Protokoll der Sitzung vom 25.10.2017

habe. Jetzt erklären Sie mir einmal, warum Hamburg bei der Rechtschreibekompetenz deutlich mit weit mehr als zehn Punkten hinter Rheinland-Pfalz liegt. Was hat jetzt das eine mit dem anderen zu tun?

(Beifall des Abg. Marco Weber, FDP – Zuruf des Abg. Heribert Friedman, AfD)

Überprüfen Sie doch einmal Ihre Kompetenz im Analysieren von diesen Studien.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Dann schauen Sie sich in dieser Studie einmal den Methodeneinsatz an. 1,4 % der Schulen finden keinen Widerhall in dieser Studie. Länder, die auf diese Methode verzichten, liegen in der Rechtschreibekompetenz teilweise hinter Ländern, in denen das vereinzelt an Schulen angewandt wird.

(Zurufe des Abg. Michael Frisch, AfD, und der Abg. Simone Huth-Haage, CDU)

Nutzen wir doch die Zeit, über die Qualitätsentwicklung in unseren Schulen zu reden und nicht ständig über die gleiche Leier. Deswegen sage ich, ich bin immer für Reden mit Verstand statt Schreiben nach Gehör.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Noch einmal zu dem Thema mit der Überschrift des Versagens der Landesregierung. Frau Beilstein, wenn das wirklich Ihre Annahme ist, dann muss ich Ihnen mitteilen, dass unter den Ländern, die in dem Vergleich am weitesten abstürzen, in den fünf, sechs Ländern, die am weitesten über alle Kompetenzen hinweg zurückgefallen sind, immerhin vier sind, in denen im überwiegenden Untersuchungszeitraum die CDU Regierungsverantwortung getragen hat. Das heißt, es geht an der Sache vorbei zu sagen, es habe etwas mit den Farben der Landesregierung zu tun, wie die Kompetenzentwicklung in den einzelnen Fachbereichen sind.

Was mich an der Debatte am meisten ärgert, ist, in dieser Studie wird eines ganz deutlich: Die Unterschiede in den einzelnen Kompetenzfeldern sind zwischen den Geschlechtern und insbesondere im Bereich der sozialen Herkunft um ein Vielfaches höher als zwischen den einzelnen Bundesländern. – Wenn wir dieses zentrale Ergebnis der IQB-Bildungsstudie im ideologischen Halali untergehen lassen, dann werden wir das Problem niemals an der Wurzel packen. Es muss uns doch zu denken geben, warum die Kompetenzen der Mädchen in den vierten Klassen bundesweit in Mathematik signifikant hinter denen der Jungen und umgekehrt die Kompetenzen der Jungen im Bereich Deutsch in der vierten Klasse in ganz Deutschland signifikant hinter denen der Mädchen liegen. Es muss doch unsere Aufgabe sein, daran zu arbeiten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP)

Die Studie hat eines gesagt, dass die soziale Herkunft als Determinante der Kompetenzvermittlung in der vierten

Klasse in Mathe und in Deutsch in Deutschland immer noch die entscheidende ist und dass sich das trotz der Erkenntnis, die wir seit der ersten Studie 2011 haben, nicht wesentlich verändert hat. Das muss doch für uns auch Ansporn sein zu schauen, wie wir es sozusagen hinbekommen, dass wir in der Grundschule – ich sage es noch einmal – auch jenseits des Systems Schule in der Familienpolitik dafür sorgen, dass auch Kinder aus Familien, die nicht so den hohen sozialen Standard und nicht so die Einkommen haben und nicht so das Bildungsniveau haben, bis zur vierten Klasse auf dem gleichen Niveau sind wie die Klassenkameradinnen und Klassenkameraden, die aus dem entsprechend gut situierten Elternhaus kommen. Das muss doch unser zentraler Anspruch sein.

Da müssen wir das Problem an der Wurzel packen und nicht den Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern vorschreiben wollen, wie viel Gruppenarbeit oder wie viel Frontalunterricht sie machen. Das geht völlig an der Problemlösung vorbei, meine Damen und Herren.

(Glocke des Präsidenten – Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Lassen Sie mich zum Abschluss noch auf ein Ergebnis hinweisen, das ich nur ganz vorsichtig und leise sage, weil das erstmals erhoben wurde und sozusagen auch noch nicht im Ländervergleich vorliegt. Ich fand es aber spannend, dass Kinder mit anerkanntem Förderbedarf in dieser Studie höhere Kompetenzwerte erreichen, wenn sie an allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden, als dann,

(Glocke des Präsidenten)

wenn sie an Förderschulen unterrichtet werden. Ich finde, das bestärkt uns auch in unserem Bestreben nach Inklusion im Bildungssystem.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir am Ende des zweiten Teils dieser Aktuellen Debatte.

