Protokoll der Sitzung vom 12.11.2020

Freiwillige Pfandpflicht Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/13578 –........... 7767

Überweisung des Antrags – Drucksache 17/13578 – an den Ausschuss für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten........ 7767

Ökologische Vorteile besser nutzen – Gründachförderung ausbauen Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/13579 –........... 7767

Überweisung des Antrags – Drucksache 17/13579 – an den Haushalts- und Finanzausschuss....................... 7767

Präsidium:

Präsident Hendrik Hering, Vizepräsidentin Astrid Schmitt.

Anwesenheit Regierungstisch:

Malu Dreyer, Ministerpräsidentin; Doris Ahnen, Ministerin der Finanzen, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, Ulrike Höfken, Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung, Roger Lewentz, Minister des Innern und für Sport, Anne Spiegel, Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur; Randolf Stich, Staatssekretär, Dr. Thomas Griese, Staatssekretär, Nicole Steingaß, Staatssekretärin.

Entschuldigt:

Vizepräsident Hans-Josef Bracht; Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD, Abg. Andreas Hartenfels, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Abg. Matthias Joa, AfD, Abg. Marcus Klein, CDU; Clemens Hoch, Staatssekretär.

114. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 12. November 2020

Beginn der Sitzung: 9.32 Uhr

Guten Morgen liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie recht herzlich zur 114. Plenarsitzung begrüßen. Schriftführende Abgeordnete sind Dr. Katrin Rehak-Nitsche und Michael Wagner, der auch die Redeliste führt.

Entschuldigt fehlen heute Vizepräsident Bracht, die Kollegin Anklam-Trapp sowie die Kollegen Hartenfels, Joa und Klein.

Seitens der Staatsregierung sind entschuldigt Staatsministerin Doris Ahnen bis 13.00 Uhr, Staatsministerin Höfken bis 14.15 Uhr, Staatsminister Lewentz von 10.00 bis 12.00 Uhr und von 14.00 bis 18.00 Uhr, Staatsminister Professor Dr. Wolf ab 14.00 Uhr sowie der Staatssekretär Clemens Hoch.

Am heutigen Tag hat Marcus Klein seinen 44. Geburtstag. Wir gratulieren ihm und wünschen ihm gute Besserung. Er fehlt nämlich heute.

(Beifall im Hause)

Liebe Kolleginnen Kollegen, ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

Aktuelle Debatte

Landesaktionsplan gegen Rassismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit – gemeinsam für eine Gesellschaft ohne Ausgrenzung und Hass auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/13586 –

Für die antragstellende Fraktion spricht die Kollegin Schellhammer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte über eine junge Koblenzerin reden, eine unendlich engagierte Frau und erfolgreiche Unternehmerin. Sie wurde vor 30 Jahren in Rheinland-Pfalz geboren. Ihre Mutter kommt aus Indien. Sie ist Transgender und steht mitten in der Geschlechtsangleichung voller Hoffnung, aber auch voller Sorge. Die Diskriminierung ist in ihrem Leben ein stetiger Begleiter.

Aber nicht die Diskriminierung ist das Schlimmste für sie, das Schlimmste ist die ständige Angst davor, ausgegrenzt, angepöbelt oder gar angegriffen zu werden wegen ihrer indischen Abstammung und damit wegen ihrer Hautfarbe, weil sie Transgender ist oder weil sie eine Frau ist. Diese

Form von Diskriminierung nennt man Mehrfachdiskriminierung.

In Rheinland-Pfalz steigen die Fallzahlen bei der Beschwerdestelle der Antidiskriminierungsstelle des Landes. Die Zahl der rechtsmotivierten Straftaten steigt. Das ist auch alarmierend. Eine Anfrage Anfang des Jahres von uns hat gezeigt, auch die Zahlen bei der Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt steigen. Sie haben sich in einem Jahr fast verdreifacht.

Deshalb ist es wichtig und begrüße ich es ausdrücklich, dass es in Rheinland-Pfalz ein starkes Bündnis für Vielfalt, Toleranz und Gleichheit gibt. Viele Menschen stehen zusammen gegen Rassismus und gegen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.

Mit dem Landesaktionsplan hat Ministerin Anne Spiegel mit mehr als 80 Organisationen, Institutionen und Vereinen ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis geschmiedet, das Ziele und Strategien gemeinsam für Vielfalt, Toleranz und Gleichheit in diesem Bundesland entwickelt hat. Ich danke allen Beteiligten, die in einem langen Prozess miteinander diskutiert und Ziele und Strategien zur Erstellung des Landesaktionsplans entwickelt haben. Das war ein wichtiger Schritt. Vielen Dank für diesen Prozess.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP sowie vereinzelt bei der CDU)

Ich begrüße besonders, dass dieser Aktionsplan die Betroffenen von Diskriminierung in den Fokus rückt. Aus ihrer Expertise zu lernen und sie zu empowern, ist ein wichtiger Ansatz. Die Angebote sollen die Betroffenen befähigen, sich gegen Diskriminierung zur Wehr zu setzen, sie nicht weiter zu ertragen. Damit werden sie nicht weiter zum Opfer von Diskriminierung, sondern sie werden aktiv. Sie handeln gemeinsam. Verstöße gegen Menschenrechte haben tatsächliche Konsequenzen.

