Protokoll der Sitzung vom 18.11.2016

Herr Dr. Braun, Sie haben das Wort. Ich habe den Begriff „Lüge“ des Herrn Kollegen Lohr eindeutig vernommen und ihn gerügt. Dabei bleibt es, Punkt.

(Zuruf der Abg. Ellen Demuth, CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann sehr direkt an die Rede von Herrn Wink anschließen. Sie haben deutlich gemacht, dass in einer Demokratie die Vielfalt der Medien eine Grundlage ist.

Ich will noch einige Anmerkungen machen. Es ist schon verwunderlich. Mitglied im Medienausschuss ist Herr Friedman. Wenn der Medienausschuss tagt, dann kommt Herr Paul, setzt sich in die letzte Reihe und hört anscheinend nicht, was gesagt wird, wie festgestellt wurde, und redet hier als medienpolitischer Sprecher. Ich will nicht ordnen, wie Sie ihre Fraktion organisieren.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Wenn Sie ein Mitglied im Medienausschuss haben, warum redet es dann nicht für die Medienpolitik?

(Abg. Jochen Paul, AfD: Wir machen das so, wie wir das wollen!)

Wir machen das normalerweise so, dass wir das nicht aufsplitten, dass einer die möglichst radikalste Rede zur Medienpolitik macht und ein anderer den Vorsitz.

Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist bemerkenswert, dass Sie im Medienausschuss am 10. November waren und Ihre Pressemitteilung, die Herr Wink zitiert hat, vom 15. November kommt. Sie haben also fünf Tage gebraucht, um diese Pressemitteilung als Reaktion auf den Medienausschuss zu formulieren. Dafür ist sie Ihnen nicht gelungen, muss ich Ihnen sagen. Für fünf Tage Arbeit hätte ich doch was grundlegend anderes erwartet.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und FDP – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Schon wieder daneben, Herr Kollege!)

Ich will gar nicht auf die Vorwürfe gegenüber der CDU eingehen. Aber wenn Sie hier in diesem Raum, in diesem Parlament behaupten, dass Sie die einzige Partei wären, die einem linksradikalen Bild und einer linksradikalen Gesellschaft entgegensteht, dann ist das erstens arrogant, dann ist das zweitens falsch und drittens eine Selbstwahrnehmung, die Sie wahrscheinlich dazu führen sollte, mal in Beratung zu gehen, meine Damen und Herren von der AfD.

Das, was Sie hier behaupten, stimmt absolut nicht mit der Realität überein. Das kennen wir im Übrigen von Ihnen mehrfach. In diesem Punkt ist das ganz eindeutig.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zurufe von der AfD)

Sie sind viel gefährlicher, als man vermuten könnte, weil Sie hier mit dieser These, hier in dem Parlament die Inhalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von einzelnen Sendungen und Beiträgen diskutieren zu wollen, die Axt an die Wurzel der Demokratie legen. Das machen Sie bewusst, meine Damen und Herren von der AfD.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Meinungsvielfalt! – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk – das wurde hier mehrfach erklärt – gehört zu den Grundlagen der Meinungsvielfalt und ist eine Sache, die in unserer Verfassung so festgeschrieben ist.

(Zuruf des Abg. Michel Frisch, AfD)

Wenn Sie hier gegen die Verfassung argumentieren wollen – was Sie wollen, das ist mir schon klar – oder wenn Sie gegen die Verfassung sind, dann sagen Sie das hier deutlich, dann wissen wir auch, auf welcher Seite Sie stehen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Meinungsvielfalt – – –)

Aber hier immer wieder Kreide zu fressen und zu behaupten, Sie seien auf dem Boden der demokratischen Verfassung und deren Verteidiger, das ist falsch.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Das lassen wir uns von Ihnen nicht bieten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie können uns gar nichts sagen!)

Wir haben eine freie Presse. Wir haben eine freie Rundfunk- und Medienlandschaft. Wir als Grüne – Sie haben es selbst von den anderen Fraktionen gehört – stehen dazu. Wir halten das für eine Grundlage unseres demokratischen Systems. Wir lassen uns das von Ihnen nicht kaputtmachen. Wenn Sie mit einzelnen Sendungen nicht einverstanden sind, dann können Sie das außerhalb des Parlaments diskutieren. Sie können das auch hier irgendwo erwähnen. Aber Sie können hier nicht behaupten und verlangen, dass das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Ihren Grundlagen angepasst wird. Es ist ein freies System. Dieses freie System wird von uns verteidigt. Deswegen ist Ihre Aktuelle Debatte keine Aktuelle Debatte, sondern ein Angriff auf die Verfassung. Das lassen wir uns nicht bieten.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und vereinzelt bei der CDU – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Die Bewahrung der Meinungsvielfalt, Herr Kollege!)

Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Hoch.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Landesregierung respektiert die Staatsferne des öffentlichen Rundfunks absolut. Als Vorsitzland der Rundfunkkommission der Länder hat Rheinland-Pfalz dabei eine besondere Verantwortung. Ich stelle deshalb für die Landesregierung klar – Sie kennen das aus zahlreichen Urteilen, die in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ergangen sind –, dass Rundfunk ebenso wie auch andere Mediensparten und die gesamte Presse in der Bundesrepublik Deutschland vor politischen und parteilichen Einflussnahmen zu schützen sind. Das gebietet das Grundgesetz. Das ist hier sehr eindeutig. Das ist für unsere Demokratie konstitutiv.

