Bevor ich das Wort an den nächsten Redner weitergebe, darf ich Gäste auf unserer Besuchertribüne willkommen heißen, und zwar Mitglieder der AG 60plus Südpfalz. Seien Sie uns herzlich willkommen!
Außerdem freuen wir uns sehr, dass Schülerinnen und Schüler der 8. Jahrgangsstufe des Gymnasiums Philippinum aus Weilburg hier bei uns sind. Herzlich willkommen! Schön, dass Sie sich für die Landespolitik interessieren.
Meine Damen und Herren, ich darf nun das Wort weitergeben. Nächster Redner ist Herr Dr. Alt von der Fraktion der SPD.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Baldauf hat eine interessante Theorie aufgestellt, wir würden deswegen einen Alternativantrag vorlegen, weil es um die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz schlecht bestellt wäre. Hier muss ich leider sagen, dass das nicht zutrifft. Wir
haben einen Alternativantrag deswegen vorgelegt, weil wir Ihren ursprünglichen Antrag schlecht gestellt finden. Deswegen war es erforderlich, einen Alternativantrag dazu zu schreiben.
(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christian Baldauf, CDU: Dann lehnt man doch ab!)
Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz ist ein Land mit starker Wirtschaft und niedriger Arbeitslosigkeit. Das kann man übrigens der gleichen Publikation ausgezeichnet entnehmen, die Herr Baldauf gerade hoch gehalten hat. Das ist wirklich ein sehr informatives Werk des Statistischen Landesamtes. Darin kann man nachlesen, dass die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz stärker wächst als im Bundesdurchschnitt. Zwischen 2005 und 2016 nahm das Bruttoinlandsprodukt preisbereinigt um 18,5 % zu, im Bundesmittel um 17,2 %. Das produzierende Gewerbe repräsentiert mit 34,3 % einen deutlich höheren Anteil an der Bruttowertschöpfung als in Deutschland insgesamt. Da sind es 30,5 %.
Die Arbeitslosenquote – auch das kann man unter anderem in dieser Publikation nachlesen – betrug 2016 5,1 %, der drittniedrigste Wert im Ländervergleich. Das gilt übrigens besonders mit einer Quote von 4,7 % für die unter 25-Jährigen, denen offensichtlich der Einstieg in den Beruf in unserem Bundesland besser gelingt als in anderen Bundesländern.
Wirtschaftswachstum und eine niedrige Arbeitslosigkeit sind aber nur zwei wichtige Zielgrößen einer breit ausgerichteten Wirtschaftspolitik. Eine regional und sektoral ausgewogene wirtschaftliche Entwicklung tritt hinzu, und auf eine gute Gründungskultur müssen wir ebenfalls die Wirtschaftspolitik unseres Landes ausrichten. Wegen der Vielfalt der wirtschaftspolitischen Ziele braucht man übrigens auch eine Vielfalt von wirtschaftspolitischen Instrumenten. Diese beschreiben wir unter anderem in unserem Antrag. Unternehmen finden in Rheinland-Pfalz neben den Berufsvertretungen oder Kammern im Wirtschaftsministerium und auch in der Person des dort angesiedelten Mittelstandslotsen ihren natürlichen und kompetenten Ansprechpartner. Besonderes Augenmerk legt das Wirtschaftsministerium dabei auf die Gründungsberatung für neue bzw. potenzielle Unternehmen.
Bei der Wirtschaftspolitik im weiteren Sinn arbeiten die unterschiedlichen Ressorts der Landesregierung eng und übergreifend zusammen. Mit Unterstützung des Innenministeriums, vor allem des Breitbandkompetenzzentrums, kann das entsprechende Bundesförderprogramm im Interesse unserer Städte und vor allem Landkreise ausgeschöpft werden, auch für Gewerbebetriebe und die dort angesiedelte Industrie.
Dazu tritt das eigene Engagement für die Breitbandförderung aus dem Landeshaushalt. Die Landesregierung denkt dabei auch an den nächsten Schritt und hat mit Vertretern der Telekommunikationswirtschaft, mit Kammern und Kommunen ein Netzbündnis gegründet, das sich mit dem Ausbau von Gigabitnetzen befasst. Dies begrüßen wir ausdrücklich; denn uns ist bewusst, dass die flächende
ckende Versorgung mit 50 Mbit/s im Downstream zwar ein wichtiger Schritt ist, aber nicht die Finalität als Ausbauziel darstellen kann.
Auch Bildungs- und Wissenschaftspolitik leisten einen wichtigen Beitrag zur Innovationsfähigkeit und Innovationsbereitschaft sowie zur Berufs- und Studienorientierung auch im Hinblick auf die Chancen der dualen Ausbildung. Wir wissen alle, dass Bildung ihren eigenen emanzipatorischen Wert hat. Aber darüber hinaus ist sie natürlich auch eine wichtige Voraussetzung für die Fachkräftegewinnung und damit für wirtschaftlichen Erfolg in unserem Bundesland.
Nicht zuletzt ist in unserem Flächenland auch die klassische Infrastruktur entscheidend: Straße, Schiene, Wasserstraße, Luftverkehr. – Beim Straßenbau trägt die Verstetigung der Mittel auf ein zuvor deutlich gesteigertes Niveau dazu bei, dass LBM und die bauausführenden Firmen Planungssicherheit haben.
