Protokoll der Sitzung vom 25.10.2017

Wenn nun die SPD ihr Debattenthema „Neue Impulse für starke öffentlich-rechtliche Medienangebote“ nennt, muss man skeptisch sein, vielleicht weil die Gebührenritter durch die unkonventionellen Vorschläge eines Herrn Robra aus Sachsen-Anhalt aufgeschreckt wurden und nun ein politischer Entlastungsangriff, ein Ablenkungsmanöver, her muss, bevor die Diskussion für ein System gefährlich wird, das sich längst verselbstständigt hat und daran gewöhnt ist, dass Milliarden fließen – das ist so sicher, wie der Sommer auf den Frühling folgt –, und das sehr gut mit der etablierten Politik kann. Diese weiß nur zu gut, was sie an Journalistendarstellern und Altparteientrompeten wie Elmar Theveßen hat.

Kommen wir noch einmal auf Maskeraden und Verquickungen zu sprechen. Sie hätte sich ein Molière nicht besser ausdenken können. Ministerpräsidentin Dreyer ist zugleich Chefin der Rundfunkkommission der Länder, also oberste Vertreterin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Als Ministerpräsidentin sollte sie eigentlich jetzt auf entschlossene und einschneidende Reformen drängen. Sie sagt deshalb gerne, ein „Weiter so“ darf es nicht geben. Als Verwaltungsratschefin des ZDF hat sie jedoch die Interessen des

Senders im Sinn. Der will möglichst den Status quo erhalten und so weiter senden wie bisher, üppige Versorgungen inklusive.

Um die Expansion ins Internet zu rechtfertigen, schlüpft die Ministerpräsidentin dann auch noch in die Rolle des Beitragszahlers, aber nur für einen kurzen Moment; denn eine Erhöhung wird nicht ausgeschlossen. Es heißt, der Rundfunkbeitrag solle relativ stabil bleiben. Die Fernsehfürstin aus Mainz führt uns vor Augen, dass die Staatsferne ein frommer Wunsch ist.

Was sind nun die neuen Impulse, die die AfD den öffentlichrechtlichen Medien geben will? Wir wollen ein schlankes Heimatfernsehen, ein bürgernahes Schaufenster der Regionen, das sich auf eine Grundversorgung beschränkt, also das sendet, was die Privaten nicht können. Dafür sind aber keine 8 Milliarden Euro aus Zwangsbeiträgen nötig.

(Beifall der AfD)

Im ARD-Bericht zur Strukturoptimierung vom September 2017 ist festgehalten: „In (...) einer globalisierten Welt sorgen wir dafür, dass die Identifikation mit der Heimat und die regionalen Besonderheiten erhalten bleiben.“ An anderer Stelle ist die Rede von verschiedenen Traditionen, Mentalitäten und Eigenarten, die unsere Heimat prägen und unverwechselbar machen. Das ist AfD-Vokabular. Ich stelle fest, AfD wirkt.

(Beifall der AfD)

In der Tat sollte sich die ARD auf die föderale Struktur und die Berichterstattung aus den Ländern und Regionen konzentrieren.

(Glocke des Präsidenten)

Wir brauchen keine teuren Doppelstrukturen. Sie sind aus der Zeit gefallen. Die Diskussion entwickelt sich aber in die richtige Richtung.

(Glocke des Präsidenten)

Wir als AfD-Fraktion werden an ihr sehr lebhaft teilnehmen.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich die Landfrauen aus Bubenheim und den Turngau Bingen (Mitglieder des Ältestenrates, Ehrenvorstand, Turnrat und Vorstand). Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Wink das Wort.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol

legen! Es wurden die Videoplattform und die StreamingDienste angesprochen. All dies verändert und revolutioniert unser Medienverhalten. Dementsprechend sind die Medien aufgefordert, sich den Ansprüchen der Nutzer anzupassen. Für den privaten Rundfunk sind dabei die Kriterien klar. Diese Angebote, die sich nicht bewähren, verlieren Werbepartner und somit auch irgendwann ihre Existenz.

Bei den öffentlich-rechtlichen Angeboten ist die Lage allerdings etwas komplexer. Diese sollen nämlich laut Grundgesetz einen Beitrag zur Information, Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung, zur Sicherung der Meinungsvielfalt und somit zur öffentlichen Meinungsbildung leisten. Daher ist hier die Orientierung an Quoten nicht ganz so einfach.

Vorab, wir Freien Demokraten, unterstützen das duale Rundfunksystem, welches ein Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkangeboten vorsieht. Daher sehen wir den dringenden Bedarf, die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wieder zu stärken.

(Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus einer repräsentativen Umfrage des INSA-Instituts geht hervor, dass 69,4 % der Deutschen die Rundfunkgebühren für nicht mehr zeitgemäß halten. Das ist ein Zeichen, das wir ernst nehmen müssen. Dabei geht es aber um das Verständnis und die Nachvollziehbarkeit der Beiträge, und nicht darum, dass die Menschen meinen, es wäre Staatspresse.

