Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Die AfD-Fraktion steht voll und ganz hinter den fünf Zielen des Glücksspielstaatsvertrags, die gleich in § 1 genannt werden, nämlich Suchtprävention und Suchtbekämpfung, Jugend- und Spielerschutz, Schutz der Spieler vor Betrug, Schutz vor Manipulationen sportlicher Wettbewerbe und zum Schluss die Kanalisierung der Glücksspielnachfrage in geordnete und überwachte Bahnen.

Das Glücksspiel ist nicht etwas, was per se bekämpft werden muss. Darum spricht auch der Glücksspielstaatsvertrag vom natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung.

Seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2006, mit dem das Sportwettenmonopol gekippt wurde, suchen die Landesregierungen nach einer Regelung, die einerseits mit dem Verfassungs- und Europarecht vereinbar ist, die aber andererseits den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags gerecht wird.

Derweil florieren die Online-Glücksspielangebote aus dem Ausland auch in Deutschland. So hatte der eigentlich in Deutschland untersagte Online-Casinomarkt im Jahr 2015 ein geschätztes Marktvolumen von 1,2 Milliarden Euro mit weiter steigender Tendenz. Suchtbekämpfung, Spielerschutz und Schutz vor Betrug können hier nicht in dem nötigen Umfang gewährleistet werden.

Im Bereich der Sportwetten hat sich die vorgesehene Konzessionsbeschränkung auf 20 Anbieter als juristisch nicht durchsetzbar erwiesen, sodass hier ein grauer Markt entstanden ist. Es ist daher überfällig, zwar OnlineGlücksspiele zuzulassen, aber auch notwendige Regeln zu setzen und eine Kontrolle in diesem Bereich sicherzustellen. Die Politik des Totalverbots ist schon lange gescheitert. Sie hat sich als nicht durchsetzbar erwiesen, sodass hier ein grauer Markt entstanden ist. Durch die Uneinigkeit der Länder – Schleswig-Holstein ist bereits ausgeschert – wird es noch nicht einmal zu dieser Minimallösung kommen.

Wir vertrauen auch nicht der rheinland-pfälzischen Regulierungsstrategie im Landesglücksspielgesetz. Statt sich um die effektivste Lösung für die Suchtprävention und den Jugendschutz zu bemühen, setzt die Landesregierung darauf, Mindestabstände zwischen zwei Wettbüros festzulegen und darauf, eine landesweite Obergrenze von 400 Wettbüros festzuschreiben. Dies ist dieselbe Strategie, die man gegenüber Spielhallen fährt, wobei man Spielhallen sogar noch restriktiver behandelt, nämlich 500 Meter Abstand untereinander und zu Einrichtungen für Minderjährige, bei Wettbüros sind es 250 Meter. Sie gefährdet die Existenz vieler Mittelständler, trägt aber nicht zur Suchtbekämpfung oder zum Spielerschutz bei. Wir brauchen einen Spielerschutz auf dem Stand der modernen Technik. Die seriösen Betreiber von Spielhallen und Wettbüros sind dazu bereit.

Die Städte und Gemeinden haben die Möglichkeit, über das Baurecht Spielhallen und Wettbüros in besonders sen

siblen Bereichen zu verbieten. Wir sollten das Landesglücksspielgesetz nicht dazu missbrauchen, Baurecht zu schreiben. Wir sollten den Städten und Gemeinden zutrauen, die Verhältnisse und möglichen Probleme vor Ort selbst am besten einschätzen zu können.

Wir lehnen den Staatsvertrag und den Gesetzentwurf ab.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht Frau Kollegin Becker.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute über den Glücksspielstaatsvertrag und die Änderung des Landesglücksspielgesetzes sprechen, wissen wir alle, es ist ein ganz schwieriges und viel diskutiertes Thema.

Ich möchte vorwegschicken, dass es für uns als Freie Demokraten ein ganz wichtiges Anliegen ist, dass das Glücksspiel in geordneten Bahnen läuft und nicht den freien Kräften des Marktes überlassen bleibt. Es kann nicht sein, dass die legalen und vor allem an Qualitätsstandards interessierten Anbieter vom Markt verdrängt werden und die illegalen Anbieter am Markt erstarken.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Gleichzeitig wollen wir aber das Glücksspiel möglich machen, da nicht von der Hand zu weisen ist, dass es in der Bevölkerung dafür einen Bedarf gibt. Dabei stehen wir für die Gewährleistung eines wirksamen Spieler- und Verbraucherschutzes sowie einer effektiven Suchtbekämpfung. Letzteres ist und muss der wesentliche Baustein der Glücksspielgesetzgebung sein.