Wir kommen zum dritten Thema der

AKTUELLEN DEBATTE

Aktuelle Entwicklungen beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Rheinland-Pfalz auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/4405 –

Erster Redner ist für antragstellende Fraktion Herr Abgeordneter Junge. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Am 28. Sep

tember gab der Medizinische Dienst der Krankenversicherung bekannt, dass er sich mit seinem stellvertretenden Geschäftsführer Wolfram Rohleder auf eine Beendigung des Dienstverhältnisses zum 31. Dezember 2017 verständigt habe. Es ist nicht einmal ein Jahr her, Frau Staatsministerin, da sprachen Sie im Zusammenhang mit dessen Dienstantritt von einem Neuanfang. Schnell vorbei dieser Neuanfang, wie ich finde. Einer Lösung der anhaltenden Probleme beim MDK sind die Verantwortlichen im vergangenen Jahr keinen einzigen Schritt nähergekommen, im Gegenteil. Die verfahrene Situation beim MDK scheint sich immer mehr zu verfestigen.

Statt auf einen Neuanfang blicken wir jetzt zurück auf ein weiteres Jahr schwer nachvollziehbarer Personalentscheidungen, ein weiteres Jahr gezeichnet von internen Zerwürfnissen, rechtlichen Auseinandersetzungen und negativen Schlagzeilen. Und seit der außerordentlichen Kündigung des Herrn Geschäftsführers Gundo Zieres am 16. Oktober 2013 sind nunmehr vier Jahre vergangen, in denen der MDK verpflichtet war, seinem Geschäftsführer die vertraglich zugesicherten Vergütungen in einer Höhe von 75 % der Bezüge zu zahlen. Ich gönne Herrn Zieres, dem vermutlich – vermutlich sage ich nach dem heutigen nicht zustande gekommenen Urteil – Unrecht angetan wurde, die bisher gezahlten rund 500.000 Euro. Da weiß ich, dass er dafür gern gearbeitet hätte. Das gönne ich ihm durchaus.

Bezahlt wird das Ganze aber letztlich durch den Beitragszahler. Die Landesregierung und Sie, aber auch Ihre Vorgänger, müssen sich fragen lassen, was sie in der Vergangenheit tatsächlich getan haben, um auf eine Lösung der Probleme hinzuwirken. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Sie im vergangenen Jahr in der Hoffnung auf Zeit gespielt haben, die Probleme beim MDK würden sich durch die Einstellung eines neuen stellvertretenden Geschäftsführers in Wohlgefallen auflösen. Das war nicht der Fall. Die durchgeführte Sektorenprüfung Personal jedenfalls war nicht mehr als ein Placebo; denn die Aufgabenwahrnehmung durch Geschäftsführung und Verwaltungsrat waren ausdrücklich nicht Gegenstand dieser Prüfung.

Dabei scheint doch genau hier eine Ursache der Probleme des MDK zu liegen. Dass Sie, Frau Staatsministerin, das auch nicht anders sehen, zeigt unter anderem Ihre Drohung mit dem Verlust der Selbstverwaltung vor gerade einmal zwei Monaten, eine Drohung, die in ganz klarem Widerspruch zu Ihrer bisherigen Haltung steht, es bestünde keinerlei Anlass für ein Tätigwerden im Rahmen der Rechtsaufsicht.

Diesem Widerspruch und vielleicht auch den rechtlichen Bedenken an der Umsetzbarkeit mag es geschuldet sein, dass Sie Ihre Drohung im Nachgang nur als Auslöser für eine politische Debatte verstanden haben wollten, also das, was wir auch schon seit einiger Zeit hier tun. Dabei gab und gibt es hier im Rahmen der Zuständigkeiten durchaus Möglichkeiten, tätig zu werden. Daran lässt im Übrigen die entsprechende gutachterliche Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags vom 27. Juli 2015 keinerlei Zweifel aufkommen.

So stehen Ihrem Ministerium als Aufsichtsbehörde umfas

sende Prüf- und Beanstandungsrechte zu. Prüfungsmaßstab sind alle Gesetze, allgemeine Rechtsverordnungen, Rechtsgrundlagen, das Gewohnheitsrecht und damit auch – hier komme ich zum eigentlichen Punkt – das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.

Allein für die Jahre 2013 bis 2015 beliefen sich die Ausgaben des MDK für arbeitsgerichtliche Verfahren entsprechend der Antwort der Landesregierung vom 17. Oktober 2016 auf rund 247.000 Euro. Auf welche Summe diese Ausgaben noch ansteigen werden, ist angesichts der Vielzahl gerichtlicher Verfahren im Moment nicht absehbar. Was ist zum Beispiel mit den Ausgaben, die für die außergerichtliche Einigung zwischen MDK und der ehemaligen Vorsitzendenden des Personalrats im Juni dieses Jahres angefallen sind?

Wie die Allgemeine Zeitung berichtete, sollen sich die Parteien darauf verständigt haben, dass der MDK der ehemaligen Personalratsvorsitzenden das Entgelt ausbezahlt, das ihr bis zum Eintritt in den Ruhestand zugestanden wird. Wir reden einmal von 6.000 Euro im Monat. Das wären auch hier wieder mehrere 100.000 Euro bis zum Ruhestand. Entspricht das dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit? Wohl kaum.