Den Rundfunkanstalten obliegt die Programmautonomie und die Programmfreiheit. Eingriffe in das Programm und die Gestaltung sind untersagt.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Ist es auch!)

Wenn Sie, Herr Abgeordneter Paul, von Staatsfunk sprechen, nehmen Sie für sich ein Grundrecht in Anspruch,

nämlich das der Meinungsfreiheit, genauso wie zu Recht die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein Grundrecht für sich in Anspruch nehmen, nämlich der Rundfunkfreiheit.

Wenn ich Sie aber richtig verstehe, wollen Sie den Medien Inhalte vorschreiben und wollen, dass Ihnen nicht genehme Inhalte nicht mehr gesendet werden.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Richtig verstanden! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Meinungsvielfalt!)

Wenn das Ausfluss Ihres Grundrechtsverständnisses ist, dass das nur für einen selbst, aber nicht für andere gilt, dann bin ich umso mehr dem Abgeordneten Wink dankbar, dass er seine Rede offensichtlich mit einem Zitat der „Fantastischen Vier“ begonnen hat. Das geht nur ein bisschen weiter. Das beginnt nämlich mit „Heute ist wieder einer der verdammten Tage, die ich kaum ertrage“, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mich wundert auch, dass im Medienausschuss – das ist gerade zur Sprache gekommen – keine einzige Frage seitens der AfD-Fraktion formuliert wurde, als der Programmgeschäftsführer Florian Hager das Programm ausführlich erläutert hat. Offensichtlich ist etwas geschehen. Dafür bin ich doch ein Stück weit dankbar. Der Vortrag im Medienausschuss und die Debatte heute führten dazu, dass es – das braucht „Funk“ tatsächlich dringend – bei sehr guten und vielfältigen Inhalten etwas Werbung bedarf. Die Werbung machen wir heute zuhauf und für draußen. Der eine oder andere hier im Plenum hat mit Sicherheit im Vorfeld auf die Aktuelle Debatte zum ersten Mal das Angebot von „Funk“ genutzt. Es können gerne noch ein paar dazukommen.

Seit dem 1. Oktober ist „Funk“ offiziell am Start. Alle Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen stehen dahinter. Es hat Eingang in den 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag gefunden. Dieser Staatsvertrag wurde auch von allen 16 Länderparlamenten angenommen und ist in Kraft.

„Funk“ ist ein Format, das die Länder gerade mit Blick auf die jüngere Generation und den Bildungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beauftragt und gefördert haben. „Funk“ ist informativ. „Funk“ ist kurzweilig. Man kann bei „Funk“ auch in unserem Alter und mit Sicherheit auch in Ihrem noch einiges lernen. Ich bin dank meiner Kinder großer Fan von der „Sendung mit der Maus“ und „Wissen macht Ah!“. Ich kann Ihnen sagen, „Funk“ knüpft nahtlos daran an. Man kann tatsächlich sehr kurzweilig als Erwachsener das Jugendangebot der ÖffentlichRechtlichen nutzen.

(Beifall der SPD, vereinzelt bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber natürlich steckt „Funk“ noch in den Kinderschuhen. Wie das so ist, es ist Experimentierfeld für neue Formate. Diese Chance sollte man neuen Angeboten geben, meine Damen und Herren.

Bei der Rede des AfD-Abgeordneten hatte ich den Eindruck, dass bei dem einen oder anderen Format die dahinterliegende Satire nicht verstanden wurde. Aber das mag an mir gelegen haben.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Selbstverständlich muss sich ein Angebot wie „Funk“, das sich an junge Menschen richtet, mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen kritisch auseinandersetzen. Das geschieht. Aus meiner Sicht kann man den Programmmachern von „Funk“ keine politische Ideologie und keine gezielte Beeinflussung junger Menschen unterstellen.

Sehr verehrte Damen und Herren, demokratische Parteien und Institutionen und vor allem wir Abgeordneten, Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung tun gut daran, auch zu ertragen, wenn man von den Medien mal durch den Kakao gezogen wird. Das ist manchmal auch für einen selbst sehr reinigend.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Michael Frisch, AfD: Passiert Ihnen ja eher selten!)

Ich hatte eingangs schon gesagt, wer mit harten Worten, so wie Sie das häufig tun, für sich selbst die Meinungsfreiheit propagiert, manchmal sich sogar aus Pressemeldungen herauslesen lässt, dass Respekt und Anstand vor Verfassungsorganen fehlt, so wie wir das in den letzten Wochen erlebt haben, der muss auch akzeptieren können, dass andere Institutionen das machen und das sagen, wozu man bei uns im Rheinland sagt: So, wie es in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus.

Meine Damen und Herren, Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden, sich zu äußern. Das ist Programmsatz der Bundesrepublik Deutschland geworden und nicht nur für einen selbst und für Abgeordnete vor allem an diesem Pult, sondern für die ganze Medienlandschaft konstitutiv.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich, dass wir in Deutschland freie Medien haben, dass wir einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben. Ich freue mich auch darüber, dass wir alle manchmal, wie Sie es ausgedrückt haben, Masochisten sein müssen. Das müssen die Medien übrigens auch, wenn sie das ertragen, was sie von Ihnen zu hören bekommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)