Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christine Schneider, CDU: Das tun Sie nicht!)

Weitere Wortmeldungen liegen uns nicht mehr vor.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Das tun Sie nicht, Herr Kollege Braun! Wir haben einen weit höheren Bedarf! – Staatsministerin Ulrike Höfken: Das ist doch Quatsch!)

Eine Ausschussberatung wurde nicht beantragt. Ich stelle daher fest, dass die Besprechung des Berichts der Landesregierung zum Waldzustandsbericht 2017 mit der Beratung erledigt ist.

Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:

Familien in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksachen 17/3672/4086/4727 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Ich darf Frau Kollegin Simon von der Fraktion der SPD das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir besprechen heute unsere Große Anfrage „Familien in Rheinland-Pfalz“. Mit über 80 beantworteten Fragen

erhalten wir nun ein aktuelles, fundiertes Datenmaterial, um uns auf unseren Weg in eine moderne, passgenaue und vorausschauende Familienpolitik zu machen, und das uns unterstützt. Hier wird Familienpolitik als Querschnittsaufgabe deutlich. Unser Ziel ist es, ein gutes Aufwachsen für alle Kinder zu sichern und alle Familien, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern, Wohnort oder Familienform, bestmöglich zu unterstützen. Das Kindeswohl steht dabei für uns im Vordergrund.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns über längere Zeit die steigenden Geburtenzahlen betrachten, haben wir wohl vieles richtig gemacht. Aber wir wollen nicht stehen bleiben und unsere Erfolge feiern, sondern voranschreiten und Rheinland-Pfalz zum familienfreundlichsten Bundesland machen. Daher möchten wir die umfangreichen Bildungs-, Beratungs- und Unterstützungsangebote erhalten und, wo nötig, bedarfsgerecht ausbauen. Des Staat soll begleiten und unterstützen.

Lassen Sie mich auf einige Punkte konkret eingehen: Erstens, Müttern und Vätern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen.

Leider kam das Gesetz auf Bundesebene zum Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit nicht zustande, obwohl es im Koalitionsvertrag mit der CDU vereinbart war. Dies ist für Frauen ein Rückschlag, da sie in der Teilzeitfalle bleiben und sich dies später auf die Rente auswirkt. Aber auch für Männer ist es ein Nachteil, da die Bereitschaft, sich länger partnerschaftlich um Kinder oder auch Eltern zu kümmern, nicht vorhanden ist, wenn man sich nicht sicher ist, wieder auf seinen Arbeitsplatz in Vollzeit zurückkehren zu können.

Natürlich müssen wir gesellschaftlich auch die Arbeitgeber in diesem Bereich in die Pflicht nehmen, um entsprechende Arbeitsplätze anzubieten.

Die Anstrengungen, die wir bei der Vereinbarkeit der Berufsausübung und Kinderbetreuung machen, werden wir aber auch bei der Pflege unserer Eltern und bei vielen auch bei Verwandten unternehmen müssen. Wir wissen, dass die meisten so lange wie möglich zu Hause bleiben möchten, und der Ausbau der Tagesbetreuung ist aus meiner Sicht noch ein Thema, das wir stärker beachten müssen.

Zweitens, Chancengleichheit durch ein gutes Bildungsund Betreuungsangebot. Wir wollen eine Erziehungs- und Bildungspartnerschaft mit den Eltern auf Augenhöhe. Über die Jahre haben wir ein ausdifferenziertes Angebot ab der Schwangerschaft entwickelt. Mit „Guter Start ins Kinderleben“ oder den Ausbau der Kitas mit Beitragsfreiheit ab zwei Jahren – das wird übrigens mittlerweile in anderen Bundesländer von CDU-Abgeordneten gefordert – und dem Ausbau des Ganztagsangebots in Kitas und Schulen sind wir auf einem guten Weg.

Mit der Kita-Novelle werden wir uns qualitativ in der Betreuung weiterentwickeln. Wir haben an den Schulen die Schulsozialarbeit noch einmal deutlich gestärkt, und was früher als Makel empfunden wurde, ist heute zum Qualitätsmerkmal geworden.

In diesem Jahr haben wir auch den Ausbau der Ferienbe

treuung gestartet, und wir sind auf die Zahlen gespannt. Ich denke, dass sich im nächsten Jahr die Nachfrage noch weiter erhöhen wird.

Natürlich war und ist es uns wichtig, die Familienferien für sozial Schwächere beizubehalten. Das ist oft die einzige Möglichkeit, mit den Kindern einen gemeinsamen Urlaub verbringen zu können.

