Protokoll der Sitzung vom 04.09.2017

ditierung von Studiengängen in Deutschland gegründet. Darin übernimmt ein Akkreditierungsrat beispielsweise die Aufgabe der Zulassung von Akkreditierungsagenturen, also die Funktion einer Zulassungsbehörde, und soll für einen fairen und geregelten Wettbewerb sorgen, also auch in der Funktion eines Wettbewerbshüters.

Im neuen Staatsvertrag nun soll der Akkreditierungsrat nicht nur die Zulassung und den Wettbewerb kontrollieren, sondern er soll letztinstanzlich sämtliche Akkreditierungsentscheidungen für alle Studiengänge in Deutschland treffen. Meine Damen und Herren, ich sagte schon, ein ehrenamtlich besetzter Akkreditierungsrat für über 18.500 Studiengänge an deutschen Hochschulen! Nun, ich bin gespannt, wie das gestaltet werden soll.

Grundsätzlich soll neu die maßgebliche Strukturverantwortung von den Bundesländern an eben diesen Rat übertragen werden. Der Akkreditierungsrat würde somit die hoheitliche Verantwortung der Bundesländer übernehmen und durch seine Beschlüsse automatisch die staatliche Genehmigung von Studiengängen ersetzen. Eine Prozessverantwortung wird so durch den Akkreditierungsrat nicht mehr moderiert und begleitet, sondern an diesen abgegeben. Wollen wir das? Ist das im Interesse eines Landes, das sich um die Ausgestaltung, um die Weiterentwicklung seiner Hochschulen ernsthaft vom jeweiligen Start bis ins Ziel auch kümmert?

Ich spreche nun tatsächlich uns als Parlamentarier an, und ich sage noch einmal, das ist kein Streit zwischen CDU und SPD; denn die Ministerpräsidenten haben quer durch die Fraktionen unterschrieben. Ich sage, föderaler Einfluss darf nicht aufgegeben werden, sondern muss inhaltlich weiterentwickelt werden.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Meine Damen und Herren, als Landesparlament kann man der vorgelegten Entwicklung doch so nicht zustimmen. Wir, die CDU-Fraktion, werden eine Anhörung im entsprechenden Ausschuss beantragen. Bildung braucht neue Ideen, Impulse und Gedanken.

(Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, dies würde, wenn die Umsetzung so kommt, gerade die kleineren Hochschulen treffen. Die Entwicklung neuer Studiengänge wird dadurch mit erheblich erhöhtem Risiko behaftet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich lade Sie zu einer offenen Diskussion ein, und ich hoffe, dass wir daran noch einmal etwas verändern können

(Glocke der Präsidentin)

und dass wir als Parlament am Schluss gestärkt und nicht geschwächt aus dieser Diskussion herausgehen.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Klomann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom Februar letzten Jahres das Verfahren der Akkreditierung von Studiengängen für vereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, dabei insbesondere auch mit dem Grundsatz der Wissenschaftsfreiheit und dem Grundsatz, dass für Entscheidungen dieser Art der Staat Vorgaben machen muss. In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es dazu:

„Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit steht zwar Vorgaben zur Qualitätssicherung von Studienangeboten nicht entgegen; wesentliche Entscheidungen zur Akkreditierung von Studiengängen darf der Gesetzgeber jedoch nicht anderen Akteuren überlassen.“

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Gericht bemängelt also, dass der Gesetzgeber, also die Länder, sich bis dahin bei der Übertragung der Qualitätskontrolle der Hochschullehre an privatrechtliche Agenturen auf nur wenige bis gar keine Vorgaben beschränkte. Es fehle, so das Bundesverfassungsgericht, im nordrheinwestfälischen Hochschulgesetz selbst eine grobe Zielbestimmung. Diese fehlende Ausrichtung ist nach Auffassung des Gerichts auch nicht kompensiert durch allgemeine Formulierungen in Hochschulgesetzen oder durch das Akkreditierungsstiftungsgesetz, weshalb eine Neuregelung notwendig wurde.

Der Staatsvertrag stellt Dinge, die einem vielleicht auch schon vor dem Beschluss des Verfassungsgerichts als selbstverständlich erschienen, noch einmal klar. In Artikel 1 heißt es: „Die Sicherung und Entwicklung der Qualität in Studium und Lehre ist vorrangig Aufgabe der Hochschulen.“ Er legt nun aber auch klar fest, welche Kriterien einer Akkreditierung zugrunde liegen müssen, formale Kriterien wie beispielsweise die Anerkennung von Studienleistungen bei einem Studiengangwechsel oder auch inhaltliche Kriterien wie die Formulierung von Zielen wie beispielsweise die Befähigung zu einer qualifizierten Erwerbsfähigkeit und auch Persönlichkeitsentwicklung. Letztlich reguliert der Vertrag die Verfahren der Akkreditierung, und dabei ist begrüßenswert, dass nunmehr acht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Hochschulen Teil des Akkreditierungsrates sein werden.

