Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

(Vereinzelt Beifall bei CDU, SPD, AfD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben ein Recht dazu, Auskunft zu bekommen. Das ist doch gar keine Frage. Alles andere bekommen wir schließlich auch erzählt. Wir bekommen etwas über jede Messstation für Nitrat erzählt. Alles andere bekommen wir auch erzählt. Das ist auch kein Geheimnis.

Das ist das Problem der Politik. Wenn man etwas zu einem Geheimnis macht und so tut, als hätte man etwas zu verbergen, bekommt man ein Problem. Es geht also um offene Auskunft. Nach jetzigem Stand heißt es, es kommt nichts unten an.

(Glocke der Präsidentin)

Wir werden es dann erfahren. Ich bin Ihrer Meinung. Ich weiß nicht, warum man noch eineinhalb Jahre für ein Gutachten braucht. Ich denke, die Gebiete, in denen Kerosin abgelassen wird, sind klar. Das Messen kann doch nicht so schwierig sein. Eine Bodenprobe dauert 14 Tage, Herr Kollege Weber. Dann haben wir aber das genaue Ergebnis.

(Glocke der Präsidentin)

Dann haben wir nicht die grobe, sondern die feine Untersuchung gemacht.

Insofern werden wir gemeinsam für dieses Thema kämpfen.

(Beifall bei CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.

Wir kommen zum zweiten Thema der

AKTUELLEN DEBATTE

EU-Kommission fordert europaweit einheitliches Pkw-Mautsystem: Gemeinsam in Europa oder deutscher Sonderweg? auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 17/3311 –

Es spricht Herr Kollege Wink.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Wochen hat die EU-Kommission am 31. Mai 2017 das Konzept „Europa in Bewegung“ vorgelegt. In diesem kündigte die Kommission an, bis zum Jahr 2027 ein europaweites einheitliches Mautsystem einführen zu wollen. Die Verkehrskommissarin Bulc will bis zum Jahr 2019 einen gemeinsamen Konsens finden.

Gleichzeitig hat Bundesverkehrsminister Dobrindt angekündigt, an dem von ihm geplanten Vignettensystem festzuhalten, und das Ausschreibungsverfahren für den Betrieb des analogen deutschen Mautsystems gestartet.

Das Ziel des Bundesverkehrsministers ist es, die Maut im Jahr 2019 starten zu lassen. Das sture Festhalten an dem Vignettenplan und das Ignorieren der Vorschläge der Kommission wird mit großer Sicherheit dazu führen, dass die deutsche Pkw-Maut bereits wenige Jahre nach ihrer kostspieligen und aufwendigen Einführung wieder hinfällig ist. Nachhaltiges und vorausschauendes politisches Handeln sieht in diesem Bereich anders aus.

Um es konkret zu machen: Der Bürger soll künftig nicht nur für die Nutzung von Autobahnen zahlen, nein, er wird

kräftig zur Kasse gebeten. Weniger Einnahmen als geplant minus administrativen Aufwand minus Kfz-SteuerVerrechnung minus Steuerverluste in den Grenzregionen durch Wegfall von Tagesgästen im Tourismus und Handel minus doppelte Einführungskosten: Ich frage mich, was von dieser Maut noch hängenbleiben soll.

(Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben darüber gesprochen, wie einmalig und notwendig zugleich die europäische Integration ist. Harmonisierung von Märkten, Regeln und Standards haben unseren Kontinent zu einem Ort der Prosperität gemacht. Wir haben stets gut daran getan, auf nationale Alleingänge zu verzichten.

Nun, da es um das konkrete Ausfüllen und Leben dieser Werte geht, ignoriert der Bundesverkehrsminister die Vorschläge der EU und hält stur an seinem Modell fest. Er beschreitet somit einen deutschen Sonderweg. Auch gelebte europäische Integration sieht in diesem Bereich anders aus.

Deshalb haben wir gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern in der Vergangenheit des Öfteren auf die schädliche Auswirkung der Pkw-Maut hingewiesen. Vor allem unsere grenznahen Regionen, die stark auf den Tagestourismus aus dem europäischen Ausland angewiesen sind, werden aufgrund der Maut und der damit verbundenen Verringerung der Anzahl der Tagesgäste einen massiven wirtschaftlichen Schaden erleiden.

Während wir in Rheinland-Pfalz mit der EnqueteKommission Tourismus und der Entwicklung der Tourismusstrategie 2025 daran arbeiten, unser Land für Gäste und Touristen aus dem Ausland noch attraktiver zu machen, verlangt der Bundesverkehrsminister ein Eintrittsgeld für unser Land und erhebt Wegezoll.

