diesem Antrag als

Landesregierung aufgefordert werden – sowohl was die Anlagestrategie angeht, insbesondere die Anlagerichtlinie, als auch was die Überprüfungen einer der Investmentstrategien angeht –, gern den Anliegen in dem Antrag der Koalitionsfraktionen nachkommen werden.

(Abg. Martin Haller, SPD: Da freuen wir uns sehr!)

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Schreiner das Wort.

Frau Ministerin, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie die Antwort auf die Kleine Anfrage vom letzten Jahr noch einmal zitiert haben. Man kann das nämlich gar nicht oft genug hören. Ich stelle noch einmal fest, ich habe das vorhin ganz sauber getrennt.

(Zuruf von der SPD)

Lieber Herr Kollege, ich habe gesagt, es gibt drei Schubladen. Es gibt das Thema Anlagepensionsfonds. Da gilt Sicherheit der Altersversorgung an erster Stelle.

Dann habe ich gesagt, es gibt den zweiten Bereich. Da geht es um die direkten und indirekten Investitionen. Da habe ich die Frage aufgeworfen, was das eigentlich für die Landesbeteiligungen bedeutet, weil selbst, wenn Sie jetzt zum Beispiel sagen würden, das gilt nur, wenn der Pensionsfonds in Aktien oder so etwas direkt investiert, machen wir dann vielleicht getrennte Gerechtigkeitsdebatten im Land Rheinland-Pfalz. Ich würde einmal behaupten, wenn Sie es ernst meinen mit sozial und ökologisch, dann ist doch die Frage: Was heißt das? – Direkte und indirekte Investitionen des Landes dürfen nicht in Unternehmen erfolgen, die dem Ziel der Klimaneutralität widersprechen.

Was heißt das für die Firmen, Frau Staatssekretärin? Für wie viel Firmen in Rheinland-Pfalz trifft es zu, dass das Geschäftsmodell den Zielen der Klimaneutralität widerspricht? Gilt das für einen Flughafen beispielsweise? Diese Frage müssen Sie sich doch als Koalitionsfraktionen einmal stellen, bevor Sie hier einen solchen Antrag bringen. Das war das zweite Schublädchen, über das ich gesprochen habe.

Und das dritte Schublädchen, Frau Ministerin, danke, dass Sie es noch einmal klar auseinandergehalten haben. Sie haben recht, und ich habe Sie hier genau so zitiert, wie ich Sie zitiert habe.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Das Land verfügt im institutionellen Geldmarkt bei der Liquidität – das ist der dritte Punkt –, wenn wir einen Liquiditätsüberschuss haben und über Nacht Geld anlegen müssen, über keine nach Risiko und Volumen angemessene Anlagemöglichkeit, bei der soziale bzw. ökologische

und vor allem den Klimawandel verhindernde Kriterien berücksichtigt werden können. Sie haben es jetzt zum vierten Mal gehört. Zweimal hat es die Frau Ministerin vorgelesen, zweimal habe ich es vorgelesen. Jetzt wissen Sie es. Ihr Antrag ist nicht durchdacht. Zumindest für den dritten Bereich müssen Sie schon anerkennen, dass die Frau Ministerin die Kronzeugin ist, dass das nicht funktioniert.

(Beifall der CDU)