Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

...tes Landesgesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/5102 – Erste Beratung

(Staatsminister Roger Lewentz begibt sich eilig von den Sitzen der Abgeordneten zur Regierungsbank)

Die Landesregierung wird in aller Ruhe und Gelassenheit den Regierungsentwurf vortragen und einbringen.

(Heiterkeit im Hause – Abg. Gerd Schreiner, CDU: Er ist ja auch Sportminister!)

Dazu erteile ich Herrn Staatsminister Lewentz das Wort.

Verehrter Herr Präsident! Ich danke Ihnen für das in mich gesetzte Vertrauen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gilt die alte Binsenweisheit: Nach der Wahl ist vor der Wahl. – Es ist gute Tradition in RheinlandPfalz, dass nach den allgemeinen Kommunalwahlen die geltenden Bestimmungen des Kommunalwahlrechts überprüft und eventuell Gesetzesvorschläge erarbeitet werden. Diese Prüfungen erfordern Sorgfalt und Zeit. Wie Sie wissen, finden im Frühjahr 2019 die nächsten allgemeinen Kommunalwahlen statt. Ich bin froh, dass ich Ihnen rechtzeitig vor diesen Wahlen den Gesetzentwurf der Lan

desregierung zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes vorstellen darf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll das Kommunalwahlrecht punktuell geändert werden. Grundlegende Änderungen sind nicht erforderlich, da sich das geltende Recht in der Vergangenheit im Grundsatz bewährt hat. Die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen berücksichtigen dabei Erfahrungen bei den letzten allgemeinen Kommunalwahlen. So sind auch Anregungen der kommunalen Praxis in den Gesetzentwuf eingeflossen. Ferner werden gesetzgeberische Entwicklungen auf der Bundesebene und Erkenntnisse bei der Bundestagswahl im vergangenen September aufgegriffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nachfolgend kurz auf die wesentlichen Änderungen des Gesetzentwurfs eingehen. Da die Wahlpraxis verstärkt vor dem Problem steht, in ausreichender Anzahl Beisitzer in den Wahlvorstand berufen zu können, sollen die einschlägigen Bestimmungen erweitert werden. Zukünftig soll es möglich sein, neben Wahlberechtigten auch nicht wahlberechtigte Gemeindebedienstete zu Beisitzern in den Wahlvorstand zu berufen.

Zudem hat sich gezeigt, dass die Ermittlung des Wahlergebnisses im jeweiligen Stimmbezirk – insbesondere in den größeren Städten – auf immer größere organisatorische und technische Schwierigkeiten stößt. Aus diesem Grund soll zunächst für kreisfreie und große kreisangehörige Städte die Möglichkeit geschaffen werden, Auszählungsvorstände zu bilden. Diese sollen die Ermittlung des Wahlergebnisses bei personalisierten Verhältniswahlen zentral – beispielsweise in Mainz in der Rheingoldhalle – für einzelne oder mehrere Stimmbezirke fortsetzen können.

Weiterhin soll in Anlehnung an eine Neubestimmung im Bundeswahlgesetz den Mitgliedern von Wahlausschüssen und Wahlvorständen untersagt werden, bei Ausübung ihres Amtes ihr Gesicht zu verhüllen. Diesen Regelungsvorschlag halte ich für wichtig, um auch zukünftig gewährleisten zu können, dass freie und demokratische Wahlen sicher und ordnungsgemäß durchgeführt werden. Zudem sollen Bestimmungen über den Stimmzettel, die der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 13. Juni 2014 wegen Verstoß gegen den Grundsatz der freien Wahl für verfassungswidrig erklärt hat, aus Gründen der Rechtssicherheit neu gefasst werden.

Schließlich ist vorgesehen, eine neue Verordnungsermächtigung zu schaffen, um Bestimmungen über die gleichzeitige Durchführung von Wahlen und Bürgerentscheiden erlassen zu können. Im Zuge der Vorbereitung der letzten Wahl zum Bundestag hatte es sich gezeigt, dass die Gemeinden zunehmend ein Interesse haben, im Wahlraum gleichzeitig eine Wahl und einen Bürgerentscheid durchführen zu können. Nach dem geltenden Recht ist dies mangels entsprechender Rechtsgrundlage nicht zulässig. Ziel soll es nun sein, die erforderlichen Rechtsbestimmungen hierfür zu schaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Beteiligungs

und Anhörungsverfahren hat die kommunale Seite die vorgeschlagenen Regelungen begrüßt. Allerdings hätten sie – über die geplanten Änderungen hinaus – auch eine Änderung des Sitzverteilungsverfahrens bei der Verhältniswahl befürwortet. Hierzu kann ich mitteilen, dass das Innenministerium im Entwurf zur Änderung der Kommunalwahlordnung konkretisierende Bestimmungen zum geltenden Divisorverfahren mit Standardrundung nach SainteLaguë/Schepers aufgenommen hat. Diese Bestimmungen sollen zukünftig sicherstellen, dass das Berechnungsverfahren für die Zuteilung der Sitze in den kommunalen Vertretungen, Körperschaften und deren Ausschüssen transparenter und rechtssicherer wird.