Deshalb bin ich dem rheinland-pfälzischen Verkehrsminister Dr. Volker Wissing und der Landesregierung sehr dankbar, dass sie im Bundesrat mehrfach konstruktive Vorschläge zur Pkw-Maut gemacht haben. Dieses Vorgehen wurde von zahlreichen Interessenvertretern als positiv bewertet: IHK, HWK und auch der DGB, um nur einige wenige zu nennen. – Leider wurden die Anregungen in Berlin stets abgelehnt.

Weil unser rheinland-pfälzischer Verkehrsminister in der Vergangenheit der letzten Monate so oft als Ankündigungsminister betitelt wurde, erlauben Sie mir ein Zitat: „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben.“ Dies sagte nämlich die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende damals kurz vor der Bundestagswahl, als sie mit Peer Steinbrück in der Diskussion stand. Diese Aussage und das Thema der Aktuellen Debatte könnte man als Indikator für die Halbwertszeit von Wahlversprechen der CDU benutzen.

(Zuruf der Abg. Elfriede Meurer, CDU)

Alles in allem lehnen wir deshalb nicht nur die Maut an sich ab, sondern auch einen deutschen Sonderweg.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Oster.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Thema „Pkw-Maut“ hat uns im Parlament in der letzten und auch in dieser Legislaturperiode bereits mehrfach beschäftigt. Ich möchte heute einmal ganz anders beginnen, nämlich mit zwei Zitaten.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Mal etwas anderes!)

Das erste Zitat ist vom 1. September 2013. Ich glaube, alle, die sich ein bisschen mit der Pkw-Maut beschäftigen, werden direkt wissen, was ich meine, nämlich den Satz, „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben“, so damals die Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Jetzt könnte man meinen, es ist Ironie. Es war auf den Tag genau ein Jahr später, nämlich am 1. September 2014, ich zitiere wieder unsere Bundeskanzlerin, diesmal mit einem anderen Satz: „Um es ganz klar zu sagen: Sie“ – die Maut – „steht im Koalitionsvertrag, und sie wird kommen.“

Wir dürfen in diesem Haus gewisse Worte nicht in den Mund nehmen.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Das ist euch total fremd, vor und nach der Wahl!)

Die Presse jedoch darf diese Worte in den Mund nehmen und betitelte es damals als „die Mautlüge“.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Die SPD hat doch zugestimmt!)

Wenn eines in dieser Debatte klar feststeht, dann, dass die Kanzlerin Wortbruch begangen hat, um das Prestigeobjekt der kleinen Schwesterpartei abzunicken.

Die Pläne von Verkehrsminister Dobrindt sind und bleiben europafeindlich und tragen dazu bei, dass jedes Land am Ende wieder in Grenzregionen denkt und eigene Mautzonen einführt. Das ist zu kurz gedacht und wird dem europäischen Sinn nicht gerecht.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr richtig!)

Die Medien schreiben unisono von einem Bürokratiemonster, welches einen immensen Personalaufwand mit sich bringt, der heute schon abzusehen ist. Am Anfang hieß es, das soll über 600 Millionen Euro in die Kassen spülen. Dann sprach man von 500 Millionen Euro. Mittlerweile ist zu lesen, wenn alles gut läuft, bekommen wir noch 200 Millionen Euro durch die Pkw-Maut in die Kassen.

Aktuell wird unser Bundesfinanzminister dazu etwas deutlicher. Wolfgang Schäuble rechnet nun sogar damit, dass

Dobrindts Mautpläne mittelfristig zu Mindereinnahmen im Haushalt führen und weit weg von Mehreinnahmen sein werden.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Unglaublich!)

Dies ist festzuhalten. Wenn der Bundesfinanzminister das schon sagt, soll das etwas heißen.

Nun komme ich zu den Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz. Was bedeutet das für uns? Der Kollege hat es schon angesprochen. Wir dürfen es nicht riskieren, dass in den Grenzregionen der Pendlerverkehr aus den Nachbarstaaten zurückgeht und die Besucherzahlen abnehmen. Wir sind unabdingbar auf diesen Wirtschaftstausch angewiesen.

Alle Wirtschaftsverbände schlagen Alarm und warnen vor großen Rückgängen. Unsere rheinland-pfälzische Initiative im Bundesrat – es wurde angesprochen –, zumindest mautfreie Korridore einzuführen, wurde auch nicht angenommen. Die EU dagegen hält unsere Pläne für sinnvoll und will sie voranbringen. Man sieht, hier wird stur gegen die Interessen der Allgemeinheit gekämpft. Das ist nicht zielführend.

(Beifall der SPD und der FDP)

Die Negativschlagzeilen zur Pkw-Maut reißen gar nicht mehr ab, Stichwort „Datenschutz“, ganz aktuell. Es hieß immer, die Kameraaufzeichnungen würden nur zu Abrechnungszwecken genutzt werden. Zwischenzeitlich wissen wir, auch hier wurde uns nicht die volle Wahrheit gesagt. Der Datenschutz wird anscheinend nicht großgeschrieben.