Protokoll der Sitzung vom 07.10.2020

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Neustrukturierung der Universitätsstandorte Koblenz,

Landau und Kaiserslautern ist gewiss eine große Aufgabe. Das Landesgesetz für die Hochschulstrukturreform ist der Startschuss für ein anspruchsvolles Verfahren. Wir gehen einen Weg, der sich für alle lohnen soll. Dabei haben wir ein ganz klares Ziel vor Augen: Die Autonomie und die Selbstverwaltung der Hochschule in Rheinland-Pfalz soll ausgeweitet werden.

Hierdurch wollen wir die vielfältigen Wissenschaftsangebote im nationalen und internationalen Vergleich stärken. Im Norden von Rheinland-Pfalz eröffnen sich für die eigenständige Universität Koblenz neue Chancen durch intensive Kooperationen mit regionalen Akteuren, wie der Hochschule Koblenz und der heimischen Wirtschaft. Es gibt Pläne und Wünsche für eine starke Perspektive und eine geschärfte Profilbildung.

Ich nenne dabei ausdrücklich die Vorschläge einiger Protagonisten vor Ort, wie unter anderem die Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald, deren Mitglied ich ebenfalls bin, oder der IHK Koblenz für einen interdisziplinären Forschungsansatz im Hinblick auf gesellschaftliche Herausforderungen und für neue Themen, wie Health Data Intelligence oder Hydrologie und Wasserwirtschaft.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Daneben entsteht im Süden unseres Bundeslandes eine breit aufgestellte und moderne technische Universität mit einem Campus in Kaiserslautern und einem in Landau. Zusammen mit den nationalen und internationalen Instituten bildet sie ein kraftvolles Cluster für die Wissenschaft ebenso wie für die Wirtschaft im Süden unseres Landes.

Mit der Neustrukturierung stärken wir unsere rheinlandpfälzische Hochschullandschaft. Das bestätigen uns die Expertinnen und Experten in der Anhörung im Wissenschaftsausschuss vom 8. September ganz klar. Der Weg zum erfolgreichen Abschluss der Neustrukturierung ist recht lang und sicherlich auch beschwerlich. Bis zum Erreichen des Ziels am 1. Januar 2023 muss der Prozess mit vielen weiteren Gesprächen und Absprachen begleitet werden. Vor allem braucht es neben Rechtssicherheit auch Planungssicherheit. Die in den vergangenen Wochen häufig als zu knapp empfundene Finanzierungsgrundlage für die Transformation ist deutlich – wir haben es vorhin gehört – von 8 auf 18 Millionen Euro erweitert worden.

Dieser Schritt mit dem Schwerpunkt auf Digitalisierung wird von allen beteiligten Universitäten ausdrücklich begrüßt.

(Beifall der Abg. Steven Wink, FDP, und Alexander Schweitzer, SPD)

Meine Damen und Herren, zusätzlich hat die Verstetigung des Hochschulpakts durch den Bund für Entspannung gesorgt, können doch jetzt vermehrt befristete Personalstellen entfristet und damit bestehende Lehrangebote für die Zukunft weiter aufrechterhalten werden.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf bringen wir Bewe

gung in die Hochschullandschaft. So wird der Weg geebnet für eine erfolgreiche Strukturreform. Alle relevanten Partner werden – anders als die CDU das in ihrem Entschließungsantrag suggerieren möchte – mit einem ordentlichen Quantum an Rechtssicherheit und Planbarkeit ausgestattet, ohne die eigene Kreativität zu beschneiden.

Angesichts der zugesagten engen Begleitung des Prozesses durch das Wissenschaftsministerium sind die Verantwortlichen der Hochschulen zuversichtlich, dass Entflechtung und Transformation gelingen und das Ziel erreicht wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der bisherige Weg hat bereits gezeigt, dass ein offener Austausch zum Erfolg führt. Der heute vorliegende Gesetzentwurf geht auf die Expertenkommission zurück, die im April 2018 ihre Anregungen für die Weiterentwicklung der rheinland-pfälzischen Hochschullandschaft vorgelegt hat. Es folgte ein Dialog mit den Leitungskräften der Hochschulen. Daraus entstand ein Eckpunktepapier, das den Strukturprozess für die geplante Veränderung festgelegt hat.