Der Kommunale Rat hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 25. September 2017 zur Kenntnis genommen. In der Sitzung wurde angeregt, die beabsichtigte Regelung zur zentralen Wahlergebnisermittlung durch Auszählungsvorstände in kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten auf weitere kommunale Gebietskörperschaften zu erweitern. Nach einer sorgfältigen Prüfung ist diesem Vorschlag zunächst nicht gefolgt worden. Zum einen setzt das Gebot der Wahlergebnisermittlung im Wahlgebiet einer Ergänzung der Regelungen bestimmte rechtliche Grenzen. Darüber hinaus soll die nunmehr beabsichtigte Regelung in einem ersten Schritt in den kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten erprobt werden, da sie eine Ausnahme vom Grundsatz der Auszählung im Stimmbezirk ermöglicht, also von der derzeit geltenden dezentralen Wahlergebnisermittlung.

Die Erfahrungen mit einer zentralen Wahlergebnisermittlung sollen zunächst abgewartet werden, bevor sie eventuell in weiteren kommunalen Gebietskörperschaften angewandt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit die Kommunalwahlen 2019 zeitgerecht und vor allem ordnungsgemäß vorbereitet und durchgeführt werden können, müssen jetzt die erforderlichen Änderungen der Rechtsgrundlagen auf den Weg gebracht werden. Ich bitte Sie, die Beratungen des vorliegenden Gesetzentwurfs in den Ausschüssen zu unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Schnieder.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das geltende Kommunalwahlgesetz hat sich im Wesentlichen bewährt. Dieser Aussage schließen wir uns gern an und unterstützen den Änderungs- und Regelungsbedarf in den Teilbereichen, für die die Landesregierung den Gesetzentwurf vorgelegt hat. Es ist auch unserer Auffassung nach unter anderem richtig und wichtig, dass die Mitglieder von Wahlausschüssen und Wahlvorständen ihr Gesicht nicht verhüllen dürfen. Für Wahlen in einem demokratischen

Rechtsstaat sind vertrauensvolle und offene Kommunikationen und die Achtung des Neutralitätsgebots unbedingt notwendig.

(Beifall bei der CDU)

Wir sehen es auch als richtig und wichtig an, dass sichergestellt wird, dass Mitglieder für die Wahlvorstände in ausreichender Zahl vorhanden sind, und die bisherigen Regelungen hierzu waren zu restriktiv.

Wir stimmen auch zu, dass weitere Wahlvorstände für die kreisfreien und großen kreisangehörigen Städte aus Effizienzgründen gebildet werden können und die Möglichkeit geschaffen wird, Wahlen und Bürgerentscheide gleichzeitig durchzuführen.

Schlussendlich stimmen wir auch überein, dass die geschlechterparitätischen Angaben auf den Stimmzetteln nicht geltend gemacht werden sollen.

Darüber hinaus sieht die CDU-Landtagsfraktion aber weiteren Änderungsbedarf im Hinblick auf eine Vorabübersendung der Stimmzettel nach Hause.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden für die anstehende Beratung im Innenausschuss daher erneut beantragen, die Stimmzettel für Gemeinderats- und Stadtratswahlen, für Verbandsgemeinderatswahlen und auch für die Wahlen der Kreistage spätestens drei Tage vor dem Wahltag zuzusenden. Wir wollen damit erreichen, dass sich die Wahlberechtigten schon vor der Wahlhandlung mit der schwierigen Abstimmungstechnik vertraut machen können und insbesondere älteren und gebrechlichen Menschen die Ausübung des Wahlrechts erleichtert wird.

Meine Damen und Herren, Bedenken, dass es hier zu Missbrauch bei der erleichterten Wahlhandlung kommen könnte, widerlegt das Beispiel Baden-Württembergs.

(Beifall der CDU)

Wir behalten uns daher bewusst vor, eine diesbezügliche Anhörung im Innenausschuss zu beantragen.