Vielleicht kann es ein kollegialer Rat an die Kolleginnen und Kollegen in Berlin sein, sich bei den Straßenbaumitteln des Bundes einmal ähnlich zu verhalten. Dann würden wir in ganz Deutschland deutlich besser vorankommen mit unserer Infrastruktur.
Meine Damen und Herren, ein starker Mittelstand, eine erfolgreiche Industrie und nachhaltiges Wachstum – so lautet der Titel unseres Alternativantrages – tragen dazu bei, dass alle Unternehmerinnen und Unternehmer, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch Selbstständige und Freiberufler sinnstiftend arbeiten können und dabei ein angemessenes Entgelt für ihre berufliche Anstrengung erreichen können. Dafür erhalten sie in Rheinland-Pfalz verdientermaßen bestmögliche politische Rahmenbedingungen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der ersten Debatte zum vorliegenden Antrag der CDU hatte ich bereits einige Punkte ausgeführt, die wir für sinnvoll erachten. Dazu gehört alles, was die CDU zur Stärkung der beruflichen Bildung in ihrem Antrag sagt.
Auch wir glauben, dass die duale Bildung der Schlüssel ist, um die Wettbewerbsfähigkeit von Rheinland-Pfalz und von Deutschland zu erhalten.
Laut aktuellen Zahlen des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung besteht Fachkräftemangel bei 102 Qualifikatio
nen des dualen Systems, aber nur bei 30 Akademikerqualifikationen. Das zeigt eindeutig, wo die bildungspolitischen Prioritäten zu setzen sind. Diese Prioritäten kommen im ursprünglichen Antrag deutlicher zum Ausdruck als im neuen Alternativantrag der Ampel.
Beim Thema Digitalisierung wird allerdings der Alternativantrag der Ampel präziser. Hier gefällt uns, dass der Ampelantrag fordert, dass wir Glasfaserkabel bis in die Häuser hinein brauchen, den sogenannten FTTH-Ausbau.
Wir wissen allerdings aus den bisherigen Erfahrungen mit dem Ausbau auf 50 Mbit/s, dass marktgetriebene Prozesse alleine keinen Breitbandausbau auf dem Land bewerkstelligen. Das wird leider auch zukünftig beim Ausbau auf 1 Gbit/s der Fall sein.
Zum Thema Verkehrsinfrastruktur liefert der Ampelantrag nur Allgemeinplätze. Es ist schon bezeichnend, dass das Thema den Regierungsparteien gerade einmal fünf Zeilen wert ist, auch wenn Herr Kollege Alt jetzt etwas ausführlicher geworden ist in seinem Vortrag.
Ebenso wenig wie im CDU-Antrag findet sich ein Hinweis darauf, dass bei der Straßensanierung neben dem Land auch die Kommunen gefordert sind. Darum müssen wir zu einer ausreichenden Ausstattung der Kommunen mit Investitionsmitteln kommen. Sowohl Verkehrsnetz als auch Breitbandnetz zeigen exemplarisch, wir investieren zu wenig in die Infrastruktur. Genau dies sieht man auch am Landeshaushalt.
2017 plant das Land eine Investitionsquote von 8,1 % im Landeshaushalt, während in Bayern 11,6 % der Landesausgaben Investitionen sind.
Ich hatte schon in der ersten Debatte zum Thema beanstandet, dass der CDU-Antrag leider kein Wort zur schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in strukturschwachen Regionen findet. Nun kann ich dies beim Ampelantrag wiederholen.
Wir dürfen nicht zulassen, dass ganze Regionen abgehängt werden. Hier halten wir zum Beispiel eine Evaluation der Programme zur regionalen Wirtschaftsentwicklung für erforderlich. Das betrifft sowohl den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) als auch die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und die weiteren Programme für den ländlichen Raum wie das Programm LEADER. Alle diese Programme werden vom Wirtschaftsministerium verwaltet.
Über die notwendige Förderung der strukturschwachen Regionen darf aber auch nicht vergessen werden, zur Stärkung des ländlichen Raums braucht es ein ganzheitliches Konzept und eigenständige Entwicklungsimpulse.
Hier hat unsere Fraktion schon zielführende Vorschläge für ein Sonderprogramm Ländlicher Raum vorgelegt.
Meine Damen und Herren, schließlich muss ich abermals auf den wichtigen Punkt Bürokratieabbau verweisen. Weder die CDU noch die Ampel haben es für nötig befunden, diesen Punkt im jeweiligen Antrag aufzunehmen.
Meine Damen und Herren, wahrscheinlich braucht es eine neue Fraktion wie die AfD, um frischen Wind in die jahrzehntealte Debatte um zu viel Bürokratie zu bringen.
Liebe Kollegen, ich wiederhole daher meinen Vorschlag aus der letzten Plenarsitzung, die Landesregierung möge eine maximale Bearbeitungszeit für Anträge garantieren.
Ich komme zum Schluss. Die beiden vorliegenden Anträge enthalten sinnvolle Ansätze. Trotz der von unserer Fraktion schon in der ersten Besprechung aufgezeigten Hinweise decken sie aber wesentliche Themenfelder einer ganzheitlichen, zukunftsweisenden Wirtschaftspolitik für unser Land Rheinland-Pfalz leider gar nicht ab und bleiben bei anderem an der Oberfläche.