Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Die Zukunft der Ärzteversorgung in unserem Land kann – darin sind wir uns sicher einig – nur mit einem Bündel von Maßnahmen gesichert werden. Dazu gehören auch zusätzliche Studienplätze.

(Beifall bei der CDU)

Nordrhein-Westfalen geht mit einem guten Beispiel voran. So ist in Bielefeld eine neue medizinische Fakultät geplant, ebenso eine Fakultät in Südwestfalen in Siegen, und die Privatuniversität in Witten/Herdecke soll gestärkt werden.

Meine Damen und Herren, auch in Niedersachsen sind in der kommenden Periode bis zu 200 zusätzliche Plätze geplant. Die SPD-Delegierten in Niedersachsen bestätigten auf ihrem Parteitag am 18. November letzten Jahres, bis zu 200 neue Studienplätze für eine bessere Versorgung auf dem Land schaffen zu wollen.

(Beifall der CDU – Abg. Martin Haller, SPD: Es ist ja schön, dass Sie SPD-Parteitage so aufmerksam verfolgen!)

Ja, wir schauen über den Tellerrand.

(Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut! Sehr löblich!)

Und diese Landesregierung, Herr Haller? Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler, in der Rhein-Zeitung vom 9. Dezember 2016 steht, Sie räumen auf einer Veranstaltung im Kreis Altenkirchen ein, dass eine Erhöhung der Anzahl der Studienplätze in den Koalitionsverhandlungen gescheitert sei. Ist das sozialdemokratische Handschrift? Ich glaube nicht.

(Beifall bei der CDU)

Aber auch die Haltung der Landesregierung zur Frage der Anzahl der Studienplätze ist insbesondere deshalb kritikwürdig, weil – wenn man sich die Große Anfrage der CDU zur Situation und Entwicklung der ärztlichen Versorgung in Rheinland-Pfalz, Drucksache 17/1442, anschaut – die Landesregierung nicht davon ausgeht, dass eine Erhöhung der Studienplatzkapazitäten dazu führen würde, dass sich anschließend mehr junge Ärztinnen und Ärzte für eine medizinische Versorgung in Rheinland-Pfalz im ländlichen Raum entscheiden würden. Ich glaube, mit dieser Haltung geht man am Problem vorbei.

(Beifall der CDU)

Es ist einfach so, dass mehr Studienplätze eine große Chance bieten würden, junge Menschen als Nachwuchsärzte für unser Land zu gewinnen. Ärzteverbände, zum Beispiel der Marburger Bund, plädieren längst für ein Mehr an Studienplätzen und sagen, dass man mit den heutigen Kapazitäten das Niveau langfristig – hier muss man langfristig denken – nicht mehr aufrechterhalten kann.

In einer gemeinsamen Presseerklärung forderten kürzlich

die Landesärztekammer Hessen, die Landesärztekammer des Saarlandes und auch unsere Landesärztekammer eine Erhöhung der Zahl der Studienplätze von Beginn an um 10 %; denn, das wissen die Kollegen in den Kammern auch, die Zahl der Plätze entspricht nicht mehr dem heutigen Bedarf, wobei man berücksichtigen muss, dass künftig zwei frei werdende Arztstellen von drei Ärzten besetzt werden müssen. Gott sei Dank wollen viele Frauen Familie und Beruf vereinbaren, und auch männliche Ärzte sind nicht mehr selbstverständlich bereit, 80 Stunden zu arbeiten, sondern wollen ein wenig die Work-Life-Balance genießen.

Ich möchte zusammenfassend etwas zu den Zahlen sagen. Ich habe das schon mehrfach hier erwähnt: 1989, im Jahr der Wiedervereinigung, hatten wir in den alten Ländern ca. 12.000 Studienplätze. Zusammen mit den neuen Ländern waren es 16.000. Dann hat man – in Deutschland, nicht nur in Rheinland-Pfalz – überall peu à peu – damals gab es die Warnung vor der Ärzteschwemme – die Zahl auf 10.000 Plätze verringert. Es muss doch jedem klar sein, dass das so nicht weitergehen kann.

Nicht hilfreich ist es, wenn Sie, Frau Ministerin, wie am 14. Dezember im Plenum – ich vermute, man hat Ihnen das falsch aufgeschrieben –, erwähnen, dass sich die Anzahl der Studienplätze in Rheinland-Pfalz, in Mainz, vom Sommer 2007 bis zum Wintersemester 2016/17 dahin gehend entwickelt hätte, dass eine Steigerung von 15 % festzustellen sei.

