Protokoll der Sitzung vom 03.05.2017

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Eine grüne Welt!)

Es ist klar gesagt worden, dass wir eine Grundlage haben, und diese Grundlage ist das Grundgesetz, meine Damen und Herren. Ich bin zufrieden mit dem Grundgesetz, und ich sehe Parteien und Fraktionen in diesem Landtag, die auch zufrieden sind mit dem Grundgesetz, ohne dass sie eine neue Debatte über Bach, Mozart und andere anstoßen, aber danach sagen, nur dann, wenn ihr uns folgt – wie Herr de Maizière es sagt –, nur wenn ihr uns folgt, dann seid ihr gute deutsche Bürger. Nein, wenn wir das Grundgesetz akzeptieren, sind wir gute deutsche Bürger, und das lassen wir uns nicht nehmen. Wir brauchen keine neue Leitkulturdebatte, wir brauchen eine ordentliche Auslegung des Grundgesetzes. Dazu sind wir in der Lage, dazu sind wir „Manns“ und „Fraus“, dazu sind wir fähig, auch diese Landesregierung kann das, und Sie brauchen keine falschen Vorwürfe in die Richtung zu machen, in die Sie es gern täten. Wir können das Grundgesetz verteidigen, und wir werden es auch verteidigen. Dabei wären wir froh, wenn die CDU ein klares Bekenntnis abgeben würde und nicht irgendwelche Schwurbeldebatten führen würde.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist dieser Teil der Aktuellen Debatte beendet.

Wir kommen nun zum dritten Thema der

AKUTELLEN DEBATTE

Aktion Grün – ein Beitrag gegen das Bienensterben auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/2920 –

Herr Abgeordneter Hartenfels hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Imkerverband von Rheinland-Pfalz hat in der letzten Woche Alarm geschlagen – wir konnten es der Presse entnehmen – aufgrund des massiven Bienensterbens, das wir zu beklagen haben. Wir reden von Größenordnungen von 20 % oder 30 % und bis zu 40 % in einzelnen Regionen in Rheinland-Pfalz. Bundesweit sind es sogar fast bis zu 50 %, die wir zu beklagen haben.

Das ist für uns natürlich Grund genug, eine Aktuelle Debatte zu dem Thema zu beantragen. Wir haben nicht vor, die Imkerinnen und Imker im Regen stehen zu lassen, sondern ich denke, es gibt wichtige Aspekte, die gerade an die Politik gerichtet sind und die wir natürlich auch politisch diskutieren müssen.

Vorneweg möchte ich deutlich machen, dass das Bienensterben für uns kein Randthema ist, sondern die Bienen sind die Hauptverantwortlichen, wenn wir über das Thema „Ernährung“ und ihre Bestäubungsleistung nachdenken, die weltweit etwa 200 bis 500 Milliarden Euro ausmacht. Sie stellen die Grundlage unserer Ernährung dar. Wir müssen diese wichtigen Umweltindikatoren – das sind sie – wahrnehmen und uns Gedanken über die Ursache des Bienensterbens machen.

Der Imkerverband hat zwei oder drei Problemkreise benannt, die ich ein Stück weit vertiefen will.

(Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund übernimmt den Vorsitz)

Das ist zum einen der Problemkreis der zu hohen Pestizidbelastung im landwirtschaftlichen Bereich. Es geht nicht um alle Pestizide. Es geht vor allem um die bienengefährlichen Insektizide. Wir müssen die Neonicotinoide in den Blick nehmen. Das sind die Insektizide, die sich vor allem auf das Nervensystem der Insekten auswirken und dann zum Beispiel bei den Bienen über die Schädigung des Nervensystems zu Orientierungslosigkeit und damit auch zu Verlusten in den Bienenbeständen führen.

Das ist aber nicht die einzige Ursache. Es ist inzwischen so gut dokumentiert, dass sich vor allem die Europäische Union überlegt, diese Wirkstoffe in Teilen zu verbieten. Wir hoffen, dass die Bundesregierung diesem Bestreben der Europäischen Union folgt und ein Verbot vornimmt. Es wäre schön, wenn wir im nationalen Alleingang – ähnlich wie Frankreich das getan hat; die Franzosen verbieten diese Wirkstoffgruppe bis zum Jahr 2018 – auch in Deutschland diesen Weg beschreiten und die Bundesregierung diesen Bemühungen folgt, damit wir eine Entlastung in diesem Bereich bekommen.

Es geht nicht nur um die Spritzmittel, sondern auch um die Folgen der seit Jahrzehnten stattfindenden industrialisierten Landwirtschaft, die in weiten Teilen Deutschlands und in Rheinland-Pfalz in einzelnen Regionen zu einer ausgeräumten Landschaft geführt haben.

(Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

Das bedeutet, wenn ich zum Beispiel an die Vorderpfalz denke, dass die Nahrungsgrundlage der Bienenvölker in Teilbereichen nicht mehr so vorhanden ist, um zu stabilen Bienenbeständen zu führen. Auch das muss in den Blick genommen werden. Wir haben Monokulturen, die über den Blühzeitpunkt nur noch zu einzelnen Jahreszeiten ein ausreichendes Nahrungsangebot zur Verfügung stellen.

(Zuruf des Abg. Dr. Timo Böhme, AfD)

Wir haben auch die Situation, dass inzwischen viele ex

tensive Wirtschaftsweisen weggefallen sind. Wir haben im Grünlandbereich die Situation, dass wir nur noch grasreiche Grünlandbestände und Vielschnittgrünland haben, die kein Blühangebot mehr so wie früher für die Insekten- und Bienenwelt zur Verfügung stellen. Es ist einfach wichtig, dass wir in dem Bereich auch wieder Schritte nach vorn machen und wieder zu deutlich vielfältigeren Landschaftsräumen kommen.

Nicht zuletzt – auch das hat der Imkerverband genannt – führen diese Stressfaktoren, die Pestizidbelastung auf der einen Seite, aber auch die ausgeräumten Landschaften auf der anderen Seite, zu der Situation, dass die Bienen für Parasiten anfälliger werden. Der Milbenbereich wurde bereits explizit angesprochen. Das führt in dieser Komplexität dann zu einem Bienensterben, das deutlich über dem liegt, das normalerweise zu erwarten wäre, nämlich etwa 10 % Verluste über den Winter im Bereich der Bienenvölker.

Wir können nicht die Bundesebene und die europäische Ebene beeinflussen, aber einiges auf Landesebene tun. Ich komme zum zweiten Teil des Titels dieser Aktuellen Debatte. Das ist die „Aktion Grün“. Wir haben im Doppelhaushalt als Koalitionsfraktionen die „Aktion Grün“ mit 2,5 Millionen Euro pro Jahr ausgestattet, die der Umsetzung der Biodiversitätsstrategie der Landesregierung dient. Diese Biodiversitätsstrategie hat genau die Vielfalt unserer Kulturlandschaft im Auge.

Die „Aktion Grün“ ist in neun Teilaspekte gegliedert. Zwei Teilprogramme will ich herausgreifen und besonders beleuchten. Das ist zum einen die Förderung des artenreichen Grünlandes. Das haben wir schon im Landesnaturschutzgesetz neu geregelt, wie zum Beispiel eine intensivere Erfassung, aber auch eine Ausweitung des artenreichen Grünlandes. Es ist wichtig, extensive Nutzungen zu fördern und im Ökolandbau stärker auf extensive Grünlandbewirtschaftung zu setzen.

Ein anderer Teil nennt sich – das passt sehr gut zu den Bienen – „Rheinland-Pfalz blüht“. Hier nehmen wir eher den besiedelten Bereich wieder in den Blick. Hier haben wir in den letzten Jahrzehnten die Situation, dass die öffentlichen Grünanlagen immer weniger auf artenreiches Grün setzen, sondern es eher um ein pflegeleichtes Grün gegangen ist, nämlich um ein Grün, das wenig dem Naturhaushalt zur Verfügung steht. Auch dieses Teilprogramm versucht, neue Akzente zu setzen,

(Glocke der Präsidentin)

die insbesondere der Insektenwelt und auch den Bienen zugutekommen.

Alles Weitere in der zweiten Runde.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Billen das Wort.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hartenfels, ich habe mich gefragt: Was wollen Sie denn mit dieser Aktuellen Debatte. Haben wir Karneval? – Dazu fällt mir nämlich direkt ein: Die Biene war nicht dumm. Sie flog um das rote Pferd herum.

Sind die Grünen wirklich jetzt so weit – die Befürchtung habe ich; ich sage bewusst „die Befürchtung“ –, dass ihnen gar kein Thema mehr einfällt, mit dem sie in Richtung Bundestagswahl aus dem absinkenden Umfrageergebnis herauskommen? Sie haben zwar mit der Wichtigkeit der Biene ein bisschen übertrieben, aber damit kommen Sie nicht heraus.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie dem Hohen Haus in Ernsthaftigkeit erklären wollen, dass die Bienen in Rheinland-Pfalz verhungern, wenn wir die „Aktion Grün“ nicht machen, dann spreche ich Ihnen einen Teil biologischen Wissens ab.

