Protokoll der Sitzung vom 06.10.2016

Frau Pia Schellhammer hat man heute Morgen angemerkt, sie hatte körperliche Schmerzen, als sie unsere Polizei loben musste. Deswegen war es heute ein dankbares Thema für sie,

(Beifall der CDU und der AfD)

dass sie sich noch einmal in Kritik an unserer Polizei üben musste.

Es gibt wirklich einiges, was es klarzustellen gilt. Frau Schellhammer, der Angriff mit einem Messer kann nie durch einen Taser abgewehrt werden. Das wird nicht so sein, wenn es einen Taser gibt, und das war niemals so. Er ist nur durch eine Schusswaffe abzuwehren. Es geht um statische Bedrohung mit einem Messer.

Jetzt bin ich wirklich noch nicht lange aus der Polizei heraus. Das heißt, ich weiß, was es heißt,

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

wenn irgendjemand, der unter Drogen- oder Alkoholeinfluss steht, vor einem steht, sich das Hemd vom Leib reißt, mit nacktem Oberkörper vor einem steht und sagt, komm doch her, ich steche dich ab. Ich weiß, was das heißt.

(Zurufe der Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD, und Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau für diese Lagen hat man einen Taser. Diese Lagen werden nicht nur im Präsidium Trier in zwei oder drei Fällen in diesem Pilotprojekt stattfinden, sondern sie werden über das ganze Land verteilt sein.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Man weiß nicht, wo sie stattfinden, und sie werden passieren.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin auf sie eingegangen. Sie hat gesagt, dass Messerangriffe abgewehrt werden können. Das wird nicht der Fall sein.

Aus diesem Grund müssen wir es flächendeckend einführen. Wir müssen es in allen Präsidien einführen.

(Zuruf von der SPD)

Der Herr Minister hat in der Ausschusssitzung gesagt, dieser Taser wird kommen. Er wird eingeführt werden. Genau aus diesem Grund brauchen wir kein Pilotprojekt mehr, sondern wir brauchen einen Praxistest.

(Beifall bei der CDU)

Um diesen Praxistest mit einer gewissen Anzahl an tatsächlichen Fällen zu unterfüttern, müssen wir es im ganzen Land flächendeckend mindestens an jeder Kopfdienststelle im Präsidium einführen.

Danke schön.

(Beifall der CDU und bei der AfD – Abg. Julia Klöckner, CDU: Sehr gut!)

Es wird keine Erwiderung gewünscht. Dann erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Lewentz das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

(Unruhe bei CDU und AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch an dieser Stelle bin ich den Rednerinnen und Rednern der Koalitionsfraktionen sehr dankbar; denn dieses Thema kann man nur sehr sachlich angehen und behandeln. Was ist denn einer der Hintergründe?

(Zurufe von der SPD)

Ich bitte Sie um Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.

Im April und Mai dieses Jahres wurden rheinlandpfälzische Polizisten dreimal von Messerangriffen attackiert: am 27. April 2016 in Grünstadt, am 4. Mai 2016 in der Innenstadt von Ludwigshafen und am 6. Mai 2016 in Brachbach an der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen. In allen Fällen wurde der Angreifer in diesen Notwehrsituationen durch den polizeilichen Schusswaffengebrauch tödlich verletzt.

Erst am vergangenen Freitagabend wurden Polizeibeamte im Rahmen eines Einsatzes erneut mit einem Messer angegriffen. Diesmal ereignete sich der Vorfall in Insheim im Landkreis Südliche Weinstraße. Auch hier konnte der Angriff nur durch den polizeilichen Schusswaffengebrauch abgewehrt werden, wodurch der Angreifer schwer verletzt wurde.

Mir ist es wichtig, dies bewusst vorneweg zu stellen; denn die gravierenden Folgen eines Schusswaffengebrauchs liegen auf der Hand. Ich habe sie geschildert.

Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die etablierten polizeilichen Einsatzmittel um ein weiteres erweitert werden sollen – nicht ersetzt werden sollen, erweitert werden sollen –, um die mögliche Lücke zwischen Pfefferspray und Schlagstock auf der einen und der Schusswaffe auf der anderen Seite durch den Einsatz eines Distanzelektroimpulsgerätes zu schließen.

