Protokoll der Sitzung vom 23.11.2017

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin BätzingLichtenthäler.

Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales,

Arbeit, Gesundheit und Demografie:

Herzlichen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Chaos beim MDK – so haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU, Ihre aktuelle Debatte benannt. Mit Verlaub, ich vermag weder Chaos beim MDK zu erkennen noch kann ich nachvollziehen, was die CDU meint, wenn sie behauptet, sie habe Chaos entdeckt.

Was ich hier erkenne, meine sehr geehrten Damen und Herren, und was ich sehr bedaure, ist, dass Sie sich erneut – auch heute wieder – meinem Appell verschließen, den MDK und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht weiter schlechtzureden, sondern sie in ihrer anspruchsvollen und verdienstvollen Arbeit zu unterstützen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das erwarten wir von Ihnen!)

Ja, Unterstützung! Das haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verdient, und nicht Ihre ständige Kritik und Skandalisierung.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wir kritisieren Sie!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerne erläutere ich Ihnen die Fakten noch einmal erneut. Sofern Sie nicht vor lauter Jagdfieber und politischem Eifer geblendet sind, sollten auch Sie erkennen, das vermeintliche Chaos existiert nicht, sondern der MDK arbeitet das Vergangene ordentlich ab und vernachlässigt auch keineswegs seine eigentlichen Aufgaben.

(Abg. Martin Brandl, CDU: Überhaupt gar nicht! – Abg. Julia Klöckner, CDU: Alles bestens!)

Doch zunächst zu den Fakten in der sogenannten Causa Zieres. Vorab – Sie wissen das –, das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie war zu keiner Zeit Verfahrensbeteiligter, weder in der ersten Instanz noch im Verfahren vor dem Oberlandesgericht. Dennoch sehen auch wir Anzeichen dafür, dass das Oberlandesgericht sowohl die Kündigung als auch die Gründe anders beurteilt als die Vorinstanz. Das ist auch der Presseberichterstattung zu entnehmen. So hat das OLG Koblenz in der ersten Verhandlung am 27. Oktober 2017 mehr als deutlich erkennen lassen, dass der zu erwartende Urteilsspruch positiv für den MDK ausfallen dürfte, und hatte angeregt, man möge sich doch gütlich einigen.

Das Gericht hat auch erkennen lassen, dass es den in der Presse als Luxusvertrag bezeichneten Arbeitsvertrag für unwirtschaftlich und möglicherweise sogar als sittenwidrig ansieht und es der Meinung ist, dass ein Geschäftsführer niemals einen solchen Vertrag hätte erhalten dürfen.

Meine Damen und Herren, wer das kritisiert oder das sogar als Chaos bezeichnet, der kritisiert damit gleichsam unseren Rechtsstaat.

(Heiterkeit bei der AfD)

Wenden wir uns damit dem ehemaligen Geschäftsführer Rohleder und dessen einvernehmlichen Ausscheiden aus dem Dienst des MDK zum Jahresende zu. Auch hier gelten Fakten. Die Landesregierung war nicht aktiv an der Entscheidung des MDK und Herrn Rohleders beteiligt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen.

Sehr geehrte Frau Thelen, natürlich ist uns § 35 a Abs. 6 a des SGB IV bekannt. Natürlich haben wir auch nach der Entscheidung des MDK mit Herrn Rohleder einen entsprechenden Vertrag zur Genehmigung vorgelegt bekommen. Ich wiederhole noch einmal, wir waren nicht an der Entscheidung beteiligt, und ja, auch das ist Fakt, wir haben die Möglichkeit, den Verwaltungsrat zu einer Sitzung einzuberufen, aber – halten Sie sich an die Fakten – nur, wenn ein Rechtsverstoß vorliegt. Dieser Rechtsverstoß ist an dieser Stelle nicht gegeben

(Abg. Martin Brandl, CDU: Haben Sie mittlerweile das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes gelesen?)

ich wiederhole es jetzt, ich weiß nicht, zum wievielten mal an dieser Stelle –, der MDK ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und somit eine selbstständige rechtsfähige juristische Person mit eigener Personalhoheit. Deswegen untersteht der MDK der Rechtsaufsicht des Sozialministeriums.

Meine Damen und Herren, die Rechtsaufsicht sieht keine Beteiligung der Aufsichtsbehörde bei Personalentscheidungen vor. Da das Sozialministerium also keine Fachaufsicht, sondern nur die Rechtsaufsicht wahrnimmt, mischt es sich eben nicht in die der Selbstverwaltung vorbehaltenen Entscheidungen ein.

Meine Damen und Herren, da kann von Organisationsverschulden keine Rede sein, sondern hier geht es um die Beachtung von Recht und Gesetz. Fakt ist weiterhin, die Sektorenprüfung Personal des Landesprüfdienstes im Frühjahr 2017 hat sich mit dem Personalvertretungsrecht und, sehr geehrter Herr Junge, auch mit dem Inhalt des Schreibens des Personalrats befasst.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Ergebnis?)

