Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im vergangenen Jahr sehr viel bewirkt und in Gang gesetzt. Doch wir dürfen nicht vergessen, dass dies alles im Rahmen einer Schuldenbremse steht und passiert. Alle Ressorts haben sich verpflichtet, ihren Beitrag hierzu zu leisten. Dennoch leistet das Justizministerium Großes, um im Rahmen der Möglichkeiten die gut funktionierende Justiz in unserem Land auch weiterhin nach Kräften zu unterstützen.

Meine Damen und Herren, auch dies muss an der Stelle hervorgehoben werden. Auf die Justiz in Rheinland-Pfalz können wir stolz sein, angefangen bei den Bediensteten in den Justizvollzugsanstalten über Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister hin zu den Staatsanwaltschaften und der Richterschaft sowie den vielen weiteren Bediensteten, die tagtäglich oftmals von der Öffentlichkeit kaum bemerkt ihre hervorragende Arbeit tun. Ihnen gebührt unser Dank und unsere Anerkennung.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, sie sorgen dafür, dass nicht nur Recht gesprochen, sondern dies auch ordnungsgemäß vollstreckt wird. Allerdings dürfen wir in dieser Debatte einen ganz wesentlichen Punkt nicht außer Acht lassen. Wir wissen, dass Personal in keinem Bereich des öffentlichen Dienstes im Überfluss vorhanden ist und kein Ressort sagen kann, dass es überbesetzt ist.

Im Bereich der Justiz besteht jedoch eine Besonderheit, nämlich die der Unkalkulierbarkeit. Es lässt sich nicht vorhersagen, wie lange ein Verfahren dauert, ebensowenig, wie sich die Belegungszahlen in den Justizvollzugsanstalten entwickeln. Bedenken Sie die Vielzahl von Verfahren, die aufgrund der Flüchtlingssituation schlagartig hinzugekommen sind. Selbst bei einem Mehr an Personal sind derartige Spitzen nicht berechenbar und müssen aufgefangen werden.

Die Belastung in der Justiz ist stets eine außerordentliche Belastung. Dies müssen wir uns immer vor Augen führen. Das Justizministerium hat in den vergangenen eineinhalb Jahren alles nur erdenklich Mögliche getan, um die Situation in der Justiz zu entschärfen. An den Verwaltungsgerichten wurden über zwanzig neue Richterstellen geschaffen. Überwiegend gingen diese an das Verwaltungsgericht nach Trier. Diese Maßnahme hat dafür gesorgt, dass Asylbegehrende in Rheinland-Pfalz, die eine gerichtliche Entscheidung haben möchten, zügig Rechtssicherheit erhalten.

In der Zügigkeit der Abarbeitung der Verfahren belegt Rheinland-Pfalz übrigens einen Spitzenplatz in Deutschland. Das ist eine überragende Leistung. Darauf können wir zu Recht stolz sein.

Aber auch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit wurden fünfzehn weitere Stellen geschaffen, um dort Entlastungen zu erreichen. Heiko Sippel hat es vorhin auch erwähnt. An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich bei den anderen Partnern der Ampel für ihre Weitsicht während der vielen Gespräche im Rahmen der Aufstellung des vergangenen Doppelhaushalts im Bereich der Justiz bedanken.

(Beifall bei FDP und SPD und der Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Des Weiteren wurde die Möglichkeit geschaffen, zwanzig Anwärterstellen für den Justizvollzug nunmehr zeitnah zu besetzen. Auch an dieser Stelle hat es das Ministerium ermöglicht, trotz Schuldenbremse und vereinbartem Stellenabbau im öffentlichen Dienst einen Weg zu finden. Schließlich dürfen wir nicht vergessen, dass auch andere zunächst nicht direkt ins Auge springende Maßnahmen ergriffen wurden, um die Justiz spürbar zu entlasten.

