Protokoll der Sitzung vom 25.10.2017

Erneut erfolgt die Begründung durch ein Mitglied der Landesregierung. Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Rheinland-Pfalz erhalten zivilblinde Menschen Blindengeld in Höhe von 410 Euro nach dem Landesblindengeldgesetz. Schwerbehinderte Menschen erhalten Pflegegeld nach dem Landespflegegeldgesetz in Höhe von 384 Euro. Gleichartige oder zweckidentische Leistungen werden teilweise oder ganz angerechnet.

Durch das Zweite Pflegestärkungsgesetz hat der Bund mit Wirkung zum 1. Januar 2017 die bisher im Elften Buch Sozialgesetzbuch aufgeführten drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt. Die Anrechnungsregelungen im rheinland-pfälzischen Landesblindengeldgesetz sowie im rheinland-pfälzischen Landespflegegeldgesetz sind somit neu zu fassen.

Ursprünglich war vorgesehen, die Anrechnungsregelung der Blindenhilfe nach § 72 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, die durch das Dritte Pflegestärkungsgesetz neu gefasst wurde, auch für das rheinland-pfälzische Landesblindengeldgesetz zu übernehmen. Beiden Blindengeldern liegt der gleiche Blindheitsbegriff zugrunde, und bei beiden werden ambulante Leistungen der Pflegeversicherung angerechnet. Diese Regelung hätte aber bei Neuanträgen zu einer leichten Absenkung der ausgezahlten Landesblindengelder geführt.

Nach Auswertung aller Stellungnahmen des externen Anhörungsverfahrens ist die Landesregierung zu der Überzeugung gelangt, die Anrechnungregelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 des Landesblindengeldgesetzes so auszugestalten, dass die Leistungsberechtigten durch entsprechend festgesetzte Prozentsätze künftig in etwa einen gleich hohen bzw. leicht erhöhten Betrag an Landesblindengeld erhalten. Es ist gewährleistet, dass es keinesfalls zu einer Verschlechterung kommt.

Landesblindengeldempfängerinnen und Landesblindengeldempfänger mit Pflegegrad 2 erhalten künftig 1,04 Euro pro Monat mehr. Mit Pflegegrad 3 bis 5 werden 3,35 Euro pro Monat mehr ausgezahlt. Die Mehrausgaben bewegen sich landesweit bei maximal 60.000 Euro jährlich und sind damit nicht konnexitätsrelevant.

Aufgrund vorliegender Erkenntnisse bei der Durchführung des Landesblindengeldgesetzes sind daneben vereinfachte Regelungen im Antragsverfahren sowie die Neuformulierung des anspruchsberechtigten Personenkreises vorgesehen. Die Antragsbearbeitung im Landesblindengeldgesetz wird vereinfacht, indem künftig das Merkzeichen „blind“ aus dem Sehbehindertenausweis als anspruchsbegründende Unterlage anerkannt wird. Zusätzliche augenärztliche Untersuchungen für diese Menschen werden dadurch vermieden. Der Vollzugsaufwand wird dadurch reduziert.

Es erfolgt zudem eine Klarstellung in der Regelung des anspruchsberechtigten Personenkreises. Der nicht mehr zeitgemäße Begriff „zivilblinde Menschen“ wird durch „blinde Menschen“ abgelöst.

Im Landespflegegeldgesetz wird in § 5 Abs. 2 wie bisher

die ambulante Leistung des Elften Buches Sozialgesetzbuch in voller Höhe angerechnet. Dadurch verschieben sich die Anteile der Gesamtleistung von Pflegegeld und Pflegeversicherung sowie Landespflegegeld für die Leistungsempfängerin bzw. den Leistungsempfänger. Jedoch ist nach wie vor gewährleistet, dass der gleich hohe Betrag zur Auszahlung kommt.

Zudem ist eine redaktionelle Anpassung der Begriffe im Gesetzestext notwendig. Im Landespflegegeldgesetz wird lediglich das Wort „Pflegestufe“ durch „Pflegegrade“ ersetzt.

So weit zu den Regelungen und Änderungen des genannten Gesetzes.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Schreiner.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist für mich ein gutes Beispiel dafür – dieses Gesetz hatten wir heute an anderer Stelle schon einmal diskutiert –, dass ein Gesetz nie so in ein Verfahren hineingeht, wie es herauskommt, und es manchmal sogar besser wird. Oft wird es sogar besser. In dem Fall habe ich sogar die konkrete Hoffnung, weil es ein Gesetzentwurf von Ihnen ist, sehr geehrte Frau Ministerin, dass es sogar im Haus eine Mehrheit finden wird. Das war leider bei dem guten Gesetzentwurf zum Landesrichtergesetz nicht der Fall.

