Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich meine die Oberschlesier. Für uns ist es wichtig, dass nicht nur die Russlanddeutschen angesprochen werden. Am 30. November 2017 haben wir einen rheinlandpfälzischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation eingefordert. Im Januar haben wir im Kulturausschuss etwas zu dem Thema Menschen mit deutscher Herkunft in Brasilien angeregt.

Ich habe etliche Kleine Anfragen gestellt. Anscheinend ist das alles an Ihnen vorbeigegangen. Was die Bundespartei anbelangt, finden sich Passagen im Programm. Hier in Rheinland-Pfalz haben wir ein eigenes Kulturprogramm, in dem dieser Thematik ein ganzes Kapitel gewidmet ist. Das scheinen Sie auch nicht zu kennen.

(Beifall der AfD – Unruhe im Hause)

Ich möchte festhalten, dass in diesem Bereich ganz starke Initiativen von meiner Partei ausgegangen sind. Ich sehe es schon als einen Erfolg, dass wir das heute besprechen und so hartnäckig gewesen sind. Ich kann Ihnen auch versprechen, dass wir an der Thematik weiter dranbleiben werden.

Danke sehr.

(Beifall der AfD)

Für die Landesregierung hat Frau Staatssekretärin Dr. Rohleder das Wort.

(Unruhe im Hause)

Die Landesregierung hat jetzt das Wort. Ich bitte um Ruhe.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Berliner Fotograf Eugen Litwinow hat vor einigen Jahren ein Buch mit dem Titel „Mein Name ist Eugen“ herausgebracht. Dieses Buch porträtiert 13 junge Russlanddeutsche, die alle den Namen Eugen tragen und alle früher Evgenij hießen. Genauso wie Sie kamen Millionen von Menschen zu uns, die ihren Namen von Wladimir zu Waldemar oder von Ljubow zu Luise wechselten. Wie viele Einwanderer auch haben sie unsere Gesellschaft mit ihrem Engagement, Fleiß und Können bereichert.

Diese Leistung hat das Integrationsministerium unter anderem mit der Ausstellung „Das Russlands-Deutsche-Haus“ im rheinland-pfälzischen Online-Museum „Lebenswege“ gewürdigt. Diese Ausstellung ist nicht nur online zu sehen, sondern war auch in vielen Städten in Form eines begehbaren Hauses ausgestellt, durch das man gehen und die Geschichte dieser Menschen sehen konnte. Die Geschichte dieser Menschen, deren Schicksal vielen in unserer Gesellschaft nicht im Detail bekannt ist, ist nun mit dem Museum im virtuellen Raum aufbewahrt.

Zusätzlich hat die Landesregierung Videoporträts für das genannte Online-Museum anfertigen lassen, in denen Deutsche aus Russland ihre Erfahrungen erzählen. Diese

Videos lassen sich auch hervorragend im Schulunterricht einsetzen, um die junge Generation an der Geschichte und den Leistungen dieser Menschen teilhaben zu lassen.

Das Thema Aussiedlerinnen und Aussiedler wird auch in der Schule im Rahmen des Themas Migration behandelt. Zusätzlich bietet für die Schulen die Koordinierungsstelle für Zeitzeugen Gespräche im Unterricht in Rheinland-Pfalz am Pädagogischen Landesinstitut an, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zum Thema zu vermitteln, damit die Schülerinnen und Schüler die Geschichte aus erster Hand erfahren können.

Das Land hat die Aussiedlerinnen und Aussiedler in den vergangenen Jahren auch mehrfach in Veranstaltungen gewürdigt. So hat die Landesregierung zum Beispiel 2014 und 2015 drei Veranstaltungen zur Kultur der Aussiedlerinnen und Aussiedler durchgeführt, und zwar in Germersheim, Altenkirchen und in der Landesvertretung in Berlin und dabei immer mit den Communities vor Ort zusammengearbeitet.

Die Landeszentrale für politische Bildung greift das Thema Aussiedlung auch immer wieder in ihren Veranstaltungen und Publikationen auf. In der Vergangenheit gab es zum Beispiel Veranstaltungen zur deutschen Minderheit in Rumänien sowie zu den Repressalien unter Stalin in Rumänien und Osteuropa.

Dieses Engagement wird das Land auch fortführen. So widmet die Landeszentrale für politische Bildung in diesem Jahr etwa der deutschen Minderheit in Polen eine Veranstaltung in Mainz, die am 13. Juni 2018 stattfinden wird. Das ist genau eine Woche vor dem bundesweiten Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung am 20. Juni.

Darüber hinaus stehen in Rheinland-Pfalz auch Mittel zur Förderung der Integration von Aussiedlerinnen und Aussiedlern im Integrationsministerium bereit. Die eingehenden Förderanträge haben wir auch stets voll unterstützt.

Die deutsche Auswanderung nach Amerika hat die Landeszentrale für politische Bildung ebenfalls in Veranstaltungen aufgegriffen und wird dies auch in diesem Jahr weiter fortsetzen. Das gilt sowohl für die Auswanderung nach Nordamerika, vor allem in die USA, als auch nach Südamerika, vor allem nach Brasilien. Auch Veranstaltungen zur historischen Migration von Deutschen nach Osteuropa, etwa nach Galizien, sind angedacht. Auch im Internet findet man auf dem Portal www.auswanderungrlp.de viele Informationen, die auch hervorragend in den Schulunterricht integriert werden können. Dieses Portal hat die Landtagskommission für die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz gefördert.

Die Landesregierung hat das Thema Aussiedlerinnen und Aussiedler im Blick und wird es auch weiter im Blick behalten. Das gilt übrigens auch für die Migrationsgeschichte der Vertriebenen.