Ganz ernst. Das Thema ist eigentlich zu schade, Dinge zu verbreiten, die nicht wahr sind. Sie haben behauptet, die Bestäubungsleistung beträgt bis zu 500 Milliarden Dollar. Selbst Greenpeace ist nicht zurückhaltend, wenn es um Bestäubungsleistungen von Bienen geht. Ich möchte einmal denjenigen, die nicht wissen, was die Bestäubungsleistung von Bienen ist, Folgendes erklären: Wenn die Bienen nicht fliegen, keinen Honig produzieren und keinen Nektar saugen, dann verbreiten sie auch keine Pollen. Dann gibt es bestimmte Erträge nicht. Dann gibt es bestimmte Erdbeeren, Äpfel und Birnen nicht. Selbst Greenpeace sagt, die Bestäubungsleistung liegt zwischen 250 bis 260 Milliarden Dollar. Das hat aber mit der „Aktion Grün“ nichts zu tun.

Wenn Sie auch noch die Bundesregierung auffordern, für Bienen mehr zu tun, dann schauen Sie doch bitte ein einziges Mal – dazu sind Sie in der Lage – im Internet das Bundesministerium für Ernährung an und rufen das Stichwort „Bienen“ auf. Dann werden Sie feststellen, dass die Bundesregierung schon seit fünf Jahren für die Ernährung der Bienen dafür wirbt, auf Balkonen und Gärten mehr Blumen zu pflanzen.

Die Bundesregierung weist ausdrücklich darauf hin, dass man Pflanzenschutzmittel nur dann anwenden soll, wenn sie unbedingt notwendig sind und sie dann auch sorgfältig so anwenden soll, dass man sie nur nach Gebrauchsanweisung und nicht überdosiert nutzt. Das passiert – nebenbei bemerkt – nicht in der Landwirtschaft, sondern hauptsächlich in den Hobbygärten. Dort wird überdosiert, dass die Heide wackelt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir haben sogar Verbote ausgesprochen, dass ein bestimmtes Beizmittel für Getreide nicht mehr zulässig ist, weil der Staub dieses Beizmittels bienenschädlich ist. Das wurde alles getan.

Jetzt kommen Sie mit der „Aktion Grün“. Rheinland-Pfalz

blüht. Das haben wir doch immer gesagt, wenn die Landesgartenschau war. Rheinland-Pfalz blüht sowieso. Wenn Sie in Rheinland-Pfalz von ausgeräumten Landschaften und Ernährungsmangel für Bienen reden, dann kann einem nichts mehr einfallen.

Sie haben aber recht, dass sich manches verändert hat. Wenn Sie aber dann über die Evolution der Bienen nachdenken, können Sie sich das einmal anlesen. Das Internet macht dies möglich. Ich bin Ihnen außerordentlich dankbar. Ich habe mich einmal bis zum geht nicht mehr über die Bienen sachkundig gemacht, obwohl das Thema nicht aktuell ist.

(Beifall bei der CDU)

In Europa gibt es 500 Sorten. Sie glauben gar nicht, wie viel Arten von Bienen es gibt. Schmetterlinge sind auch wichtig. Es soll Bienen geben, die nicht fliegen können.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Im Internet gibt es viele Bienen!)

Das sind die Erdhummeln. Diese bekommen mit ihren kleinen Flügeln den Körper nicht hoch.

Noch einmal in aller Ruhe: Das Thema ist nicht aktuell. Die „Aktion Grün“ ist ein reines Würdigen der Landesregierung. Auch das muss man deutlich sagen. Die „Aktion Grün“ ist nur ein Zusammenstöpseln von Geld, das man aus anderen Töpfen herausgeholt hat und wieder an die gleichen Leute und ein paar andere verteilt. Man nennt das Ganze aber „Aktion Grün“. Insofern frage ich Sie: Haben Sie nichts Aktuelleres? – Ich rede gerne über Bienen.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann Ihnen noch etwas erzählen. Wir produzieren 25.000 Tonnen Honig in Deutschland. Dieser reicht leider nur für 20 %. Wir futtern nämlich das Fünffache, nämlich 125.000 Tonnen Honig. Das ist ein sehr gesundes Nahrungsmittel. Dieses hilft gegen vieles. Wenn Sie noch etwas von Bienen wissen wollen, bin ich gerne bereit, Ihnen Auskunft zu geben. Ich bitte Sie aber, das Thema „Bienen“ nicht in der Aktuellen Debatte im rheinland-pfälzischen Plenum zu diskutieren. Mit diesem Thema befinden sich die Grünen weit unter ihrem Niveau.