Diese Sonderprüfung hat die rechtliche Bewertung des Sozialministeriums bestätigt. Das heißt – auch dies haben wir noch einmal in der Ausschusssitzung ausführlich vorgestellt –, auch hier läuft alles im rechtlich geordneten Rahmen.

Bleiben als Letztes die Laufzeiten der Pflegegutachten durch den MDK. Meine Damen und Herren, diese Laufzeiten der Pflegegutachten – das können Sie mir glauben – haben wir schon seit Langem im Blick, gerade weil es durch die Bundesgesetzgebung zu gravierenden Veränderungen gekommen ist. Halten wir uns auch hier an die Fakten. Fakt ist, dass am 27. Oktober ein erstes intensives Monitoringgespräch zwischen zwei meiner Fachabteilungen und der stellvertretenden Geschäftsführerin, Frau Dr. Weibler-Villalobos, stattgefunden hat. Am 19. Dezember wird ein weiteres folgen. Danach ist nach den vom MDK vorgelegten Zahlen die durchschnittliche Laufzeit zur Erledigung von Pflegegutachten von 85 Kalendertagen

im August dieses Jahres auf 80 Kalendertage im Oktober dieses Jahres zurückgegangen.

Aktuell bearbeitet der MDK verstärkt die ältesten Gutachtenaufträge, sodass im Moment die durchschnittliche Laufzeit im Monat November wieder etwas ansteigt. Aber feststellbar ist, dass es dem MDK gelingt, und zwar mittlerweile kontinuierlich, die Zahl der offenen Gutachtenaufträge zu reduzieren, und zwar von über 21.000 aus dem August dieses Jahres auf 18.500 im November dieses Jahres.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass sich der MDK den Herausforderungen stellt und dass das Sozialministerium ihn monitort und auch im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten eng begleitet.

(Zuruf des Abg. Martin Brandl, CDU)

Und von daher noch einmal, es hilft weder den Pflegebedürftigen noch den Angehörigen, wenn durch skandalisierende Debattenüberschriften Zweifel an der Kompetenz und der bisherigen Leistungsfähigkeit des MDK, seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und seiner unabhängigen Gutachter gesät wird.

(Abg. Martin Brandl, CDU: Sie haben die Lage nicht im Griff, Frau Ministerin!)

Es ist an der Zeit, lieber Herr Brandl, den MDK in seiner Aufgabenerfüllung zu unterstützen,

(Abg. Martin Brandl, CDU: Sie kriegen es aber nicht hin!)

damit er ohne solche Querschüsse und ohne weitere Verdächtigungen Ihrerseits im Dienste der Versicherten tätig sein kann.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu gehört auch, die Debatte zu versachlichen und von haltlosen Skandalisierungen abzusehen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion redet Frau Kollegin Thelen. Sie haben alle eine verlängerte Redezeit von 45 Sekunden in der zweiten Runde, also zwei Minuten und 45 Sekunden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn Herr Henter schon einmal darauf eingegangen ist, aber die Frau Ministerin wiederholt ja die Vorwürfe der Skandalisierung. Liebe Frau Ministerin, wir sind die Opposition, und Aufgabe der Opposition ist die Kontrolle der Regierung.

(Starker Beifall der CDU und der AfD – Zuruf der Staatsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler)

Das können wir weder durch Schweigen noch durch Untätigkeit. Dass Ihnen das nicht immer angenehm ist, kann ich gut verstehen. Das ist aber ein Teil der Natur der Sache. Ich habe den Eindruck, es gibt Dinge, da kommen wir beide wirklich nur schwer übereinander.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich will jetzt noch einmal kurz auf ein paar Sachen eingehen, die mir an dieser Stelle wichtig sind: Aktualität und Aufgabenverweigerung der Landesregierung. – Ich bleibe dabei. Vielleicht müssen wir darüber noch einmal näher im Ausschuss reden. Ich habe noch sehr gut Ihr Bild vor Augen, als Sie uns im Ausschuss Ende September wirklich mit großem persönlichen Frust,

(Zuruf der Staatsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler)

das ist nicht strittig – berichtet haben, dass es auch mit Herrn Rohleder als Geschäftsführer nicht funktioniert, es wieder Streit gibt, man aber hoffe, dass es auf eine einvernehmliche Trennung hinausläuft.

(Staatsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler: Ja!)

So. Und Sie sagen uns da, ja, aber wir waren an nichts beteiligt, und das ist im Prinzip auch alles Teil der Selbstverwaltung.

(Staatsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler: Ja!)

Das ist falsch. Genau in diesem Nichtbeteiligen liegt nach meiner bescheidenen Auffassung – vielleicht haben wir ja Juristen, die mich hier von etwas anderem überzeugen – aber doch der Grund, weshalb Sie eigentlich rechtsaufsichtlich hätten eingreifen müssen.

(Beifall der CDU)

Sie haben ja eben gesagt, Sie kennen den Absatz 6 a in § 35 a,