Klar ist auch, das Bundesverfassungsgericht hat zwar bemängelt, dass der Staat die rechtlichen Rahmenbedingungen der Akkreditierung durch privatrechtliche Agenturen bislang nicht geregelt hat, das Gericht hat aber nicht die Akkreditierung als Instrument der Qualitätssicherung grundsätzlich infrage gestellt; denn die Begutachtung durch Externe hat sich im Großen und Ganzen bewährt, und sie entspricht auch europäischem Standard.

Ich komme nun noch zu dem Einwand, der Staatsvertrag würde die Entscheidung über eine Zulassung eines Studiengangs durch das Ministerium an das Ergebnis der Akkreditierung koppeln, bzw. zu dem Einwand, der Akkreditierungsrat habe zu viel Einfluss. Es erfolgt nun eine klare Aufgabenteilung, die auch so vom Gericht erwünscht wurde. Die Hochschule entwickelt und erarbeitet

den Studiengang, die Agenturen erstellen ein Gutachten, die Hochschule nimmt dazu Stellung. Der Akkreditierungsrat, eine öffentlich-rechtliche Stiftung, entscheidet über die Akkreditierung, was einem Verwaltungsakt gleichkommt. Letztendlich gilt der Studiengang als genehmigt, wenn das Ministerium gemäß den Kriterien des Hochschulgesetzes keinen Einwand erhebt.

Letztlich sind diese nun im Staatsvertrag festgelegten Regeln und die neu festgelegte Aufgabenteilung einem wesentlichen Ziel geschuldet, das seit Einrichtung des Akkreditierungswesens gilt. Es geht nicht darum, eine bundesweite Einheitssoße an Studienangeboten zu erreichen, sondern es geht darum, bei aller Vielfalt der universitätseigenen Angebote eine bundesweite Gleichwertigkeit und eine Vergleichbarkeit von Studienleistungen und Studienabschlüssen zu erreichen, soweit dies im Hochschulbereich überhaupt möglich ist.

Qualitätssicherung und -entwicklung ist vorrangig die Aufgabe der Hochschulen – so steht es im Staatsvertrag –, und von daher begrüßen wir auch die Entwicklungen der letzten Jahre, in denen die Systemakkreditierung immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Das heißt, die Hochschulen bekommen von den Agenturen bescheinigt, eigenständig Studiengänge zu entwickeln und selbst auch zu akkreditieren. So läuft das an der Johannes GutenbergUniversität Mainz, an der TU Kaiserslautern und an den Hochschulen Trier, Worms und Kaiserslautern. Auch dort hat man sich auf den Weg in die Systemakkreditierung gemacht, eben immer auch im Einklang mit den klaren Regeln, die bundesweit gelten und die in diesem Staatsvertrag geregelt sind.

Sie haben die Bedenken vorgelegt; über die Details können wir im Ausschuss noch reden. Den Vorschlag, eine Anhörung durchzuführen, finde ich gut. Dann können wir auch noch über Unklarheiten und den einen oder anderen Punkt sprechen.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es sich hier um einen Staatsvertrag handelt. Der Bildungsföderalismus steht häufig in der Kritik, und die Länder haben vor fast 20 Jahren nun den Weg mit dieser Stiftung begangen und gesagt: Wir harmonisieren das. – Ich denke, es ist ein wichtiger Schritt, dies zu tun, und ich glaube, es ist auch das, was die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland erwarten.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht nun Herr Kollege Schmidt.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute über einen Gesetzentwurf der Landesregierung. Dieser Entwurf der Altparteien verstößt gegen das Grundgesetz; das hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt. Diese Regelung, aber auch die nun nachgebes

serte Version, hat uns der sogenannte Bologna-Prozess eingebrockt.

In der Begründung zum Staatsvertrag wird darauf hingewiesen: „Zentrales Element des in den 1990er-Jahren eingeleiteten Bologna-Prozesses ist eine externe Qualitätssicherung in Studium und Lehre nach gemeinsamen europäischen Standards als Garant für eine hohe Studienqualität im europäischen Hochschulraum.“

Der Bologna-Prozess sieht die Akkreditierung aller Studiengänge vor, um im europäischen Raum zu normieren und zu uniformieren. Dahinter steckt der beklagenswerte Zentralismus der Europäischen Union. Dieser EU-Zentralismus verhindert ein breiteres Angebot und zerstört damit Vielfalt.