Ich habe das nachgerechnet und auch durch eine Kleine Anfrage bestätigt bekommen: Es ist richtig, wenn man bedenkt, dass von diesen 218 Studienplätzen im Wintersemester 2016/17 39 solche waren, die außerhalb der Zulassung durch die Stiftung für Hochschulzulassung erfolgt sind.

(Abg. Christian Baldauf, CDU. Hört, hört!)

In der Tat.

In der Regel – das waren 35 Fälle – handelte es sich dabei um Studentinnen und Studenten, die im Klageverfahren einen Teilstudienplatz erhalten haben.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: So, so!)

Gegen dieses Klageverfahren hat die Landesregierung, das hat man uns im Sprechvermerk – Vorlage 17/1508 – noch im Mai bestätigt, sogar Revision beantragt. Die Zahlen sollte man also etwas differenzierter betrachten.

(Beifall der CDU)

Ich bin aber guter Dinge, weil ich Signale erhalte, dass wir in diesem Haus versuchen, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Ich bin auch sehr dankbar über die Pressemeldung von Ihnen und von Minister Professor Wolf vom 12. Januar, in der erkennbar ist, dass wir in den Ausschussberatungen gemeinsam sicherlich ein Stück weiterkommen – das ist meine Hoffnung. Ich plädiere also für eine intensive Beratung in den Ausschüssen; denn Sie stellen fest, dass man sich an den Standorten Trier und Koblenz bemüht, in diesem Jahr Verhandlungen zu führen mit dem

Ziel, dort – also im ländlichen Raum – klinische Studienkapazitäten zu schaffen.

Die Idee kam allerdings von den beiden Standorten, von den Krankenhäusern. Die haben das im Sommer vorgetragen. Es wurde erst sehr kritisch gesehen. Deswegen sage ich ganz bewusst: Ich bin froh, dass sich die Landesregierung jetzt einer anderen Meinung angeschlossen hat und das unterstützt und auch nicht ausschließen kann – wie es aus dieser Pressemeldung hervorgeht –, dass man allgemein die Kapazitäten erhöhen will. Deswegen nutze ich hier meinen kritischen Beitrag dazu, die Hoffnung zu nähren, dass wir gemeinsam in den Ausschüssen in der Sache weiterkommen.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Anklam-Trapp das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident Hendrik Hering, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Enders, das Medizinstudium in Rheinland-Pfalz nachhaltig zu verbessern, um die medizinische Versorgung insbesondere auf dem Land zu stärken, ist in der Tat ein gemeinsames Interesse und insbesondere eines der Koalitionsfraktionen, die das unterstützen wollen.

Dem Antrag der CDU-Fraktion gehen langjährige gemeinsame Bemühungen und Anstrengungen der Fachkräftesicherung im Arztberuf, insbesondere für Landärzte und Hausärzte, voraus. Dies ist stets getragen von wirklichen Bemühungen um das Klima und die Sache. Viele wirkungsvolle Maßnahmen der letzten Jahre, die ich an dieser Stelle noch einmal betonen möchte, tragen erste Früchte: zum Beispiel der Wegfall der Residenzpflicht für die Hausärzte, das Entstehen kommunal getragener leistungsfähiger medizinischer Versorgungszentren im ganzen Land, die auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Ärztinnen und Ärzte gewährleisten, die Einrichtung einer Hausärzteprofessur, um die Aus- und Weiterbildung der Studierenden zu unterstützen und das Anheben der Altersgrenze, damit praktizierende Ärzte länger für ihre Patienten da sind, die das auch gerne und mit hoher Kompetenz tun.

Ein gemeinsames Ziel sehe ich – und möchte es auch bekräftigen – darin, den Arztberuf attraktiver zu gestalten, gerade in den ländlichen Regionen, wo wir einen Landarzt brauchen. Das Stichwort, das wir auch auf Bundesebene und in den diversen Fachzeitschriften, die Sie vorhin zitiert haben, immer wieder hören, ist die Anhebung der Vergütung. Wenn es darum geht, sich in ländlichen Regionen niederzulassen und seinen Lebensmittelpunkt dorthin zu verlegen, spielen ferner die Attraktivität des Wohnorts eine wichtige Rolle, für die Familie die Kindertagesstätte und der ÖPNV. Außerdem gilt es, die Digitalisierung stetig weiterzuentwickeln.

Der Ausbau der Studienkapazitäten im Medizinstudium kann nur als eine Maßnahme von verschiedenen meh

reren Handlungsfeldern, die wir komplett sehen müssen, eingebunden sein.