Die hohe Qualität der Suchtbekämpfung sollte ein Hauptkriterium für die Vergabe von Konzessionen sein. Streng genommen bedeutet das, es bedarf deshalb eines verstärkt qualitativen und weniger quantitativen Ansatzes bei der Konzessionsvergabe.

Lobend ist hervorzuheben, dass in der Glücksspielbranche diesbezüglich schon eine Menge Bewegung im Spiel ist und viel für die Suchtbekämpfung getan wird.

Gleichzeitig gehen allerdings – Herr Kollege Hüttner hat es gesagt – der öffentlichen Hand nach wie vor enorme Summen an Steuereinnahmen verloren, die zum Zweck der Suchtbekämpfung, aber auch für weitere gesellschaftlich relevante Vorhaben genutzt werden könnten.

Bedauerlich ist es natürlich, dass wir heute über eine Änderung des Staatsvertrags sprechen, der wahrscheinlich überhaupt nicht zum Tragen kommt. Die Kolleginnen und Kollegen in Schleswig-Holstein haben sich für einen anderen Weg entschieden. So wie es aussieht, werden sie

dem Glücksspielstaatsvertrag nicht ihre Zustimmung geben, und er wird somit gegenstandslos.

Doch auch weitere Bundesländer üben zwischenzeitlich Kritik an dem Vorhaben. Mir ist es bewusst, dass dies hier nicht nur auf Gegenliebe stößt. Ich weise aber darauf hin, dass derartige Hürden zu einer Demokratie dazugehören. Wenn sie nicht überwindbar sind, so müssen wir dies aushalten. Wir wissen, wovon wir reden.

Gleichzeitig möchte ich auch zumindest ein wenig um Verständnis für das Ansinnen von Schleswig-Holstein werben. Der Punkt beispielsweise – Michael Hüttner hat es auch gesagt –, dass sich Online-Casinos im Glücksspielstaatsvertrag nicht wiederfinden, ist misslich. Wir sprechen von einem schier unüberblickbaren Schwarzmarkt an Anbietern, die im Ausland sind, sich aber jeglicher Kontrolle entziehen.

Über die Themen wie wirksame Mittel gegen die Spielsucht oder Besteuerungsfragen brauchen wir in diesem Zusammenhang erst gar nicht zu sprechen. Ob diese und weitere Differenzen nicht auch auf anderem Wege hätten ausgeräumt werden können, muss an dieser Stelle zunächst offenbleiben.

Fest steht aber auch, dass die Diskussion im Fluss bleiben und die Gesetzgebung sich den wandelnden Gegebenheiten des Marktes anpassen muss. Hier dürfen wir nicht nachlassen.

In die gleiche Richtung gehen die Änderungen des Landesglücksspielgesetzes. Mit neuen Abstandsregeln für Wettvermittlungsstellen, strengeren Regeln beim Spielerschutz und der Schaffung des Ordnungswidrigkeitentatbestands bei Verstößen gegen die neue Sperrzeitregelung tragen wir hoffentlich aktiv zum Spielerschutz bei.

Wenngleich wir diese Maßnahmen zum Schutz der Spieler, insbesondere aber auch der Jugend, begrüßen, sehen wir dies auch mit einem kritischen Auge. Durch diese Gesetzesänderung wird eine nicht unerhebliche Zahl von Arbeitsplätzen gefährdet oder geht gar verloren.

Vor diesem Hintergrund werden wir auch weiterhin die Entwicklungen im Blick haben und zu gegebener Zeit überprüfen, ob diese Maßnahmen zielführend sind oder einer Überarbeitung bedürfen. Maßnahmen, die zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen, aber nicht das erwünschte Ziel erreichen, bedürfen dann einer erneuten Überprüfung und Anpassung.

Ich hoffe zum Schluss, dass alle Parteien die Thematik auch in Zukunft mit Ernsthaftigkeit und Augenmaß begleiten werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Schellhammer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute in zweiter Lesung das Landesgesetz zum Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag und zur Änderung des Landesglücksspielgesetzes.

Im März 2017 haben die Regierungschefinnen und chefs der Länder den Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag unterzeichnet. Damit dieser Staatsvertrag Anfang 2018 wirksam werden und in Kraft treten kann, ist es erforderlich, dass alle Landesparlamente diesen Staatsvertrag ratifizieren.