Die E-Akte wird ebenso wie der elektronische Gerichtssaal eingeführt. Ich selbst konnte mich vor einiger Zeit von Letzterem eindrucksvoll überzeugen. Was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium dort entwickelt haben, wird die Arbeit in den Gerichten verschlanken, modernisieren und neue Kapazitäten freisetzen. Im Ergebnis ist zu sagen, dass das Justizministerium die Situation erkannt hat.

(Glocke der Präsidentin)

Dort werden – da bin ich mir ziemlich sicher – in der gebotenen Gründlichkeit die Probleme zügig angegangen und abgearbeitet. Mittelfristig erhoffen wir uns davon, dass die Justiz in Rheinland-Pfalz wieder in ein ruhigeres Fahrwasser kommt.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei FDP und SPD und der Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, begrüße ich auf der Zuschauertribüne Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Hermeskeil und ehrenamtlich Tätige der Ortsgemeinde Mannebach sowie AfD-Mitglieder aus dem Wahlkreis 51, Germersheim. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Schellhammer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat heute erneut das Thema „Personalnot, Beförderungsstau und Überstunden – Aktuelle Situation der Justiz in Rheinland-Pfalz“ zum Thema ihrer Aktuellen Debatte gemacht. Auf der Suche nach einem aktuellen Anlass dazu bin ich unter anderem auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts kurz vor Weihnachten gestoßen. Dort wurde ein Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken aufgehoben. Dieser genügte den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung von Haftfortdauerentscheidungen nicht. Insbesondere rechtfertigt die zugrunde liegende Belastungssituation nicht derartige Verzögerungen.

In dieser Folge musste ein Untersuchungshäftling, ein mutmaßlicher Drogenhändler, auf freien Fuß gesetzt werden. Natürlich ist dieser Fall mehr als ärgerlich. Es ist aber immer noch ein seltener Fall. Er ist nicht zu akzeptieren. Das ist selbstverständlich.

Zur Ehrlichkeit gehört deshalb meines Erachtens dazu, dass die Situation in den Strafkammern und den Landgerichten seit Längerem angespannt ist. Grund für diese hohe Belastungssituation sind die hohen Zahlen an anhängigen Haftsachen und Umfangsverfahren. Gerade Haftsachen sind wegen des zugrunde liegenden Spannungsverhältnisses zwischen dem Freiheitsrecht des Einzelnen und dem Bedürfnis einer effektiven und wirksamen Strafverfolgung von den Landgerichten vorrangig zu bearbeiten, damit Angeklagte in Haftsachen nicht auf freien Fuß gesetzt werden müssen.

Die Strafprozessordnung macht hier klare zeitliche Vorgaben, die zwingend einzuhalten sind. Aber zu erwähnen ist auch, dass das Justizministerium bei jeder Überlastungsanzeige der einzelnen Gerichte nachgesteuert und entsprechende Maßnahmen ergriffen hat, wie zum Beispiel eine Änderung der Geschäftsverteilung oder die Einleitung einer Änderung der Personalverteilung.

Greifen derartige Entlastungsmaßnahmen nicht, steuert die Landesregierung stets mit Personal nach.

Es wurde vonseiten der Landesregierung also immer gehandelt, damit Strafkammern und Landgerichte handlungsfähig bleiben.

Vor dem Hintergrund – meine Vorredner der Koalition haben es schon erwähnt – wurden beispielsweise im Doppelhaushalt 2017/2018 insgesamt zwölf zusätzliche Richterstellen speziell für die Stärkung dieser Bereiche geschaffen. Außerdem wurden an einigen Gerichten zusätzliche Strafkammern eingerichtet.

Eine funktionierende Justiz ist essenziell für unseren Rechtsstaat. Ja, das ist ein wichtiges Thema. Deshalb ist es okay, wenn wir im Rahmen einer Aktuellen Debatte darüber sprechen. Das gleiche Argument gilt auch für den Rechtsausschuss. Im letzten Rechtsausschuss haben wir uns beispielsweise intensiv im Rahmen einer Anhörung über das Thema Strafvollzug unterhalten. Die Anwesenheit der CDU im Ausschuss hat damals wirklich zu wünschen übrig gelassen. Ich muss ganz ehrlich sagen, die sachlichfachliche Arbeit im Ausschuss ist sehr wichtig. Aber dann kann man erst eine Welle im Plenum machen. Das war schwierig im letzten Rechtsausschuss. Am Ende saß nur noch die Vorsitzende des Ausschusses da.