(Beifall der AfD)

Ich will es ganz klar sagen, die AfD ist die Partei der Freiheit. Die AfD steht für die Freiheit von Forschung und Lehre.

(Zuruf des Abg. Thomas Roth, FDP)

Das hat einen guten Grund: Die Freiheit von Forschung und Lehre ist eine unabdingbare Grundvoraussetzung für wissenschaftlichen Fortschritt. Deshalb müssen die Hochschulen über Art und Umfang ihrer Studienangebote frei entscheiden können.

Der Wissenschaftsbetrieb muss zudem vor ausufernden bürokratischen Vorgaben und Regelungen geschützt werden. Vor diesem Hintergrund habe ich auch Ihre Ausführungen zustimmend zur Kenntnis genommen, Herr Licht, ebenso Ihr Plädoyer für mehr Föderalismus.

Der uns nun vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung bzw. die Regelungen des Staatsvertrages schränken die Hochschulen weiterhin ein. Das muss kritisiert werden. Es heißt im Gesetzentwurf: „Eine externe Akkreditierungspflicht für Studiengänge an Hochschulen ist nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts mit der Wissenschaftsfreiheit grundsätzlich vereinbar.“

In Artikel 1 des Studienakkreditierungsstaatsvertrages steht: „Die Sicherung und Entwicklung der Qualität in Studium und Lehre ist vorrangig Aufgabe der Hochschulen.“ Es heißt also, nur vorrangig und nicht ausschließlich.

Weiterhin ist in der Begründung zum Staatsvertrag zu lesen: „Im Vordergrund steht dabei die Umsetzung der durch das Gericht gesetzten Vorgaben, insbesondere die Schaffung einer ausreichenden Rechtsgrundlage für ein Qualitätssicherungssystem. Mit Beschluss vom 17.06.2016 hat sich die Kultusministerkonferenz zur Akkreditierung als einer Form der externen Qualitätssicherung bekannt.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es mag sein, dass nun durch die geplante Nachbesserung größere Freiräume der Hochschulen und eine Verschlankung der Verfahren erreicht werden. Eine gute Regelung sieht indes anders aus. Die AfD will, dass die Hochschulen tatsächlich frei sind. Das ist auch in der überarbeiteten Vorform nicht der Fall. Uns ist das auch noch viel zu viel Bürokratie. Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

(Vizepräsident Hans-Josef Bracht übernimmt den Vorsitz)

Wenn die Weichen falsch gestellt sind, dann reicht es nicht, wenn der Zug etwas langsamer in die falsche Richtung fährt, sondern er muss gestoppt werden und in die richtige Richtung umgeleitet werden. Wir stimmen Julian Nida-Rümelin, Kulturstaatsminister im ersten Kabinett Schröder – manche werden sich noch erinnern – zu, wenn er schreibt, der „Bologna-Prozess gefährdet die Substanz der Europäischen Universität“.

(Beifall der AfD)

Nida-Rümelin verwendet den Begriff Bologna-Irrtum und plädiert für eine drastische Reform der Reform. In der Tat, die Änderung des bewährten Studiensystems durch die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen war ein Missgriff. Speziell nach dem Bachelorabschluss ist die Qualifikation der Absolventen für den Arbeitsmarkt häufig nicht zufriedenstellend. Unbeschadet der Gültigkeit erworbener Bachelor- und Mastergrade fordert die AfD die Rückkehr zu den bewährten Studienabschlüssen Diplom, Magister und Staatsexamen und den entsprechenden Regularien.

(Beifall der AfD)

Die Verschulung der Bachelorstudiengänge, die Aufhebung der Einheit von Forschung und Lehre, die massive Einschränkung der Forschungsfreiheit – all das kritisiert Nida-Rümelin, und all das kritisiert auch die AfD.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der SPD-Politiker Nida-Rümelin behauptet, der BolognaIrrweg „zerstört gerade die Stärken der europäischen Universität gegenüber der amerikanischen“. Er ergänzt: „Die aktuelle Zerstörung dieses ,Standortvorteils‘ der europäischen Universität ist nicht nur mutwillig und beruht vermutlich auf Unkenntnis der internationalen Situation, sondern bricht mit dem humanistischen Ideal der Persönlichkeitsbildung an der Universität“.

Die AfD sagt Nein zum Gesetzentwurf der Landesregierung zum Studienakkreditierungsstaatsvertrag, weil es den grundsätzlichen Bologna-Irrweg nicht stoppt. Der Studienakkreditierungsstaatsvertrag passt sich im Gegenteil lediglich verfassungskonform den unsinnigen BolognaVorgaben an.

Vielen Dank.