Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Ganster und Simone Huth-Haage (CDU), Veröffentlichung von Gutachten im Zusammenhang der Vertragsverhandlungen mit muslimischen Verbänden – Nummer 2 der Drucksache 17/1172 – betreffend, auf.
Putsch in der Türkei erneut begutachten zu lassen, obwohl die bisherigen Gutachten nach Auskunft der Landesregierung allen Verbänden den Status der Religionsgemeinschaft und damit ausreichende Staatsferne attestieren?
2. Bleibt die Landesregierung bei ihrer Position, dass eine Veröffentlichung deshalb nicht ratsam sei, weil die Verbände sich nicht veröffentlichungsfähig über andere Verbände geäußert hätten?
3. Inwiefern ist vertraglich geregelt, dass die Gutachter auch nach Erstellung und Vergütung ihrer Gutachten weiterhin das maßgebliche Veröffentlichungsrecht an den Gutachten behalten?
4. Warum hat die Landesregierung zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise von sich aus das Parlament bei diesem gesamtgesellschaftlich wichtigen Thema in die Gespräche eingebunden?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen wie folgt:
Zu Frage 1: Infolge des gescheiterten Putsches in der Türkei wurde deutlich, dass die türkische Regierung einen stärkeren Zugriff auf Behörden und Institutionen des Landes vornimmt. Bekanntermaßen bestehen auch durch die türkische Religionsbehörde – – –
Bekanntermaßen bestehen durch die türkische Religionsbehörde Diyanet auch Verbindungen zu islamischen Verbänden in Deutschland, insbesondere DITIB. Die Verflech
tungen waren bereits Bestandteil der ersten Begutachtung. Zum damaligen Zeitpunkt wurde aber eine ausreichende Unabhängigkeit vom türkischen Staat festgestellt.
Fraglich ist, ob der türkische Staat nach dem gescheiterten Putsch nun stärkeren Einfluss auf die islamischen Verbände in Deutschland nimmt. Dann könnte der Status einer Religionsgemeinschaft gefährdet sein, da die notwendige Staatsferne nicht mehr gegeben wäre. Dies muss aus Sicht der Landesregierung im Übrigen für alle Verbände gutachterlich geklärt werden.
Die Landesregierung hat sich daher entschieden, bis zur Klärung dieser Fragen die Verhandlungen ruhen zu lassen und eine Aktualisierung der Begutachtungen zu erbitten.
Zu Frage 2: Die Gutachten sind unter anderem mit dem Ziel in Auftrag gegeben worden, die vertragliche Vereinbarung über die Einführung von flächendeckendem islamischem Religionsunterricht mit den Verbänden zu prüfen. In den Gutachten sind Fragen zur Lehrerausbildung und zur gegenseitigen Anerkennung der Verbände zur Übernahme von Religionsunterricht enthalten.
Hinsichtlich einer Veröffentlichung der Gutachten befindet sich die Landesregierung in einem Abwägungsprozess zwischen dem Ziel einer größtmöglichen Transparenz einerseits und vertrauensvoller Zusammenarbeit andererseits. Diese Abwägung geht weit über die einzelnen Aussagen der Verbände hinaus und wirkt bis in den Verhandlungsprozess hinein.
Einer Veröffentlichung der Gutachten zum jetzigen Zeitpunkt stehen insbesondere zwei Aspekte entgegen: Erstens, die Verhandlungen sind, auch wenn sie derzeit ruhen, noch nicht abgeschlossen. Die Frage der gegenseitigen Anerkennung der Verbände ist damit noch nicht geklärt. Um die Gespräche erfolgreich fortsetzen zu können, ist eine angemessene Sensibilität im Umgang mit allen Beteiligten notwendig.
Zweitens basieren die Verhandlungen auf einem starken Vertrauen untereinander. Es ist zu berücksichtigen, dass die Gutachten weitreichende Persönlichkeitsrechte tangieren, die nicht ohne Weiteres der Öffentlichkeit preisgegeben werden können.
Da die Fragestellung und die Ergebnisse der Gutachten bereits veröffentlicht sind – ich verweise auf die entsprechenden Kleinen Anfragen aus dem vergangenen Jahr –, sieht die Landesregierung derzeit von einer Veröffentlichung aus den genannten Gründen ab.
Zu Frage 3: Die Verträge des Landes mit den beiden Gutachtern über die islamischen Verbände enthalten keine Regelungen über die spätere Veröffentlichung der Gutachtentexte. Somit stellen sie das geistige Eigentum der beiden Gutachter dar, und das Urheberrecht liegt bei diesen. Insbesondere bedarf es der Zustimmung der beiden Gutachter zu einer Veröffentlichung. Einer vertraglichen Regelung zum Veröffentlichungstext der Gutachter bedarf es grundsätzlich nicht.
Zu Frage 4: In ihrer Eigenschaft als ausführende Gewalt hat die Landesregierung 2015 die Verhandlungen mit den
islamischen Verbänden aufgenommen. Diese sind bisher nicht abgeschlossen. Seit August dieses Jahres – ich sagte es bereits – ruhen die Verhandlungen.