Er ist nicht nur eine leere Worthülse, nein, dieser Landesaktionsplan ist unterlegt mit Geld. Im Haushaltsentwurf 2021 ist mehr als 1 Million Euro vorgesehen. Das ist aus grüner Sicht ein wichtiger Schritt – das begrüßen wir im Gesetzentwurf sehr – für die Gesellschaft hier in Rheinland-Pfalz für Gleichwertigkeit und Vielfalt. Dort wird Kompetenzaufbau an den Tag gelegt. Dort werden diversitätsorientierte Maßnahmen umgesetzt. Dazu braucht man finanzielle Ressourcen.

Der Landesaktionsplan hat drei Leitziele: gelebte Kultur der Gleichwertigkeit, Diskriminierungsschutz in allen Lebensbereichen und gewaltfreies Leben. Das sind Leitziele, denen sich meine Fraktion vollumfänglich anschließen kann.

Um diese Leitziele umzusetzen, sieht der Landesaktionsplan 29 Maßnahmen vor. Social Media-Workshops, neue Fördermöglichkeiten, den Aufbau von Arbeitsstrukturen, weitere Fachtagungen oder Planspiele, all das soll umgesetzt werden, damit wir diesen Leitzielen in RheinlandPfalz ein Stück näher kommen.

Ich möchte eine der Maßnahmen besonders betonen. Das ist das Programm gegen Solidarität, Hass und Gewalt im Netz. Wir alle erleben es, der Ton im Netz ist rauer geworden. Viele Betroffene von Gewalt im Netz brauchen eine Anlaufstelle. Diese Anlaufstelle soll endlich in RheinlandPfalz geschaffen werden. Das ist ein wichtiger Plan, damit die Personen, die von Diskriminierung im Netz betroffen sind, nicht alleine gelassen werden.

Warum ist das wichtig? Ich möchte betonen, warum es wichtig ist, dass wir etwas gegen Diskriminierung machen. Diskriminierungen oder Mehrfachdiskriminierung führen dazu, dass Betroffenen massiv Steine in den Weg gelegt werden, beispielsweise bei der Wohnungs- oder Jobsuche. Diskriminierung hat wirtschaftliche und gesundheitliche Folgen für die Betroffenen. Diskriminierung mindert das Lebensglück von Menschen.

Diskriminierung ist nicht nur gegen eine Person gerichtet. Diskriminierung ist immer gegen uns alle gerichtet, gegen unsere vielfältige Gesellschaft, gegen unsere Demokratie. Die Bekämpfung von Rassismus und allen Formen von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und der noch wenig erforschtem Mehrfachdiskriminierung ist eine grundlegende Aufgabe unseres Staates. Deswegen ist es gut, dass unser Vielfaltsministerium eine tolle Grundlage gelegt hat.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Wir Grüne haben im Koalitionsvertrag für diesen Landesaktionsplan gekämpft. Wir haben mit der engagierten Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz intensiv über Maßnahmen diskutiert. Das Ministerium hat aus diesen wirklich tollen Ideen, die dort gesammelt worden sind, einen Landesaktionsplan gegen Rassismus und gegen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit geschmiedet. Das ist gut so.

Wir dürfen denjenigen keinen Raum geben, die unsere Gesellschaft spalten und Menschen gegeneinander aufbringen wollen. Wir wollen nicht, dass die junge Koblenzerin mit indischer Abstammung und Transgender weiter vor Diskriminierung Angst haben muss. Wir wollen, dass sie als Unternehmerin und als engagierte Frau in Koblenz ohne diese Angst vor Diskriminierung wirken kann.

Wir bauen darauf – dafür ist der Landesaktionsplan ein wichtiger Baustein –, dass unsere Gesellschaft immer offener wird, dass die Gesellschaft ohne Vorurteile miteinander umgeht. Wir wollen, dass alle Menschen in ihrer Ganzheit in Rheinland-Pfalz frei leben können, frei von Diskriminierung, und sich entfalten können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Rauschkolb.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Rassismus und Menschenfeindlichkeit haben in unserer Gesellschaft absolut keinen Platz.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Genau!)

Wir haben gerade gestern in einer Gedenkminute derer gedacht, die damals verfolgt wurden, weil sie anders waren. Wir alle müssen dafür sorgen, dass sich Geschichte nicht wiederholen darf, dass Menschen verfolgt und diskriminiert werden, weil sie woanders herkommen, eine andere sexuelle Orientierung haben, sie das Geschlecht haben, das vielleicht gerade auf dem Platz nicht passt. Das dürfen wir alle, auch wenn es heute vielleicht früh am Morgen ist und die Appelle ein wenig schwerwiegender sind, nicht vergessen.

Wir sind alle mitverantwortlich. Wir sind alle Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Wir sind alle viel unterwegs. Da heißt es, an der Stelle Haltung zu zeigen, an der man mitbekommt, dass es Diskriminierung gibt, und die zu unterstützen, die sich haupt- und ehrenamtlich in diesem Bereich engagieren.

(Beifall der SPD und bei FDP sowie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man sich teilweise den Ton im Netz und das anschaut, was Menschen in der Schule, am Arbeitsplatz, auf der Straße und beim Fußballspielen während des Spiels oder in der Schule von anderen zugerufen bekommen, dann ist das nicht in Ordnung. Man sieht, dieser Hass führt in Deutschland zu Taten.

Wir haben sie in der Vergangenheit sehen müssen. Es ist nicht so, dass es bei diesem Hass bleibt, sondern Menschen haben in letzter Zeit und in den letzten Jahren wegen ihres Glaubens oder ihrer Orientierung Gewalt erfahren. Das sind Dinge, die wir nicht tolerieren können.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist es so wichtig, dass wir mit Kampagnen präventiv vorgehen.