Meine Damen und Herren, fehlende praktizierende Ärzte ambulant und stationär sind ein bundesweit anerkanntes Problem und deswegen nicht auf Rheinland-Pfalz begrenzt. Daher gilt es, die gemeinsam vom Bund und dem Land festgeschriebene Reform, nämlich den „Masterplan Medizinstudium 2020“, der immerhin 41 Maßnahmen enthält, umzusetzen, zu entwickeln und auch zu prüfen, was dabei herauskommt.

Die Ankündigung von Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler und Herrn Minister Professor Dr. Konrad Wolf, eine Regionalisierung im Studium einzuführen, um in Mainz, Trier und Koblenz Medizin auszubilden, würde bedeuten – darauf setzen wir; das hoffen wir –, dass Menschen, die in der Region kurative Erfahrungen in ihrem Studium erhalten, an die Region gebunden sind, dort ihren Lebensmittelpunkt erkennen und sich dort auch niederlassen wollen. Das mit einer Landarztquote zu verbinden, halten wir durchaus für schwierig.

Ich möchte auch darauf hinweisen, wie wichtig es für die Regionen ist. Nehmen wir einmal das Beispiel in Trier. Mein Kollege Sven Teuber würde es sicherlich freuen, wenn ich auf die Pressemitteilung der Stadt Trier von Herrn Oberbürgermeister Wolfram Leibe hinweise, der am 18. Januar darauf eingegangen ist, was es für die Stadt bedeutet und wie erfreut er ist, wenn im Laufe des Jahres die Regionalisierung durch die „Medical School“ und andere initiierte Konzepte Einzug halten kann.

Meine Damen und Herren, es gilt, die Angebote zu vernetzen, auszuwerten, was derzeit da ist, und mit allen Partnern diese weiterzuentwickeln. Das sind für mich die, die ihren Beitrag dazu leisten, nämlich das Land, die Kommunen, die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesärztekammer und unsere Universitäten. Einer der vielen Ansätze ist zum Beispiel die Medizinerausbildung in Trier und auch in Koblenz.

Ich bin fest davon überzeugt, dass eine Maßnahme nicht ausreichen wird, um die Studierendenzahlen anzuheben und die demografische Lücke, die sich zum Beispiel bei den Hausärzten abbildet, zu schließen. Aus diesem Grund möchten wir die verschiedenen Maßnahmen auswerten und schauen, ob ein zusätzlicher Bedarf an medizinischen Ausbildungsplätzen besteht.

Sehr geehrter Herr Dr. Enders, die stets von großer Sachlichkeit geprägten Bemühungen möchte ich vertiefen. Ich schlage vor, dass wir Ihren Antrag auf Anhebung der Studierendenzahlen um 10 % vertiefend im Ausschuss beraten, und zwar federführend im Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur und mitberatend im Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Demografie.

Meine Damen und Herren, wir werden das prüfen und uns die Zeit lassen, die wir dazu brauchen, um dem nachzukommen. Ein letzter Satz. Die ärztliche Versorgung in Rheinland-Pfalz auch in Zukunft zu gewährleisten, ist und bleibt ein zentrales Anliegen der SPD-Landtagsfraktion.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Dr. Groß das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Nicht den Arztberuf brauchen wir attraktiv zu machen – dieser ist äußerst attraktiv –, sondern den ländlichen Raum.

(Beifall der AfD)

Meine Damen und Herren, bereits vor 15 Jahren gab es Hinweise, die auf das bevorstehende Problem der ärztlichen Unterversorgung insbesondere im ländlichen Raum hinwiesen. Mit einem Zeitverzug von fünf Jahren wurde erst 2007 der Masterplan zu Stärkung der ambulanten ärztlichen Versorgung in Rheinland-Pfalz aufgelegt.

In vergangenen Plenarsitzungen haben wir über den drohenden ärztlichen Versorgungsengpass viel und kontrovers debattiert. Dabei verweist die Landesregierung stets auf das im Masterplan niedergelegte Maßnahmenspektrum, welches dazu angetan sei, die Unterversorgung nicht Wirklichkeit werden zu lassen. Sie rühmt sich, dieses Maßnahmenspektrum – hauptsächlich monetäre Angebote – umgesetzt zu haben und definiert damit allein bereits die Wirksamkeit dieser Fördermaßnahmen.

Aber anhand der im Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung aufgeführten Daten ist abzulesen, dass diese Maßnahmen nicht gefruchtet haben. Sie hätten über die Jahre zu einer Verjüngung der Ärzteschaft führen müssen, was sie nicht getan haben. Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus?

Wie man zwischen den Zeilen hört, ist Ihnen die drohende ärztliche Versorgung durchaus bekannt.

Jetzt das zweite Blatt.

(Abg. Jens Guth, SPD: So viel zum Thema freie Rede!)