Protokoll der Sitzung vom 30.05.2017

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das war aber bestimmt in Hessen!)

Die Personalsituation ist an der betreffenden Schule bei drei Lehrerinnen, davon zwei auf einer halben Stelle, auf Kante genäht. Niemand darf erkranken, meine Damen und Herren.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Wo war das denn?)

Ganz zu schweigen von den Sekretariats- oder Hausmeisterarbeiten. Hierfür ist eine Stunde pro Woche veranschlagt. Diese Schule – ich sagte es bereits – liegt nicht im ländlichen Raum. Die nächste Grundschule ist zwei Kilometer entfernt.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Und wo ist es?)

Gegenbeispiel: Ganz andere Erfahrungen haben ich im Norden des Landes gemacht. Zwei renovierte Schulgebäude mit großem Pausenhof, neuer Heizungsanlage, die Kita ist über den Pausenhof erreichbar, und ein Neubaugebiet lässt steigende Schülerzahlen erwarten. Das pädagogische Konzept der Schule ist zukunftsorientiert, und die Ortsgemeinschaft schafft durch das Vereinsleben Synergien mit der Schule.

Diese beiden Beispiele machen deutlich, dass nur die Einzelfallbetrachtung zu Ergebnissen führen wird. Dies unter ausdrücklicher, gewollter Beteiligung der Schulträger, meine Damen und Herren. Schulleitung, Kollegium, ÖPR, Schulausschuss und Elternbeirat werden in diesen Prozess systematisch einbezogen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade weil das Ministerium immer deutlich gemacht hat, es muss eine Einbindung der Schulträger geben, ist doch dieser Prozess nach unten hin gebrochen worden und damit die Einbeziehung derjenigen vor Ort garantiert und auch sinnvoll.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Ich plädiere für meine Fraktion dafür, die Rückläufe der Schulträger auf der Grundlage der schon erwähnten Leitlinien abzuwarten.

Meine Damen und Herren, es wird Schulen geben, deren Strukturen optimierbar sein werden. Es wird solche geben, die wie bisher ihre pädagogische Arbeit in der gewohnten Art fortsetzen werden. Dafür brauchen wir keine neuen gesetzlichen Regelungen, sondern Geduld und Sachverstand. Wir warten den Prozess ab. Dann werden wir genau hinschauen, wie viele von den 41 Grundschulen tatsächlich in diesen Prozess eingebunden werden und wie das Endergebnis aussehen wird.

(Glocke des Präsidenten)

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächstem erteile ich Herrn Abgeordneten Köbler von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Kurze Beine – kurze Wege“ – dieser pädagogische Grundsatz gilt für uns; der gilt in Rheinland-Pfalz. Mit 964 Grundschulen haben wir im Land auch ein sehr, sehr dichtes Netz an wohnortnahen Grundschulen.

Lassen Sie mich sagen, dass ich sehr, sehr stolz darauf bin, dass es uns insbesondere in der vergangenen Legis

laturperiode mit der Absenkung der Klassenmesszahl auf 24 Schülerinnen und Schüler gelungen ist, gemeinsam mit Hamburg die kleinsten Grundschulklassen in der Bundesrepublik Deutschland in Rheinland-Pfalz zu haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Das ist sozusagen die pädagogische Dividende auf die demografische Entwicklung. Das ist auch das Bekenntnis dieser Landesregierung und der sie tragenden Koalition zu Koalitionen für wohnortnahe Grundschulstandorte auch im ländlichen Raum, die durch diese Maßnahmen mit gesichert werden konnten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Kollege Licht hat völlig zu Recht gesagt, dass die gesetzliche Grundlage im Schulgesetz, § 13, ich glaube, noch aus den 70er-Jahren stammt. Meines Wissens hat damals die CDU regiert und dieses Gesetz verabschiedet. In ungefähr 100 Fällen wird diese Grenze unterschritten. Wir wollen dennoch die Grundschulstandorte erhalten. Das zeigt, dass es diese Grundschulstandorte alle noch gibt. Wäre das, was Sie sozusagen der Landesregierung unterstellen, dass sie Grundschulstandorte schließe, Realität, dann würde es diese Grundschulstandorte nicht mehr geben.

Im Gegenteil, die Schulpolitik zielt darauf ab, das wohnortnahe Angebot zu erhalten. Ich sehe auch die Leitlinien als eine Reaktion auf den Rechnungshof mit dem Ziel, möglichst viele dieser Grundschulstandorte, da wo es pädagogisch und siedlungspolitisch sinnvoll ist, zu erhalten. Deshalb sind die Leitlinien dafür da, Grundschulstandorte in der Regel zu erhalten und eben nicht abzuwickeln. Das ist das, was wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Es geht uns darum, möglichst viele dieser 100 Grundschulstandorte in Rheinland-Pfalz im Dorf zu erhalten, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Herr Licht, ich war vorvergangenen Sommer in Klotten. In Klotten, das wissen Sie, ist die kleinste Grundschule in Rheinland-Pfalz mit sieben Schülern. Nein, nicht pro Klasse, sondern in der gesamten Schule. Das ist eine wunderschöne Schule in einem tollen alten Schulgebäude. So wie wir Hippster aus der Großstadt uns das vorstellen, werden alle in einer Klasse unterrichtet. Es ist super heimelig, und die Kinder sind total happy und glücklich. Das war vorvergangenes Jahr. Damals haben die Bürgerinnen und Bürger, die Eltern schon gesagt: Wir haben Angst. Uns wird gar nichts gesagt. Schulverwaltung, Schulentwicklung. Wir kennen auch das Gesetz, dass vielleicht mir nichts, dir nichts irgendwann unser Schulstandort geschlossen wird. –

Genau diese Unsicherheit wird durch diese Leitlinien und den Prozess, den Frau Kollegin Lerch beschrieben hat, beseitigt. Es ist am Ende die Entscheidung gemeinsam mit den kommunal Verantwortlichen innerhalb der Schulentwicklungsplanung, dass im Landkreis Cochem-Zell eine andere Situation wie im benachbarten Rhein-HunsrückKreis, im Donnersbergkreis oder anderswo ist. Um genau auf diese Besonderheiten vor Ort eingehen zu können,

brauchen wir diesen Prozess.