So gibt es etwa in dem genannten Online-Museum „Lebenswege“ durchaus auch Informationen zu diesem Thema. Wir haben ein Videoporträt der Vertriebenen Monika Fettermann, die in Rheinhessen eine neue Heimat fand.

Sie ist 1945 als Zweijährige aus Schlesien nach RheinlandPfalz geflüchtet. In Ihrem Video auf lebenswege.rlp.de erzählt sie, dass sie sich aufgrund ihrer Fluchterfahrungen gut in die heutigen Geflüchteten hineinversetzen kann. Sie erzählt auch, wie sie diesen heutigen Geflüchteten geholfen hat.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/5731 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der AfD angenommen.

Wer dem Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der AfD – Drucksache 17/5736 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Starke Familien – Für eine lebensnahe Familienpolitik in Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/5439 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Jugend, Integration und Verbraucherschutz – Drucksache 17/5689 –

Für starke Familien – Die zielgerichtete Familienpolitik in Rheinland-Pfalz ausbauen Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/5756 –

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart. Für die CDU-Fraktion hat Frau Kollegin HuthHaage das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, werte Gäste! „Starke Familien – Für eine lebensnahe Familienpolitik in Rheinland-Pfalz“ – so lautet der Titel des Antrags, den die CDU-Fraktion in der letzten Plenarsitzung eingebracht hat. Ich habe damals meine Rede – ich möchte das auch heute tun – mit einem Dank an die Eltern und die Großeltern begonnen; denn sie setzen alles daran, dass ihre Kinder und ihre Enkelkinder ein eigenständiges, gutes und sicheres Leben führen können. Dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung.

(Beifall der CDU und des Abg. Michael Frisch, AfD)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion wollte und will einen Schritt weitergehen. Wir möchten unsere Strukturen an den Familien ausrichten und nicht vom umgekehrten Weg ausgehen. Ich will noch einmal ganz kurz ausführen, worum es in unserem Antrag im Kern ging. Das waren hauptsächlich drei Punkte.

Zum einen wollen wir Familien und Ehen stärken, indem wir die Beratungsstellen niedrigschwellig stärken und ausbauen, damit es schneller möglich ist, Termine zu bekommen. Das heißt, mehr Stellen für die Ehe-, Familien- und Erziehungsberatung. Das ist uns wichtig.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, es war uns auch ein zweiter Punkt wichtig. Wir möchten, dass die vielfältigen Angebote, die es gibt, vernetzt sind. Wir möchten, dass nicht erst das örtliche Rathaus, die Caritas oder die Diakonie oder das Jugendamt abgeklappert werden müssen, um zu erfahren, welche Förderungsmöglichkeiten es gibt. Deshalb haben wir eine Bündelung aller Angebote von Bund, Land, Kommunen und freien Trägern in einem Online-Familien-Atlas vorgeschlagen, der auch als App optimalerweise auf das Handy geladen werden kann.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir sagen, die Inanspruchnahme von familienpolitischen Leistungen kann nicht von der Findigkeit einer Familie bei der Recherche nach Angeboten abhängen. Das kann niedrigschwellig erfolgen. Das kann sehr kostengünstig aufgemacht werden.

Ein dritter Punkt: Wir möchten Familieninitiativen unterstützen und nicht allein auf staatliche institutionelle Angebote setzen. Es gibt eine Vielzahl von Krabbelgruppen, Familieninitiativen und Eltern-Kind-Gruppen. Das bestätigt auch das Netzwerk evangelischer und katholischer Eltern-KindGruppen, die unseren Ansatz bestätigen und sagen, dass man hierauf einen viel stärkeren politischen Fokus legen soll. Das waren in aller Kürze die Kernpunkte unseres Antrags.

Wir haben uns wirklich gefreut, als in der letzten Plenarsitzung das Signal der Koalition kam, dass wir gemeinsam etwas machen könnten.

Es war dann leider so, dass schon vor dem Ausschuss das Signal kam, das ginge leider doch nicht. Ich muss sagen, es hat uns dann schon irritiert, dass Sie in den Antrag, den Sie jetzt vorgelegt haben, fast wortgleich unseren Antragstext kopiert haben, aber dann unter den Forderungen ganz andere Schlüsse ziehen. Das ist dann nicht mehr logisch.

Wenn man Familien bei deren konkreten Alltagssorgen helfen will, dann muss man eben auch flexible Angebote neben der Kindertagesstätte ermöglichen;

(Beifall der CDU und der AfD)

denn eine Institution kann doch nie so flexibel sein wie ein einzelnes Angebot. Das lehnen Sie aber ab. Wir haben

bereits über die Kindertagespflege gesprochen.

Um es noch einmal deutlich zu machen: Es geht nur darum, Kindertagespflege in Randzeiten zu machen. Über etwas anderes haben wir nie gesprochen.

Ich will noch einmal sagen – das habe ich schon im Ausschuss gesagt –, Sie negieren den Fachkräftemangel komplett. Sie tun so, als hätten wir Erzieherinnen und Erzieher im Überfluss. Das haben wir leider nicht. Nachdem wir gerade erleben, dass gestreikt wird, dass überall im Land heute Kitas bestreikt werden, sagen Sie doch einmal den Erzieherinnen und Erziehern, die nicht nur für mehr Geld, sondern auch für bessere Arbeitsbedingungen streiken, dass sie bitte länger arbeiten und auch noch Randzeiten abdecken sollen. Die werden begeistert sein.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn wir darin übereinstimmen, dass die Erziehungsleistung der Eltern unersetzlich ist – das haben Sie auch gesagt –, dann muss ich sie auch konkret unterstützen, also auch da, wo sich Eltern eigenverantwortlich vernetzen und austauschen. Das sind die Elternvereine, die Krabbelgruppen und die Betreuungsinitiativen. Das lehnen Sie aber wiederum ab.