Nun geht es darum, auf dieser Basis des vorliegenden Strukturgesetzes den Dialog zielgerichtet fortzusetzen und den Prozess zu vollenden. Die FDP-Fraktion und ich ganz persönlich glauben an die Chancen und Potenziale, die in dieser Neustrukturierung stecken. Wir haben das Ziel klar vor Augen und sehen in dem vorliegenden Gesetzentwurf gute Startbedingungen. Wir stimmen daher dem Gesetzentwurf der Landesregierung zu.

Haben Sie vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Binz.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der abschließenden Beratung des Gesetzes zur Neustrukturierung von Universitätsstandorten heute geht ein langer und nicht immer einfacher Gesetzgebungsprozess zu Ende, aber der Gesamtprozess der Hochschulstrukturreform geht in eine neue Phase.

Weitreichende Veränderungen, wie sie die Neustrukturierung von Hochschulstandorten mit sich bringen, sind mit großen Erwartungen verbunden, aber natürlich auch mit Bedenken. Für die Strukturreform, wie wir sie hier in Rheinland-Pfalz anstreben, gibt es bundesweit keine Vorbilder. In keinem anderen bekannten Reformprozess wurden eine Trennung und eine Fusion gleichzeitig vollzogen.

Wir kennen Trennungs- und Fusionsprozesse von anderen Hochschulen, bisher aber nicht gekoppelt als ein großer

synchron verlaufender Vorgang. Insbesondere für den Universitätsstandort Landau, der ohne Übergang von einer in die andere Universität wechselt, ist diese Veränderung eine echte Herausforderung.

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: So ist es!)

Aber natürlich sind auch die Vergrößerung wie in Kaiserslautern bzw. die Verselbstständigung wie in Koblenz einschneidende Veränderungen für die betroffenen Hochschulen.

Trotz alledem bin ich heute optimistisch gestimmt und sehe sehr zuversichtlich in die Zukunft der neuen Universitäten. Warum ist das so? – Zum einen hat das Wissenschaftsministerium in Absprache mit den Hochschulleitungen beschlossen, die Transformation mit 18 statt mit den bisher angedachten 8 Millionen Euro zu finanzieren. Damit steht den Standorten nun mehr als doppelt so viel Geld zur Verfügung, um die Entflechtung bzw. die Fusion vor Ort zu gestalten.

Die Entflechtung der Verwaltung und die Umstrukturierung der universitären Einrichtungen sind nun also mit mehr finanziellen Mitteln unterlegt. Jetzt und mit der heutigen Verabschiedung der rechtlichen Rahmenbedingungen können sich die Universitäten nun also der so wichtigen Profilbildung und inhaltlichen Ausgestaltung der Reform widmen.

Viele Ideen sind vor Ort vorhanden. Es sind jedoch nicht nur viele Ideen, es ist auch viel Engagement vorhanden. Ich glaube, es ist an dieser Stelle angebracht, einmal all jenen zu danken, die sich an den Hochschulstandorten in den letzten fast zwei Jahren neben ihrer eigentlichen Tätigkeit an den Hochschulen in die Gremienarbeit, in die Abstimmungen und in die Ideensammlungen engagiert eingebracht haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt Beifall bei der SPD und Beifall bei der FDP)

Zum Zweiten stimmt mich optimistisch, dass in der Anhörung zur Hochschulstrukturreform eigentlich keine Kritik am heutigen Gesetzentwurf als solcher geäußert wurde.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Die geladenen Expertinnen und Experten, die zum Teil selbst an Strukturreformprozessen anderer Universitäten beteiligt waren, bewerteten das Vorgehen und den Zeitplan als fair, zielführend und realistisch.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Hört, hört!)

Sie als Praktikerinnen und Praktiker haben noch einmal einen anderen Zugang als wir das haben, einen anderen Blick auf einen Prozess wie eben diesen. Ihre positive Bewertung des gesetzlichen Rahmens und des Zeitplans hat deshalb in meinen Augen ein besonderes Gewicht.