Die Frage, die auch die Fraktion der CDU in ihrem Antrag aufgeworfen hat, lautet: Sollen die Polizistinnen und Polizisten, die im Schichtdienst bei den Polizeiinspektionen Dienst verrichten, künftig mit einem landläufig nach der Firmenbezeichnung benannten Taser ausgestattet werden?

Bisher wird dieser Taser nahezu ausschließlich im bundesweiten Vergleich, so auch in Rheinland-Pfalz, bei den Spezialeinheiten eingesetzt.

Zu dem Vorwurf von Herrn Lammert, wir wären zögerlich bei der Einführung von neuer Technik: Wir waren die ersten, die die Videotechnik im Streifenwagen hatten.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Es geht um den Einsatz des Tasers!)

Wir haben die neuen Pistolen eingeführt,

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

die neue Schutzkleidung, wir haben die Ausstattung der Spezialeinsatzkommandos deutlich verbessert. Wir sind die einzigen, die ein sondergeschütztes Gruppenfahrzeug im Rhein-Main-Gebiet haben.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Wir sind bei der Bodycam in der Einführung vor dem Abschluss.

Warum ein Pilotversuch? Warum gab es denn in Hessen einen Pilotversuch, Trageversuch, bei der Bodycam?

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Bleiben Sie doch beim Taser!)

Erst haben sie eine Bodycam ohne Ton gehabt. Dann haben sie im Pilotversuch gemerkt, mit Ton wäre es sinnvoller. Dann haben sie die Bodycam auf der Schulter getragen und im Pilotversuch festgestellt, es ist besser, sie an der Brust zu führen.

Pilotversuche macht man, um Erkenntnisse zu gewinnen.

(Zuruf von der AfD: Die gibt es nicht!)

Damit geht eine umfassende Lageanalyse unter konkreten Voraussetzungen einher. Das ist enorm wichtig. Deswegen habe ich gesagt, wir werden die Polizeiinspektion Trier mit der Erprobung beauftragen.

Eine dortige Arbeitsgruppe wird von Herrn Polizeidirektor Ralf Krämer geleitet, dies aus guten Gründen; denn er ist jetzt Leiter der Polizeiinspektion in Trier und war vorher viele Jahre Leiter des SEK. Ich habe Ihnen eben gesagt, unsere Spezialkräfte, die Spezialeinsatzkräfte, sind die, die die Erfahrung mit dem Taser haben.

Übrigens ist Trier eine der landesweit größten Polizeiinspektionen. Damit hat sie ein entsprechend hohes Eingriffsaufkommen.

Die Arbeitsgruppe wird ihren Bericht voraussichtlich im Dezember dieses Jahres vorlegen. Daran anschließen werden sich die notwendigen Beschulungsmaßnahmen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und dann das eigentliche Pilotverfahren. Der Pilotbetrieb soll Anfang 2017 für die Dauer eines Jahres beginnen.

Vorgeschaltet werden die erforderlichen Beschulungsmaßnahmen. Das habe ich angesprochen. Damit haben wir die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln. Diese Zeit sollten wir uns auch nehmen. Ich werde später noch einmal kurz hierauf zurückkommen.

Die Expertenanhörung im Landtag hat das Bild wiedergegeben, das Sie alle geschildert haben. Die Expertenanhörung war eine breit aufgestellte und, wie ich fand, eine sehr fundierte. Der Taser weise – das ist auch gesagt worden – hohe Funktionalität auf und sei ein handhabungssicheres und nicht letales Einsatzmittel.

Es gibt aber natürlich auch Dinge, die wir kennenlernen müssen. Wir sind auf einiges hingewiesen worden. Deswegen ist es richtig, mögliche Risiken offen anzusprechen und diese in der Pilotphase zu erkennen, damit man sie berücksichtigen kann.

Ich glaube, die Expertenanhörung ist nicht ausreichend, um ein solches neues Einsatzmittel einzuführen; denn dieser aussagekräftige Pilotversuch, den wir auf den Weg bringen werden, wird den polizeilichen Alltag abbilden. Er wird uns dann natürlich die Hinweise geben, wie ein solches Einsatzmittel in hochkomplexen Lagen verwendet werden kann und wie wir uns hierfür konzeptionell zu rüsten haben.