Meine Damen und Herren, ein letzter Punkt. Uns, der Fraktion, ist leider sehr knapp, und zwar heute erst, zugegangen, dass der Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen gebeten hat, auch über die Streichung von Wahlrechtsausschlüssen zu debattieren. Dazu kann ich heute keine abschließende Auffassung der Fraktion mitteilen. Dafür war die Zeit zu knapp. Ich kann aber heute für uns ganz klar herausstellen – ich glaube, auch für die anderen Kolleginnen und Kollegen –, dass wir uns sehr ausführlich und in voller Verantwortung des Antrags damit im zuständigen Innenausschuss auseinandersetzen werden.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Noss das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte die Ausführungen des Herrn Ministers in vollem Umfang als richtungsweisend ansehen; denn Tatsache ist – – –

(Zurufe von CDU und AfD)

Das muss ab und zu gesagt werden.

(Staatsminister Roger Lewentz: Das könntest du öfter machen!)

Übertreiben müssen wir nicht. Ich möchte ganz klar sagen, das bisherige Kommunalwahlrecht hat sich im Wesentlichen so, wie es sich jetzt darstellt, bewährt. Natürlich sind mittlerweile einige Dinge, die geändert werden müssen und auch sinnvoll sind, im Gesetzentwurf enthalten. Die beiden Dinge, die der CDU-Redner angeführt hat, sind nichts Neues. Das erfahren wir jedes Mal, wenn wir das Kommunalwahlrecht diskutieren. Das ist zum einen die Frage mit den Behinderungen. Da warten wir noch auf ein Urteil. In irgendeinem Bundesland ist diesbezüglich ein Verfahren anhängig. Vorher sollten wir in diesem Punkt auch keine Änderungen vornehmen, weil wir nicht wissen, wie es ausgeht.

Die Vorabversendung von Wahlscheinen und Wahlunterlagen ist nicht nur ein rechtliches Problem.

(Abg. Martin Haller, SPD: So ist es!)

Da bin ich ganz anderer Meinung als Sie. Darüber hinaus gibt es Erhebungen, dass das in etwa 3 Millionen Euro kosten würde. Die Frage ist, wer das bezahlt. Bezahlen es die Kommunen, oder bezahlt es das Land? Ist es Konnexität oder keine Konnexität? Von daher gesehen ist auch hier mit Vorsicht umzugehen. Darüber hinaus sind die Möglichkeiten, dort Ungereimtheiten zu begehen, ebenfalls nicht zu unterschätzen.

Wie gesagt, wir werden im Innenausschuss diese Themen aufrufen und sie diskutieren. Wir werden dann eine Lösung finden. Das, was vom Ministerium vorgeschlagen wurde – so entnehme ich Ihrem Beitrag –, ist insgesamt gesehen konsensfähig. Über die anderen Dinge, die da eventuell noch hinzugefügt werden sollen, müssten wir uns unterhalten. Im Innenausschuss werden wir darüber reden.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Friedmann das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Durch einen Gesetzentwurf der Landesregierung soll nunmehr das Kommunalwahlgesetz leicht geändert werden. Neben gesetzlichen Klarstellungen und redaktionellen Anpassungen werden verschiedene Änderungen eingebracht, welche der Effektivität des Kommunalwahlrechts dienen. Außerdem soll den Vorgaben des Landesverfassungsgerichtshofs entsprochen werden, sodass in Zukunft auf die geschlechterparitätsbezogenen Angaben auf den Stimmzetteln bei Kommunalwahlen und bei den Wahlen zum Bezirkstag verzichtet werden muss. Von jetzt ab soll es der Wähler nicht mehr aus den Angaben auf dem Stimmzettel entnehmen können, ob er eine Frau oder einen Mann wählt. Da dies eine höchstrichterliche Entscheidung ist, braucht das nicht weiter diskutiert zu werden.

Bemerkenswert ist, dass das Kommunalwahlgesetz im Weiteren dahin gehend geändert werden soll, dass es Mitgliedern von Wahlausschüssen und Wahlvorständen untersagt werden soll, bei Ausübung ihres Amtes ihr Gesicht zu verhüllen. In diesem Fall soll der Wähler wissen, mit wem er es im Wahllokal zu tun hat. Dies wird mit dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl und der Verpflichtung der Wahlorgane zur unparteiischen Wahrnehmung ihrer Ämter begründet. Das Verschleierungsverbot soll im Weiteren der vertrauensvollen und offenen Kommunikation zwischen den Bürgern und Mitgliedern des Wahlausschusses dienen. Um eine solche Kommunikation sicherzustellen, sei es daher notwendig, das Gesicht nicht zu verhüllen. Damit werde auch die weltanschaulich-religiöse Neutralität von Wahlorganen dokumentiert.