Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Minister, es steht völlig außer Frage, dass unsere Polizei eine hervorragende Arbeit leistet im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die man ihr gibt. Aber die Frage von Herrn Dr. Bollinger lautete ja: Beunruhigt Sie das? Sie haben gesagt, es ist unauffällig. Die Statistik zeigt jetzt aber eine Auffälligkeit, und nun erwarten wir eigentlich von Ihnen, dass Sie sagen: Ja, es ist auffällig, und wir müssen dagegen vorgehen und müssen als Landesregierung und natürlich auch als Innenministerium Maßnahmen ergreifen. Das war der Kern der Frage, um die es uns geht.

Wir ergreifen Maßnahmen in jeder Sparte der Kriminalität. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit. Ich habe Ihnen viele Beispiele zu Wohnungseinbruchsdiebstahl genannt. Auch dort gibt es Fälle, und auch diese haben wir in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst, bei denen Zuwanderer betroffen sind. Ich konnte gestern zum Beispiel in diesem Bereich über den Erfolg der rheinland-pfälzischen Polizei berichten. Im letzten Jahr gab es ein Minus von 5 %, im ersten Quartal dieses Jahres ein Minus von 22,9 %.

Es gibt andere Beispiele, die ich Ihnen soeben auch genannt habe, über Erfolge der Ermittlungsarbeit unserer Polizei. Wir haben gestern lange darüber diskutiert, wie die Polizei auch von der Ausstattung her permanent à jour gehalten wird. Das tun wir, wir sind führend mit dabei.

Natürlich geht doch kein Polizeibeamter oder keine Polizeibeamtin hin und schaut weg, wenn es Kriminalität gibt, an keiner Stelle. Dabei ist es völlig egal, von wem diese Kriminalität ausgeht.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das war wieder keine Antwort!)

Ich sehe keine weiteren Zusatzfragen, damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet. Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Uwe Junge (AfD), Identitätsfeststellungen an gefährlichen Orten – Nummer 3 der Drucksache 17/2918 – betreffend, auf.

Bitte schön, Herr Kollege Junge.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele dieser gefährlichen Orte im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes sind der Landesregierung aktuell in Rheinland-Pfalz bekannt, an denen Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben?

2. Welche Straftaten werden in diesem Zusammenhang vermutet?

3. Wie viele Identitätsfeststellungen wurden im Jahr 2016 bis zum 31. März 2017 an diesen Orten durchgeführt?

4. Zu wie vielen Festnahmen auf frischer Tat bzw. nach Verfolgung auf frischer Tat ist es aufgrund von Identitätsfeststellungen an diesen Orten im vorgenannten Zeitraum gekommen?

Danke schön.

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatsminister Lewentz.

Verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgangspunkt der Mündlichen Anfrage ist ein Vorfall Anfang April in Mainz, bei dem mehrere Polizeibeamte unter anderem durch Faustschläge verletzt wurden. Sie können gewiss sein, dass ich diesen Vorfall sehr ernst nehme, so wie ich generell jedes Ereignis sehr ernst nehme, bei dem Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte zu Schaden kommen. Ich denke, das gilt für uns alle.

Jüngst haben wir mit der Unterstützung der Gesetzesverschärfung des § 113 StGB ein weiteres Signal gesetzt, das unterstreicht, wie wichtig uns der Schutz von Polizeibeamtinnen, Polizeibeamten und Rettungskräften ist. Das sind wir den Menschen schuldig, die für unsere Gesellschaft Tag und Nacht für Sicherheit sorgen. Deshalb haben wir es in Rheinland-Pfalz nicht nur bei rechtlichen Änderungen belassen; vielmehr haben wir über die vergangenen Jahre hinweg ein Maßnahmenpaket geschnürt, das beispielsweise den Einsatz der Bodycam beinhaltet oder die Einführung des Distanzelektroimpulsgerätes, des sogenannten Taser, wissenschaftlich begleitet vorbereitet.

Bei den Tatverdächtigen des Vorfalls am 4. April 2017 handelt es sich um drei Personen afghanischer Herkunft im Alter von 18, 19 und 22 Jahren. Diese Männer wurden selbstverständlich unverzüglich der Strafverfolgung zugeführt. In dem Rahmen wurden sie unter anderem erkennungsdienstlich behandelt, das Ermittlungsverfahren dauert an.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies vorweggeschickt, beantworte ich die Fragen 1 bis 4 wie folgt:

Die Polizei richtet ihre Maßnahmen selbstverständlich an Brennpunkten aus. Darauf aufbauend, trifft sie im Einzelfall und lageangepasst sowohl präventive als auch repressive Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund ist es von der jeweiligen Situation abhängig und fortlaufend zu prüfen, inwieweit ein gefährlicher Ort im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Polizei- und Ordnungsbehördengesetz vorliegt.

Zurückliegend haben wir solche Örtlichkeiten landesweit im Zusammenhang mit der Einführung der Bodycam erneut intensiv unter die Lupe genommen. Die Polizei hat dabei in den Ober- und Mittelzentren die jeweiligen Brennpunkte definiert. Lassen Sie mich exemplarisch einige davon aufzählen: In Kaiserslautern und Koblenz waren dies einzelne Bereiche der Altstadt, in Mainz und Trier kristallisierten sich die Bahnhofsvorplätze als Problemörtlichkeiten heraus, und in Ludwigshafen war es der Berliner Platz.