Letztendlich werden all diese Ausgaben aus Mitteln finanziert, die durch die Beiträge der Versicherten aufgebracht werden und für die dem MDK eine Treuhänderfunktion zukommt. Die Allgemeine Zeitung vermutete unlängst, dass eine Aufarbeitung der Probleme beim MDK den Fokus möglicherweise auf ihre Vorgänger, Herr Schweitzer und Frau Dreyer, rücken könnte. Immerhin soll Herr Schweitzer in der letzten Zeit öfter beim MDK gesehen worden sein. – Hörensagen.

(Glocke des Präsidenten – Heiterkeit im Hause – Abg. Martin Haller, SPD: Was für ein amateurhafter Versuch! Das ist ja peinlich!)

Wie auch immer – ich komme zum letzten Satz –, schöpfen Sie die Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten aus, und ergreifen Sie jetzt die erforderlichen Maßnahmen, um Lösungen der anhaltenden Probleme beim MDK herbeizuführen. Mehr dazu in der zweiten Runde.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der AfD – Abg. Martin Haller, SPD: Das ist ja lächerlich! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich werde halt öfter verwechselt!)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anklam-Trapp von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bereits in der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Demografie am 31. August dieses Jahres ha

ben wir uns zum wiederholten Mal mit den internen personellen und arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen im MDK und deren öffentlicher Wirkung beschäftigt. In allen Phasen der Befassung bleibt der Fokus der politischen Bewertung dabei bewusst auf möglichen Auswirkungen für das eigentliche Kerngeschäft des MDK beschränkt, nämlich die praktischen Aufgaben in der Pflegebegutachtung und in der Bewältigung der mit dem Pflegestärkungsgesetz verbundenen Herausforderungen.

Ich möchte es noch deutlicher sagen, die politische Beobachtung und Bewertung durch den Landtag als Organ der Gesetzgebung hat bei aller Sorge und verständlicher wie berechtigter Verärgerung um mögliche Auswirkungen der anscheinend anhaltenden personellen Querelen im MDK die Grenzlinien zu beachten, die im Verhältnis zur Selbstverwaltungshoheit des MDK und der damit verbundenen Eigenverantwortung bestehen.

Ebenso gilt diese Grenzlinie, sobald personal- und arbeitsrechtliche Streitigkeiten zum Gegenstand geworden sind und sich also in der Hoheit der Justiz befinden.

Sehr geehrte Damen und Herren, nicht minder sensibel und an ebenso strikte Grenzlinien gebunden ist dabei die Stellung des die Rechtsaufsicht führenden Ministeriums. Frau Staatsministerin Bätzing-Lichtenthäler hat sowohl in der eingangs zitierten Sitzung des Gesundheitsund Pflegeausschusses als auch gegenüber der Führung des MDK eindringlich und unmissverständlich deutlich gemacht, dass in erster Linie die zuständigen Organe der Selbstverwaltung in der Verantwortung stehen, interne Probleme lösungsorientiert zu behandeln. Das scheint – um es milde zu formulieren – den Verantwortlichen im MDK bislang nicht zu gelingen.

Immer wieder dringen interne Streitigkeiten durch gezielte Indiskretion oder auch durch schlicht unprofessionelles Handeln an die Öffentlichkeit. Diese Entwicklung und auch die neuerlichen Erkenntnisse und Ereignisse lassen die Verantwortlichen im Verwaltungsrat und in der Geschäftsführung des MDK in keinem guten Licht stehen. Damit leidet der gute Ruf des MDK nachhaltig.

Ich bin Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler ausdrücklich dankbar dafür, dass Sie auch in den Ausschussberatungen auf die Belange der Beschäftigten eingegangen ist und deren Arbeit gewürdigt hat; denn den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist schließlich zu verdanken, dass die Aufgabenerfüllung trotz der Personalschwierigkeiten an der Spitze des MDK keinen Schaden genommen hat. Deshalb sollten wir als Plenum unsererseits die heutige Debatte ganz bewusst dazu nutzen, um den Beschäftigten des MDK unseren Dank und unsere Wertschätzung für ihre engagierte und für die Pflegebedürftigen so wertvolle Arbeit auszudrücken.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich begrüße für die sozialdemokratische Fraktion ebenso ausdrücklich die klare Haltung von Frau Ministerin BätzingLichtenthäler, die Arbeit des MDK und seiner Organe der Rechtsaufsicht intensiv zu begleiten und einem engmaschigen Monitoring zu unterziehen. Ich halte diese Handha

bung für die derzeit angemessene Balance im gebotenen Respekt gegenüber der Garantie der Selbstverwaltung einerseits und der notwendigen Hinwirkung auf die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Auftragserfüllung andererseits.