Es hilft der Justiz relativ wenig, wenn man nicht die fachliche Arbeit im Ausschuss ernsthaft betreibt und im Plenum eine Welle macht.

(Abg. Martin Brandl, CDU: Das ist schon grenzwertig, der CDU keine fachliche Arbeit im Ausschuss vorzuwerfen!)

Wirklich schwierig finde ich, die Koalitionsverhandlungen im Bund darauf zurückzuführen, dass der Minister sich äußert. Es ist wohlfeil in ein maues Sondierungspapier zu

schreiben, dass man mehr Richter und Polizisten möchte. Als Innen- und Rechtspolitikerin unterstütze ich selbstverständlich diese Forderung, aber als Landespolitikerin muss sich auch sagen, wenn man auf Bundesebene solche Forderungen ankündigt, muss man Antworten darauf liefern, wie man es finanziell in den Ländern umsetzt.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Etwas auf Bundesebene zu fordern, ist also wohlfeil. Aber das hilft uns an der Stelle in der Justiz in Rheinland-Pfalz nicht.

Ich bin darauf eingegangen, dass immer bestimmte Entlastungsmaßnahmen gemacht worden sind, wenn Überlastungsanzeigen vorgelegen haben.

Weitere Möglichkeiten wurden erwähnt, die weiteren Stellen für die Verwaltungsgerichte, die für die Bearbeitung von Asylsachen vorgesehen worden sind, aber auch der zukünftige Bürokratieabbau, den es durch die E-Akte und den elektronischen Gerichtssaal geben soll.

Die aktuelle Situation ist belastend. Selbstverständlich sehen wir das auch. Die rheinland-pfälzische Justiz ist vollumfänglich leistungsfähig. Wir danken daher allen, die an der Leistungsfähigkeit mitwirken, für ihren tagtäglichen Einsatz für den Rechtsstaat.

Um weitere Entlastungen zu erzielen, müssen wir über die Personalsituation und über weitere Maßnahmen reden, die eine Entlastung herbeiführen können. Das Justizministerium handelt, wenn Belastungsanzeigen erfolgen. Deswegen ist die aktuelle Situation in der Justiz in RheinlandPfalz so. Die Justiz in Rheinland-Pfalz ist wirkmächtig. Der Rechtsstaat wird hier gewahrt. Deswegen ist es gut, sich darüber sachlich auszutauschen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Mertin.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Baldauf, selbstverständlich begrüße ich den Rechtsstaatspakt. Die Formulierungen, die ich da wiederfinde, kenne ich noch aus den Jamaika-Sondierungen. Ich weiß auch, wer das erfunden hat. Die, die das erfunden haben, haben das sehr wohl mit dem Ziel erfunden, dass entsprechende Finanzmittel den Ländern sowohl für die Polizei als auch für die Justiz vom Bund zur Verfügung gestellt werden. Das ist die Idee, die dahintersteckt.

Sehen Sie, da warte ich jetzt spannungsgeladen darauf, ob das Geld kommt. Ich erinnere mich an Milliarden Ankündigungen der Bildungsministerin Frau Wanka, auf die Frau Hubig heute noch wartet. Diese sind noch nie monetär angekommen. Beim Dieselgipfel ist auf Bundesebene viel angekündigt worden, und es ist auch nichts angekommen. Ich will mich auf dieser Sache nicht ausruhen; denn

wenn ich darauf warte, könnte ich sehr lange darauf warten. Aber hier den Vorwurf zu erheben, es sei im letzten Doppelhaushalt und danach nichts geschehen, ist auch nicht zutreffend.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in Abstimmung mit der Praxis für bestimmte Bereiche, wo Bedarfe festgestellt wurden oder absehbar waren, Vorsorge getroffen, so zum Beispiel bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit, in der absehbar war, dass die Zahlen ansteigen werden. Bedarfe wurden bei den Rechtspflegern festgestellt. Auch da wird etwas unternommen. Genauso ist es in der Geschäftsstellenausstattung im Hinblick auf die Elektronische Akte. Das ist eine Vielzahl von Maßnahmen, die dort waren.