Warum dieser Glücksspieländerungsstaatsvertrag? Der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag ist deswegen erforderlich, weil der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag aus dem Jahr 2012 die Erteilung einer begrenzten Anzahl von Sportwettkonzessionen an private Veranstalter erlaubte. Diese Konzessionen können aber aufgrund einer europarechtlichen Vorgabe nicht erteilt werden, weil noch ein abschließendes Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs aussteht.

Für uns ist es besonders wichtig, dass Rechtssicherheit für die Anbieter von Sportwetten entsteht. Deswegen müssen wir eine neue Regulierung schaffen.

Das bedeutet im vorliegenden Gesetzentwurf aber auch, dass die Begrenzung der Zahl der Sportwettkonzessionen aufgehoben wird und allen Bewerbern im laufenden Konzessionsverfahren, die die Mindestanforderungen erfüllen, die Veranstaltung von Sportwetten erlaubt wird. Gleichzeitig werden den Aufsichtsbehörden Untersagungsmöglichkeiten für unerlaubte Angebote eröffnet.

Wichtig ist aber, dass die Mindestanforderungen an Konzessionsinhaber wie Zuverlässigkeit, Sachkunde und vollständige Transparenz ihrer Strukturen gegeben ist.

Es ist natürlich vor diesem Hintergrund besonders wichtig, dass diese dann auch überwacht werden und eine ernsthafte Prüfung erfolgt, damit der Staatsvertrag wirksam wird.

Darüber hinaus – das wurde schon erläutert – liegen mit dem Gesetzentwurf weitere Änderungen des Landesglücksspielgesetzes vor. Ich nenne nur die Stichworte, um sie nicht zu wiederholen: das Thema 250 Meter Luftlinie, zentrale Sperrdatei, aber auch die Frage des Ordnungswidrigkeitentatbestands bei Verstößen gegen die neue Sperrzeitregelung.

Ich möchte für meine Fraktion einen Aspekt besonders hervorheben. Für uns Grüne ist das oberste Ziel ein effizienter Jugend- und Spielerschutz. Der Zweite Glücksspielstaatsvertrag ist nur der kleinste gemeinsame Nenner der Bundesländer. Deshalb wollen wir Grünen, dass die Einhaltung der Mindestanforderungen streng überprüft wird und die Aufhebung der limitierten Konzessionsabgabe nicht dazu führt, dass es eine willkürliche Vergabe gibt.

Wir werden dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, damit Rechtssicherheit geschaffen wird. Damit ist es eine Verbesserung des Status quo.

Der angekündigte Austritt von Schleswig-Holstein erschwert eine deutschlandweite kohärente Regelung, die aber notwendig wäre, um das Lottospielmonopol desStaates vor den Wettbewerbshütern der EU-Kommission zu rechtfertigen. Wir denken, dass diese Debatte weiter fortgeführt werden muss. Kollegin Becker hat erläutert, es ist ein wichtiges Thema.

Nichtsdestotrotz, der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Schritt für mehr Rechtssicherheit. Deswegen wird auch meine Fraktion dem vorliegenden Entwurf zustimmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und bei der SPD)

Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Günter Kern.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren des Parlamentes! Wie meine Vorrednerinnen und Vorredner schon darauf hingewiesen haben, geht es heute um die Umsetzung des Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrags in Landesrecht sowie die Änderung im Landesglücksspielgesetz.

Auch die Motive hierzu sind genannt worden unter Hinweis auf den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag: dass das bisher geltende staatliche Sportwettenmonopol für sieben Jahre suspendiert werden sollte und auf der Grundlage eines unionsweiten Auswahlverfahrens insgesamt 20 Sportwettenkonzessionen für diesen Zeitraum erteilt werden. Es ist auf die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs im Oktober 2015 zurückzuführen, dass das nicht umgesetzt werden kann.

Der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag soll diesen Schwebezustand nun beenden und die Vergabe von Konzessionen im Sportwettbereich kraft Gesetzes ermöglichen. Hierzu sieht er folgende Regelungen vor:

Erstens wird allen 35 Bewerbern im laufenden Konzessionsverfahren, die die Mindestanforderungen erfüllt haben, die Veranstaltung von Sportwetten kraft Gesetzes vorläufig erlaubt.

Zweitens kann darüber hinaus jedem, der die formellen und materiellen Vorgaben erfüllt, eine Konzession zum Veranstalten von Sportwetten erteilt werden.