Selbstverständlich unterliegen diese Beispielfälle vor dem Hintergrund einer ständigen Lagebewertung Veränderungen. Sie sind deshalb kontinuierlich zu überprüfen und die jeweils geeigneten polizeilichen Maßnahmen fortzuschreiben. Eine dauerhafte Festlegung wird weder den polizeilichen Bedürfnissen noch den rechtlichen Erfordernissen gerecht. Insofern gibt es auch landesweit keine Auflistung der Örtlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 POG, also eine Statistik über sogenannte gefährliche Orte, Orte, an denen erfahrungsgemäß Straftaten verübt werden. Demzufolge gibt es auch keine Bezugsstatistik, die entsprechende polizeiliche Maßnahmen wie beispielsweise Identitätsfeststellungen oder Festnahmen punktuell ausweist.

Sie können versichert sein, dass die Polizistinnen und Polizisten vor Ort genau wissen, wo sich die jeweiligen Kriminalitätsschwerpunkte befinden. Natürlich werden hierzu auch entsprechende polizeiliche Auswertungen vorgenommen. Gleichermaßen sind die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in der Lage, auch kurzfristig auf festgestellte Brennpunkte zu reagieren. Nicht zuletzt hat diese professionelle und engagierten Polizeiarbeit dazu geführt, dass Rheinland-Pfalz – wir wissen es – eines der sichersten Bundesländer ist. Die jüngst von mir dargestellte Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2016 hat dies erneut unter Beweis gestellt.

Danke. Gibt es Zusatzfragen?

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Junge.

Herzlichen Dank, Herr Minister. Ich habe noch eine Zusatzfrage und eine Anmerkung dazu. Nordrhein-Westfalen hat eine solche Liste aufgestellt, vielleicht ist der Beweggrund oder die Notwendigkeit dort eher gegeben. Also, für uns gibt es hier in Rheinland-Pfalz keine Liste, sondern Sie sagen, es orientiert sich nach einer lageabhängigen Bewertung?

Genau, lageabhängig, ja.

Danke schön.

Gibt es weitere Zusatzfragen? – Das sehe ich nicht, vielen Dank. Damit ist die dritte Mündliche Anfrage beantwortet.

Wir kommen damit zu der Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Cornelia Willius-Senzer und Marco Weber (FDP) , Rechtskundeunterricht – Nummer 4 der Drucksache 17/2918 –, betreffend.

Wer trägt die Fragen vor? – Bitte, Frau Willius-Senzer.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche konkreten Inhalte werden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Projekts des Justizministeriums „Rechtskundeunterricht für Flüchtlinge“ vermittelt?

2. Inwiefern bestehen bei diesem Projekt Kooperationen zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und Akteuren aus der Zivilgesellschaft?

3. Welches Konzept liegt dem Projekt „Rechtskundeunterricht für Flüchtlinge“ zugrunde?

4. Wie beurteilt die Landesregierung den bisherigen Erfolg des Projekts?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatsminister Mertin.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen 1 bis 4 der Mündlichen Anfrage zusammenhängend wie folgt:

Mit dem Projekt „Unsere Werte gemeinsam leben“ leistet das Ministerium der Justiz einen sehr erfolgreichen Beitrag

zur gelingenden Integration. Der Landesregierung und mir ist es sehr wichtig, auf die Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz zuzugehen. Viele Menschen sind in den letzten Jahren zu uns gekommen, die meisten mussten fliehen, ihre Heimat aufgeben und haben traumatische Ereignisse erlebt.

Diese Menschen müssen wir mit einer Perspektive in unserem Land ausstatten. Das ist eine Herausforderung, gewiss aber auch eine große Chance.

Das Rechtskundeprojekt führen wir gemeinsam mit unserem Projektpartner, dem Landesverband der Volkshochschulen in Rheinland-Pfalz, durch. Über 100 Referentinnen und Referenten aus der rheinland-pfälzischen Justiz, überwiegend Richter und Staatsanwälte, aber auch Juristen aus dem Strafvollzug und der Verwaltung sowie Rechtsreferendare, unterrichten in bislang 13 Volkshochschulen landesweit Flüchtlinge in der Regel mit Bleibeperspektive in den Grundlagen des deutschen Rechts.

Hierbei stehen neben den wichtigsten Grundrechten auch zentrale Fragen, wie der Aufbau und die Funktion der Europäischen Union, unser föderales System, der Staatsaufbau mit seinen wichtigsten Organen, aber auch unsere Grundwerte mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung von Mann und Frau und Toleranz im Mittelpunkt.

Dabei versuchen wir, den Flüchtlingen zu vermitteln, dass sie einerseits viele Freiheiten und Rechte haben, dass es aber auch Pflichten und Grenzen zu beachten gilt. Der Rechtsunterricht findet in Kursen zu jeweils vier Modulen statt. Die Module umfassen jeweils zwei Unterrichtseinheiten zu insgesamt 90 Minuten.

Folgende Module sind mit folgenden Inhalten vorgesehen:

Im Modul 1, Unser Staat – Aufbau und Prinzipien, geht es um Europa, Föderalismus, demokratische Republik, Rechtsstaatsprinzip und Sozialstaatsprinzip.

Im Modul 2, Unsere Werte – die Grundrechte, geht es um die Menschenwürde in Artikel 1 Grundgesetz, den Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 Grundgesetz, die Glaubensfreiheit in Artikel 4 Grundgesetz, die Meinungs- und Pressefreiheit in Artikel 5 Grundgesetz sowie die Ehe, Familie und Kinder in Artikel 6 Grundgesetz.

Das Modul 3, Verträge im Alltag, Rechte und Pflichten, befasst sich mit dem Vertragsrecht, dem Schadensrecht und dem Verkehrsrecht.

Im Modul 4, Verbotenes Handeln, Straftaten und ihre Folgen, geht es um Opferrechte, Zeugenrechte, das Strafverfahren, insbesondere das Gewaltmonopol des Staats, also keine Selbstjustiz, den Ermittlungsgrundsatz und die jeweiligen Zuständigkeiten sowie einzelne Delikte.