Damit die Hochschulstrukturreform zum Erfolg wird und die neuen Universitäten ihre Potenziale voll ausschöpfen können, sind aber mehr als ein vernünftiges Regelwerk und ein ausgeklügelter Zeitplan nötig. Das ist, glaube ich, allen bewusst.

Die Gespräche mit den Betroffenen vor Ort in den letzten Monaten haben deutlich gezeigt, dass die Neuausrichtung der Hochschulen nicht unabhängig von der jeweiligen Grundfinanzierung der Standorte diskutiert und gedacht werden kann. Für uns Grüne steht fest, innovative Forschung und zielgerichtete Lehre brauchen eine auskömmliche und sichere Finanzierung. Wir als Fraktion werden uns deshalb auch über die Verabschiedung des Gesetzes hinaus weiter für eine Verbesserung der finanziellen Grundlagen einsetzen. Es ist auch schon gesagt worden, mit dem Zukunftsvertrag, den wir an den drei Hochschulen umsetzen, gehen wir weitere Schritte in die richtige Richtung. Hier sei auch auf die Dauerstellen hingewiesen, die jetzt überall geschaffen werden.

Aber auch was die räumliche Ausstattung angeht, haben wir insbesondere am Standort Koblenz in den nächsten Jahren noch Aufgaben vor uns. An der neuen Rheinlandpfälzisch Technischen Universität werden wir uns auch mit den Fragen der Mobilität zwischen den beiden Standorten auseinandersetzen müssen.

Insgesamt bietet die Reform aber eine große Chance für unser Bundesland; denn es entstehen zwei neue Universitäten, die auf absoluten Zukunftsfeldern, wie beispielsweise Digitalisierung, Nachhaltigkeit, gesellschaftliche und technische Transformation, lehren und forschen.

Last but not least sei auch auf die Lehrerinnen- und Lehrerbildung hingewiesen, die an allen Standorten forschungsnah betrieben wird und dies auch weiterhin sollte und so ebenfalls zur Zukunftsfähigkeit unseres Bundeslandes beiträgt.

Es liegt jetzt ein langer Gesetzgebungsprozess hinter uns, aber ein spannender und wichtiger Gestaltungsprozess vor uns. Im Rahmen der Hochschulautonomie obliegt es natürlich den Hochschulgemeinschaften selbst, ihn inhaltlich auszugestalten, aber sie brauchen die politische Unterstützung der Landespolitik. Die haben sie. Wir stehen an der Seite der Hochschulen und werden sie auch nach der Verabschiedung des heutigen Gesetzes im weiteren Prozess dabei unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Jetzt hat die unabhängige Abgeordnete Lerch das Wort.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wir sind alle unabhängige Abgeordnete!)

Fraktionslose Abgeordnete, um das zu präzisieren. Unabhängig sind wir in der Tat alle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das „unabhängig“ hat mir gut gefallen, wir können ruhig dabei bleiben.

(Heiterkeit des Abg. Uwe Junge, AfD)

Ich komme zum Thema. Warum verlässt May-Britt Kallenrod, Präsidentin der Universität Koblenz-Landau mit Verwaltungssitz in Mainz, Rheinland-Pfalz? Jaa, sie wird Präsidentin der Universität Hildesheim. Dies just zu einem Zeitpunkt, an dem der Fusionsprozess zwischen der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern, der Universität Landau und der Trennungsprozess von der Universität Koblenz auf Hochtouren laufen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Sicherlich völlig unstrittig ist, dass der Verwaltungsstandort Mainz für die Doppeluniversität Koblenz-Landau umständlich, ja sogar ungeeignet ist und die optimale Entwicklung der beiden Standorte erschwert.

Unstrittig ist auch, dass das zuständige Ministerium für Wissenschaft zu dem Schluss kam – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus der Gesetzesnovelle –, „dass eine strukturelle Neuausrichtung der Standorte (...) die Möglichkeit bietet, neue Dynamiken in der rheinland-pfälzischen Hochschullandschaft freizusetzen.“

(Vizepräsidentin Astrid Schmitt übernimmt den Vorsitz)

Am 12. Februar 2019 wurde auf Vorschlag von Minister Wolf die Hochschulstrukturreform eingeleitet, über die wir heute reden. Ich frage: War das eine Top-bottomEntscheidung?