Protokoll der Sitzung vom 23.02.2018

Wir haben heute schon Urbanisierungstendenzen in der Gesellschaft, die insbesondere eine Landesregierung wie die rheinland-pfälzische vor große Herausforderungen stellen. Wir müssen in der Fläche Lebensqualität sicherstellen. Es kann nicht sein, dass wir am Ende kostenlosen ÖPNV in den großen Metropolen Deutschlands haben, diese Gelder, die dorthin fließen, dann aber am Ende fehlen, um den ländlichen Raum mit entsprechenden ÖPNV-Angeboten zu versorgen.

(Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist besonders wichtig; denn das Stichwort Kostenloser ÖPNV bedeutet nicht, dass er wirklich kostenlos ist, er ist nur unentgeltlich für die Nutzer, aber selbstverständlich müssen die gesamten Kosten, Personal und Sachkosten, an anderer Stelle getragen werden. Wenn das durch Steuergelder finanziert werden soll, dann darf es nicht dazu führen, dass diese Steuergelder für den Ausbau des ÖPNV in der Fläche im ländlichen Raum fehlen.

(Beifall der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)

Zu Frage 4: Zum Radverkehr ist zu sagen, dass die Landesregierung das Fahrrad im Alltags- und Berufsverkehr als ein Verkehrsmittel ansieht, das im multimodalen Zusammenwirken mit dem ÖPNV mehr Potenzial hat, als es heute bereits entfaltet. Das heißt, wir sehen darin gute Möglichkeiten und halten das für ein wichtiges Verkehrsmittel.

Wichtig sind sichere Abstellmöglichkeiten an den Bahnhöfen und an den anderen ÖPNV-Haltestellen. Fördermittel des Landes fließen hierbei etwa in den Bau einer Fahrradstation am Bahnhof Trier. Radfahrer werden auch im Alltags- und Berufsverkehr ihr Rad nur dann nutzen, wenn sie sich auf der zur Verfügung stehenden Infrastruktur sicher fühlen. Deswegen müssen wir hier investieren und tun das auch.

Das Land investiert weiter in den Bau von Radwegen. Auch das ist wichtig. 2017 wurden in Rheinland-Pfalz rund 15 Millionen Euro für den Radwegebau ausgegeben. Derselbe Betrag ist für 2018 vorgesehen.

Ein neues Element der Fahrradinfrastruktur sind Radschnellwege. Seit 2014 liegt eine Potenzialanalyse vor, die sieben grundsätzlich geeignete Korridore in RheinlandPfalz identifiziert. Das Land sucht nun gemeinsam mit den Kommunen nach Wegen der Umsetzung. Wir haben ein großes Interesse daran, dass auch Radschnellwege in Rheinland-Pfalz unser Verkehrsangebot erweitern. Das sind gute Infrastrukturinvestitionen, weil der Fahrradverkehr als emissionsfreier Verkehr eine besondere Bedeutung, eine zunehmende Bedeutung erlangen wird.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr richtig!)

Zu einer Zusatzfrage erteile ich Frau Abgeordneter Blatzheim-Roegler das Wort.

Sehr geehrter Minister, vielen Dank für die Beantwortung. Ich habe noch eine Frage. Welche Maßnahmen auch zur Stärkung von sauberer Mobilität, beispielsweise verbesserter ÖPNV, ergreift die Landesregierung für den ländlichen Raum?

Frau Kollegin, ich habe vorhin schon das Thema Radschnellwege genannt. Wir sind auch dabei, zusätzlich in den Schienenpersonennahverkehr zu investieren. Wir haben ein großes Interesse daran, dass das ÖPNV-Angebot in der Fläche weiter ausgebaut wird.

Wir haben auch Elektrifizierungen auf den Weg gebracht, etwa in Ludwigshafen, um ein attraktives Angebot für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu machen, mit dem ÖPNV zum Arbeitsplatz zu kommen. Daran haben alle ein Interesse.

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass das ÖPNV-Angebot – in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz spielt der Schienenpersonennahverkehr eine sehr große Rolle – insgesamt für die Lebensqualität im ländlichen Raum in Zukunft eine erhebliche Rolle spielen wird. Als Beispiel kann ich Ihnen die Reaktivierung der Schienenstrecke Homburg – Zweibrücken nennen. Wir denken auch über die eigenen Landesgrenzen hinaus.

Wir haben es beim Schienenpersonennahverkehr nicht ganz einfach, wenn es um die Reaktivierung von Strecken geht, weil die Kosten zum Teil erheblich sind, wenn Strecken wieder reaktiviert werden und wir das Kosten-NutzenVerhältnis beachten müssen. Das macht es manchmal nicht einfach, zum Teil sind es erhebliche Kosten. Aber wir wissen auch, dass diese Kosten gut investiert sind. Ländliche Räume ohne ÖPNV-Angebot können keine gute Zukunft haben.

Weitere Zusatzfragen liegen mir nicht mehr vor. Vielen Dank, Herr Minister. Die Frage ist beantwortet.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir am Ende der Fragestunde.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne Schülerinnen und Schüler des Reichswald-Gymnasiums RamsteinMiesenbach, 10. Jahrgangsstufe. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag! Wir freuen uns, dass Sie da sind und

sich für Politik interessieren. Unsere Demokratie braucht Sie.