Ein neues Feld wird – wie wir heute Morgen auch in der Mündlichen Anfrage erörtert haben – die Unterstützung der Eltern beim Umgang mit smartem Spielzeug und Internet sein. In den Einrichtungen ist die Weiterbildung schon angekommen. Wir müssen die Eltern hier aber noch stärker mitnehmen.

Drittens, partnerschaftliche Betreuung auch nach der Trennung erleichtern. Wir stellen eine Veränderung des Rollenverständnisses bei Frauen, aber insbesondere bei Männern fest. Aus diesem Grund werden wir das Wechselmodell bei der Betreuung der Kinder einer näheren Betrachtung unterziehen. Wir wollen partnerschaftliche Modelle fördern. Allerdings ist zuerst das Für und Wider abzuwägen.

Für Alleinerziehende ist das neue Unterhaltsvorschussgesetz ein wirklicher Fortschritt und eine deutliche Verbesserung ihrer Situation.

Viertens, Wohnsituation von Familien verbessern. Auch das haben wir im Plenum im letzten halben Jahr ausführlich besprochen. Ausreichend bezahlbaren Wohnraum für Alleinerziehende und Familien in allen Größen schaffen, dies ist für Familien oft existenziell. Wir haben die Voraussetzungen geschaffen, den sozialen Wohnungsbau attraktiv zu machen.

Fünf Minuten sind natürlich viel zu kurz, um umfassend zu diskutieren. Wir werden daher mit konkreten Anträgen in den Ausschüssen das Thema weiter vorantreiben; denn Familien sind uns wichtig.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun erteile ich Frau Abgeordneter Huth-Haage von der Fraktion der CDU das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Familien sind vielfältig, Alleinerziehende, verheiratete Paare mit einem oder zwei Kindern, Mehrkindfamilien, Patchworkfamilien, all diese Familien haben eigene Sorgen, Herausforderungen, Wünsche und Ziele. Daher muss Familienpolitik vielfältig sein. Wir dürfen Familien nicht über einen Kamm scheren. Wir müssen unterschiedliche Angebote und Fördermaßnahmen bereithalten, um allen Familien gerecht zu werden.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, diese Förderung ist keine lässliche Wohltat, nein, es ist ein grundgesetzlicher Auftrag. Familien leisten einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung unseres Landes. Sie bieten Zukunft und Perspektive. Ohne Familie wäre unsere Gesellschaft nicht lebensfähig. Daraus leitet sich die staatliche Verpflichtung ab, Familien zu unterstützen, ihnen zu helfen, die finanziellen und auch die zeitlichen Herausforderungen, denen es bedarf, zu meistern.

Wir brauchen praktische Hilfe vor Ort. Wir brauchen sicherlich gute Kindertagesstätten. Wir brauchen gute Schulen. Wir brauchen aber auch wirksame familienpolitische Geldleistungen.

Lassen Sie uns einen Blick auf die Familienpolitik der Landesregierung richten. Da ist Ihre Große Anfrage in der Tat sehr hilfreich, zum einen die Art und Weise, wie Sie gefragt haben. Es ist dieselbe Große Anfrage, die in jeder Legislaturperiode gestellt wird. Es ist ein ganzes Sammelsurium an statistischem Material. Aber ich sage einmal, wichtiger noch als die Fragen, die gestellt wurden, sind die Fragen, die nicht gestellt wurden. Erlauben Sie, dass ich die einmal aufgreife.

Zum Bereich Mobilität. Mobilitätsfragen von Familien ist bei Ihnen kein Thema, und das, obwohl wir in einem Flächenland leben. Gerade im ländlichen Raum sind der ÖPNV, die Verbindungen, aber auch Preise ganz entscheidende Faktoren der Familienfreundlichkeit einer Region.

(Beifall bei CDU und AfD)

Das ist bei Ihnen leider kein Thema.

Oder nehmen wir das Thema Familie und Wohnen. Es ist eben gesagt worden. Es ist im Plenum auf Initiative der CDU-Fraktion beraten worden. Auch das war bei Ihnen kein Thema. Das haben wir mit unserer Anhörung und mit unseren Anträgen forciert und in die parlamentarische Beratung eingebracht.