Wir haben im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen nachjustiert, weil die Meldungen aus der Praxis dahin gingen, dass wir im Bereich der Strafverfahren Schwierigkeiten haben werden. Deshalb habe ich Kontakt mit den Fraktionen aufgenommen und habe ihnen gesagt, wenn wir dort Probleme vermeiden wollen, benötigen wir zusätzliche Planstellen, um die Gerichte zu unterstützen, diese Schwierigkeiten zu beheben. Die Schwierigkeiten beruhen auf Haftsachen, die an manchen Standorten in höherem Umfang vorhanden waren als absehbar, oder umfangreichen Verfahren, die zum Beispiel eine Kammer ganz allein in Anspruch nehmen.

Da ist auch etwas geschehen. Die Fraktionen haben einen Antrag eingebracht und entsprechende Planstellen zur Verfügung gestellt.

Wenn ich mich recht erinnere, hat auch die CDU ein Deckblatt in diesem Zusammenhang erstellt. Wenn ich mich recht entsinne, war die von Ihnen geforderte Anzahl für Richter und Staatsanwälte an dieser Stelle vergleichbar. Ich werfe Ihnen das gar nicht vor, sondern ich möchte betonen, offensichtlich war Ihre Einschätzung für diesen Bereich die gleiche wie meine und die der Koalitionsfraktionen. Das ist hier im Parlament so beschlossen und von der Justizverwaltung sofort und unmittelbar allen Gerichten, die betroffen waren, zur Verfügung gestellt worden, und zwar in Absprache mit den Oberlandesgerichten, die die Stellen auf die jeweils betroffenen Gerichte verteilt haben.

Dazu gehört das Landgericht Landau. Beim Landgericht Landau hat das Gerichtspräsidium vor Ort in richterlicher Unabhängigkeit die Maßnahmen getroffen, die aus seiner Sicht notwendig waren, und hat das Personal entsprechend eingesetzt. Alle, die an diesem Vorgang beteiligt waren, sind davon ausgegangen – so auch die Mitteilung, die wir von der Praxis erhielten –, dass mit den getroffenen Maßnahmen die Verfahren gesichert sind.

In den allermeisten Fällen ist dies gelungen, schmerzhafterweise in einem Verfahren nicht.

Herr Kollege Baldauf, selbstverständlich ist es für einen Justizminister schmerzhaft, wenn eine solche Entscheidung kommt. Die ist aber nicht nur für mich schmerzhaft, sondern für alle, die an diesem Prozess beteiligt waren,

angefangen von der Justizverwaltung über das Oberlandesgericht bis zum Landgericht, weil wir uns alle nach Kräften im Rahmen unserer Kompetenzen bemüht haben, mit dem zur Verfügung gestellten Personal eine solche Entscheidung zu vermeiden.

Wir haben aber auch nicht aufgehört, in diesem Zusammenhang nachzujustieren, sondern haben zum Beispiel beim Landgericht Frankenthal, nachdem dort eine Vorsitzende schwer erkrankt ist, zwischenzeitlich eine zusätzliche Strafkammer aufgemacht. Die Stelle der Vorsitzenden ist längst ausgeschrieben, die Besetzung auch. Gleiches gilt für Koblenz. Genauso unterstützen wir die betroffenen Amtsgerichte, bei denen zusätzliche Bußgeldverfahren auftreten, obwohl dies zunächst im Haushalt so nicht vorhersehbar war.