(Beifall im Hause)

Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 21 der Tagesordnung auf:

Digitale Teilhabe an Schulen sicherstellen – umfassenden Ansatz verwirklichen Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/5438 –

dazu: Digitale Bildung: die Zukunft gestalten Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/5491 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Ich darf zunächst der antragstellenden Fraktion das Wort zur Begründung des Antrags erteilen. Frau Abgeordnete Beilstein, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Mangel, der sich durch die Ein- und Auswirkungen der Digitalisierung in den letzten 20 Jahren vollzogen hat, ist rasant, und er wird immer ärger. Längst nicht mehr geht es nur um Schriftverarbeitung und Kommunikation per E-Mail oder um einen Austausch über die sozialen Netzwerke, nein, der digitale Wandel ist allumfassend: vom Einkauf über Bankgeschäfte, Informationsrecherche in und für alle Lebenslagen bis hin zum Einzug in nahezu jedes Berufsfeld.

(Beifall der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Damit ist klar, die Prinzipien der digitalen Welt haben zwischenzeitlich alle Lebensbereiche durchdrungen.

(Beifall bei der CDU)

In § 1 des rheinland-pfälzischen Schulgesetzes wird der Auftrag der Schule geregelt. Dort heißt es: Sie vermittelt Kenntnisse und Fertigkeiten mit dem Ziel, die freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Orientierung in der modernen Welt zu ermöglichen, und hat das Ziel, zur Erfüllung der Aufgaben in Staat, Gesellschaft und Beruf zu befähigen. –

Es liegt also auf der Hand, dass der allumfassende digitale Wandel auch entsprechende Auswirkungen auf den Bildungsauftrag des Landes hat.

(Beifall bei der CDU)

Im vergangenen Jahr feierte das Programm „Medienkompetenz macht Schule“ sein zehnjähriges Jubiläum. Ich war auf dieser Jubiläumsveranstaltung. Die Vorstellung der am Projekt Beteiligten war definitiv spannend und interessant. Es war beeindruckend, was heute alles möglich ist von der Unterrichtsgestaltung über Projekte mit ausländischen Schulpartnerschaften bis hin zu dem Engagement der Medienscouts.

Doch bei allem Jubel haben sich bei der nüchternen Betrachtung der Faktenlage viele ungelöste Baustellen aufgetan. Es beginnt bei der Grundsatzfrage, welche Rolle ein mündiger Bürger in der digitalen Welt einnehmen soll. Soll er lediglich ein Nutzer oder auch ein Gestalter sein, der die Technik seinen eigenen Bedürfnissen anpassen kann?

In Ihrem Alternativantrag stellen Sie die Medienkompetenz in den Mittelpunkt. Ja, die Medienkompetenz ist unbedingt wichtig, und die Anstrengungen dazu begrüßen wir sehr, ohne Frage. Aber reine Medienkompetenz ist etwas anderes als Gestaltungskompetenz. Die kommt nämlich in Ihrem Antrag nicht vor. Darin unterscheiden wir uns.

(Abg. Astrid Schmitt, SPD: Das schließt das doch mit ein!)

Nein, es schließt es nicht mit ein, es ist etwas anderes.

(Beifall bei der CDU)

Reine Medienkompetenz genügt nach unserer Ansicht nicht, um dem umfassenden Bildungsauftrag gerecht zu werden. Es genügt nicht, Office-Programme zu beherrschen oder beim Smartphone alle Bedienungsmöglichkeiten zu kennen. Gestaltungskompetenz bedeutet, neben der reinen Nutzung auch in der Lage zu sein, Systeme zu hinterfragen oder auf eigene Bedürfnisse anzupassen. Erst das ist Mündigkeit in der digitalen Welt.

(Beifall der CDU)

Gestalter kann nur werden, wer die Grundprinzipien kennt. Deswegen sind grundlegende Informatikkenntnisse über digitale Abläufe, die Bildung von Algorithmen, die Vernetzung von Daten und ein Verständnis von Funktionsweisen wichtig. Diese Gestaltungskompetenzen kann der Schüler nur im Fach Informatik erhalten.

(Beifall der CDU)

Daher ist es unserer Auffassung nach unumgänglich, dass das Fach Informatik im Fächerkanon überdacht werden muss. Wir halten es für längst überfällig, dass informatische Bildung ab Jahrgangsstufe verpflichtend unterrichtet werden muss, damit alle Schüler diese Bildung erhalten und nicht zufällig die 4.000 in der Sekundarstufe I, die ein Wahlfach belegen, oder die 400 im Leistungskursbereich der Oberstufe.

(Abg. Astrid Schmitt, SPD: Die „7“ haben Sie vergessen! Ab Klassenstufe 7!)

In der Klasse 7 haben wir keine verbindliche Informatik, und das ist der Punkt.

(Beifall der CDU)

Nach wie vor fehlt eine flächendeckende Anbindung an das schnelle Internet. Das ist eine weitere offene Baustelle. Hier rufen Sie nach dem Bund, damit er Mittel zur Verfügung stellt.

(Abg. Astrid Schmitt, SPD: Schulträger!)

Sie rufen nach den Schulträgern – ich höre den Unkenruf

von links –, damit diese IT-Fachkräfte zur Verfügung stellen. Aber wo sehen Sie eigentlich die Rolle des Landes in diesem Feld?

(Beifall der CDU – Abg. Julia Klöckner, CDU: Richtig!)