(Beifall der CDU)

Sie haben den entscheidenden Knackpunkt schon angesprochen. Im Landesblindengeldgesetz führen die neuen Prozentsätze der Anrechnungsregelung dazu, dass Personen, die gleichzeitig Blindengeld und ambulante Leistungen nach dem SGB beziehen, einen etwas erhöhten, im Wesentlichen aber gleichbleibenden Betrag bekommen. Konkret wird in der Gesetzesbegründung ausgerechnet, dass das beim Pflegegrad 2 etwa 1,04 Euro und bei den Pflegegraden 3 bis 5 3,35 Euro im Monat sind. Das ist gut, aber nicht viel. Wir bewegen uns in der Größenordnung von einer Tasse Kaffee. Sie haben gesagt, 60.000 Euro kostet das im Ganzen. Es ist aber deshalb gut, weil das nicht immer so war. Das sieht der Gesetzentwurf – Drucksache 17/4400 – aus dem Oktober 2017 vor.

Im Referentenentwurf vom 8. Dezember 2016 standen im gleichen Kapitel – finanzielle Auswirkungen – in der Begründung nicht 1,04 Euro oder 3,35 Euro mehr, sondern – ich zitiere – für die beiden beschriebenen Fallgestaltungen – also dass Personen sowohl Landesblindengeld als auch ambulante Leitungen beziehen – reduziert sich das Landesblindengeld bei Pflegegrad 2 um 11,20 Euro – das ist schon ein kleiner Unterschied – und bei den Pflegegraden 3 bis 5 – das sind wirklich schwere Fälle – um

34,80 Euro monatlich. Das wäre so nicht gutgegangen.

Die Landesregierung bzw. die Verwaltung ist im vergangenen Jahr diesbezüglich schlauer geworden, wenngleich ich auch nicht verhehlen möchte, dass wir das der guten Arbeit der Verbände zu verdanken haben. Wir alle haben unter dem Datum des 24. Januar einen Brief vom Landesblinden- und Sehbehindertenverband RheinlandPfalz bekommen, mit dem er der Landesregierung ins Stammbuch schreibt, aber wir als Fraktionen sind dazu mit dem Landesblinden- und Sehbehindertenverband auch ins Gespräch gekommen – ich zitiere –: Mit der jetzt beabsichtigten Neuregelung betritt die Landesregierung Neuland, allerdings leider in negativer Hinsicht; denn alle übrigen Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland stellen sicher, dass die Höhe des Blindengeldes nicht sinkt. Der Landesblinden- und Sehbehindertenverband fordert, dies zu gewährleisten. Wir vertrauen auf Ihre Einsicht; denn noch ist es nicht zu spät. – So war es. Im Januar ist das Schreiben gekommen. Wir erleben, dass an dieser Stelle nachgebessert wurde.

Deshalb werden wir – wahrscheinlich sage ich jetzt einmal, ohne meiner Fraktion vorgreifen zu wollen – sowohl im Ausschuss als auch später in der zweiten Beratung zustimmen. Es ist wichtig, dass sich diejenigen, die zu den Schwächsten in der Gesellschaft gehören, denen wir mit staatlichen Mitteln helfen – es ist eine ganz wichtige Aufgabe, dass wir Menschen in solchen Situationen unter die Arme greifen –, auf uns verlassen können und nicht bei den knappen Mitteln, die sie zur Verfügung haben, nachher 40 Euro weniger, sondern wenigstens so viel wie vorher im Portemonnaie haben. Schließlich wäre es nicht Sinn der Änderung im SGB gewesen, dass es durch die Verschiebung von Pflegestufen zu Pflegegraden zu Einspareffekten bei den öffentlichen Kassen kommt.

In diesem Punkt ist also die Gesetzesbegründung in der aktuellen Drucksache etwas dünn. Es macht durchaus Sinn, den Referentenentwurf parallel dazu zu lesen. Das habe ich hiermit versucht, in die Debatte einzubringen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Rommelfanger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Entwurf zur Änderung des Landesblindengeldgesetzes und des Landespflegegeldgesetzes ist unter anderem durch das Pflegestärkungsgesetz des Bundes notwendig geworden. Er sieht auch eine Anpassung der Regelungen zur Anrechnung von Leistungen häuslicher Pflege auf das Landesblindengeld und das Landespflegegeld vor.

Der Hintergrund hierfür ist die Ersetzung der Pflegestufen durch Pflegegrade und die damit verbundene Neufestsetzung der Leistungsbeträge.

Beim Blindengeld geht es darum, einen monatlichen Nachteilsausgleich für blinde Menschen zu schaffen. Es dient dazu, Ausgaben, die aufgrund der Behinderung entstehen, zu begleichen. Das Blindengeld selbst ist kein Teil der Eingliederungshilfe oder des neuen Bundesteilhabegesetzes, sondern eine freiwillige Leistung des Landes.

Es war dabei von Anfang an das Bestreben der Landesregierung und der Koalitionsfraktionen, dafür Sorge zu tragen, dass niemand, der bereits Leistungen empfängt, durch die Reform schlechtergestellt wird.

Dabei hat es im Verfahren durchaus auch kritische Rückmeldungen gegeben, insbesondere vonseiten der Landesblinden- und Sehbehindertenverbände.

Wir haben in vielen Gesprächen mit Verbänden und dem zuständigen Ministerium dafür Sorge getragen, dass diese Bedenken im Gesetz ihren Niederschlag gefunden haben. So wurden beispielsweise Befürchtungen vorgebracht, die bisherige Lebenssituation von Betroffenen könnte sich durch die notwendig gewordene Anpassung verschlechtern. Diese Bedenken können wir mit diesem nun vorliegenden Gesetz ausräumen.