(Beifall der CDU)

Es kann nicht sein, und ich kann es auch nicht anders nachvollziehen, dass rasant steigende Mieten, steigende Immobilienpreise, aber auch immer mehr Diskriminierungserfahrungen von Familien auf dem Immobilienmarkt offensichtlich für Sie in der Anfrage kein Thema waren, aber auch Alltagshindernisse für Familien, zum Beispiel die Frage nach familiengerechtem Urlaub, familiengerechtem Tourismus, aber auch so etwas wie überteuerte Eintrittspreise. Auch das haben wir als CDU ins Parlament gebracht. Ich darf daran erinnern, dass wir über die Eintrittspreise für die Landesgartenschau debattiert haben. Auch das war bei Ihnen kein Thema.

Meine Damen und Herren, es braucht konkrete politische Unterstützungsmöglichkeiten für kinderreiche Familien. Auch das ist Fehlanzeige. Mehr als ein Viertel aller Kinder wächst mit zwei oder mehr Geschwistern auf. Das schert Sie aber nicht weiter im Hinblick auf Ihre familienpolitische Fokussierung.

Etwas Zweites ist in Ihrer Großen Anfrage zu beobachten,

was eine Fehlsteuerung in der Familienpolitik in RheinlandPfalz aufzeigt; denn in vielen Fällen fragen Sie nach den Zeitverläufen, was auch in Ordnung ist. Aber gerade dann, wenn es um Landeszuwendungen geht, blenden Sie diese Perspektive aus. Es zeigt, dass in vielen Bereichen die zeitliche Entwicklung eine andere ist, dass in vielen Bereichen die Landeszuweisungen seit Jahren nicht oder kaum steigen und den tatsächlichen Kostenentwicklungen nicht angepasst wurden.

Beispielsweise blicken die Familienbildungsstätten und die Familienzentren – nur um diese Einrichtungen zu nennen – zurzeit mit großer Sorge in die Zukunft; denn die Landeszuschüsse stehen zur Debatte und decken zu einem immer geringeren Anteil die anfallenden Kosten. Auch darüber hätte man sprechen können.

Wie dürftig diese Familienpolitik, wenn man mit einem nüchternen Blick draufschaut, ausfällt, sieht man auch daran, wie viele Politikfelder die Stiftung Familie in Not abdecken muss. Da geht es um Familien mit Mehrlingsgeburten, kinderreiche Familien, Familien in prekären Verhältnissen, Flüchtlingsfamilien. All das soll die Stiftung abdecken. Aber diese Stiftung ist nur da, um punktuell in Notsituationen zu helfen. Sie kann doch nicht dafür da sein, Strukturdefizite auszugleichen. Das ist doch nicht Sinn und Aufgabe der Stiftung Familie in Not. Auch da hätte ich mir eine Aussage gewünscht.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Meine Damen und Herren, es bleibt zu sagen, Familie bleibt das Lebensmodell Nummer 1 in Rheinland-Pfalz, wobei die allermeisten jungen Menschen sich eine dauerhafte Partnerschaft wünschen. Der Zusammenhalt der Generationen ist gut. Deshalb finden wir es wichtig und richtig, dass wir über Familien nicht rein defizitorientiert sprechen.

Es ist richtig, dass es Familien gibt, die ihren Aufgaben nur begrenzt nachkommen können. Aber Familien brauchen keine Bevormundung und Gängelung, sondern Unterstützung und Hilfe bei den oft kraftraubenden und schwierigen Aufgaben. Familien sind erwerbstätig, sie erziehen, sie unterstützen in Bildungsfragen, sie kümmern sich um Generationen. Das ist eine herausfordernde Aufgabe. Von daher ist das Land in der Pflicht, lebensnah und praktisch zu helfen, pragmatische Unterstützung durch Familienrabatte, familienfreundlichen ÖPNV, familienpolitische Informationen beispielsweise mit einer App, aber auch Wohnraumangebote zu ermöglichen.

Familienpolitik ist mehr als Kita-Politik. Der Ausbau der Kitas ist richtig und entspricht der Lebenswirklichkeit. Aber die Herausforderung für Familien endet nicht mit der Schließzeit einer Kindertagesstätte. Viele Eltern wünschen sich für die ersten Monate und Jahre ihrer Kinder eben keine Kita-Betreuung. Daher muss auch ein Familienleben neben der Kita gefördert werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Bevor ich das Wort weiter erteile, darf ich Gäste auf unserer Besuchertribüne willkommen heißen, und zwar Schülerinnen und Schüler des Balthasar-Neumann-Technikums Trier, 13. Jahrgangsstufe. Herzlich willkommen! Es ist schön, dass Sie sich für Landespolitik interessieren.

(Beifall im Haus)