An der einen Stelle kommt man zu dem Ergebnis, es macht Sinn, einen Grundschulstandort zu erhalten. An anderer Stelle kommt man vielleicht zu dem Ergebnis, es macht Sinn, die Nachbargrundschule zu stärken und dort einen Hort, eine Kita oder anderes einzurichten. In einem weiteren Fall kann es sinnvoll sein, die Eigenständigkeit aufzulösen und einen Sprengel zu errichten. Das können wir nicht landesweit vorgeben, sondern das muss mit den Beteiligten vor Ort entwickelt werden, damit es am Ende angenommen wird.

Herr Licht, wissen Sie, Klotten hat mehr als sieben Schülerinnen und Schüler im schulpflichtigen Alter innerhalb seiner Einwohner. Ich glaube, es sind vier- bis fünfmal so viele, das heißt, die Kinder gehen gar nicht alle vor Ort auf die Grundschule. Warum ist das so? Die Eltern suchen vielleicht ein Ganztagsangebot. Die Eltern schauen vielleicht, dass sie in der Nähe ihrer Arbeitsstätte auf die Schule gehen.

Das größte Problem dieser kleinen Schulen ist die eigenständige Verwaltung, weil es dafür kaum noch Stundendeputate ergibt, weil die Messzahlen zu klein sind, um eine solche Schule sinnvoll zu verwalten. Was ist, wenn morgens die eine Lehrerin krank wird? Was passiert dann? Eltern sagen, dieses Risiko will ich nicht eingehen, ich bringe mein Kind lieber drei bis vier Kilometer weiter auf die nächste Grundschule. Da weiß ich, da kann kurzfristig eine adäquate Vertretung sichergestellt werden. Ich glaube, aus diesem Grund sind diese Leitlinien so klug, weil sie sagen, es gibt nicht die eine Lösung für ganz Rheinland-Pfalz.

Ich komme jetzt noch einmal zur hippen Großstadt. In Klotten reden wir über sieben Schüler. In Mainz reden wir über die Einrichtung von Grundschulen mit sieben Zügen pro Klassenstufe. Was erzählen Sie den Eltern hier in der Stadt? Da gibt es sieben Schüler. Die wollen Sie erhalten, egal was passiert. Ich sage Ihnen, das wird nicht funktionieren. Hier wollen Sie sieben Züge à 24 pro Klassenstufe, riesige Grundschulstandorte einrichten, weil es aufgrund der demografischen Entwicklung und der finanziellen Zwänge anders nicht mehr geht.

Sie müssen schauen, wenn Sie von gleichen Lebensverhältnissen reden, was das entsprechend für den anderen bedeutet.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, der Vorschlag der CDU führt nicht zum Erhalt von Grundschulen. Er wird das Problem nicht lösen. Er wird ähnlich wie damals bei den Hauptschulen nur dazu beitragen, das Problem zu verdrängen. Deswegen wird meine Fraktion diesem Gesetzentwurf so nicht zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Dr. Hubig.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fasse den Gesetzesantrag der CDU-Fraktion ganz kurz zusammen: Es soll nicht nur alles so bleiben, wie es ist, sondern es soll in Zukunft noch mehr kleinste Grundschulen geben frei nach dem Motto: Alles ist erlaubt.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Das will die CDU erreichen, indem sie die vom Schulgesetz vorgegebene Mindestzügigkeit absenkt bzw. faktisch aufhebt.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Sie können noch nicht einmal zusammenfassen!)

Doch, Herr Licht. Lesen Sie einmal Ihren eigenen Gesetzentwurf.

(Abg. Martin Haller, SPD: Genauso ist es!)

Sie müssen Ihren Kopf nicht schütteln, das ist so.

Die Mindestzügigkeit wurde – wir sprechen übrigens eine Zeit an, die schon etwas länger her ist, als die CDU noch regierte – aus gutem Grund gesetzlich geregelt.

(Abg. Martin Haller, SPD: Da erinnert sich doch keiner mehr dran!)

Die Mindestzügigkeit gewährleistet die beste Bildung für Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz. Das ist und bleibt das Ziel.

An den kleinen Grundschulen im Land und übrigens auch an den großen wie in Mainz und Ludwigshafen wird hervorragende Arbeit von den Lehrerinnen und Lehrern geleistet. Je kleiner eine Schule ist, umso enger sind die Grenzen des Machbaren und des pädagogischen Angebotes.

(Zuruf der Abg. Dorothea Schäfer, CDU)

Es gilt, die organisatorischen Voraussetzungen, die Schule benötigt – fachlicher und pädagogischer Austausch im Kollegium, einen geregelten Vertretungsunterricht, Differenzierungs- und Zusatzangebote –, sicherzustellen. Wir werden von diesen Prinzipien nicht abrücken. Mit den Leitlinien machen wir verantwortungsvolle Politik mit Augenmaß.

Was machen Sie? Sie machen es sich einfach. Wenn Sie mir vorwerfen, ich würde verunsichern, kann ich nur sagen, wer wider besseres Wissen Presseerklärungen herausgibt und von Schulschließungswellen spricht, der trägt zur Verunsicherung bei, nicht wir.