Protokoll der Sitzung vom 30.05.2017

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Logopäde, Soziologe!)

In größeren Schulen können sie sich kollegial austauschen, Vertretungsunterricht kann besser geregelt werden, Differenzierungs- und Zusatzangebote, Arbeitsgemeinschaften, Schulfeste, Ganztags- und Schwerpunktschulangebote, all das ist möglich. Kinder können ein vielfältigeres soziales Miteinander erleben.

Dabei sind moderne Lehr- und Lernmethoden unabhängig von der Größe einer Schule. Es ist schon ein bisschen bezeichnend, dass jetzt ausgerechnet die CDU jahrgangsübergreifende Klassen als neue pädagogische Arbeit würdigt. Wenn wir früher darüber geredet haben, sah die Realität bei der CDU ganz anders aus.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist kein exklusiver pädagogischer Ansatz für kleine Grundschulen, sondern das ist ein pädagogischer Ansatz, der auch heute schon in größeren Schulen geht. Wenn er von den Eltern und den Schulen gewünscht wird, kann er zum Einsatz kommen. Dazu gehört auch die Kooperation mit der örtlichen Kita. Auch das kann heute schon gefördert werden.

(Glocke des Präsidenten)

Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab und werden alles Weitere im Ausschuss besprechen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Paul von der Fraktion der AfD.

Liebe Kollegen, liebes Präsidium! Werden die Dörfer von der rot-grün-gelben Landesregierung im Stich gelassen? Muss ausgerechnet bei unseren Kindern, bei unseren Familien in der Bildung gespart werden, obwohl Steuereinnahmen in Rekordhöhe zu verzeichnen sind? Diese Fragen stellen sich derzeit viele Eltern in Rheinland-Pfalz, deren Kinder im ländlichen Raum eine Grundschule besuchen.

Hintergrund sind die am 31. Januar präsentierten neu

en Leitlinien der Landesregierung für ein wohnortnahes Grundschulangebot.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Die hat uns DITIB – – –)

Nach diesen Leitlinien droht 41 Dorfschulen das Aus, Herr Schweitzer. Das wollen die betroffenen Eltern in den jeweiligen Orten aber nicht einfach so hinnehmen. So wurden allein im Hunsrück mehr als 25.000 Unterschriften gegen die Pläne der Regierung gesammelt. Elternsprecher halten die Schule für einen wichtigen Bezugspunkt im Dorf. Sie sei auch deshalb nicht zu schließen, weil sie junge Familien anlocke. Das sehen wir, die AfD, genauso.

Die Grundschulen sind dort die letzten Bastionen, nachdem häufig Ärzte, Apotheken, Gaststätten und Sparkassen bereits nicht mehr vorhanden sind. Die Argumente der Landesregierung lauten, Druck vom Landesrechnungshof – hier ist er auf einmal zu spüren –, fehlende pädagogische Zusatzangebote, wie Arbeitsgemeinschaften, Ganztagsoder Schwerpunktschulangebote. Sie sind nicht stichhaltig; denn erstens zielt die Kritik des Landesrechnungshofs nicht auf die grundsätzliche Existenz von kleinen Grundschulen ab. Der Landesrechnungshof orientiert sich vielmehr an gesetzlichen Regelungen und deren Umsetzung. Wenn also das Schulgesetz geändert wird, gibt es auch keine Kritik des Landesrechnungshofs.

Zweitens, in Grundschulen soll eine ordentliche Grundbildung vermittelt werden, nämlich Lesen, Schreiben, Rechnen. Pädagogische Zusatzangebote, wie Arbeitsgemeinschaften, Ganztags- oder Schwerpunktschulangebote, genießen nicht die höchste Priorität.

In der Diskussion um die Schließung von kleinen Grundschulen sind für uns, die AfD, nur drei Aspekte maßgebend: Die Lernergebnisse der Schüler, die Zufriedenheit der Eltern und die Stärkung des ländlichen Raums.

(Beifall der AfD)

Alle drei Aspekte liefern offenkundig keine Argumente für eine Schließung oder für Schließungen. Der Lehrerverband VBE widersprach Bildungsministerin Hubig ebenfalls. Pädagogischer Anspruch müsse vor Kostenerwägungen gehen. In einer Stellungnahme heißt es, an einer kleinen Schule zu lernen, ist kein Nachteil für die Bildungsbiografie, ganz im Gegenteil.

Die Lernatmosphäre ist zweifelsfrei wesentlich besser als an Grundschulen in Ballungsregionen. Das belegt ein Brandbrief, den 57 Rektoren und 18 Konrektoren im benachbarten Hessen an den dortigen Kultusminister schrieben, weil die Situation an zahlreichen Grundschulen dort in den Ballungsgebieten offenbar untragbar geworden ist. Guter Unterricht sei unter diesen Umständen der von oben verordneten Vielfalt in den Klassen teilweise gar nicht mehr möglich. Umso unverständlicher die Politik des Bildungsministeriums in Rheinland-Pfalz.