Das heißt für uns, dass wir nicht nur eine mittel- und langfristige Beitragsstabilität herbeizuführen haben, sondern auch für eine fortlaufende Modernisierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks einstehen müssen. Dabei sind natürlich Doppelstrukturen zu vermeiden. Nicht nur die Programme müssen günstiger werden, sondern auch die Strukturen der Sender.

Klar muss aber auch sein, dass hierbei der Wettbewerb zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern nicht beeinflusst werden darf. Manchmal hört man, dass von den drei genannten Auftragssäulen Information, Bildung und Unterhaltung die Bildung am meisten gelitten hat. Manchmal verdrängen Unterhaltung und Quizshows Dokumentationen und Reportagen in den späten Abend.

(Beifall der Abg. Helga Lerch, FDP)

Dabei zeigen die Sender regelmäßig aber auch, dass sie ihrem Auftrag gern nachkommen. Das Flaggschiff Tagesschau, SWR Rheinland-Pfalz Aktuell, das heute-journal oder die Beiträge des Südwestrundfunks zum Lutherjahr zeigen sehr deutlich, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu bieten hat.

(Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Gleiches gilt für den Funkbereich. Die Infosender der dritten Programme beleuchten in verschiedensten Formaten tagesaktuelle Debatten und Geschehnisse. Sie stellen da

mit einen echten Mehrwert für die Medienlandschaft dar. Dennoch ist manchmal den Konsumenten nicht klar verständlich, wozu es 66 Radioprogramme braucht. Es bedarf auch hier einer Refokussierung auf die Kernthemen, um die Akzeptanz der Beitragszahler wieder zu stärken.

Dies zeigt auch – das wurde vorhin schon angesprochen – das Onlineangebot. ARD, ZDF und Deutschlandradio strahlen 21 Fernseh- und 66 Radioprogramme aus. Sie stellen darüber hinaus aber auch über 120 Mobil- und Desktopangebote zur Verfügung.

Wenn wir ehrlich sind, ist uns bewusst, dass hier ein kleiner Teil einer Reform erkennbar ist. Das ist aber auch aufgefallen, und es wird auch angegangen. Projekte wie die neue Audiothek App von ARD und Deutschlandradio begrüßen wir Freien Demokraten zum Beispiel ausdrücklich.

Mussten sich audiophile Mediennutzer bislang die spannendsten Reportagen, die besten Hintergrundberichte oder unterhaltsamen Hörspiele mühsam über die verschiedenen Webseiten der einzelnen Sender zusammensuchen, kann dies jetzt durch den Klick auf das SmartphoneSymbol in der Audiothek erledigt werden.

Das ist es, was wir meinen, wenn wir von Optimierung und Zusammenlegung von Strukturen sprechen. In der Betaversion dieser App ist es zudem gelungen, eine gute Abgrenzung zu textlastigen und presseähnlichen Angeboten zu schaffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Rundfunkpolitik ist in Deutschland Ländersache. Das heißt, 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten müssen sich über die Staatsverträge für ARD, ZDF und Deutschlandradio abstimmen, 16 Landtage müssen zustimmen.

Die öffentlich gewordenen Positionen der diversen Landesregierungen liegen oft weit auseinander. Daher bin ich froh, dass wir mit unserer Ministerpräsidentin Malu Dreyer eine fähige Frau als Vorsitzende der Rundfunkkommission haben.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut!)

Wir Freien Demokraten halten Verunglimpfung gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für unsinnig,

(Abg. Alexander Schweizer, SPD: So sieht es aus!)

stehen für die Gleichberechtigung im dualen System

(Glocke des Präsidenten)

und setzen uns für eine stetige Besinnung des öffentlichrechtlichen Rundfunks auf seine Kernaufgaben bei stabilen Beiträgen ein.

(Beifall der FDP, der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christian Baldauf, CDU – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Weiland, Sie haben zu Recht vor einer unterkomplexen Behandlung des Themas gewarnt, zu Recht deswegen, weil Herr Paul das gleich unterkomplex gemacht hat, in der Sprache etwas schwülstig, aber im Inhalt unterkomplex.

(Heiterkeit der Abg. Astrid Schmitt, SPD)

Deswegen glaube ich, ist es wichtig, dass wir die Ziele, die Sie genannt haben, alle beachten.

ARD und ZDF haben 2017 eine Onlinestudie herausgebracht, in der zu Recht geschildert wird – ich zitiere –: „Neun von zehn Deutschen sind online. Bewegtbild insgesamt stagniert, während Streamingdienste zunehmen – im Vergleich zu klassischem Fernsehen jedoch eine geringe Rolle spielen.“

Das heißt, fast alle Menschen sind in Deutschland inzwischen online. Natürlich schauen auch viele nur noch online Fernsehen. Das klassische Fernsehen nimmt nicht ab in seiner Bedeutung, aber die anderen Dienste nehmen zu. Deswegen können wir auch nicht beim öffentlichrechtlichen Rundfunk – das ist nicht nur in dem Bereich so, sondern auch beim privaten Rundfunk so – solche Einschränkungen machen, die dann keine Konkurrenz mehr zulassen. Das heißt, wir müssen das öffentlich-rechtliche Fernsehen und den Rundfunk genau so ertüchtigen, an der öffentlichen Debatte teilzunehmen wie die Privaten auch.