Es obliegt der Landesregierung, die Gespräche zu führen. Auf den Wortlaut und Inhalt von Artikel 77 unserer Landesverfassung darf ich ausdrücklich hinweisen.
Ich weise auch darauf hin, dass die Landesregierung in ihren Antworten auf die Kleinen Anfragen vom Juni 2015 bereits mitgeteilt hat, was der Gutachtenauftrag war und was die wesentlichen Ergebnisse der Gutachten sind.
Vielen Dank, Herr Präsident. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es war mir möglich, da uns die Landesregierung dankenswerterweise Einsicht in die Gutachten gegeben hat, mir ein eigenes Bild zu machen.
Ich glaube, dass es in diesem fundierten Gutachten tatsächlich schutzwürdige personenbezogene Daten und Auskünfte gibt und auch Rechte Dritter berührt sind.
Ich frage Sie, ob Sie sich nicht vorstellen könnten, jenseits der Darstellung der Ergebnisse zumindest im Bereich Untersuchungsanlage und vielleicht noch im Bereich von Handlungsempfehlungen in Absprache mit den Gutachtern und den Verbänden einen Weg zu finden, es nach der Absprache zumindest in Teilen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, einfach auch ein Stück weit, um die Debatte wieder zu versachlichen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Genau das haben wir in der Tat vor zu prüfen. Wir sind jetzt in einem Stadium, dass wir den Beteiligten die entsprechenden Passagen mit der Bitte zugesandt haben zu prüfen, ob sie von sich aus einer Veröffentlichung zustimmen.
Ich glaube, das ist ein ganz normales Verfahren. Sie haben Menschen in ein Gutachten involviert. Sie haben sich geäußert, nicht in der Absicht, dass diese Äußerungen veröffentlicht werden. Bevor man diese Äußerungen an die Öffentlichkeit gibt, würde man mit den Menschen immer reden. Das ist keine Besonderheit dieses konkreten Falles.
Wenn die Stellungnahmen der Verbände vorliegen, und das wird in absehbarer Zeit der Fall sein, wird über eine entsprechende Erweiterung der Veröffentlichung auch vor Abschluss des eigentlichen Verfahrens zu reden sein.
Wir konnten – zumindest einige von uns – diese Gutachten einsehen, Herr Staatssekretär. Für uns haben sich bei dieser Durchsicht sehr viele Fragen ergeben.
Deswegen fragen wir die Landesregierung: Haben sich für Sie keine weiteren Fragen aufgrund der Tatsachenbeschreibung und auch der Gesprächsbeschreibungen, die dort enthalten sind, ergeben, die vielleicht noch einmal ein näheres Gespräch mit den Gutachtern zur Folge haben müssten, für Sie als Landesregierung?
Frau Abgeordnete, vielen Dank für die Frage. Da mir nicht klar ist, welche konkreten Fragen Sie meinen, kann ich auch nur so abstrakt antworten, wie vielleicht auch die Frage gestellt ist.
Natürlich gab es weitere Fragen. Deswegen gab es auch weitere Gespräche mit den Gutachtern. Einer der Gutachter war letzte Woche genau deswegen bei uns im Haus. Wegen der Fragen, die noch offen waren und die aus unserer Sicht diskussionswürdig sind, gab es Gespräche mit den Verbänden. Also hätte es keine Fragen mehr gegeben, hätte man die Verhandlungen abgebrochen oder gleich zu einem Ergebnis führen können. Die Tatsache, dass gesprochen worden ist, zeigt, dass es Gesprächsbedarf gegeben hat.
Herr Staatssekretär, die RHEINPFALZ vom 28. September 2016 schreibt: Die Experten widersprechen sich. – Weiter heißt es: Die Gutachten enthalten unterschiedliche Aussagen.
Vor diesem Hintergrund frage ich: Was sagen Sie zu dem Einwand, die Landesregierung habe sich mit der Vergabe eines weiteren Gutachtens an einen der bereits bekannten Gutachter bei der Auftragsvergabe ein bestimmtes Ergebnis gewünscht oder gar ein bestimmtes Ergebnis bestellt?
Frau Abgeordnete, vielen Dank für die Frage und den Hinweis. Ich habe mit großem Erstaunen diese Formulierung aus der RHEINPFALZ gelesen. Unser Erstaunen wurde von den Gutachtern geteilt, die diese großen Differenzen auch nicht gesehen haben. Sie widersprechen sich nicht. Das ist auch Gegenstand der Beantwortung der Kleinen Anfrage aus dem Juni 2015. Sie kommen beide aus unterschiedlicher Perspektive, und zwar einerseits aus einer
kirchenrechtlichen Perspektive und andererseits aus einer religionswissenschaftlichen Perspektive, zum gleichen Ergebnis, zumindest was die Fragen der Gutachten angeht, die identisch waren.