Es spricht viel dafür, dass die rot-grün geführte Landesregierung den ländlichen Raum abgeschrieben hat.

(Abg. Thomas Roth, FDP: Sie haben gelb vergessen!)

Sie fühlt sich offenbar in erster Linie einer hippen städtischen Großstadtkultur verpflichtet.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, AfD)

Die AfD dagegen verfolgt für Rheinland-Pfalz einen ganzheitlichen Ansatz, Herr Schweitzer.

(Beifall der AfD)

Sie scheinen sich getroffen zu fühlen. Das stelle ich fest.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Absolut!)

Wir wissen um die Bedeutung des ländlichen Raums und erweisen ihm die entsprechende Wertschätzung. Deshalb fordern wir, der ländliche Raum ist in seiner Funktion als Wirtschafts-, Erholungs- und Lebensraum für die Bevölkerung zu erhalten und insgesamt zu stärken, Herr Schweitzer.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Jeder Abgeordnete meiner Fraktion weiß mehr über dieses Land, als Sie jemals vergessen können!)

Wir bekennen uns zur Pflicht des Staats, die dortige Daseinsvorsorge zu garantieren und gleichwertige Lebensverhältnisse gegenüber den städtischen Regionen anzustreben. Dies gilt insbesondere in den Bereichen der Digitalisierung, der Infrastruktur, der medizinischen Versorgung und natürlich und gerade im Bereich der Bildung. Ein Sparkurs auf Kosten unserer Familien und Schüler lehnen wir, die AfD, auf das Entschiedenste ab. Die AfD-Fraktion steht fest an der Seite der zu Recht besorgten Eltern und fordert die Landesregierung auf, ein Konzept zu entwickeln, das den ländlichen Raum für Familien attraktiv macht.

(Beifall der AfD)

Dazu gehört unbedingt auch der Erhalt kleiner Grundschulen. Die AfD-Fraktion stimmt daher dem Gesetzentwurf der CDU zu.

Wir appellieren ein weiteres Mal an die FDP, die Interessen des Landes Rheinland-Pfalz über die Interessen der rot-grün geführten Koalition zu stellen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Die hören doch gar nicht zu!)

Sorgen Sie endlich dafür, dass die bürgerliche Mehrheit im Landtag auch im Abstimmungsverhalten zum Wohle unseres Landes sichtbar wird.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lerch von der Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Machen Sie sich über die Position der FDP in Sachen Bildungspolitik keine Gedanken. Wir wissen, wo wir stehen.

(Heiterkeit des Abg. Uwe Junge, AfD)

Wir sagen, dass das Grundschulangebot in RheinlandPfalz verlässlich, planbar und nachhaltig ist.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit dies auch in Zukunft so bleibt, gilt es jetzt, den von der Landesregierung eingeleiteten Leitlinienprozess für ein wohnortnahes Grundschulangebot Schritt für Schritt umzusetzen. Das ist die Orientierung. Damit wird auch den Auflagen des Rechnungshofs Folge geleistet.

Meine Damen und Herren, 41 Grundschulen erfüllen derzeit nicht die Vorgaben des Schulgesetzes.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Viel mehr!)

Deshalb ist eine Überprüfung der Rahmenbedingungen für diese kleinen Grundschulen angesagt, und zwar – das ist ganz wichtig – in jedem einzelnen Fall. Nur die Einzelfallüberprüfung lässt verlässliche Schlussfolgerungen zu.

Im Entwurf wurden übrigens diese Leitlinien vielen am Prozess Beteiligten zugesandt. Die wenigen Änderungen, die auf diese Anfrage zurück kamen, zeigen deutlich, dass eine große Übereinstimmung mit diesem Entwurf existiert. Die am Prozess Beteiligten haben reagiert, und sie haben positiv reagiert.

Meine Damen und Herren, um die Einzelfallprüfung noch einmal zu untermauern, möchte ich zwei Beispiele nennen. Ich habe mich natürlich auch in der letzten Zeit an Grundschulen umgeschaut und versucht, mir ein konkretes Bild zu machen. Dabei bin ich auf zwei unterschiedliche Facetten gestoßen.

In der einen Schule, die ich besucht habe – sie lag nicht im ländlichen Raum, wir sprechen nicht nur vom ländlichen Raum; denn Grundschulen gibt es überall –, war die bauliche Situation marode, die Heizungsanlage war veraltet, und Barrierefreiheit war ein Fremdwort.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das war aber bestimmt in Hessen!)