Blinde und sehbehinderte Menschen sind trotz ihrer Sehbehinderung in der Lage, ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben zu führen. Der Austausch mit den Betroffenen hat uns allerdings beeindruckend dargelegt, wie sehr das Nicht-sehen-können die Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, einschränkt. Die Herausforderung, das tägliche Leben zu organisieren, ist sehr hoch und ohne entsprechende Assistenz und Hilfsmittel kaum zu bewältigen.

Darüber hinaus war es uns wichtig, mit diesem Gesetz das Verfahren zum Nachweis der Blindheit, welches für die Beantragung des Blindengeldes notwendig ist, zu vereinfachen. Anders als bisher muss ein amtsärztliches Gutachten nur noch dann erstellt werden, wenn kein Schwerbehindertenausweis gewünscht wird, der die Blindheit oder eine vergleichbare Beeinträchtigung der Sehschärfe nachweist.

In der Vergangenheit kam es wiederholt zu abweichenden Entscheidungen zwischen dem Verfahren zur Feststellung einer Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch einerseits und dem Feststellungsverfahren nach dem Landesblindengesetz auf der Basis von amtsärztlichen Gutachten andererseits. Es ist daher gut, dass durch das nun vorgesehene Verfahren mehr Rechtssicherheit erzielt wird.

Dabei wird der Gesetzentwurf nur zu geringen Mehrkosten für den Landeshaushalt führen. Ausgehend von 5.500 Landesblindengeldbezieherinnen und -beziehern bewegen sich die Mehrkosten bei maximal 60.000 Euro.

Ich freue mich sehr über die nun erreichte Neuregelung des Landeblindengeldes; denn sie ist genau richtig, um dem besonderen Hilfebedarf der blinden Menschen gerecht zu werden. An dieser Stelle gebührt der Dank auch unserer Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler, die sich in enger Zusammenarbeit mit den Koalitionsfraktionen immer wieder für diese gute Gesetzesvorlage und damit für die Betroffenen eingesetzt hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Gesetz ist ein weiterer Beitrag für ein soziales Rheinland-Pfalz.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Böhme.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man darf auch als Opposition die Regierung loben. Ich denke, die Anpassung dieses Gesetzes verdient das. Wir sind sehr zufrieden damit. Wir stimmen dem natürlich zu.

Ich mache noch eine allgemeine Bemerkung. Ein bisschen kritisieren will ich auch. Als ich vom Landesblinden- und Sehbehindertenverband auf dieses Thema angesprochen wurde und man mir dargestellt hat, um welche geringen Beträge es in der Differenz der Alt- und Neufälle ging, habe ich mir die Frage gestellt, warum wir darüber eigentlich diskutieren. Das ist ein minimaler Betrag. Ist das überhaupt eine Debatte wert? Wir erleben das in diesem Hause immer wieder. Über solche kleinen Beträge wird endlos debattiert. Da wird sozusagen am Pfennig gespart, würde man sagen, wenn man nicht den Euro hätte. Aber bei anderen, wirklich großen Beträgen, da fließt Geld ohne Ende. Vielleicht sollten wir in diesem Hause einfach einmal darüber nachdenken. Da fehlen wirklich manchmal die Relationen.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Wink.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In unserer Welt ist das Sehen ein elementarer Sinn. Über 80 % unserer Wahrnehmungen nehmen wir laut Deutschem Blinden- und Sehbehindertenverband über die Augen auf. Sie und ich können uns nur annähernd vorstellen, welche gravierenden Konsequenzen eine Beeinträchtigung des Sehsinns für die für uns selbstverständlichsten Lebenssituationen hat.

Ich habe höchsten Respekt davor, wie blinde und sehbehinderte Menschen ihren Alltag bestreiten. Aber deshalb ist es auch klar, diese Menschen brauchen die Unterstützung der Politik. Wir müssen ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.

Der vorliegende Gesetzentwurf leistet dazu einen weiteren Beitrag für bedürftige Menschen. Durch das Zweite Pflegestärkungsgesetz, das zum 1. Januar 2017 in Kraft trat, wurden die bisherigen drei Pflegestufen durch fünf Pfle

gegrade ersetzt. Diese Änderungen haben weitreichende Folgen und machen unter anderem administrative Neufassungen oder Klarstellungen notwendig. Davon betroffen sind auch das Landesblindengeld- und das Landespflegegeldgesetz.

Durch den Gesetzentwurf wird gewährleistet, dass die Anspruchsberechtigten für das Landesblindengeld durch die Pflegereform keinerlei finanzielle Nachteile hinnehmen müssen. Die neu gefasste Anrechnungsregelung sichert im Vergleich zu vorherigen Regelungen gleichbleibende oder leicht erhöhte Beiträge für die Empfänger des Landesblindengeldes. Der Gesamtbetrag ist zwar gering, aber der Betrag für die einzelne Person ist immens und hilft extrem weiter. Das waren auch die Ängste der betroffenen Person.